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Dominoeffekt

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
528 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am14.09.2022
Tekla Berg - die Notärztin, die Alpha-Männer provoziert und Verbrechen aufklärt.
Eine massive Explosion erschüttert Stockholm. Sie durchbricht ein Wohnhaus, verursacht ein großes Feuer und versetzt die ganze Stadt in Alarmbereitschaft. Alles deutet auf einen möglichen Terroranschlag mit vielen Opfern hin. Notärztin Tekla ist eine der ersten, die am Ort der Zerstörung ankommt, an dem sie einen Mann mit schweren Verbrennungen an Gesicht und Körper rettet. Es wird vermutet, dass er zu den Terroristen gehört, aber er hat auch etwas unheimlich Vertrautes an sich, das ihre privatesten Erinnerungen berührt. Die Explosion verursacht einen Dominoeffekt, an dem schon bald der Vorstand des Krankenhauses und die Polizei beteiligt sind - und nicht zuletzt ein mächtiger Patriarch, dessen Familienimperium durch die in Gang gesetzten Ereignisse bedroht ist...

Christian Unge, geboren 1972, ist Chefarzt für Innere Medizin und forscht am Karolinska-Krankenhaus in Stockholm. »Dominoeffekt« erscheint bei btb erstmals auf Deutsch.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextTekla Berg - die Notärztin, die Alpha-Männer provoziert und Verbrechen aufklärt.
Eine massive Explosion erschüttert Stockholm. Sie durchbricht ein Wohnhaus, verursacht ein großes Feuer und versetzt die ganze Stadt in Alarmbereitschaft. Alles deutet auf einen möglichen Terroranschlag mit vielen Opfern hin. Notärztin Tekla ist eine der ersten, die am Ort der Zerstörung ankommt, an dem sie einen Mann mit schweren Verbrennungen an Gesicht und Körper rettet. Es wird vermutet, dass er zu den Terroristen gehört, aber er hat auch etwas unheimlich Vertrautes an sich, das ihre privatesten Erinnerungen berührt. Die Explosion verursacht einen Dominoeffekt, an dem schon bald der Vorstand des Krankenhauses und die Polizei beteiligt sind - und nicht zuletzt ein mächtiger Patriarch, dessen Familienimperium durch die in Gang gesetzten Ereignisse bedroht ist...

Christian Unge, geboren 1972, ist Chefarzt für Innere Medizin und forscht am Karolinska-Krankenhaus in Stockholm. »Dominoeffekt« erscheint bei btb erstmals auf Deutsch.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641249199
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum14.09.2022
Seiten528 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1596 Kbytes
Artikel-Nr.8381092
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Donnerstagabend, der 6. Juni

NOTAUFNAHME, NOBEL-KRANKENHAUS

»Stichverletzung in Schockraum eins, Kreislauf instabil«, sagte Emil vom Türspalt aus. »Dreiundzwanzigjähriger Mann. Fünf Minuten.«

Tekla drehte sich auf ihrem Hocker um und blickte in das angespannte Gesicht des Krankenpflegers.

»Habt ihr den Anästhesisten geholt?«

»Ist auf dem Weg.«

Der Kopfschmerz schlug wie eine scheußliche kleine Handgranate zwischen den Stirnlappen ein.

Tekla legte das Skalpell ab und zog sich die Gummihandschuhe aus. Sie bat den Patienten, sich wieder anzuziehen.

»Sind Sie denn schon fertig?«, fragte der Mann erstaunt.

»Ihr Analabszess muss noch einmal debridiert werden, Sie müssen also noch einen ambulanten Termin vereinbaren.«

»Könnten Sie Schwedisch sprechen?«

»Der Pickel im Enddarm muss noch einmal ausgedrückt werden.«

Der Mann rappelte sich auf und mied Teklas Blick, doch sie konnte an seiner Körpersprache ablesen, dass seine Männlichkeit einen Knick bekommen hatte.

Tekla ging hinaus und begann in Richtung Notaufnahme zu joggen. Die Handflächen klebten, als sie das Stethoskop aus ihrer Tasche zog. Ihr Puls stieg, sie wusste sofort, was sie so stresste, und das war nicht der Patient mit der Stichverletzung in der Notaufnahme.

Sie betrat Raum eins.

Cassandra, eine energische Pflegeassistentin mit weißem, kurz geschnittenem Haar und Spinnennetz-Tattoo an der Schläfe empfing sie.

»Er hat offenbar schon ziemlich viel Blut verloren.«

Tekla merkte, dass Cassandra auf etwas wartete, und begriff dann, was es war. Sie dachte kurz nach, während sie sich eine Plastikschürze und Gummihandschuhe anzog.

»Okay, hol die Rufbereitschaft.«

»Und Hampus?«

Hampus, der Snob, der versuchte, sie auszumanövrieren, seit sie drei Jahre zuvor die erste Nachtschicht zusammen gehabt hatten.

»Nicht nötig.«

Anki, eine andere Krankenschwester, zog den Notfallwagen hervor und öffnete den Medikamentenkühlschrank. Das mentholblaue Licht strömte heraus. Der Raum fühlte sich sofort etwas kühler an.

»Soll ich schon mal irgendwas aufziehen?«, fragte sie.

»Vielleicht wäre ein bisschen Morphin angebracht?«, antwortete Tekla.

Schweigen. Tekla streckte sich.

»Zehn Milligramm Morphin, bitte.«

Tekla wurde übel vor Kopfschmerzen.

Sie holte die Labellohülle heraus, stellte sich mit dem Rücken zum Raum, zog den Deckel ab und kippte eine kleine Papierkugel heraus, kleiner als eine gefrorene Erbse, die sie schnell in den Mund warf und mit etwas Wasser hinunterspülte. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis die Wirkung einsetzte. Sie erschauerte bis ins Mark. Der Geschmack nach Bittermandel war jedes Mal aufs Neue widerlich. Tekla steckte den Labello weg.

Nach ein paar Minuten trat ihre größte Sorge durch die Schwingtür. Tariq Moussawi, Rufbereitschaft, kam träge angeschlendert, er schlurfte über den Boden, als wäre ein Sandsack an seinen Füßen festgekettet. Er hatte dichtes Haar mit ein paar grauen Strähnen darin. Die Bartstoppeln lagen wie ein onyxschwarzer Knüpfteppich über seinem Gesicht. Er sagte nichts, stellte sich nur hin, die Hände hinter dem Rücken, und wartete darauf, dass Tekla das Visier anlegte. Ihre Plastikschürze flatterte lose.

»Komm«, sagte Tariq apathisch und gab ihr ein Zeichen, dass sie sich umdrehen sollte. Tekla folgte widerwillig seiner Aufforderung. Sie spürte den warmen, feuchten Atem, in dem eine Spur Knoblauch lag, im Nacken, und unterdrückte ein Würgen.

Tariq verknotete sorgfältig die Plastikschürze und trat dann einen Schritt zurück.

»Was ist?«, fragte er kurz angebunden.

Tekla wich seinem Blick aus, aus Angst, er könnte sehen, wie gestresst sie von der Situation war.

»Nichts.«

»Der Patient?«, präzisierte ihr Kollege.

»Ach so. Ein Mann mit Stichwunde in hämorrhagischem Schock.«

Tariq Moussawi nickte kaum merklich.

»Ich dachte, ich brauche vielleicht Hilfe«, fuhr Tekla fort.

»Das glaub ich nicht.«

Tekla war unsicher, was das Alphamännchen aus Bagdad damit meinte. Vermutlich, dass er nun die Verantwortung übernahm, dass Stichverletzungen selbstverständlich von erfahrenen Chirurgen behandelt werden sollten. Und am besten von Männern, da Frauen nicht in der Lage waren, dem Druck in der Notaufnahme standzuhalten. Vielleicht würde er noch etwas über die zahllosen Operationen hinzufügen, die er im Krieg ausgeführt hatte, mit nichts weiter als Taschenmesser und Stirnlampe.

»Ruf, wenn du nicht mehr weiterkommst«, fuhr Tariq fort.

Wollte er nur dastehen und sie anglotzen, in der Hoffnung, dass sie sich blamierte, damit er Göran und den anderen erzählen konnte, was für ein Trottel sie war?

»Was?«

»Fang an, dann sehen wir schon, wie es läuft.«

Sie wusste, dass Tariq sich oft so verhielt. Teile und herrsche. Nichts Ungewöhnliches unter männlichen Oberärzten. Einfach akzeptieren. Die Zähne zusammenbeißen. Ignorieren. Tekla wollte ihn bitten, den Raum zu verlassen, wurde jedoch von Emil unterbrochen.

»Noch ein Notfall.«

»Noch einer?«, fragte Tekla.

»Ein Dreijähriger mit Krampfanfällen.«

Ein ziehender Schmerz in der Magengrube. Das Einzige, was sich jetzt gerade sicher anfühlte, waren Emils freundliche Augen, die eine Sekunde auf ihr verweilten. Sie versuchte, sich den Gorilla hinten am EKG-Gerät wegzudenken.

»Wann?«

»Jetzt! Wir legen ihn in Raum zwei.«

Emil öffnete die Schiebetüren zwischen den beiden Schockräumen.

Tekla wandte sich um und sah, wie der Rettungsdienst ein kleines Kind hereinrollte.

Sie musste ganz einfach, wandte sich Tariq zu: »Kannst du ...?«

Er hielt seine leeren Hände nach vorn und zuckte nonchalant mit den Schultern.

»Ich bin gar nicht hier.«

»Okay. Dann müssen wir Hampus holen«, rief sie Cassandra mit schlecht kaschierter Aggressivität in der Stimme zu. Sie konnte jetzt nicht über Tariqs unorthodoxe Pädagogik nachdenken. Er würde eingreifen, aber nur, wenn es absolut notwendig wurde.

Tekla ging mit zitternden Knien in den anderen Schockraum, sie fühlte sich wie ein kleiner Vogel, der aus dem Nest geworfen worden und direkt vor ein paar hungrigen Füchsen gelandet war.

An der Liege stand eine Rettungskrankenschwester und machte auf dem weichen Brustkorb des kleinen Kindes eine Herzdruckmassage mit drei Fingern. Der Rettungssanitäter führte die Eltern herein, in ihrem Blick lag Panik. Das Sauerstoffmessgerät, das vom Ohrläppchen des Jungen kein gutes Signal empfing, begann zu piepsen.

Der Vater, hundertzehn Kilo Testosteron mit vereinzelten Bartstoppeln, schrie: »Jetzt tut doch endlich etwas! Er stirbt ja!«

Tekla stellte fest, dass die Herzdruckmassage ordnungsgemäß durchgeführt wurde und der Tubus bereitlag. Die Finger des Kindes fühlten sich kalt und leblos an. Aus der Unterhose lief senfgelbe Kacke.

»Wie heißt er?«, fragte Tekla in ruhigem Tonfall.

»Oscar«, sagte die Mutter und trat zur Liege. Sie schluchzte ihre Worte zwischen den Tränen hervor. »Er ... er hat Morbus Gaucher Typ zwei, von Geburt an schwere neurologische Schäden. Nur, damit Sie das wissen.«

Es sah aus, als würde die Mutter jeden Moment in Ohnmacht fallen.

»Setzen Sie sich«, sagte Tekla und zeigte auf einen Stuhl. Eine Pflegehelferin kam ihr zu Hilfe, doch sie winkte ab.

Der Vater deutete wie ein Offizier mit ausgestreckter Hand auf sie.

»Sie müssen ihn retten!«

Die Mutter zog den Arm ihres Mannes nach unten und umklammerte ihn wie ein Koalabär.

Teklas Blick wanderte von den verbissenen Gesichtern des Rettungspersonals an den rotgeränderten Augen der Eltern vorbei und landete auf einem gelben Poster in der Zimmerecke. Vier ausgedehnte Sekunden lang sah sie Guptas Textbook of Pediatrics, Seite 1364, rechte Spalte, vor sich.

»Hallo!«, schrie der Vater. »Was zum Teufel machen Sie, tun Sie doch etwas!«

Tekla wandte den Blick von der Wand ab und ließ die Hände über den kleinen Jungen gleiten. Sein ganzer Körper zuckte. Vorsichtig zog sie seine Augenlider nach oben und stellte fest, dass die Pupillen kaum auf Licht reagierten.

»Wie lange macht ihr das schon?«

»Fünfundzwanzig Minuten«, antwortete die Rettungsschwester mit zusammengebissenen Zähnen hinter ihrem Rücken.

Eine Krankenschwester beugte sich nach vorn und versuchte einen weiteren Zugang am Handgelenk des Jungen zu legen.

Aus dem anderen Schockraum war Ankis Stimme zu hören: »Stichverletzung trifft ein!«

Tekla tastete mit der Hand über den Bauch des Jungen und fand die Operationsnarbe. Sie wandte sich an die Mutter.

»Man hat die Milz entfernt, oder?«

Sie nickte erstaunt. »Warum?«

»Und hat er in letzter Zeit oft gekrampft?«

»Seit ein paar Monaten. Wir waren bestimmt zwanzigmal hier.«

Der Vater schien einen plötzlichen Anfall von Klarheit zu haben und klammerte sich an seine Frau.

»Aber Sie geben nicht auf.« Er starrte auf das Namensschild der Ärztin. »Hören Sie, Tekla ... Tekla Berg! Sonst werde ich verdammt noch mal ...«

»Tekla!«, rief Anki wieder aus dem anderen Raum. Die Sirenen des nächsten Krankenwagens verklangen in der Halle der Notaufnahme.
...
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