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Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Kiepenheuer & Witsch GmbHerschienen am10.02.20221. Auflage
Plötzlich ein Held. SPIEGEL-Bestseller-Autor Maxim Leo erzählt von einem erfolglosen Berliner Videothekenbesitzer, der ungewollt zum Helden wird. Ein Mann, der den ungewohnten Ruhm genießt, bis die Liebe ins Spiel kommt und er sich entscheiden muss. Eine rasante, anrührende und ungemein vergnügliche Hochstaplergeschichte. Im September 2019 bekommt Michael Hartung Besuch von einem Journalisten. Der recherchiert über eine spektakuläre Massenflucht aus der DDR, bei der 127 Menschen in einem S-Bahnzug am Bahnhof Friedrichstraße in den Westen gelangten. Der Journalist hat Stasiakten entdeckt, aus denen hervorgeht, dass Hartung, der früher als Stellwerksmeister am Bahnhof Friedrichstraße gearbeitet hatte, die Flucht eingefädelt haben soll. Hartung dementiert zunächst, ist aber nach Zahlung eines ordentlichen Honorars und ein paar Bieren bereit, die Geschichte zu bestätigen. Schließlich war er noch nie bedeutend, noch nie ein Held, und wenn es nun mal so in den Akten steht ... Nur wenig später reißen sich die Medien um ihn, Hartung wird vom Bundespräsidenten empfangen, seine Geschichte soll Vorlage für ein Buch und einen Kinofilm werden. Hartungs Leben fühlt sich plötzlich traumhaft und leicht an.  Doch dann trifft er Paula, sie war als Kind in jenem S-Bahnzug, der in den Westen umgeleitet wurde. Die beiden verlieben sich - und Hartung spürt, dass er einen Ausweg aus dem Dickicht der Lügen finden muss. Obwohl es dafür eigentlich schon zu spät ist.

Maxim Leo, 1970 in Ostberlin geboren, ist gelernter Chemielaborant, studierte Politikwissenschaften, wurde Journalist. Heute schreibt er gemeinsam mit Jochen Gutsch Bestseller über sprechende Männer und Alterspubertierende, außerdem Drehbücher für den »Tatort«. 2006 erhielt er den Theodor-Wolff-Preis. Für sein autobiografisches Buch »Haltet euer Herz bereit« wurde er 2011 mit dem Europäischen Buchpreis ausgezeichnet. 2014 erschien sein Krimi »Waidmannstod«, 2015 »Auentod«. 2019 erschien sein autobiografisches Buch »Wo wir zu Hause sind«, das zum Bestseller wurde. Maxim Leo lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Berlin.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
HörbuchCD-ROM
EUR19,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextPlötzlich ein Held. SPIEGEL-Bestseller-Autor Maxim Leo erzählt von einem erfolglosen Berliner Videothekenbesitzer, der ungewollt zum Helden wird. Ein Mann, der den ungewohnten Ruhm genießt, bis die Liebe ins Spiel kommt und er sich entscheiden muss. Eine rasante, anrührende und ungemein vergnügliche Hochstaplergeschichte. Im September 2019 bekommt Michael Hartung Besuch von einem Journalisten. Der recherchiert über eine spektakuläre Massenflucht aus der DDR, bei der 127 Menschen in einem S-Bahnzug am Bahnhof Friedrichstraße in den Westen gelangten. Der Journalist hat Stasiakten entdeckt, aus denen hervorgeht, dass Hartung, der früher als Stellwerksmeister am Bahnhof Friedrichstraße gearbeitet hatte, die Flucht eingefädelt haben soll. Hartung dementiert zunächst, ist aber nach Zahlung eines ordentlichen Honorars und ein paar Bieren bereit, die Geschichte zu bestätigen. Schließlich war er noch nie bedeutend, noch nie ein Held, und wenn es nun mal so in den Akten steht ... Nur wenig später reißen sich die Medien um ihn, Hartung wird vom Bundespräsidenten empfangen, seine Geschichte soll Vorlage für ein Buch und einen Kinofilm werden. Hartungs Leben fühlt sich plötzlich traumhaft und leicht an.  Doch dann trifft er Paula, sie war als Kind in jenem S-Bahnzug, der in den Westen umgeleitet wurde. Die beiden verlieben sich - und Hartung spürt, dass er einen Ausweg aus dem Dickicht der Lügen finden muss. Obwohl es dafür eigentlich schon zu spät ist.

Maxim Leo, 1970 in Ostberlin geboren, ist gelernter Chemielaborant, studierte Politikwissenschaften, wurde Journalist. Heute schreibt er gemeinsam mit Jochen Gutsch Bestseller über sprechende Männer und Alterspubertierende, außerdem Drehbücher für den »Tatort«. 2006 erhielt er den Theodor-Wolff-Preis. Für sein autobiografisches Buch »Haltet euer Herz bereit« wurde er 2011 mit dem Europäischen Buchpreis ausgezeichnet. 2014 erschien sein Krimi »Waidmannstod«, 2015 »Auentod«. 2019 erschien sein autobiografisches Buch »Wo wir zu Hause sind«, das zum Bestseller wurde. Maxim Leo lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783462302455
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum10.02.2022
Auflage1. Auflage
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2704 Kbytes
Artikel-Nr.8382225
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis
Die Tür des »Moviestar« sprang auf. Ein Mann, den Hartung noch nie gesehen hatte, betrat den Laden. »Mein Name ist Landmann, ich arbeite für das Nachrichtenmagazin Fakt und würde gerne ein Interview mit Ihnen machen.«

Hartung blickte auf den Laptop, wo der Gendarm Cruchot, begleitet von einer jauchzenden Nonne, eine herrliche Verfolgungsjagd absolvierte. »Ich bin sehr beschäftigt, worum geht es denn?«

»Wie Sie sicher wissen, jährt sich in sechs Wochen zum dreißigsten Mal der Tag des Mauerfalls.«

»Mmhh.«

»Wir bereiten gerade eine Sonderausgabe vor, und ich habe ein paar Fragen. Es geht um die Flucht am Bahnhof Friedrichstraße am 12. Juli 1983. Der S-Bahn-Zug, der in den Westen verschwand. Die Massenflucht. Sie wissen schon.«

»Ja und?«

»Nun, ich habe mir die Stasi-Akten angesehen, Sie wurden damals als Hauptverdächtiger festgenommen, als Strippenzieher, der alles organisiert hat.«

Hartung drückte die Pause-Taste, Louis de Funès erstarrte mitten in einem Wutausbruch. Hartungs Blick wanderte zu dem Journalisten, der mit einem breiten Lächeln vor ihm stand. »Strippenzieher? Ich?«

»Sie waren doch damals Stellwerksmeister bei der Reichsbahn am Bahnhof Friedrichstraße?«

»Stellvertretender Stellwerksmeister.«

»Ja, meinetwegen. In den Akten steht ...«

»Interessieren Sie sich für Filme?«

»Klar, warum?«

»Weil das hier eine Videothek ist und kein Auskunftsbüro.«

»Ich möchte Ihnen doch nur ein paar Fragen stellen.«

»Und ich bin gerade ziemlich im Stress. Sind Sie bereits Kunde bei uns?«

»Nein, ich wollte doch nur ...«

»Dann füllen Sie erst mal dieses Formular aus, die Aufnahmegebühr beträgt 80 Euro.«

»Warum soll ich denn ... 80 Euro??«

»Damit ich während meiner Arbeitszeit mit Ihnen reden kann. Sie können auch die Premium-Mitgliedschaft für 120 Euro wählen. Dann kann ich länger mit Ihnen reden.«

Der Journalist sah Hartung genervt an, begann aber folgsam, das Formular auszufüllen. »Hier steht nichts von einer Aufnahmegebühr.«

»Wurde auch erst vor Kurzem eingeführt, irgendwie muss ich den Kundenansturm ja in den Griff bekommen.«

Der Journalist blickte sich in dem leeren Laden um, versuchte, seinen Ärger hinunterzuschlucken. »Okay. Wo muss ich unterschreiben?«

Hartung nahm zufrieden das ausgefüllte Formular entgegen und quittierte den Empfang von 120 Euro. »So, jetzt können wir reden.«

»In den Akten steht, Sie hätten für eine Fluchthelfer-Organisation gearbeitet, aber man konnte Ihnen nichts nachweisen.«

»Blödsinn.«

»Was ist damals passiert? Im Gefängnis, in Hohenschönhausen?«

In Hartungs Kopf begann es zu arbeiten, Bilder tauchten auf. Der helle Resopal-Tisch mit den abgestoßenen Kanten. Die Glasbausteine in den Fensteröffnungen, die den Blick nach draußen verschwimmen ließen. Das breite, nicht unsympathische Gesicht des Vernehmers. Hartung schüttelte den Kopf. »Das ist ewig her.«

»Erzählen Sie.«

»Was weiß ich, die haben mich abgeführt, ich saß im Knast, musste dämliche Fragen beantworten, war nach ein paar Tagen wieder draußen. Keine große Sache.«

»In den Akten steht, Sie hätten eine Weiche manipuliert, deshalb sei die S-Bahn mit den 127 DDR-Bürgern in den Westen gefahren.«

»Na, wenn das da so steht ...«

»Herr Hartung, ich bin jetzt Premium-Kunde, schon vergessen? Es muss doch einen Grund gegeben haben, warum Sie festgenommen wurden.«

»Keine Ahnung, irgendwas war mit der bescheuerten Weiche.« Hartung hatte auf einmal wieder diesen Geruch in der Nase, diese Mischung aus Maschinenöl, Teer, Staub und von der Sonne erhitztem Metall. Er spürte wieder, wie die Schienen unter den schweren S-Bahn-Rädern bebten. Er hörte das Knurren der Radlager, das Kreischen der Bremsen, die verrauschten Stimmen aus dem Funkgerät. Es war plötzlich alles wieder da, so als gäbe es einen Raum in seinem Kopf, der nur mit diesen Erinnerungen gefüllt war. Ein Raum, den er lange nicht betreten hatte. Die Erinnerungen fühlten sich seltsam an, wie aus einem anderen Leben, und zugleich so klar und deutlich, als hätte er noch gestern im Schotter des Bahnhofs Friedrichstraße gestanden, in der dunkelblauen Reichsbahner-Kluft, die Signallampe in der Hand.

»Hallo, Herr Hartung! Was war mit der Weiche?«

Hartung löste sich aus seinen Gedanken, sah den Journalisten an, der ihn neugierig betrachtete. »Ich weiß es nicht mehr. Es ist so, als wenn ich Sie fragen würde, ob das Mädchen, mit dem Sie zum ersten Mal geknutscht haben, ein rotes oder ein blaues Kleid trug.«

»Was für ein bescheuerter Vergleich!«

»Finde ich nicht«, sagte Hartung.

»Sie trug eine Hose.«

»Braves Küsschen oder mit Zunge?«

»Was geht Sie das an?«

»Sehen Sie, genau das frage ich mich auch schon die ganze Zeit.«

»Okay, Herr Hartung, ich verstehe, glaube ich, worum es geht. Ich würde gerne der erste Platin-Kunde Ihrer Videothek werden. Ich zahle 400 Euro, wenn Sie mir dann endlich Ihre Geschichte erzählen.«

»800.«

»600.«

»Okay.« Hartung holte noch ein Bier aus dem Kühlschrank, stellte auch dem Journalisten eine Flasche hin. Er versuchte, sich zu erinnern, das versprochene Geld beschwingte ihn ungemein. Wer hätte gedacht, dass er mal 600 Euro, also umgerechnet 1200 D-Mark, was ja quasi 6000 Ostmark waren, nur dafür bekommen würde, ein paar alte Reichsbahn-Geschichten zu erzählen.

»Es gab einen Sicherheitsbolzen, der musste von Hand gelöst werden, bevor man die Weiche elektrisch stellen konnte. Es war die Weiche am Gleis 6, Signalkasten 38.« Hartung hörte sich sprechen, er war erstaunt, was er alles noch wusste. Signalkasten 38, leck mich am Arsch! Immer mehr Bilder wirbelten durch seinen Kopf. Die Werkstatt unten im Stellwerk. Der Schraubstock, die Metallspäne. Wie oft hatte er in dieser Werkstatt gesessen, auf dem Holzschemel neben dem Werkzeugschrank. Hartung sah das Telefon mit dem grünen und dem roten Knopf. Das Kofferradio mit der abgebrochenen Antenne. Den gusseisernen Ofen, in dem sie im Winter die morschen Bahnschwellen verheizt hatten.

»Was war so wichtig an dieser Weiche?«

»Über diese Weiche konnten S-Bahn-Züge, die im Osten repariert worden waren, zurück nach Westberlin gebracht werden.«

Der Journalist zog einen Schreibblock und einen Stift aus der Tasche und begann, Notizen zu machen. »Ich dachte, das Ostberliner S-Bahn-Netz sei komplett vom Westberliner S-Bahn-Netz getrennt gewesen.«

»War es auch«, sagte Hartung. »Aber es gab diese eine Weiche am Bahnhof Friedrichstraße, da, wo die Ost-S-Bahnen ankamen. Normalerweise war die Weiche so gestellt, dass die Züge am Ost-Bahnsteig einfuhren. Wurde die Weiche umgestellt, dann fuhr der Zug über das Ferngleis 2 Richtung Westen.«

»Deshalb gab es diese Sicherung an der Weiche?«

»Ja, den Bolzen.«

»Und was genau ist nun in dieser Nacht zum 12. Juli 1983 passiert?«

»Ich hatte Dienst, habe erst einmal ein bisschen in der Werkstatt gepennt. Dann kam irgendwann der Anruf vom Stellwerk, dass die Weiche am Gleis 6 entsichert werden soll. Das kam wirklich selten vor und meistens wurde es vorher angekündigt. Also war ich schon verwundert, bin raus zum Gleis, habe versucht, den Bolzen zu lösen, aber der saß fest. Habe es dann mit der Rohrzange versucht, dabei ist der Bolzen abgebrochen.«

»Und dann?«

»Normalerweise hätte ich das sofort melden müssen, aber dann hätte ich auch gleich einen neuen Bolzen besorgen müssen, was morgens um drei nicht ganz einfach gewesen wäre. Ich dachte, ich erledige das in Ruhe am nächsten Tag, immerhin konnte man die Weiche jetzt stellen, das war doch das Wichtigste.«

»Haben Sie die Weiche gestellt?«

»Nein, das waren elektrische Weichen, die wurden vom Stellwerk aus gesteuert. Ich habe den Kollegen Bescheid gesagt, dass die Sicherung entfernt ist. Dann bin ich in die Werkstatt zurückgegangen und habe mich wieder hingelegt.«

»Aber Sie hatten doch Dienst.«

Hartung lachte. »Na und? Nachtdienst war bei der Reichsbahn immer mehr Nacht als Dienst. Und wenn es nicht nötig war, dann wurde da auch keiner geweckt. Um sieben Uhr wurde ich abgelöst, bin nach Hause gefahren, habe mich da noch mal hingelegt, und am Nachmittag standen dann die Jungs von der Stasi vor meiner Tür.«

Der Journalist ging unruhig im Laden hin und her. »Das heißt, Sie hatten bis zum Nachmittag gar nichts mitbekommen von der Massenflucht?«

»Ja wie denn? Ich habe doch geschlafen. Die Stasi-Leute haben mir das später erzählt. Die waren alle sehr aufgeregt, kann man ja verstehen, wenn auf einmal so ein voller S-Bahn-Zug über die streng gesicherte Staatsgrenze schaukelt. Und dann sollte ich auch noch schuld an der ganzen Sache sein.«

»Aber waren Sie das nicht? In den Akten steht, der abgebrochene Sicherheitsbolzen habe sich in der Weiche verkeilt. Deshalb blockierte die Weiche später, als sie wieder zurückgestellt werden sollte, was von Ihren Kollegen im Stellwerk offenbar nicht bemerkt wurde.«

»Das konnten die auch nicht bemerken, die Kollegen im Stellwerk drückten eine Taste und das war´s. Das hat ja eigentlich auch immer funktioniert.«

»Außer in dieser Nacht, was dazu führte, dass die erste reguläre S-Bahn, die um 4.06 Uhr vom Marx-Engels-Platz kommend am Bahnhof Friedrichstraße eintraf, in den Westen durchfahren konnte.«

»Tja, blöd gelaufen.«

»Mehr haben Sie dazu nicht zu sagen?«

»Klar habe ich in...
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Maxim Leo, 1970 in Ostberlin geboren, ist gelernter Chemielaborant, studierte Politikwissenschaften, wurde Journalist. Heute schreibt er gemeinsam mit Jochen Gutsch Bestseller über sprechende Männer und Alterspubertierende, außerdem Drehbücher für den »Tatort«. 2006 erhielt er den Theodor-Wolff-Preis. Für sein autobiografisches Buch »Haltet euer Herz bereit« wurde er 2011 mit dem Europäischen Buchpreis ausgezeichnet. 2014 erschien sein Krimi »Waidmannstod«, 2015 »Auentod«. 2019 erschien sein autobiografisches Buch »Wo wir zu Hause sind«, das zum Bestseller wurde. Maxim Leo lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Berlin.