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Die Stunde der Nebelkinder

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am11.04.20221. Auflage
Ein erster, letzter Tanz mit dir.

München, 1947: Helene wächst zwischen den Trümmern auf, die ihr Zuhause und Spielplatz zugleich sind. Doch dann kehrt ihr Vater zurück, und sie fasst einen Beschluss: Von diesem Fremden wird sie sich nichts sagen lassen - und fortan rebelliert sie. Sie möchte ein unbefangenes, freies Leben führen und nicht wie ihre Schwester Ana immerzu Sicherheiten schaffen. Erst viele Jahre später, als ihre Mutter erkrankt und ihrer Tochter von ihrem Leben vor dem Krieg und ihrer ersten Ehe erzählt, erkennt Helene, wie sehr auch ihre eigene Existenz von der Vergangenheit gezeichnet ist ... 

Authentisch und berührend - eine Mutter-Tochter-Geschichte in den Schatten des Krieges.


Stefanie Gregg, geboren 1970 in Erlangen, studierte Philosophie, Kunstgeschichte, Germanistik und Theaterwissenschaften, worin sie auch promovierte. Nach Stationen in Medienunternehmen und als Unternehmensberaterin widmet sich die Autorin dem Schreiben. Mit ihrer Familie wohnt sie in der Nähe von München. Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Romane 'Mein schönster schlimmer Sommer', 'Der Sommer der blauen Nächte' und 'Nebelkinder' erschienen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEin erster, letzter Tanz mit dir.

München, 1947: Helene wächst zwischen den Trümmern auf, die ihr Zuhause und Spielplatz zugleich sind. Doch dann kehrt ihr Vater zurück, und sie fasst einen Beschluss: Von diesem Fremden wird sie sich nichts sagen lassen - und fortan rebelliert sie. Sie möchte ein unbefangenes, freies Leben führen und nicht wie ihre Schwester Ana immerzu Sicherheiten schaffen. Erst viele Jahre später, als ihre Mutter erkrankt und ihrer Tochter von ihrem Leben vor dem Krieg und ihrer ersten Ehe erzählt, erkennt Helene, wie sehr auch ihre eigene Existenz von der Vergangenheit gezeichnet ist ... 

Authentisch und berührend - eine Mutter-Tochter-Geschichte in den Schatten des Krieges.


Stefanie Gregg, geboren 1970 in Erlangen, studierte Philosophie, Kunstgeschichte, Germanistik und Theaterwissenschaften, worin sie auch promovierte. Nach Stationen in Medienunternehmen und als Unternehmensberaterin widmet sich die Autorin dem Schreiben. Mit ihrer Familie wohnt sie in der Nähe von München. Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Romane 'Mein schönster schlimmer Sommer', 'Der Sommer der blauen Nächte' und 'Nebelkinder' erschienen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841229380
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum11.04.2022
Auflage1. Auflage
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse830 Kbytes
Artikel-Nr.8456348
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe





KAPITEL 2
Käthe

Breslau 1931


Käthes Tennisspiel konnte man schon von Weitem hören. Traf sie den Ball, stöhnte sie leise hell seufzend auf, verpasste sie ihn, bejammerte sie den Schlag mit einem kleinen Aufschrei. In den Spielpausen schüttelte sie die dunklen Locken und lachte mit ihrem Tennispartner.

Sie war hinreißend. Er konnte sich nicht erinnern, je ein so bezauberndes Wesen gesehen zu haben. Mit geradem Rücken saß er da und beobachtete jede ihrer Bewegungen, jedes sinnliche Gurren, das aus ihrem süßen Mund kam. Er bewunderte die Linie ihres Halses, er sah die geraden, festen Schenkel, die schmalen Arme. Noch nie hatte ihn eine Frau so fasziniert. Blutjung, vielleicht zwanzig, zweiundzwanzig Jahre alt, absolut natürlich, sich ihrer Erotik in keiner Weise bewusst, stellte er fest.

Ab und zu blickte sie nach oben, winkte kurz hoch zur Zuschauertribüne. Ein Mann, kräftig und mit Doppelkinn, paffte dort oben eine Zigarre und sah nur ab und an auf das Tennisspiel hinunter. Vater oder Ehemann? Beides möglich. Eine Tragik, wenn diese Fee an den Zigarrenpaffer verschwendet wäre, dachte Ludwig.

Das Spiel war beendet. Sie hatte verloren, aber sie strahlte, als ob sie gewonnen hätte. Als sie auf die Tribüne kam, hauchte sie dem Zigarrenmann einen Kuss auf die Wange, der dies kaum wahrnahm und sich weiter mit seinem Tischnachbarn unterhielt. Kurz darauf verabschiedete sich der kräftige Mann und sie winkte ihm kokett zu - spürbar ohne Bedauern über sein Verschwinden. Fand Ludwig zumindest. Sie ging in die kleine Tennisgaststätte, er sprang geradezu auf und folgte ihr.

An der Theke wartete sie auf den Kellner, der gerade noch einen anderen Gast bediente. Er stellte sich neben sie. Einige Sekunden lang fiel ihm nichts ein, was er zu ihr hätte sagen können, als sie sich zu ihm drehte und das Wort an ihn richtete: »Na, der lässt uns aber lange warten!«

Es war wie ein Stichwort für ihn.

»Ja, aber neben Ihnen warte ich gerne.«

Er reichte ihr die Hand und blickte sie an. Mit einer Intensität, die nicht zu übersehen war. Sie schaute ihn unter den dichten schwarzen Wimpern mit ihren tiefblauen Augen an. Einen Augenblick zu lange. Einen ungehörigen Augenblick zu lange, bevor sie ihm die Hand reichte.

»Vahrenhorst, ich heiße Ludwig Vahrenhorst.«

»Käthe Peyinghaus.« Erst viel später stellte sie verwundert fest, dass sie sich mit ihrem Mädchennamen vorgestellt hatte.

»Käthe, Katharina! Wie die wunderschöne Zarin.«

»Oh nein! Einfach nur Käthe«, berichtigte sie und strahlte, »aber immerhin Käthe Margarethe Alexandra Marie. Käthe Margarethe - für den Klang, Sie verstehen?«

»Ich verstehe. Käthe Margarethe Alexandra Marie. Wundervoll!« Er versank in ihren Augen.

Sie trippelte von dem einen auf den anderen Fuß.

»Darf ich Sie zu einem Kaffee einladen?«, fragte er vorsichtig.

Sie zögerte. Ungehörig. War es ungehörig, Ja zu sagen, oder ungehörig, einen Kaffee zu verweigern? »Warum nicht?«, sagte sie leichthin. Und irgendetwas tief in ihr wusste, dass dieser Kaffee ihr Leben verändern würde.

*

Käthe drehte sich in ihrem Kleid. Ein weißes Kleid im Charleston-Stil. Ohne Ärmel floss es ihren Körper umschmeichelnd bis kurz über die Knie. Dazu trug sie einen dünnen weißen Schal, der ihren schmalen Hals noch betonte.

Ihre Mutter, »Maman« sprach sie sie geziemend auf Französisch an, saß in Käthes Zimmer am fast zwei Meter hohen Eichensekretär mit den gedrechselten Säulen, vor dem sie, obwohl immer Grande Dame, winzig wirkte. Es war Käthe nicht recht, dass sie sich genau dahin gesetzt hatte, denn dort lag noch eine Postkarte, die sie im Kolonialwarenhandel am Marktplatz gesehen hatte und einfach hatte kaufen müssen. Die Karte zeigte die Tänzerin Mata Hari in wild-eleganter Pose in ihrem durchsichtigen Tanzrock und dem orientalischen Büstenhalter. Käthe war fasziniert. Ihre Mutter aber wäre entsetzt gewesen, bisher hatte sie die Postkarte zum Glück noch nicht gesehen.

Maman saß da, wie auf einem Thron, und schüttelte missbilligend den Kopf. Mittlerweile war auch ihr klar, dass das Kleid dem Trend der Zeit entsprach, dennoch fand sie es zutiefst unschicklich, das war offensichtlich. Sie selbst hingegen trug ein hochgeschlossenes, knöchellanges dunkles Kleid mit einem großen Kragen, den vorne eine schwarze Schleife schmückte. Sehr schicklich. »Rücken gerade, Kinn hoch. Contenance!« - das war ihr Leitspruch in allen Situationen. Damit hatte sie ihre Kinder großgezogen. Keinen Schmerz zeigen, Haltung bewahren in jeder Situation. Das zeigte die Herkunft aus gutem Hause.

Eigentlich fand Käthe ihr eigenes Kleid auch unschicklich, genau das war ja das Phantastische daran! Sie drehte sich noch einmal vor dem Spiegel und beobachtete, wie der Rock dabei ein wenig hochflog. Genau so würde er fliegen, wenn sie nachher tanzte. Hausball. Dieses Wort liebte Käthe. Bereits ihre Eltern hatten immer Hausbälle veranstaltet, natürlich braver, mit Tanzkarte. Heute hatte sie ihren ersten eigenen Hausball. Und das mit diesem Kleid. Wilhelm würde nur leider nicht mit ihr tanzen, er tanzte nie. Einmal den Hochzeitswalzer. Aber das fühlte sich auch so grauenhaft an, dass Käthe gar nicht allzu unglücklich darüber war, wenn er nicht mehr mit ihr tanzte. Er war eben viele Jahre älter als sie, das war doch aber normal, üblich so. Ihre Eltern hatten die Ehe arrangiert, er war eine glänzende Partie! Sie konnte glücklich sein, so einen wohlhabenden Mann bekommen zu haben.

Ganz kurz blitzte in ihr die Erinnerung an die letzte Nacht auf und den Seufzer, mit dem er sich wie immer von ihr weggerollt hatte. Ob das auch normal war, bei allen so war, wusste sie nicht genau. Schnell wischte sie den Gedanken fort und drehte sich noch einmal rasant um sich selbst. Dann nahm sie den schmalen, dunklen Silberarmreif und streifte ihn bis zum Oberarm. Sie wusste, sie sah hinreißend aus!

Käthe hörte, wie mehr und mehr Gäste in die Eingangshalle kamen. Langsam hatte sich das Wohnzimmer, das sie den großen Salon nannten, gefüllt. Der große Salon war Käthes ganzer Stolz. Ein riesiger Raum, ein kleiner Saal. Vor den hohen Fenstern mit den zierlichen schmiedeeisernen Gittern hatte Käthe Vorhänge in einem dunklen Rosa mit goldenen Quasten anbringen lassen. Ein Traum! Selbst Wilhelm, der zuerst sehr ärgerlich gewesen war, weil sie die alten braunen Vorhänge abnehmen wollte, konnte nicht anders, als anerkennend nicken, als er sie sah. Auf dem schwarz glänzenden Piano hatte sie heute früh noch rote Rosen aus dem Garten arrangiert und davor eine Kristallkaraffe, die das Sonnenlicht aufnahm und in regenbogenfarbenen Strahlen im Zimmer verteilte.

Nun könnte sie als Hausherrin im Salon mit den Gästen zusammenkommen. Sie hatte das Haus auch wegen seiner Treppe ausgesucht, die in den großen Flur und ins Wohnzimmer führte. So musste man auftreten als Hausherrin.

Sie versuchte, das begeisterte Strahlen auf ihrem Gesicht in ein geziemendes Lächeln zu reduzieren, als sie Schritt für Schritt mit gemäßigt schwingender Hüfte die Treppe hinunterschritt, bis sie die letzte Stufe hinunterstolperte. Weil sie ihn gesehen hatte. Er stand da ganz lässig mit einer Zigarette in der Hand und beobachtete sie völlig ungeniert mit einem süffisanten Lächeln. Wo kam er her? Was hatte er hier zu suchen?

Ihre Cousine Marie nahm seinen Arm und schob ihn auf Käthe zu, die versuchte, sich zu fassen. »Käthe, du siehst wundervoll aus!«, rief sie, bevor sie mit einem unübersehbar stolzen Lächeln ihren Begleiter vorstellte: »Das ist Ludwig Vahrenhorst. Richter am Breslauer Landgericht.«

Er machte eine dezente Verbeugung, fasste ihre Hand zu einem sanft angedeuteten Handkuss und sagte: »Es ist mir ein Vergnügen, Frau Peyinghaus!«

Sie musste aufpassen, dass sie nicht stotterte: »Wieter. Peyinghaus ist mein Mädchenname.«

»Frau Wieter,...


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Autor

Stefanie Gregg, geboren 1970 in Erlangen, studierte Philosophie, Kunstgeschichte, Germanistik und Theaterwissenschaften, worin sie auch promovierte. Nach Stationen in Medienunternehmen und als Unternehmensberaterin widmet sich die Autorin dem Schreiben. Mit ihrer Familie wohnt sie in der Nähe von München.

Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Romane "Mein schönster schlimmer Sommer", "Der Sommer der blauen Nächte" und "Nebelkinder" erschienen.