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Jugendfeuer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Hannibal Verlagerschienen am12.05.20221. Auflage
Zwischen Cohen und Lolita: die frühen Jahre des Nick Cave Er ist der Grandseigneur der Alternative-Szene und genießt den Respekt, wie man ihn in der Musikwelt zuvor wohl allenfalls Leonard Cohen entgegenbrachte: Nick Cave begann seine Karriere Anfang der Achtzigerjahre als skandalumwitterter Junkie-Poet, der seine provozierenden Texte zu einem eklektischen Mix aus Blues, Punk und Avantgarde herausschrie. Seine Lieder handelten von Grenzerfahrungen und Verbrechen aus Leidenschaft, vor allem aber von den Abgründen der Seele, die er mit seiner markanten, dunklen Stimme auf unverwechselbare Weise zu beschreiben verstand. Seine wilden Jahre in London und Berlin wurden in der Musikpresse ausführlich dokumentiert, ebenso seine Läuterung und die ruhigere, aber nicht weniger dunkle Zeit, in der Caves Bilderwelt von persönlichen Schicksalsschlägen geprägt war. Doch wie wurde der Lehrersohn aus der australischen Provinz zu dem exaltierten Performer, der mit der apokalyptischen Sprachgewalt eines alttestamentarischen Propheten über die Alternative-Szene der Achtziger hereinbrach? Der australische Journalist Mark Mordue hat sich auf eine spannende Spurensuche gemacht, die ihn von der Outback-Kleinstadt Wangaratta bis in die Kunst- und Punkszene von Melbourne führte, und er hat dazu ausführlich mit dem Künstler selbst, aber auch mit Caves Familie und vielen alten Weggefährten gesprochen. Jugendfeuer schildert Caves prägende Jahre, seine kreativen Einflüsse, schicksalhafte Internatsbegegnungen und vor allem das spannungsgeladene Verhältnis zu seinem Vater, dessen früher Unfalltod zu einem Wendepunkt in Caves Leben wurde. Es ist eine Jugend zwischen Nabokovs Lolita und Leonard Cohens Songs Of Love And Hate, zwischen morbiden Streichen und Nahtoderfahrungen, zwischen behüteter Kindheit und dem gnadenlosen Austesten künstlerischer Selbstverwirklichung als Teenager. Mordue unterfüttert seine straffe Erzählung mit akribischer Recherche und liefert mit Jugendfeuer einen ganz entscheidenden Beitrag zum grundlegenden Verständnis von Nick Caves Entwicklung ab.

Mark Mordue lebt als Journalist und Schriftsteller in Sydney. In den Neunzigerjahren gab er das Popkultur-Magazin Australian Style heraus, veröffentlichte später mehrere Gedichtbände und schrieb für renommierte Zeitschriften wie den Rolling Stone, Vogue, GQ oder Interview. Seit 1985 hat er zahlreiche Interviews mit Nick Cave geführt. In Australien wurde er für seine Arbeiten im Bereich Reportage und Memoiren mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR27,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextZwischen Cohen und Lolita: die frühen Jahre des Nick Cave Er ist der Grandseigneur der Alternative-Szene und genießt den Respekt, wie man ihn in der Musikwelt zuvor wohl allenfalls Leonard Cohen entgegenbrachte: Nick Cave begann seine Karriere Anfang der Achtzigerjahre als skandalumwitterter Junkie-Poet, der seine provozierenden Texte zu einem eklektischen Mix aus Blues, Punk und Avantgarde herausschrie. Seine Lieder handelten von Grenzerfahrungen und Verbrechen aus Leidenschaft, vor allem aber von den Abgründen der Seele, die er mit seiner markanten, dunklen Stimme auf unverwechselbare Weise zu beschreiben verstand. Seine wilden Jahre in London und Berlin wurden in der Musikpresse ausführlich dokumentiert, ebenso seine Läuterung und die ruhigere, aber nicht weniger dunkle Zeit, in der Caves Bilderwelt von persönlichen Schicksalsschlägen geprägt war. Doch wie wurde der Lehrersohn aus der australischen Provinz zu dem exaltierten Performer, der mit der apokalyptischen Sprachgewalt eines alttestamentarischen Propheten über die Alternative-Szene der Achtziger hereinbrach? Der australische Journalist Mark Mordue hat sich auf eine spannende Spurensuche gemacht, die ihn von der Outback-Kleinstadt Wangaratta bis in die Kunst- und Punkszene von Melbourne führte, und er hat dazu ausführlich mit dem Künstler selbst, aber auch mit Caves Familie und vielen alten Weggefährten gesprochen. Jugendfeuer schildert Caves prägende Jahre, seine kreativen Einflüsse, schicksalhafte Internatsbegegnungen und vor allem das spannungsgeladene Verhältnis zu seinem Vater, dessen früher Unfalltod zu einem Wendepunkt in Caves Leben wurde. Es ist eine Jugend zwischen Nabokovs Lolita und Leonard Cohens Songs Of Love And Hate, zwischen morbiden Streichen und Nahtoderfahrungen, zwischen behüteter Kindheit und dem gnadenlosen Austesten künstlerischer Selbstverwirklichung als Teenager. Mordue unterfüttert seine straffe Erzählung mit akribischer Recherche und liefert mit Jugendfeuer einen ganz entscheidenden Beitrag zum grundlegenden Verständnis von Nick Caves Entwicklung ab.

Mark Mordue lebt als Journalist und Schriftsteller in Sydney. In den Neunzigerjahren gab er das Popkultur-Magazin Australian Style heraus, veröffentlichte später mehrere Gedichtbände und schrieb für renommierte Zeitschriften wie den Rolling Stone, Vogue, GQ oder Interview. Seit 1985 hat er zahlreiche Interviews mit Nick Cave geführt. In Australien wurde er für seine Arbeiten im Bereich Reportage und Memoiren mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783854457343
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum12.05.2022
Auflage1. Auflage
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3924 Kbytes
Illustrationenmit zahlreichen Fotos
Artikel-Nr.8562716
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Prolog: Der Journalist und der Sänger (11)

Teil I: The Rider (21)
Such Is Life (23)
King And Country (44)

Teil II: The Good Son (55)
Man In The Moon (57)
Down By The River (72)

Teil III: Sonny's Burning (97)
The Word (99)
Double Trouble (129)
Zoo Music Girl (155)
Boy Hero (187)

Teil IV: God's Hotel (225)
Shivers (227)
Flight From Death (265)
Crime And Punishment (301)

Epilog: Der Sänger und der Song (337)

Danksagungen (345)
Editorische Notiz des Autors (351)
Endnoten (353)
Ausgewählte Bibliografie (383)
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Leseprobe



Prolog
Der Journalist und der Sänger

Mein erstes Gespräch mit Nick Cave war ein Telefoninterview anlässlich der Promotion seines zweiten Soloalbums, The Firstborn Is Dead (1985), einer unheilvollen, vom Blues beeinflussten Platte, die in fast schon biblischer, apokalyptischer Sprache die Geburt von Elvis Presley - und damit des Rock n Roll - feierte. Unsere Unterhaltung war so trocken wie Wüstengras, so zäh und unkonkret, dass sie zwischendurch versiegte. Cave schien nicht das geringste Interesse daran gehabt zu haben, was ich ihn fragte oder sagte. Damals war er für seinen notorischen Hass auf Journalisten berüchtigt. Nach diesem anstrengenden Gespräch legte ich den Hörer mit schweißnassen Händen und schwerem Herzen auf. Was für ein Reinfall.

Danach riss ich mich nicht mehr darum, mit Cave zu sprechen, geschweige denn ihn persönlich treffen. 1988 wollte ich ihn trotzdem für On the Street interviewen, eine Gratiszeitung, die in Sydney erschien. Aller guten Dinge sind zwei, dachte ich wohl. Im direkten Gespräch musste er doch aufgeschlossener sein als über eine hallende Telefonverbindung, bei der seine Stimme wie aus weiter Ferne geklungen hatte. Außerdem war er der bedeutendste australische Rockmusiker seiner Zeit. Man konnte ihn nicht ignorieren.

Cave war in der Stadt, um aus seinem lang erwarteten Roman zu lesen, der zu dem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war und erst 1989 unter dem Titel Und die Eselin sah den Engel veröffentlicht wurde. Er nannte sich aber bereits eher einen Schriftsteller 1 und lehnte Rockmusik wegen ihrer Niveaulosigkeit und des wie Pawlowsche Hunde konditionierten Publikums ab.2

Man hatte mir die Adresse eines Lagerhauses gegeben, das sich in einer Gasse direkt hinter der Oxford Street befand, Sydneys alternativem und bohemehaftem Schwulenviertel. Cave hatte sich darin offenbar mit einer Freundin oder einem Dealer oder einem kriminellen Bekannten vergraben - die Gerüchte waren vielfältig und hingen vom jeweiligen Gesprächspartner ab. Um Cave rankten sich immer Gerüchte, jede seiner Aktivitäten wurde begierig aufgesogen und ausführlich in Sydneys einschlägigen Kreisen diskutiert. Sonst sorgte nur Michael Hutchence so zuverlässig für Wirbel. Ihre Anwesenheit schien sich geradezu wellenförmig von dem Moment an durch die Stadt zu verbreiten, in dem das Flugzeug auf der Landebahn aufsetzte und sie halb im Verborgenen unsere abgeschirmte kleine Welt betraten.

Als ich an einem Sonntagnachmittag an die Tür einer alten Garage klopfte, wurde ein Schlüssel auf die Straße geworfen, begleitet von einem vage vertrauten Rufen, das irgendwo über mir ertönte. Während ich aufschloss, hörte ich Schritte auf dem Holzboden im Obergeschoss und das Knarzen einer Falltür. Eine Leiter wurde polternd zu mir heruntergelassen, und über mir stand Nick Cave im Gegenlicht. Wie eine gruselige Gestalt in einem B-Movie über einen Journalisten, der einen furchteinflößenden Rock-Vampir interviewen soll, bedeutete er mir, nach oben zu kommen. Ich schluckte und machte mich auf den Weg zu Nosferatu.

Sobald ich durch die Öffnung geklettert war, schlug die Atmosphäre sofort um. Cave war ein beflissener Gastgeber, während eine junge Frau, die ich für seine Freundin hielt, ihn herumscheuchte, als wäre ich gerade in eine Gothic-Version der britischen Sitcom George and Mildred geraten. Hol Mark etwas zu essen, Nick , befahl sie knapp. Eine große Platte mit liebevoll angerichteten Weintrauben, Litschis, Melonen und Äpfeln wurde mit großer Geste vor mir abgestellt.

Als Cave sich gerade hinsetzen und sich etwas von dem Essen nehmen wollte, fragte seine Freundin: Hast du Mark Kaffee angeboten, Nick? Wieder stand er auf, steif und mit gespielt düsterer Miene. Er ging zu einem alten Metalltrichter, der an einer hölzernen Werkbank befestigt war, schüttete Kaffeebohnen hinein und drehte langsam die Kurbel: Mahlen, mahlen, mahlen, das ist die Geschichte meines Lebens.

Eine Auswahl teuren Gebäcks wurde mir ebenfalls serviert, und ich dankte dem Paar für seine überraschende Gastfreundschaft. Cave fragte mich, warum ich so überrascht sei. Eine ausweichende Antwort schien mir taktisch unklug, weshalb ich seine Fürst-der-Finsternis-Aura ansprach und seinen Ruf, Journalisten schlecht zu behandeln. Wer sagt das? , fragte er ein wenig angesäuert. Nun, der NME ⦠, begann ich und bezog mich dabei auf das damals einflussreiche britische Musikmagazin, den New Musical Express. Der NME! , knurrte er und mahlte die Bohnen mit mehr Nachdruck. Seine Freundin sah zu mir und sagte: Hör bloß damit auf. Ihm rief sie beruhigend zu: Nick, schon gut ⦠Cave mahlte weiter, ließ seinen Ärger an den Bohnen aus. Der NME!

Schließlich kam er mit einer großen silbernen Kanne voll dampfendem Kaffee zurück. Auf einem silbernen Tablett stand feines Porzellan bereit. Beim Einschenken schweiften seine Gedanken allerdings ab, der Kaffee floss langsam aus der Kanne um die Tassen, der Kreis wurde immer größer, das Tablett füllte sich mit der schwarzen Flüssigkeit wie ein Swimmingpool, bis Nick wieder in die Gegenwart zurückkehrte und letztlich auch die Tassen traf. Nach vollbrachter Tat fragte er mich mit so viel Würde, wie er aufbringen konnte: Milch oder Zucker?

Die nächsten zweieinhalb Stunden des Interviews verliefen ähnlich. Jede Frage schien Cave riesige Konzentration abzuverlangen, unterbrochen von regelmäßigen Pausen und nur Sekunden dauernden Schlafmomenten. Seine zuweilen dünne und brüchige, manchmal aber auch sonore und selbstbewusste Stimme wirkte hypnotisch. Ich fühlte mich haltlos, wusste nicht, was ich tun oder wie ich mich verabschieden sollte. Ich glaube, das Gespräch endete nicht, es verblasste. Irgendwann waren wir alle unendlich entspannt, und ich schlich mich durch die Bodenklappe nach unten.

Auch bei diesem Interview mit Nick Cave hatte ich das Gefühl, versagt zu haben, trotz seiner großen Bemühungen, mir entgegenzukommen. Vor allem lag es daran, dass ich nicht genau wusste, wie ich unser Treffen zusammenfassen sollte. Mir graute auch davor, die Tonbänder zu transkribieren, was mich noch viel mehr Zeit als das eigentliche Interview kosten würde.

Zwei Abende später stand Cave auf der Bühne des Mandolin Cinema im Stadtteil Surry Hills in Sydney und las aus seinem Buchmanuskript, begleitet von atmosphärischer Musik, die zusammen mit seiner Stimme immer lauter und leiser wurde und eine angemessen bedrohliche und traumartige Atmosphäre erzeugte.3 Als perfektes Abbild des Black Crow King (einer von vielen typischen Songs, in denen er sich auf sich selbst bezieht und die zu dem ihn umgebenden Mythos beitragen, trotz der darin enthaltenen satirischen Seitenhiebe auf sein Image und dessen Anhänger) kam Cave nicht einfach auf die Bühne, sondern ging stolpernd und wankend, als hinge er an unsichtbaren Fäden. Irgendwann fiel er auch von der Bühne. Dennoch war das Kino bis zum letzten Platz mit seinen Fans gefüllt, zwei Abende hintereinander war die Vorstellung ausverkauft. Es gelang ihm, die Stimmung seines fast vollendeten Werks in den Raum zu übertragen, eines glaubwürdig wirkenden Romans voll schwarzem Humor in der Tradition von William Faulkner.

Als ich 1994, sechs Jahre nach diesen beiden Lesungen und unserem Treffen in dem Lagerhaus, das nächste Mal mit Cave sprach, hatte sich das Blatt gewendet. Wir telefonierten. Er lebte zu der Zeit in Brasilien, in São Paulo, und war - zumindest nach außen hin - völlig clean. Für mich war es früher Morgen. Sehr früh. Leider hatte ich mich am Abend zuvor von meiner Freundin getrennt, war die ganze Nacht unterwegs gewesen und gerade rechtzeitig zur Tür hereingestürzt, um Caves Anruf entgegenzunehmen. Zum Glück hatte ich mich am Tag zuvor auf das Interview vorbereitet. Als Cave mich fragte, wie es mir ginge, erzählte ich ihm alles: Dass ich die ganze Nacht herumgelaufen sei, viele Gedanken und Gefühle gewälzt hätte, ein langer, chaotischer, emotionaler Vortrag. Zum Schluss sagte ich, ich wäre begeistert von seinem neuen Album, Let Love In, und fragte ihn, ob er in São Paulo eine Lieblingsspazierroute habe.

Cave schwieg lange, knurrte leise - und dann redeten wir. Es war ein großartiges Interview, und ich mochte ihn sehr. Er schien meinem Zustand gegenüber völlig unvoreingenommen zu sein; tatsächlich war er sehr höflich und auch ein wenig amüsiert. Meine erste Frage beantwortete er folgendermaßen: Meine Lieblingsstrecke gehe ich jeden Tag, sie führt zu meiner Stammkneipe hier im Viertel. Aus der Tür, die Straße entlang, an dem Schrottplatz mit den Hühnern und dem alten Hund vorbei. Einen steilen Hügel hinauf zu meiner Lieblingsbar San Pedro s. Dort arbeitet ein riesiger Barkeeper, der fetteste Mann, den ich je gesehen habe. Die Einheimischen reden von ihm immer als dicke Frau, aber er ist ein Mann mit einem Schnurrbart. Für mich sieht er eher wie ein riesiges Baby aus. Dort sitze ich, lese, trinke und denke über den Sinn des Lebens nach. Dann gehe ich wieder hinunter zu meiner Wohnung.

Ein paar Jahre später, 1997, traf ich Cave erneut, in einem recht sterilen Raum mit...

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Autor

Mark Mordue lebt als Journalist und Schriftsteller in Sydney. In den Neunzigerjahren gab er das Popkultur-Magazin Australian Style heraus, veröffentlichte später mehrere Gedichtbände und schrieb für renommierte Zeitschriften wie den Rolling Stone, Vogue, GQ oder Interview. Seit 1985 hat er zahlreiche Interviews mit Nick Cave geführt. In Australien wurde er für seine Arbeiten im Bereich Reportage und Memoiren mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Jugendfeuer