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Colombia Es Pasión!

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
353 Seiten
Deutsch
Covadonga Verlagerschienen am19.06.2020
2019 gewann der 21-jährige Kolumbianer Egan Bernal das berühmteste Radrennen der Welt, die Tour de France. Er war der zweitjüngste Sieger in der fast 120-jährigen Geschichte des Rennens und der erste Südamerikaner, dem dieses Kunststück gelang. Sein Triumph erfüllte - endlich! - die jahrzehntelange Sehnsucht einer radsportverrückten Nation und krönte die Leistungen einer goldenen Generation kolumbianischer Radprofis. Denn bereits in den Jahren vor Bernals Sieg feierten seine Landsleute etliche große Erfolge: Nairo Quintana gewann den Giro d'Italia und die Vuelta a España und fuhr bei der Tour nur hauchdünn am Sieg vorbei. Rigoberto Urán, Esteban Chaves, Miguel Ángel López und Fernando Gaviria gelang es allesamt, bei den großen Landesrundfahrten Etappensiege zu holen, Leadertrikots überzustreifen und aufs Podium zu fahren. Sie und etliche weitere kolumbianische Ausnahmetalente machten ihre Nation zu einer echten Großmacht im Radsport. Kolumbien ist seit langem das einzige Schwellenland, dessen Fahrer im internationalen Profipeloton auf breiter Front und allerhöchstem Niveau mitmischen. Doch seine so erfolgreichen Söhne sind keineswegs das Produkt eines rigorosen Sportsystems, das sie schon in frühen Jahren entdeckt und gefördert und dann in die Weltspitze ihres globalisierten Sports geführt hätte. Sie alle kommen aus einem viel härteren Umfeld - aus einfachsten, überaus harschen Verhältnissen, die angetan sind, westliche Beobachter in Erstaunen zu versetzen, zu schockieren ... und manchmal auch zu verzaubern. Und nicht allein sportlich haben diese jungen Männer so viel erreicht. Die internationale Aufmerksamkeit, die sie Kolumbien mit ihren Auftritten im Rennsattel beschert haben, hat mit dazu beigetragen, ihr Land für Tourismus und Handel zu öffnen. Nach Jahrzehnten der Gewalt, Korruption und inneren Unruhen hat ein neues Kolumbien - beflügelt durch wirtschaftliche Erholung, einen nationalen Friedensprozesses und die Erfolge seiner Radrennfahrer - zu unverhoffter Normalität gefunden und verloren geglaubtes Ansehen in den Augen der internationalen Staatengemeinschaft wiedererlangt. Ob Egan Bernal, Nairo Quintana und Rigoberto Urán, ob Esteban Chaves, Miguel Ángel López und Fernando Gaviria, ob Darwin Atapuma, Sergio Luís Henao und Iván Sosa: Für 'Colombia Es Pasión!' hat Matt Rendell die komplette Riege kolumbianischer Spitzenfahrer und ihre Familien besucht. In akribisch recherchierten, einfühlsam erzählten Portraits schildert der preisgekrönte Autor, Radsport- und Kolumbien-Experte ihre Wurzeln, Lebenswege und Träume. Es sind inspirierende Geschichten, die von der Überwindung von Armut und Gewalt, Krankheit und Korruption erzählen - und von Helden der indigenen Bevölkerung, die es zu weltweitem sportlichen Ruhm gebracht haben. Matt Rendell liefert verblüffende Einblicke in den einzigartigen sportlichen Mikrokosmos, der sich hinter Kolumbiens Radprofis verbirgt, und zeigt auf, wie ihre sportlichen Leistungen eine ganze Nation zu Frieden, Reformen und Wohlstand anspornten.

Matt Rendell überlebte Morbus Hodgkin und war als Dozent an britischen und lettischen Universitäten tätig, bevor er in den Fernseh- und Printjournalismus einstieg. Im Jahr 1998 besuchte er erstmals Kolumbien. Sein dabei entstandener Dokumentarfilm 'Kings of the Mountains' wurde ebenso von der Kritik gefeiert ('Ein Juwel, das uns in weniger als einer Stunde mehr über das Wesen des Sports erzählt als alle Premiership-Spiele einer gesamten Saison.' - The Observer) wie sein gleichnamiges Debüt als Buchautor ('Akribisch recherchiert, elegant und sensibel geschrieben.' - The Times). Bereits seit 1997 arbeitet Matt Rendell als Tour-de-France-Kommentator für das britische Fernsehen, er ist zudem Kolumnist des Radsportmagazins Rouleur und Moderator eines alljährlichen Tour-Podcasts. Seine Reportagen und Artikel erscheinen in Observer, Financial Times, New Statesman, Soigneur, Mondiale, Cycling News und Procycling. Dreimal wurde er vom National Sporting Club als bester Sportjournalist des Jahres ausgezeichnet. 'Colombia Es Pasión' ist sein fünftes Buch über Kolumbien und sein siebtes über den Radsport.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR19,80
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR13,99

Produkt

Klappentext2019 gewann der 21-jährige Kolumbianer Egan Bernal das berühmteste Radrennen der Welt, die Tour de France. Er war der zweitjüngste Sieger in der fast 120-jährigen Geschichte des Rennens und der erste Südamerikaner, dem dieses Kunststück gelang. Sein Triumph erfüllte - endlich! - die jahrzehntelange Sehnsucht einer radsportverrückten Nation und krönte die Leistungen einer goldenen Generation kolumbianischer Radprofis. Denn bereits in den Jahren vor Bernals Sieg feierten seine Landsleute etliche große Erfolge: Nairo Quintana gewann den Giro d'Italia und die Vuelta a España und fuhr bei der Tour nur hauchdünn am Sieg vorbei. Rigoberto Urán, Esteban Chaves, Miguel Ángel López und Fernando Gaviria gelang es allesamt, bei den großen Landesrundfahrten Etappensiege zu holen, Leadertrikots überzustreifen und aufs Podium zu fahren. Sie und etliche weitere kolumbianische Ausnahmetalente machten ihre Nation zu einer echten Großmacht im Radsport. Kolumbien ist seit langem das einzige Schwellenland, dessen Fahrer im internationalen Profipeloton auf breiter Front und allerhöchstem Niveau mitmischen. Doch seine so erfolgreichen Söhne sind keineswegs das Produkt eines rigorosen Sportsystems, das sie schon in frühen Jahren entdeckt und gefördert und dann in die Weltspitze ihres globalisierten Sports geführt hätte. Sie alle kommen aus einem viel härteren Umfeld - aus einfachsten, überaus harschen Verhältnissen, die angetan sind, westliche Beobachter in Erstaunen zu versetzen, zu schockieren ... und manchmal auch zu verzaubern. Und nicht allein sportlich haben diese jungen Männer so viel erreicht. Die internationale Aufmerksamkeit, die sie Kolumbien mit ihren Auftritten im Rennsattel beschert haben, hat mit dazu beigetragen, ihr Land für Tourismus und Handel zu öffnen. Nach Jahrzehnten der Gewalt, Korruption und inneren Unruhen hat ein neues Kolumbien - beflügelt durch wirtschaftliche Erholung, einen nationalen Friedensprozesses und die Erfolge seiner Radrennfahrer - zu unverhoffter Normalität gefunden und verloren geglaubtes Ansehen in den Augen der internationalen Staatengemeinschaft wiedererlangt. Ob Egan Bernal, Nairo Quintana und Rigoberto Urán, ob Esteban Chaves, Miguel Ángel López und Fernando Gaviria, ob Darwin Atapuma, Sergio Luís Henao und Iván Sosa: Für 'Colombia Es Pasión!' hat Matt Rendell die komplette Riege kolumbianischer Spitzenfahrer und ihre Familien besucht. In akribisch recherchierten, einfühlsam erzählten Portraits schildert der preisgekrönte Autor, Radsport- und Kolumbien-Experte ihre Wurzeln, Lebenswege und Träume. Es sind inspirierende Geschichten, die von der Überwindung von Armut und Gewalt, Krankheit und Korruption erzählen - und von Helden der indigenen Bevölkerung, die es zu weltweitem sportlichen Ruhm gebracht haben. Matt Rendell liefert verblüffende Einblicke in den einzigartigen sportlichen Mikrokosmos, der sich hinter Kolumbiens Radprofis verbirgt, und zeigt auf, wie ihre sportlichen Leistungen eine ganze Nation zu Frieden, Reformen und Wohlstand anspornten.

Matt Rendell überlebte Morbus Hodgkin und war als Dozent an britischen und lettischen Universitäten tätig, bevor er in den Fernseh- und Printjournalismus einstieg. Im Jahr 1998 besuchte er erstmals Kolumbien. Sein dabei entstandener Dokumentarfilm 'Kings of the Mountains' wurde ebenso von der Kritik gefeiert ('Ein Juwel, das uns in weniger als einer Stunde mehr über das Wesen des Sports erzählt als alle Premiership-Spiele einer gesamten Saison.' - The Observer) wie sein gleichnamiges Debüt als Buchautor ('Akribisch recherchiert, elegant und sensibel geschrieben.' - The Times). Bereits seit 1997 arbeitet Matt Rendell als Tour-de-France-Kommentator für das britische Fernsehen, er ist zudem Kolumnist des Radsportmagazins Rouleur und Moderator eines alljährlichen Tour-Podcasts. Seine Reportagen und Artikel erscheinen in Observer, Financial Times, New Statesman, Soigneur, Mondiale, Cycling News und Procycling. Dreimal wurde er vom National Sporting Club als bester Sportjournalist des Jahres ausgezeichnet. 'Colombia Es Pasión' ist sein fünftes Buch über Kolumbien und sein siebtes über den Radsport.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783957260512
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum19.06.2020
Seiten353 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4322 Kbytes
Artikel-Nr.8600964
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Einleitung:

Eine Veränderung des Klimas

Gewaltige Hagelkörner prasselten auf den harten Erdboden. Grelle Blitze machten die Nacht zum Tag - 73.700 von ihnen waren es an einem ausnehmend stürmischen Samstag, der nationalen Wetterbeobachtung zufolge. Und zwischen den Stürmen war die Hitze so intensiv, dass der Himmel selbst aus Feuer gemacht zu sein schien. Am Tag, als die Tour de France 2019 die Alpen erreichte, wurde für 80 der 96 französischen Festland-Départements eine Unwetterwarnung ausgegeben. Am Tag darauf schlossen, 35 Kilometer vom Etappenziel in Valloire entfernt, Schlammlawinen rund hundert Touristen ein, während in Paris die Shoppingwilligen auf den Champs-Élysées bei 42 Grad schmorten.

Es war ein Sommer der Extreme.

In Saint-Jean-de-Maurienne aber, zum Start der 19. Etappe, begrüßte ein blauer Himmel die Fahrer und hing 85 Kilometer lang über ihnen. Lediglich hoch oben auf dem Col de l Iseran verloren die Schatten ein wenig von ihrer Schärfe. Dunkle Wolken brauten sich jenseits des Passes zusammen, aber da noch 44 Kilometer zu fahren waren, hatte Egan Bernal ganz andere Dinge im Kopf.

Bernal, der jüngste Fahrer im Feld der Tour, hatte im März die achttägige Fernfahrt Paris-Nizza gewonnen und anschließend bei der Katalonien-Rundfahrt den dritten Platz belegt. Danach war er ins weit entfernte Kolumbien zurückgekehrt, um sich in der Höhe auf den Giro d Italia vorzubereiten. Doch am Samstag, dem 4. Mai, traf ihn in Andorra im übertragenen Sinne ein Donnerschlag, als er auf der Abfahrt vom Port d Envalira stürzte. Er wusste sofort, dass er nicht nach Italien fahren würde.

Hinter ihm im Wagen fuhr sein Trainer Xabier Artetxe.

»Als ich bei ihm ankam, saß er auf der Straße. Er sagte: Xabi, es tut mir leid. Das Schlüsselbein ist gebrochen. Er erwähnte den Giro nicht einmal. Abends, noch bevor er sich dem Eingriff unterzog, wollte er ein Trainingsprogramm besprechen, das ihn zur Tour de France in Topform bringen würde. Unser Ziel war, so stark wie möglich in die letzte Tour-Woche zu gehen.«

Auf dem Iseran hielt sein Teamkollege Wout Poels das Tempo hoch, sodass sich die Gruppe der Favoriten wie ein sauber genähter Saum auseinanderzog, während weiter hinten die Nähte aufplatzten und ein Fahrer nach dem anderen abreißen ließ. Ein anderer Teamkollege, Geraint Thomas - der amtierende Tour-Sieger -, versteckte sich in Poels Windschatten. Dahinter folgte Egan und hinter ihm wiederum ein Knäuel, das es irgendwie zu lösen galt.

Julian Alaphilippe hatte die Saison nicht damit zugebracht, sich nach und nach auf die hohen Anforderungen der großen dreiwöchigen Landesrundfahrten vorzubereiten. Er hatte das ganze Frühjahr über explosive, hart umkämpfte Etappen und Eintagesrennen gewonnen. Dann war er zur Tour gekommen und hatte zwei verwegene Etappensiege geholt, ohne sich auch nur im Geringsten um das Prinzip der ökonomischen Fahrweise zu scheren, das nach gegenwärtig herrschender Meinung unerlässlich war für den Erfolg bei einer Grand Tour. Er war so stark, dass die Frage aufkam: Könnte die gegenwärtig herrschende Meinung womöglich irren?

Ja, 24 Stunden zuvor hatte er auf dem Col du Galibier Anzeichen von Schwäche gezeigt und ein paar Sekunden hinter seinen Rivalen den Pass überquert, aber auf der langen Abfahrt nach Valloire hatte er wieder zur Gruppe aufgeschlossen und vor dem Start der 19. Etappe lag er in der Gesamtwertung weiterhin eine Minute und 30 Sekunden vor Egan Bernal, Geraint Thomas folgte weitere fünf Sekunden dahinter. Thomas und Bernal waren in der Überzahl und mussten diesen Vorteil nutzen, allerdings ohne dass andere von ihrer Arbeit profitierten. Aber wie? Würde es ihnen an diesem Tag nicht gelingen, Alaphilippe zu distanzieren, und das deutlich, hätte er alle Chancen, die Tour zu gewinnen.

Bei einer Steigung von 9,3 Prozent und 43,4 noch zu fahrenden Kilometern machte Geraint Thomas sich auf, um diese Frage zu beantworten: Er ging an Poels vorbei und zog davon. Egan scherte zur Seite aus, lockte Alaphilippe nach vorn und schlüpfte an dessen Hinterrad. Von dort aus sah er zu, wie sich der nächste Abschnitt des Rennens entfaltete.

Der Österreicher Gregor Mühlberger führte seinen deutschen Teamkollegen Emanuel Buchmann und die anderen Favoriten zurück an Thomas Hinterrad. Dann stahl sich der Niederländer Steven Kruijswijk vorbei und schaute sich um, so als wollte er eine Reaktion provozieren. Thomas beschleunigte, Mühlberger setzte erneut nach - und dann tat sich ein Stück weiter hinten eine Lücke auf.

Auf den Pedalen stehend, sein Rad hin- und herwuchtend, ist Alaphilippe in Schwierigkeiten.

Egan weicht nach rechts aus, beschreibt einen großen Bogen um das sich abmühende Gelbe Trikot und schließt im Nu zu Buchmann auf. Mühlberger, Thomas und Kruijswijk schauen sich einer nach dem anderen um - und Bernal tritt erneut an.

Noch immer im Sitzen schießt er an Kruijswijk vorbei. Um die Lücke zu schließen, geht der Niederländer für zwölf mühsame Pedalumdrehungen aus dem Sattel. Dann setzt auch er sich und blickt hinab, um den Schmerz zu verbergen - und ergibt sich. Die Anstrengung hat ihn tief in die Sauerstoffschuld gebracht. Mit nur geringer Bewegung des Oberkörpers fährt Egan Bernal davon. Es sind noch 42,5 Kilometer zu fahren auf der Etappe, fünf bis zum Gipfel des Iseran.

Auf den folgenden vier Kilometern geht er an den stärksten Fahrern aus der ehemaligen Ausreißergruppe vorbei - an namhaften Siegfahrern wie Vincenzo Nibali, Simon Yates, Warren Barguil und seinem Landsmann Rigoberto Urán. Manche können ihm einen Moment lang folgen, alle müssen schließlich abreißen lassen. Er geht allein über den Col und sichert sich die Zeitbonifikation von acht Sekunden. 58 Sekunden später fahren Thomas, Kruijswijk und Buchmann im Windschatten von Laurens De Plus, Kruiswijks Helfer in den Bergen, über die Passhöhe. Alaphilippe kommt zwei Minuten und sieben Sekunden nach Bernal oben an: Sein Rückstand im Gesamtklassement beträgt in diesem Moment virtuell 48 Sekunden, doch angesichts einer 15 Kilometer langen Abfahrt vor dem 7,4 Kilometer langen Schlussanstieg zum Ziel in Tignes kann an diesem Tag noch einiges passieren.

Aber während die Fahrer die Südseite des Iseran hinaufkletterten, war im Norden das Unwetter aufgezogen. Binnen einer sintflutartigen Viertelstunde gossen dunkle Wolken 15 Zentimeter eisiges Wasser über der Rennstrecke aus. Schneepflüge schoben die Fluten von der Straße, aber hinter ihnen kamen nur noch mehr nach. Schlimmer noch, 13,5 Kilometer vor dem Ziel, hinter dem Brévières-Tunnel, hatte ein Erdrutsch die Straße unter einem halben Meter Geröll begraben. Es würde keinen Schlussanstieg und keine Zielankunft in Tignes geben. Die Etappe wurde abgebrochen, die Fahrer wurden informiert und die Zeitabstände oben am Col de l Iseran gewertet: Egan Bernal war der neue Träger des Gelben Trikots. Zwei Tage später, auf den Champs-Élysées, feierte er den ersten Tour-de-France-Sieg für Kolumbien und Lateinamerika.

Es war eine außergewöhnliche Tour gewesen, geprägt nicht nur von Wetterkapriolen, sondern auch von einer langfristigen Klimaveränderung. Und Egan Bernal, der jüngste Tour-Sieger seit 115 Jahren, war mit 22 Jahren und 195 Tagen jung genug, um eine neue Ära einzuläuten.

Angesichts so talentierter Fahrer wie Daniel Martínez, Sergio Higuita und Iván Sosa - nicht zu vergessen Jhonatan Narváez aus Ecuador -, die ebenfalls den Durchbruch in der WorldTour geschafft haben, und einer ganzen Armee junger Hoffnungsträger nach ihnen ist es eine Ära, die durchaus ein Jahrzehnt oder mehr andauern könnte. Wobei sie streng genommen längst begonnen hatte. Schließlich hatte, nur wenige Monate vor Egans Triumph bei der Tour, mit Richard Carapaz ein Fahrer aus Ecuador den Giro gewonnen, der einige Jahre in der kolumbianischen Radsportszene unterwegs gewesen war, bevor er nach Europa ging - und der so nah der Grenze zu Kolumbien lebte, dass er sie auf seinen Trainingsfahrten mehrmals am Tag überquerte. Und vor ihm, in den sechs Saisons von 2013 bis 2018, sammelte ein Quartett von Egans Landsleuten - Nairo Quintana, Rigoberto Urán, Esteban Chaves und Miguel Ángel López - nicht weniger als 13 Podiumsplatzierungen bei den drei großen Rundfahrten in Italien, Frankreich und Spanien.

Es gilt bisweilen als einfacher, die Anfänge von etwas zu erkennen als deren Enden. Aber Anfänge werden erst im Nachhinein als solche wahrgenommen und Egans Sieg kann als das Einfahren der Ernte dessen angesehen werden, was zahllose Vorgänger gesät haben. Seit der damals 23-jährige Nairo Quintana im Jahr 2013 als erster Kolumbianer den zweiten Platz bei der Tour de France belegt hatte, galt es nur als eine Frage der Zeit, bis der erste Kolumbianer die Rundfahrt gewinnen würde. Ähnliches wurde schon 1988 gesagt, als Fabio Parra als erster Kolumbianer auf dem Podium stand. Alle drei - Fabio, Nairo und Egan - stammen von dem gleichen Hochplateau nördlich von Bogotá. Wenn man sie nebeneinander betrachtet, könnte man sogar meinen, sie wären verwandt.

Aber es gibt noch weitere Anfänge, denn es war ein Sohn aus Egans Heimatstadt Zipaquirá, circa 40 Kilometer nördlich der Hauptstadt gelegen, der 1949 über die Tour de France las und ein nationales Etappenrennen in Kolumbien anregte. Efraín Forero Trivino, Sohn eines Apothekers und Goldmedaillengewinner in der Mannschaftsverfolgung bei den Zentralamerika- und Karibikspielen von 1950, trug die Idee an den Sportkorrespondenten der landesweiten Tageszeitung El Tiempo heran. Seine Beharrlichkeit wurde im Oktober 1950 belohnt, als er aufgefordert wurde, den Nachweis zu erbringen, dass so etwas überhaupt machbar wäre,...

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Autor

Matt Rendell überlebte Morbus Hodgkin und war als Dozent an britischen und lettischen Universitäten tätig, bevor er in den Fernseh- und Printjournalismus einstieg. Im Jahr 1998 besuchte er erstmals Kolumbien. Sein dabei entstandener Dokumentarfilm "Kings of the Mountains" wurde ebenso von der Kritik gefeiert ("Ein Juwel, das uns in weniger als einer Stunde mehr über das Wesen des Sports erzählt als alle Premiership-Spiele einer gesamten Saison." - The Observer) wie sein gleichnamiges Debüt als Buchautor ("Akribisch recherchiert, elegant und sensibel geschrieben." - The Times). Bereits seit 1997 arbeitet Matt Rendell als Tour-de-France-Kommentator für das britische Fernsehen, er ist zudem Kolumnist des Radsportmagazins Rouleur und Moderator eines alljährlichen Tour-Podcasts. Seine Reportagen und Artikel erscheinen in Observer, Financial Times, New Statesman, Soigneur, Mondiale, Cycling News und Procycling. Dreimal wurde er vom National Sporting Club als bester Sportjournalist des Jahres ausgezeichnet. "Colombia Es Pasión" ist sein fünftes Buch über Kolumbien und sein siebtes über den Radsport.