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Digitale Selbsthilfe bei psychischen Störungen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
84 Seiten
Deutsch
Hogrefe Verlag GmbH & Co. KGerschienen am08.11.20211. Auflage 2022
Digitale Informations- und Kommunikationstechnologien haben sich im Alltag der meisten Menschen etabliert. Dementsprechend findet auch die Beschäftigung mit gesundheitlichen Problemen zunehmend im Internet sowie mit anderen neuen Medien, z.B. mobilen Apps, statt. Für Therapeutinnen und Therapeuten stellt sich damit zunehmend die Frage, welche Auswirkungen die Online-Aktivitäten auf die Behandlung haben. Um die Chancen und Grenzen des Internets als Selbsthilfemedium einzuschätzen, muss zwischen den unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten differenziert werden. Entsprechend stellt das Buch das Spektrum digitaler Selbsthilfeangebote dar und geht auf die Besonderheiten von Online-Selbsthilfeaktivitäten im Vergleich zu traditioneller Selbsthilfe ein. Ebenso wird aufgezeigt, in welchem Ausmaß psychisch erkrankten Personen inzwischen auf digitale Selbsthilfeangebote zurückgreifen. Ein weiteres Kapitel stellt digitale Selbsthilfeanwendungen v.a. im Bereich psychischer Störungen vor und illustriert diese anhand von Beispielen. Diese Informationen werden mit wissenschaftlichen Ergebnissen aus der Klinischen Psychologie und Sozialpsychologie verknüpft und es wird darüber informiert, welche Auswirkungen die Online-Selbsthilfeaktivitäten der Patientinnen und Patienten auf die therapeutische Beziehung haben können. Sollen Therapeutinnen und Therapeuten z.B. Apps und Online-Selbsthilfeprogramme empfehlen? Oder fördern sie damit eher eine Fokussierung der Patientinnen und Patienten auf das Selbstmonitoring? Wie soll während der Psychotherapie mit paralleler Selbsthilfe oder Selbstbehandlung umgegangen werden? Wie soll reagiert werden, wenn eine Patientin auf einem Youtube-Channel ihre psychischen Probleme darstellt und mit Followern ihre Erfahrungen in der Therapie öffentlich teilt? Das Buch mündet in Empfehlungen für Behandelnde zum Umgang mit den Online-Selbsthilfeaktivitäten ihrer Patientinnen und Patienten.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR19,95
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR16,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextDigitale Informations- und Kommunikationstechnologien haben sich im Alltag der meisten Menschen etabliert. Dementsprechend findet auch die Beschäftigung mit gesundheitlichen Problemen zunehmend im Internet sowie mit anderen neuen Medien, z.B. mobilen Apps, statt. Für Therapeutinnen und Therapeuten stellt sich damit zunehmend die Frage, welche Auswirkungen die Online-Aktivitäten auf die Behandlung haben. Um die Chancen und Grenzen des Internets als Selbsthilfemedium einzuschätzen, muss zwischen den unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten differenziert werden. Entsprechend stellt das Buch das Spektrum digitaler Selbsthilfeangebote dar und geht auf die Besonderheiten von Online-Selbsthilfeaktivitäten im Vergleich zu traditioneller Selbsthilfe ein. Ebenso wird aufgezeigt, in welchem Ausmaß psychisch erkrankten Personen inzwischen auf digitale Selbsthilfeangebote zurückgreifen. Ein weiteres Kapitel stellt digitale Selbsthilfeanwendungen v.a. im Bereich psychischer Störungen vor und illustriert diese anhand von Beispielen. Diese Informationen werden mit wissenschaftlichen Ergebnissen aus der Klinischen Psychologie und Sozialpsychologie verknüpft und es wird darüber informiert, welche Auswirkungen die Online-Selbsthilfeaktivitäten der Patientinnen und Patienten auf die therapeutische Beziehung haben können. Sollen Therapeutinnen und Therapeuten z.B. Apps und Online-Selbsthilfeprogramme empfehlen? Oder fördern sie damit eher eine Fokussierung der Patientinnen und Patienten auf das Selbstmonitoring? Wie soll während der Psychotherapie mit paralleler Selbsthilfe oder Selbstbehandlung umgegangen werden? Wie soll reagiert werden, wenn eine Patientin auf einem Youtube-Channel ihre psychischen Probleme darstellt und mit Followern ihre Erfahrungen in der Therapie öffentlich teilt? Das Buch mündet in Empfehlungen für Behandelnde zum Umgang mit den Online-Selbsthilfeaktivitäten ihrer Patientinnen und Patienten.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783844431049
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum08.11.2021
Auflage1. Auflage 2022
Seiten84 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3108 Kbytes
Artikel-Nr.8622573
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


|13|2  Bereiche digitaler Selbsthilfe

Heutzutage erscheint es wichtiger denn je, dass Behandler verschiedene E-Mental-Health-Anwendungen kennen, um informiert den entsprechenden Aktivitäten ihrer Patienten begegnen zu können. Im Folgenden werden sechs Bereiche digitaler Anwendungen vorgestellt, die Patienten heute im Sinne von Selbsthilfe oder Selbstbehandlung nutzen. Sie reichen von gesundheitsbezogenen Webseiten, Online-Diagnosesystemen, web- und mobilbasierten Therapieangeboten, die z.âT. auch ohne jeglichen Therapeutenkontakt angeboten werden, über therapeutische Computerspiele (sogenannte Serious Games) und verschiedene Kanäle, die zur Selbstdarstellung und -verarbeitung der eigenen Erkrankung (Homepages, Blogs) sowie der Interaktion mit anderen Betroffenen dienen (z.âB. Online-Communities).
2.1  Gesundheitsbezogene Webseiten

Internationale Studien zeigen, dass immer mehr Menschen sich im Internet auf die Suche nach Informationen über eigene körperliche und psychische Erkrankungen machen. So kam z.âB. eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse zur Relevanz des Internets als Quelle für Gesundheitsinformationen im Januar 2018 zu dem Ergebnis, dass rund 73 Prozent der Befragten zwischen 18 und 29 Jahren angaben, das Internet als Informationsquelle für wichtig bzw. sehr wichtig zu halten (Statista, 2018).

Nutzer beschaffen sich primär gesundheitsbezogenen Informationen mittels Suchmachinenrecherchen oder über spezielle Gesundheitsportale, die Gesundheitsinformationen gezielt aufbereiten. Die Haupteinflussfaktoren für die Suche nach Gesundheitsthemen im Netz sind: weibliches Geschlecht, Alter unter 65, höhere Bildung und ausgeprägtere Interneterfahrung (Füeßl, 2014).

Die wichtigsten Gründe für die Informationssuche im Internet liegen in mangelhafter Aufklärung durch den Arzt und Unzufriedenheit über ausbleibende Behandlungserfolge (Stetina & Kryspin-Exner, 2009). Patienten recherchierten laut Kirschning und Kardorff (2008) hauptsächlich im Internet unter anderem, um alle verfügbaren Informationen auszuschöpfen mit der Hoffnung auf noch unentdeckte |14|Behandlungsmöglichkeiten (93â%). An zweiter Stelle rangierte eine solide Wissensbasis zu schaffen, um die eigene Situation besser einschätzen zu können (74â%) gefolgt von verständliche Informationen zu erhalten (58â%; Kirschning & Kardorff, 2008). Im Großen und Ganzen empfinden Betroffene die recherchierten Internetinformationen als hilfreich, wobei vor allem den Informationen in Online-Selbsthilfegruppen besonders Glauben geschenkt wird (Eichenberg & Wolters, 2014).

Studien belegen, dass Nutzer Online-Gesundheitsinformationen abrufen, wenn sie Behandlungsentscheidungen zu treffen haben. So zeigte z.âB. eine Nutzerstudie zur deutschen Webseite urologenportal.de (Baunacke, Groeben, Borgmann, Schneider, Kliesch & Huber, 2016) mittels einer Befragung von Nâ=â200 Nutzern (78â% männlich; Mâ=â57 Jahre), dass 73â% der Nutzer des Portals selbst betroffen waren, wobei sich hiervon nur die Hälfte in urologischer Behandlung befand. Bei 54â% der Befragten musste zum Befragungszeitpunkt eine gesundheitsbezogene Entscheidung getroffen werden. Bei ebenso 54â% dieser Teilnehmer konnte die Informationssuche auf der Webseite bei der Entscheidung helfen und 20â% veränderten als Konsequenz ihre Entscheidung. Diese Daten belegen den immensen Einfluss, die Online-Gesundheitsinformationen auf ihre Rezipienten haben. Umso wichtiger ist, dass diese qualitativ hochwertig sind. Am Beispiel von Infowebseiten zur Depression kann aufgezeigt werden, dass sich Psychotherapeuten und Ärzte an der Bereitstellung wissenschaftlich korrekter Informationen beteiligen sollten.



Exkurs: Inanspruchnahmebereitschaft und Qualität von Infowebseiten zur Depression

Nachgewiesenermaßen nutzen auch depressive Patienten das Internet zur Krankheitsbewältigung und es zeigt sich nicht mehr nur in jungen Bevölkerungsgruppen eine hohe Akzeptanz (für ältere Depressive und ihre Inanspruchnahmebereitschaft von E-Mental-Health-Anwendungen vgl. Eichenberg et al., 2018, Zarbo et al., 2017). Umso wichtiger ist, dass die verfügbaren Angebote von hoher Qualität sind, was natürlich auch für Online-Informationen gilt, die häufig der erste Schritt in das (Online-)Hilfesystem sind. Eine Reihe von Studien hat daher die Qualität von Webseiten für unterschiedliche psychische Störungen untersucht. So kamen Grohol, Slimowicz und Granda (2014) in ihrer Analyse von über 400 Webseiten zu verschiedenen psychischen Erkrankungen zu dem Ergebnis, dass die Inhaltsqualität von Seiten zur Schizophrenie, Bipolaren Störungen und Dysthymia vergleichsweise höher war als die zu Phobien und Panikstörungen. Die konkreten Befunde zur Depression zeigen Folgendes:

Die Webseiten zur Depression wurden mit der Depression-Website Content Checklist (Ferreira-Lay & Miller, 2008) beurteilt. Insgesamt war die Qualität akzeptabel, allerdings zeigte sich eine große Varianz: 65â% der Seiten war von |15|schlechter Qualität. Zertifizierungen waren - wenn vorhanden - nur schwer zu finden. Öffentliche, nicht gesponserte Informationen waren von besserer Qualität als private oder gesponserte. Griffiths, Farrer und Christensen (2010) analysierten 21 Webseiten zur Depression und verglichen die Qualität der Informationen mit Depressions-Leitlinien. Ebenso untersuchten sie, ob Haftungshinweise (eindeutig Identifizierung der Autoren und ihre Verbindungen) auf der Seite vorhanden waren. Im Ergebnis konnten die Autoren nur einen sehr niedrigen Qualitätsscore von 4,7 auf einer Skala von 0 bis 13 konstatieren, da die Online-Informationen häufig den Empfehlungen der Leitlinie widersprechen (z.âB. wurden Nebenwirkungen von Medikamenten kaum erwähnt) und sogar falsche Informationen beinhalteten. Der Haftungsscore fiel mit 5,4 (Skala 0 bis 9) etwas höher aus.


2.1.1  Klinisch relevante Effekte auf den Nutzer
Bei allen Optionen, die das Internet durch Gesundheitsinformationen bietet - allem voran bei der Rezeption hochwertiger Informationen die Stärkung des Empowerments im Sinne eines mündigen Patienten in einer partizipatorischen Behandler-Patient-Beziehung - gibt es ebenso eine Reihe von problematischen Aspekten. So sind beispielsweise gesundheitsbezogene Empfehlungen aus dem Internet für Betroffene teilweise nicht umsetzbar (19â%) oder sogar verwirrend (14â%; Füeßl, 2014). Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich Patienten durch die Informationsflut überlastet fühlen. Diese Überforderung kann im Extremfall vor allem bei entsprechend hypochondrisch veranlagten Nutzern die unbegründete Angst vor ernsthaften Krankheiten noch verstärken, was aktuell unter dem Begriff der Cyberchondrie in den Medien, aber auch in Fachkreisen, diskutiert wird (McMullan, Berle, Arnáez & Starcevicc, 2019).



Fallbeispiel

Eine Krankenschwester leidet an depressiven Symptomen. Nach internistischen Untersuchungen erhält sie die Diagnose einer Schilddrüsenerkrankung. Selbst medizinisch vorgebildet recherchiert sie im Internet. Sie erhält eine so große Zahl an Informationen aber v.âa. widersprüchliche, sodass sie immer unsicherer wird, ob sie nun an einer psychischen oder an einer organisch bedingten Erkrankung leidet. Sie wird zunehmend verwirrter bzgl. ihrer eigenen Erklärung zur Genese. Manchmal macht sie sich Vorwürfe, dass sie ihre Erkrankung selbst herbeigeführt habe, indem sie zu lange in ihrer unglücklichen Ehe verblieben ist, dann wieder scheinen nur biologische Ursachen für ihr Leid verantwortlich zu sein. Völlig verwirrt wendet sie sich schließlich an eine psychologische Online-Beratung.



|16|Die erste systematische Untersuchung zur Cyberchondrie wurde 2009 von den amerikanischen Microsoft-Wissenschaftlern Ryen White und Eric Horvitz durchgeführt. Nach Meinung der Autoren wird die gesundheitsbezogene Internetrecherche häufig im Sinne einer diagnostischen Methode genutzt, bei der aus der Reihenfolge und dem Informationsgehalt der Ergebnisse...

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