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Selbstliebe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
Herder Verlag GmbHerschienen am31.01.20221. Auflage
Michael Tischinger war Arzt, Psychotherapeut und Theologe. Er wählte für dieses Buch einen besonderen Zugang: In 52 kurzen Geschichten zeigt er die Facetten der Selbstliebe für die seelische Gesundheit auf. Dabei berichtet er von vielem, was ihm selbst oder seinen Patienten widerfahren ist. So sind Geschichten entstanden, die authentisch und berührend sind - und gleichzeitig auf spielerisch leichte Art den Zugang zur Selbstliebe ermöglichen. Tischinger hat in den vielen Jahren seiner Praxis festgestellt: Der Weg der Genesung ist der Weg vom Sich-selbstentfremdet-Sein hin zum Sich-selbst-Kennenlernen, vom Sich-selbst-Kennenlernen zum Sich-selbst-Annehmen bis hin zum Sich-selbst-Lieben.

Dr. med. Michael Tischinger (1967-2020) war Chefarzt der Adula Klinik Oberstdorf, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Diplom Theologe, Lehrtherapeut in tiefenpsychologischer Psychotherapie, Supervisor und Dozent. Außerdem war er ausgebildeter Paar- und Familientherapeut und zertifizierter MBSR-Lehrer.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextMichael Tischinger war Arzt, Psychotherapeut und Theologe. Er wählte für dieses Buch einen besonderen Zugang: In 52 kurzen Geschichten zeigt er die Facetten der Selbstliebe für die seelische Gesundheit auf. Dabei berichtet er von vielem, was ihm selbst oder seinen Patienten widerfahren ist. So sind Geschichten entstanden, die authentisch und berührend sind - und gleichzeitig auf spielerisch leichte Art den Zugang zur Selbstliebe ermöglichen. Tischinger hat in den vielen Jahren seiner Praxis festgestellt: Der Weg der Genesung ist der Weg vom Sich-selbstentfremdet-Sein hin zum Sich-selbst-Kennenlernen, vom Sich-selbst-Kennenlernen zum Sich-selbst-Annehmen bis hin zum Sich-selbst-Lieben.

Dr. med. Michael Tischinger (1967-2020) war Chefarzt der Adula Klinik Oberstdorf, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Diplom Theologe, Lehrtherapeut in tiefenpsychologischer Psychotherapie, Supervisor und Dozent. Außerdem war er ausgebildeter Paar- und Familientherapeut und zertifizierter MBSR-Lehrer.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783451826689
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum31.01.2022
Auflage1. Auflage
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4753 Kbytes
Artikel-Nr.8623806
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



 

 

 
Leben ist Geschichte - Geschichten sind Leben

 

 

 

Es gibt zwei Arten von Intelligenz:

Eine erworbene, die sichtbar wird, wenn ein Kind in der Schule aus Büchern und aus den Vorträgen des Lehrers Fakten und Begriffe memoriert und Informationen aus den traditionellen wie auch den neuen Wissenschaften zusammenträgt. Mit dieser Art von Intelligenz steigst du in der Welt auf. Du wirst vor oder hinter anderen eingestuft, je nach deiner Fähigkeit, Informationen zu verwahren. Mit dieser Art von Intelligenz wandelst du in den Feldern der Wissenschaft umher und sammelst immer mehr Punkte in deinem Speicher der Erinnerung an.

Aber es gibt noch eine andere Art von Speicher, einen, der bereits vollkommen in dir ist. Eine Quelle, die übersprudelnd ihre Begrenzung sprengt. Eine Frische inmitten deiner Brust. Diese andere Intelligenz verblasst nicht und versiegt nicht, sie ist im Fluss. Sie muss sich nicht erst durch die Leitungen des technischen Lernens einen Weg von außen nach innen bahnen. Diese Intelligenz ist ein Urquell, der aus deinem Inneren entspringt und sich von dort aus nach außen verströmt.

(Rumi, persischer Sufi-Mystiker)

Im Laufe unseres Lebens erwerben wir durch Eltern, Erzieher und Lehrer viel Wissen. Diese Art von äußerem Wissen schlägt sich in Faktenwissen oder in Fertigkeiten nieder, die wir für unser alltägliches Funktionieren gut gebrauchen können.

Daneben benötigen wir aber auch eine andere Art von Intelligenz - mehr eine Art Lebensweisheit denn bloßes Wissen. Diese Erfahrungsintelligenz wird in uns durch das Erzählen und Hören von Geschichten wachgehalten. Als Menschen brauchen wir von Kindheit an Geschichten für unser geistig-seelisches Wachstum. Gerade Kinder verstehen es, mit Leib und Seele in eine gehörte Geschichte einzutauchen, als wäre es ihre eigene.

Jede Kultur verfügt über einen eigenen Schatz an Weisheitserzählungen, Märchen oder religiöse ­Überlieferungen. Insbesondere bei nativen Völkern ist dieses Wissen um die Bedeutung von Geschichten auch heute noch sehr tief verwurzelt. Geschichten zu erzählen und erzählt zu bekommen, gehört zu den ursprünglichsten Bedürfnissen des Menschen.

 

Aber auch als Erwachsene brauchen wir heilsame und inspirierende Geschichten, die uns wieder für die Erfahrung des Wesentlichen öffnen und uns an unsere Ganzheit, unsere Integrität, unser wahres Sein erinnern. Geschichten können uns wieder in Kontakt mit dieser ursprünglichen inneren Quelle bringen, von der der Sufi-Mystiker Rumi spricht. Sie können im Gegensatz zu bloßem Be-greifen von äußerem Wissen uns im wahrsten Sinne des Wortes innerlich er-greifen.

 

Anthony de Mello drückt dies in einer kurzen Weisheitserzählung so aus:

 

Die Schüler verlangten vom Meister nach Tieferem:

»Ihr müsst noch begreifen lernen, meine Lieben, dass die kürzeste Entfernung zwischen einem Menschen und der Wahrheit eine Geschichte ist. Mag es auch üblich sein, der Wahrheit zu widerstehen, so ist es doch unmöglich, sich gegen eine Geschichte zur Wehr zu setzen, denn sie schleicht sich durch unsere Verteidigungslinien in das Herz hinein und kann gerade dann, wenn man es am wenigsten erwartet, wie eine Mine hochgehen, uns wachrütteln, ja uns wandeln.«

Eine Geschichte spricht zu unserer inneren Intelligenz, unserer inneren Weisheit. Je mehr wir in Kontakt sind mit dieser inneren Weisheit, unserem wahren Selbst, desto mehr können wir uns dem Leben anvertrauen, so wie es sich Moment für Moment vor uns entfaltet. Sind wir mit diesem unserem wahren Selbst gut verbunden, so können wir unser Leben gleich einem Fluss erfahren, der durch alle Engstellen und Windungen seinen Weg zum großen Ozean findet.

 

Ein Strom wollte durch die Wüste zum Meer. Doch so schnell er auch in den Sand fließen mochte, seine Wasser wurden dabei aufgesogen und verschwanden. Da hörte er eine Stimme, die aus der Wüste kam und sagte: »Der Wind durchquert die Wüste, und der Strom kann es auch. Du musst dem Wind erlauben, dich zu deinem Bestimmungsort hinüberzutragen.«

»Aber wie sollte das zugehen?«

»Indem du dich von ihm aufnehmen lässt.«

»Aber kann ich nicht derselbe Fluss bleiben, der ich jetzt bin?«

»In keinem Fall kannst du bleiben, was du bist«, flüsterte die geheimnisvolle Stimme. »Was wahrhaft wesentlich an dir ist, wird fortgetragen und bildet wieder einen Strom.«

Und der Fluss ließ seinen Dunst aufsteigen in die Arme des Windes, der ihn willkommen hieß, sachte und leicht aufwärts trug und ihn, sobald sie den Gipfel des Gebirges erreicht hatten, wieder sanft herabfallen ließ. Schöner und frischer als je zuvor. (Verfasser unbekannt)

Wenn unser eigenes Leben ins Stocken gerät, kann es durch die Verbindung zu unserer inneren Weisheit wieder auf wundersame Weise neu ins Fließen kommen. Sind wir in Kontakt mit dieser Art von innerer Intelligenz, spüren wir die Verbundenheit zum Kreislauf des Lebens und finden wieder neues Vertrauen. Wir öffnen unser Herz für die Essenz unseres eigenen Lebens.

Im Angesicht unserer Ängste finden wir wieder neuen Mut, uns dem Fluss des Lebens anzuvertrauen. So können wir aus unserer Mitte heraus die Liebe zu uns selbst, die Liebe zu anderen und die Liebe zum Leben strömen lassen. Zudem sind wir fähig, immer wieder neu die Liebe anderer Menschen zu empfangen. Wer auszutrocknen droht, der braucht die Erfahrung der Liebe. Wie ein altes Sprichwort sagt: Wen der Himmel retten will, dem schickt er die Liebe. Wir brauchen die Erfahrung von Liebe und wir brauchen Vertrauen in das Leben, um mutig unsere Wege weitergehen zu können. Und genau dabei können uns Geschichten auf ihre besondere Weise große Dienste leisten.
Inspirierende Geschichten auf dem Weg zur Selbstliebe
Selbstliebe ist ⦠sich mit seinem eigenen Leben aussöhnen

Wenn wir auf eine Reise gehen wollen, so starten wir gewöhnlich damit, uns auf diese Reise vorzubereiten. Wir überlegen, was wir für diese Reise wirklich benötigen und was wir besser zu Hause lassen. Planen wir, einen Berggipfel zu besteigen, so lassen wir unseren Kühlschrank am besten daheim. Er wäre nur unnötiger Ballast und würde die Reise sehr erschweren oder gar vereiteln.

Ebenso ist es mit der Reise zu uns selbst. Wenn wir uns auf den Weg machen, mit uns selbst - und schließlich auch mit anderen Menschen - mitfühlend, wohlwollend und liebevoll umgehen zu wollen, so tun wir gut daran, alten seelischen Ballast zurückzulassen.

Wir alle schleppen in unserem Lebensrucksack Dinge aus der Vergangenheit mit, die uns belasten und hinderlich sind, wenn wir leicht und unbeschwert reisen wollen. Dazu gehören insbesondere Verletzungen, Kränkungen oder Schuldgefühle. All das, was wir uns selbst oder jemandem anderen noch immer nachtragen. Ein sehr wirksamer Weg, um Belastendes loszulassen, ist die innere Aussöhnung: Mit uns selbst, den Menschen unserer Geschichte und unserem bisherigen Lebensweg.

Vielleicht kennen Sie das von sich selbst - Sie tragen sich immer noch einen Fehler, ein Versäumnis oder ein Scheitern nach. Viele von uns haben schon einmal von sich gesagt: »Ach, hätte ich doch damals nur nicht ⦫. Dies ist im Kern eine Verurteilung meiner selbst, eine Form von Nicht-ausgesöhnt-Sein mit mir und meinem damaligen Verhalten.

Wer sich selbst und anderen gegenüber nachtragend bleibt, hat letztlich viel zu schleppen. Sich aussöhnen meint, alte Urteile über mich selbst oder Verurteilungen, die ich über andere ausgesprochen habe, loszulassen.

Wenn uns unser eigenes Leben manchmal so fade und geschmacklos wie kalter Kaffee vorkommt, bedeutet dies meist, dass wir uns nach etwas Neuem sehnen, aber noch etwas Altes, Belastendes mit uns herumschleppen. Doch um meine Tasse neu mit frischem duftendem Kaffee füllen zu können, muss ich erst den abgestandenen Kaffee ausgießen.

Wirkliche Aussöhnung bedarf einer aktiven Entscheidung, etwas Altes, Destruktives nicht länger mit sich herumzutragen, um Platz zu schaffen für etwas Neues. Den alten Groll auf andere, das Hadern mit sich selbst lassen, um eine neue Freiheit zu erfahren. Das alte Nein loslassen, um Raum für ein neues Ja zu schaffen. Loslassen können wir aber nur das, was wir zuvor auch angenommen haben. Bildlich gesprochen müssen wir erst etwas in die Hand nehmen, bevor wir es tatsächlich loslassen können. Was wir ablehnen oder bekämpfen, wird bei uns bleiben. Was wir annehmen, wird sich zum Guten verwandeln.

Auch wenn Sie jetzt den Eindruck haben, dass es in Ihrem bisherigen Leben noch so manches ungelöste Problem gibt, so können Sie doch lernen, auch damit in Frieden zu leben. Seien Sie geduldig mit sich selbst. Wenn Sie den Eindruck haben, dass da noch so viele Fragen sind, auf die Sie erst eine Antwort benötigen, so können Sie auch die Fragen lieben lernen. Rainer Maria Rilke lädt in einem seiner Briefe ein, »Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben ⦠Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.«

Der Weg der Selbstliebe ermöglicht uns, den Erfahrungen, die uns geformt und geprägt haben, mit einem grundsätzlichen Wohlwollen zu begegnen. Wir müssen die verletzenden und schwierigen Begegnungen mit den Menschen unserer Geschichte nicht verleugnen, sondern können ein »Ja, so war es« finden. Der...

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