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Die Kultur der wilden Tiere

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
437 Seiten
Deutsch
Beck C. H.erschienen am17.02.20221. Auflage
Carl Safina, Meeresbiologe und Autor des internationalen Bestsellers «Die Intelligenz der Tiere», nimmt seine Leserinnen und Leser in die Lebenswelten von Tieren mit, die an den wenigen noch verbliebenen wilden Orten der Erde zu Hause sind. In ergreifenden Geschichten erfahren wir, was Tiere tun, warum sie es tun und wie sich das Leben für sie anfühlt. Manche Menschen halten Kultur ausschließlich für eine menschliche Errungenschaft. Doch das ist falsch: Auch Tiere sind nicht allein durch ihre Gene zu dem geworden, was sie sind. Auch sie ziehen vielleicht Kinder auf, kennen die Schönheit oder kämpfen um den Frieden. Und auch ihre Kultur verändert sich und entwickelt sich weiter. Anzunehmen, Tiere hätten keine Kultur, weil sie keine menschliche Kultur haben, ist vergleichbar mit der Ansicht, andere Wesen kommunizierten nicht, weil sie keine menschliche Kommunikation haben. Sie haben ihre Kommunikation. Und sie haben ihre Kultur. In «Die Kultur der wilden Tiere» wirft Safina einen so neuen wie provozierenden Blick hinter den Vorhang des Lebens und fordert uns eindringlich auf, Tiere als Mitgeschöpfe und Reisegefährten auf dieser Erde zu betrachten.

Carl Safina ist Meeresbiologe und einer der renommiertesten Naturschriftsteller weltweit. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet. Mit seiner Familie und seinen Tieren lebt er auf Long Island, New York. Im Verlag C.H.Beck ist von ihm lieferbar: "Die Intelligenz der Tiere. Wie Tiere fühlen und denken" (2020).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR28,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR21,99

Produkt

KlappentextCarl Safina, Meeresbiologe und Autor des internationalen Bestsellers «Die Intelligenz der Tiere», nimmt seine Leserinnen und Leser in die Lebenswelten von Tieren mit, die an den wenigen noch verbliebenen wilden Orten der Erde zu Hause sind. In ergreifenden Geschichten erfahren wir, was Tiere tun, warum sie es tun und wie sich das Leben für sie anfühlt. Manche Menschen halten Kultur ausschließlich für eine menschliche Errungenschaft. Doch das ist falsch: Auch Tiere sind nicht allein durch ihre Gene zu dem geworden, was sie sind. Auch sie ziehen vielleicht Kinder auf, kennen die Schönheit oder kämpfen um den Frieden. Und auch ihre Kultur verändert sich und entwickelt sich weiter. Anzunehmen, Tiere hätten keine Kultur, weil sie keine menschliche Kultur haben, ist vergleichbar mit der Ansicht, andere Wesen kommunizierten nicht, weil sie keine menschliche Kommunikation haben. Sie haben ihre Kommunikation. Und sie haben ihre Kultur. In «Die Kultur der wilden Tiere» wirft Safina einen so neuen wie provozierenden Blick hinter den Vorhang des Lebens und fordert uns eindringlich auf, Tiere als Mitgeschöpfe und Reisegefährten auf dieser Erde zu betrachten.

Carl Safina ist Meeresbiologe und einer der renommiertesten Naturschriftsteller weltweit. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet. Mit seiner Familie und seinen Tieren lebt er auf Long Island, New York. Im Verlag C.H.Beck ist von ihm lieferbar: "Die Intelligenz der Tiere. Wie Tiere fühlen und denken" (2020).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406783272
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum17.02.2022
Auflage1. Auflage
Seiten437 Seiten
SpracheDeutsch
Illustrationenmit 36 Abbildungen
Artikel-Nr.8733352
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Familien

1



Solch eine Harmonie ist auch in unsterblichen Seelen! â¦
Aber solange uns dies grobe Gewand der Sterblichkeit umhüllt,
können wir sie nicht hören.

William Shakespeare


Um acht Uhr morgens fahren wir bereits auf hoher See. Wir befinden uns auf dem sogenannten Meeresspiegel, als ob das Meer nur eine Oberfläche wäre, nichts als ein Nullpunkt, und alles von Bedeutung aufragen und, so wie wir, an der Luft leben würde. In Wirklichkeit pflügen wir durch die dickflüssige, weite, dicht besiedelte Welt unter uns. Ein Großteil des Lebens auf der Erde gleitet durch das Universum unter uns. Dazu gehören auch die Wale, die, so wie wir, Luft atmen, ihr Leben aber damit verbringen, sich durch das Meer zu wühlen.

Wie findet ein Wal den Sinn des Lebens? Diese Frage ist sehr ernst gemeint; sie wird uns weit aus unserer Komfortzone katapultieren.

Ich kann jetzt schon spüren, wie exponiert, wie ausgeliefert wir hier draußen sind. Unser neun Meter langes Boot ist vollgestopft mit Ausrüstung, der Mannschaft, vier jungen, abenteuerlustigen Doktoranden und Shane Gero. Und mir. Wir fahren bei starkem Seegang Richtung Südwesten, und die Wellen schlagen uns immer heftiger entgegen. Kapitän David Fabien, ein aus der Karibik stammender Hüne mit Dreadlocks und kräftiger, sonorer Stimme, fährt die Wellen viel zu hart an. Ich befinde mich auf der Windseite des Boots und bin schon bald völlig durchnässt. Ich weiß, dass er mich auf diese Weise auf die Probe stellen will, also bereite ich ihm nicht die Genugtuung, mich zu ihm umzudrehen und ihn anzusehen. Ich habe schon weitaus schlimmeren Seegang und gemeinere Menschen erlebt. Ich denke mir, dass mein gelassener Umgang mit den auf mich niederprasselnden Meerwasserfontänen dafür sorgen wird, dass David und ich während des Trips gut miteinander auskommen.

Unterdessen ruft Shane: «Wir konnten es kaum glauben!» Ich werde von der nächsten Welle übergossen, und er fährt fort: «In diesem ersten Monat - es war das erste Mal, dass ich Pottwale als Individuen kennenlernte. Es war einfach nur spektakulär.» Er berichtet mir von seiner ersten Expedition im Karibischen Meer vor Dominica.

Bald stoßen wir auf mehrere Dutzend Vögel mit schwarzen Flügeln, die im Tiefflug unheilvoll durcheinanderflattern. Fregattvögel. Ihre Größe und hektischen Flugbewegungen lassen sie furchteinflößend und piratenhaft wirken. Fürwahr, sie sind furchteinflößend und piratenhaft. Genau genommen heißen sie «Prachtfregattvögel», und auch das trifft auf sie zu.

Unter den fliegenden Piraten tauchen schwarze, delfinähnliche Finnen auf, die das Wasser zerschneiden. Wir halten an. Ein Vogel rüttelt und pickt sich flink einen Tintenfisch zwischen den großen schwimmenden Tieren heraus.

Ich kann an den Flossen nicht erkennen, wer den Tintenfisch nach oben hat treiben lassen, doch Shane weiß sofort, um wen es sich handelt. Es sind Unechte Schwertwale, die zur Gattung Pseudorca gehören und wesentlich kleiner sind als «echte» Schwertwale. Nachdem mehrere Wale zum Atmen aufgetaucht und wieder verschwunden sind, schätzen wir ihre Zahl auf ungefähr fünfzehn. Ein langer, öliger Streifen an der Wasseroberfläche lässt uns vermuten, dass wir gerade eine sehr erfolgreiche Jagd verpasst haben. Sie lassen ihre schwarzen Köpfe durch den Schlick kreisen und ruhen sich aus, wie Leute nach einem opulenten Frühstück, die keine Lust auf den Abwasch haben.

Bevor wir weiterziehen, beugt sich Shane zu mir vor und raunt mir zu: «Die Dusche war einzig und allein für dich gedacht.»

Ich erwidere: «Ja, ich weiß.»

«Ab jetzt wird er es ein bisschen ruhiger angehen lassen.»

Dann fahren wir weiter. Und tatsächlich lässt David es lockerer angehen.

Wir sind auf der Suche nach dem Inbegriff eines Seeungeheuers: dem Pottwal, dem Archetypus eines Wals in der menschlichen Vorstellung, dem Jona verschlingenden Leviathan aus der Bibel, dem fürchterlichen Zerstörer des Schiffs Essex, jenem sagenumwobenen Gejagten aus Moby-Dick, der den Spieß umdrehte und Ahab in den Wahnsinn trieb. Doch egal ob Mythos, Realität oder Fiktion, er ist der Wal, der in unserer Vorstellung die größte Rolle spielt. Diesem Wesen, das so gut wie nie gesichtet wurde, so berühmt für seinen rasenden Zorn und die weltweit größte Kreatur mit Zähnen ist, wollen wir so nahe wie möglich kommen.

Jahrhundertelang standen Wale für etwas. Sie standen für Handel und Arbeitsplätze. Abenteuer. Geld. Gefahr. Tradition und Stolz. Sie standen für Licht und Essen. Sie sind Rohstoff, wie Eisen oder Petroleum, aus dem viele Produkte hergestellt werden. Um an all dies zu kommen, hatte man es auf Wale abgesehen. Der Mensch sah im Wal alles - außer den Wal selbst. Es erfordert Aufrichtigkeit, die Dinge so zu sehen, wie sie sind.

Wir in diesem Boot halten nach dem wirklichen Geschöpf Ausschau, das hier sein echtes Leben lebt. Wale, die am besten auf das Leben im Wasser spezialisierten Lebewesen, stammen von Landsäugetieren ab, die vor fünfzig Millionen Jahren wieder ins Meer zurückkehrten. Wissenschaftler nennen Wale «Cetacea», ein aus dem Griechischen stammender Begriff, der so viel wie «Seeungeheuer» bedeutet.

Pottwale sind die einzigen noch lebenden Mitglieder der Familie der sogenannten Physeteroidae, die es seit über zwanzig Millionen Jahren gibt. Etwa ein Dutzend weiterer Wale aus dieser Familie existiert nicht mehr. Leviathan ist der letzte Tropfen eines reißenden Stroms, der einst durch Meere einer artenreicheren, vormenschlichen Erde rauschte.

Doch im Moment befinden wir uns hier, als Zeitgenossen. Und in den nächsten Wochen werde ich hoffentlich mit Shanes Hilfe den Abstand zwischen uns verringern können. Ich bin auf Begegnungen aus, bei denen ich Leviathan nicht nur zu Gesicht bekomme. Ich will Pottwale nicht nur beobachten, sondern weiter vordringen, Vorurteile überwinden und fühlen, wie diese Wesen sie selbst sind, zusammen mit ihren Familien leben und dieselbe Luft wie ich atmen, da, wo sich unsere Welten treffen. Ich bin schier auf ein Wunder aus, und für dieses Unterfangen befinde ich mich exakt am richtigen Ort: auf einer überwiegend nassen, harten Kugel in der dritten Planetenbahn eines Sterns namens Sonne, einem Ort, wo Wunder so leicht zu haben sind, dass sie regelmäßig weggeworfen werden. Schwer zu glauben, ich weiß.

Nachdem wir einige Meilen der aufgehenden Sonne entgegengefahren sind, ragen vor uns grünlich schimmernde Steilhänge aus Vulkangestein auf. Die alte Karibikinsel, die heute Dominica heißt, formt zusammen mit mehreren anderen Vulkaninseln einen Bogen, der mit seiner Westflanke das Karibische Meer umschließt, während seine Ostseite an den offenen Atlantik grenzt. Dominicas nördliche Nachbarin ist Guadeloupe, südlich von ihr erheben sich die Berggipfel von Martinique. Ihre von Dschungel überwucherten Hänge fallen steil ins Meer ab, was bedeutet, dass der Ozean seine blauen Schultern eng gegen diese Inseln stemmt.

Pottwale besiedeln einen größeren und tieferen Flecken Erde als alle anderen Lebewesen mit Ausnahme des Menschen. Dieser Flecken umfasst den Ozean von 60 Grad nördlicher bis 60 Grad südlicher Breite und reicht von seiner Oberfläche bis tief in seine schwarzen, eiskalten, erdrückenden Tiefen. (Weibliche Tiere und Jungtiere halten sich in der Regel im Bereich zwischen 40 Grad nördlicher und 40 Grad südlicher Breite auf.) Der Mensch aber bekommt Wale nur selten zu Gesicht. Ihr Jagdgebiet ist das offene, unergründliche Meer, wobei sie meist großen Abstand zu den Kontinentalschelfen halten und nur selten in Gewässern schwimmen, die flacher als 900 Meter sind. Daher sind Pottwale meist nur fernab der Küste zu finden. Darüber hinaus können sie täglich bis zu 60 Kilometer zurücklegen und kommen auf etwa 32.000 Kilometer pro Jahr. Sie bewegen sich auf einer Bühne (dem Ozean, der alle Spuren verschluckt), deren Ausmaße (Tausende von Quadratkilometern) es nahezu unmöglich machen, ihr Nomadenleben zu erforschen. Doch Dominica, an deren Küste das Meer sehr tief ist, ist wohl weltweit der geeignetste Ort für ein landgestütztes Team, das Wale orten will, um ihre Kommunikation aufzuzeichnen.

Shane hat auf dem Ozean gleichsam ein Quadrat mit...

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