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Krankenhaus im Ausverkauf

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Westend Verlagerschienen am28.03.20221. Auflage
Stoppt das Krankenhaussterben! Krankenhäuser in Deutschland und Europa sind längst zum Spekulationsobjekt international agierender, privater Klinikkonzerne geworden. Die Folge: Die Konzerne erzielen Renditen aus dem solidarischen System unseres Gesundheitswesens. Thomas Strohschneider war selbst jahrelang als Chefarzt in einer privatwirtschaftlich geführten Klinik tätig. In seinem Buch zeigt er aus eigener Erfahrung und an zahlreichen Beispielen, welche erschreckenden Auswirkungen dieser Prozess auf Patienten, Ärzte und alle in Krankenhäusern Tätigen hat, wie diese Entwicklung die Medizin als Heilkunst abschafft und die ärztliche Profession bedroht.

Dr. med. Thomas Strohschneider ist Facharzt für Allgemein- und Gefäßchirugie. Er studierte Chemie und Humanmedizin an der Universität Tübingen und war als wissenschaftlicher Assistent in der Physiologie und Herzchirurgie an den Universitätskliniken Tübingen und Ulm tätig. Zuletzt arbeitete er acht Jahre als Chefarzt für Gefäßchirurgie an einer privatwirtschaftlich geführten Klinik und war in der Katastrophenhilfe in verschiedenen Ländern Afrikas aktiv. Er lebt in Esslingen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextStoppt das Krankenhaussterben! Krankenhäuser in Deutschland und Europa sind längst zum Spekulationsobjekt international agierender, privater Klinikkonzerne geworden. Die Folge: Die Konzerne erzielen Renditen aus dem solidarischen System unseres Gesundheitswesens. Thomas Strohschneider war selbst jahrelang als Chefarzt in einer privatwirtschaftlich geführten Klinik tätig. In seinem Buch zeigt er aus eigener Erfahrung und an zahlreichen Beispielen, welche erschreckenden Auswirkungen dieser Prozess auf Patienten, Ärzte und alle in Krankenhäusern Tätigen hat, wie diese Entwicklung die Medizin als Heilkunst abschafft und die ärztliche Profession bedroht.

Dr. med. Thomas Strohschneider ist Facharzt für Allgemein- und Gefäßchirugie. Er studierte Chemie und Humanmedizin an der Universität Tübingen und war als wissenschaftlicher Assistent in der Physiologie und Herzchirurgie an den Universitätskliniken Tübingen und Ulm tätig. Zuletzt arbeitete er acht Jahre als Chefarzt für Gefäßchirurgie an einer privatwirtschaftlich geführten Klinik und war in der Katastrophenhilfe in verschiedenen Ländern Afrikas aktiv. Er lebt in Esslingen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783864898709
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum28.03.2022
Auflage1. Auflage
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8864361
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Vorwort: Medizin in der Krise Von Werner Bartens

Die Medizin ist in Gefahr. Nicht primär durch neuartige Viren oder andere tückische Erreger, obwohl es während der Corona-Pandemie den Anschein haben mag, als ob dies die größte denkbare Bedrohung für das Heilwesen wäre. Eine andere Gefahr verändert die Medizin jedoch viel grundlegender, obwohl sie weniger sichtbar und weniger medientauglich ist. Gleichwohl geht sie von einer Seuche aus, die seit Jahren Krankenhäuser, Arztpraxen und mittlerweile das gesamte Gesundheitssystem infiziert hat: Es ist die Seuche der Profitgier, der maximalen Gewinnorientierung und der Kommerzialisierung, die immer weiter um sich greift und gegen die bisher kein Kraut gewachsen zu sein scheint.

Das größte Problem daran ist nicht, dass einzelne Führungskräfte, Konzernlenker und Geschäftsführer unverschämt viel am Geschäft mit Gesundheit und Krankheit verdienen, auch wenn dies bereits ein Ärgernis für sich darstellt. Gefährlich und verantwortungslos ist vielmehr, dass der Ausverkauf der Krankenhäuser und des Gesundheitswesens insgesamt auf Kosten derer geht, denen es eigentlich dienen und die einen Nutzen davon haben sollten - den Patientinnen und Patienten.

Zuallererst leiden die Kranken darunter, wenn das Ringen um die beste Diagnostik und Therapie mehr und mehr von der Frage nach dem größtmöglichen Erlös überlagert wird. Patientinnen und Patienten bekommen dann falsche oder unnötige Behandlungen oder werden mit Untersuchungen traktiert, die sich zwar finanziell lohnen, aber medizinisch unnötig oder zumindest fragwürdig sind. Nicht mehr das Wohlergehen der Kranken und ihre bestmögliche Versorgung stehen dann im Vordergrund, sondern jede Neuaufnahme wird von dem Gedanken überlagert, den Aufenthalt der Kranken in der Klinik möglichst gewinnbringend zu gestalten.

Das Ergebnis ist eine fehlgeleitete Medizin, die dazu führt, dass Patienten schlechter versorgt werden oder Opfer von Übertherapie und Überdiagnostik werden. Manche Kranke erleiden dann zu viele und vor allem zu viele unnötige Interventionen, anderen werden lebenswichtige Behandlungen vorenthalten, weil »ihre« Krankheit nicht lukrativ genug ist und deshalb ganze Abteilungen zunächst kleingespart und dann geschlossen worden sind, in denen sich Fachleute darum hätten kümmern können.

Die Qualität der Medizin ist durch eine Reihe von Mechanismen bedroht, die oft auf subtile Weise wirken. Es ist eine Medizin mit dem Preisschild, denn ökonomische Fehlanreize haben die Heilkunde längst aus der Balance gebracht. Dazu gehört, um nur einige Beispiele zu nennen, das System der Fallpauschalen, das Krankheiten vereinheitlicht, ohne die individuellen Bedürfnisse und Nöte der Patienten zu erfassen. Die knappe Kalkulation pro Fall verleitet dazu, Patienten mit immer mehr Diagnosen zu versehen und ihnen Eingriffe zu verordnen, die sich gut abrechnen lassen. Gleichzeitig darf der Aufenthalt der Patienten in der Klinik nicht zu lange dauern, weil er dann zu teuer wird und nicht mehr von der Pauschale gedeckt ist.

Die mögliche Folge sind »blutige Entlassungen« - Patienten müssen das Krankenhaus zu früh verlassen, obwohl ihr Heilungsverlauf oder ihre Wundversorgung das aus medizinischer Sicht noch nicht zulassen würden. Eine weitere Schattenseite des kommerziellen Drucks in Krankenhäusern ist die »Drehtürmedizin«. Dabei wird eine Klinikbehandlung nach der Salamitaktik in zwei Aufenthalte aufgeteilt (inklusive zwei Neuaufnahmen und zwei Entlassungen), weil sich dann mehr für die Versorgung der Patienten abrechnen lässt.

Boni für Chefärzte und anderes Führungspersonal, die dafür belohnt werden, eine Untersuchung oder Therapie in einer bestimmten Häufigkeit durchzuführen, ermuntern dazu, nicht aus medizinischen Gründen, sondern nach pekuniären Erwägungen zu entscheiden, was mit Patienten geschieht. Man stelle sich folgende Konstellation vor: Für 600 und mehr Herzkatheter-Untersuchungen jährlich in der Abteilung gibt es eine fünfstellige Sonderzahlung. Bisher sind aber erst 580 in diesem Jahr dokumentiert. Wird dann Ende November eine Patientin mit Herzbeschwerden behandelt, muss sie nicht, aber sie könnte von dem Eingriff profitieren. Der leitende Arzt muss kein schlechter Mensch sein, wenn die Dame zum Herzkatheter eingeteilt wird. Allein medizinisch motiviert ist diese Entscheidung allerdings nicht. Wäre sie im Januar gekommen, wären ihr die Kranzgefäße womöglich nicht im Herzkatheter aufgedehnt worden.

Ein weiterer entscheidender Punkt: Wenn die Medizin immer stärker ökonomischen Zwängen unterliegt, verlieren gerade die idealistischen, hingebungsvollen Ärztinnen und Ärzte, die besonders engagierten Pflegerinnen und Pfleger die Begeisterung für ihren Beruf. Sie haben sich für diese Tätigkeit entschieden, weil sie gute Medizin machen wollen, fachlich auf hohem Niveau, menschlich und zugewandt. Das braucht Zeit, Empathie und Augenmaß. Gute Medizin richtet sich zudem an medizinischer Erfahrung, evidenzbasierten Empfehlungen und der individuellen Patientengeschichte aus - und nicht an kaufmännischen Prämissen oder Sparvorgaben im Klinikbudget.

Etliche Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger haben wegen dieser ökonomischen Zwänge und der Aushöhlung der medizinischen Ethik ihren einst so geliebten Beruf bereits verlassen. Sie sehen die Praxis zum Basar verkommen und das Krankenhaus zum Warenhaus - mit ständig wechselndem Sortiment, je nach Marktlage. Statt der Daseinsfürsorge zu dienen, werden Kliniken zu medizinischen Industriebetrieben, die Rentabilitätsvorgaben erfüllen müssen. Seit Jahren geben Klinikärzte wie niedergelassene Mediziner in Umfragen mehrheitlich an, dass sie ihren eigenen Kindern auf keinen Fall zum Arztberuf raten würden.

Thomas Strohschneider hat über Jahre als Arzt in leitenden Positionen tagtäglich miterlebt, wie die Kommerzialisierung in der Medizin die Versorgung der Kranken gefährdet und die Krankenhäuser kaputtzumachen droht. Er beschreibt aus nächster Nähe und äußerst anschaulich, was bürokratische Wortungetüme wie »Case Mix Index« oder »Fallpauschale« oder »Grenzverweildauer« für Leid mit sich bringen und für die Patienten wie das Klinikpersonal bedeuten.

Es gehört zu den vielen Stärken dieses Buches, dass der Autor die Innensicht des Medizinbetriebs seit Jahrzehnten außerordentlich gut kennt - sich aber die Außensicht auf die Perversionen des Systems und seine Auswüchse erhalten hat und die Leserinnen und Leser daran teilhaben lässt. Dabei verliert er nie den Blick für die Patienten aus den Augen, deren Wohl und Wehe als Kranke in einem kranken System teilweise buchstäblich bedroht ist, was jedem Arzt, der seinen Beruf liebt, das Herz zerreißen kann.

Um einem Missverständnis vorzubeugen: Beklagt werden in diesem Buch die Exzesse einer kommerzialisierten Medizin. Das ist etwas anderes als Ökonomisierung. Niemand wird bestreiten, dass Krankenhäuser und Praxen darauf achten müssen, ökonomisch vernünftig zu arbeiten - es sollte selbstverständlich sein, das Geld aus dem Solidarsystem sinnvoll einzusetzen. Wenn die Medizin jedoch zunehmend von betriebswirtschaftlichen Kriterien geprägt wird, wie dies seit Jahren der Fall ist, also der maximale Gewinn im Vordergrund steht und Patienten hauptsächlich dazu dienen, den Profit zu steigern, dann ist der Wesenskern der Medizin ausgehöhlt.

Seit Jahren gibt es Initiativen für eine bessere Medizin, in denen gefordert wird, die optimale Versorgung und die Interessen der Patienten wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Seit Beginn der 1990er-Jahre versuchen Vertreter der evidenzbasierten Medizin die besten verfügbaren Studien und Erkenntnisse für Diagnostik, Prävention und Therapie allgemein verfügbar zu machen und in dem Wust von Fachartikeln und Vorgehensweisen die Spreu vom Weizen zu trennen. Doch seit es das Fach gibt, wird es chronisch missachtet. Mit Hilfe der evidenzbasierten Medizin würden unnötiges Leid, überflüssige Untersuchungen und fragwürdige Behandlungen nach und nach aus der Medizin verschwinden, doch die Disziplin kommt gegen die Marktmechanismen nicht an.

Festgefahrene Rituale, liebgewonnene Gewohnheiten und ökonomische Fehlanreize in Krankenhäusern und auf dem »Gesundheitsmarkt« insgesamt tragen dazu bei. Auf diese Weise werden noch immer unangemessene, aber lukrative Eingriffe in großem Stil angeordnet, werden Patienten unnötigerweise operiert, in die Röhre geschoben oder unsinnigen Untersuchungen unterzogen. Andere Kranke bekommen hingegen nicht das, was sie medizinisch bräuchten. Das Humane in der Humanmedizin droht verloren zu gehen. Fühlen sich Patientinnen und Patienten dennoch gut aufgehoben und betreut, so ist das zumeist den verbliebenen engagierten Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern zu verdanken, die sich dafür aufopfern, dass die Medizin menschlich bleibt. Dass sich die Mitarbeiter in Kliniken dabei oft selbst überfordern und nicht um ihre Überstunden, sondern um eine zugewandte Versorgung kümmern, gehört zu den zynischen Merkmalen des Systems. Selbstausbeutung und der Idealismus vieler Teams sind im knappen Krankenhausbudget eingepreist.

Bereits 2002 hat das renommierte British Medical Journal ein dickes Themenheft einzig der Frage »Too much medicine?« gewidmet. Darin wurden Dutzende Beispiele angeführt für eine Medizin, deren unkritische Anwendung den Patienten mehr schadet als nutzt. Praktische Folgen hatte das kaum, genauso wenig wie die Initiative »Choosing Wisely«, die 2011 von diversen Fachgesellschaften in angloamerikanischen Ländern gestartet wurde (und in Deutschland »Klug entscheiden« heißt, aber weitgehend unbemerkt verläuft). »Choosing...

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