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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
riva Verlagerschienen am17.07.2022
Als »der Perser« war Kassra Zargaran, Mitglied der berüchtigten »Hells Angels Berlin City«, weit über die Grenzen des Rockermilieus hinaus bekannt. Genauso wie sein Charter, das unter Kadir Padir seit 2010 die Unterwelt der Hauptstadt aufmischte: machthungrig, aggressiv, gewalttätig. Januar 2014 - mehrere Männer stürmen in ein Wettbüro in Reinickendorf. Es fallen acht Schüsse. Das Opfer steht den verfeindeten Bandidos nah und ist sofort tot. Zargaran drückte nicht den Abzug, doch er war dabei. Die Tat löst etwas in ihm aus. Als er verhaftet wird, packt er aus und gibt vor Gericht sein Wissen über die kriminellen Machenschaften seiner Brüder preis. Nach Jahren im Knast erzählt er nun seine Geschichte: Sie handelt von der Straße, von Prostitution, Drogenhandel, korrupten Cops, zwielichtigen Anwälten und mächtigen Clans. Und von der glaubhaften Läuterung eines Mannes, der sich bis zuletzt treu geblieben ist.

Kassra Zargaran wurde 1986 als Sohn eines Iraners und einer Deutsch-Chilenin in Hamburg geboren. Bereits in jungen Jahren kam er in Kontakt mit dem Rotlichtmilieu und wurde kriminell. 2010 wurde er Mitglied der »Hells Angels Berlin City«. 2014 musste er sich zusammen mit neun weiteren Mitgliedern wegen des sogenannten »Wettbüro-Mords« vor Gericht verantworten. Zargaran sagte während des Prozesses als Kronzeuge aus. Für seine Beteiligung an der Tat saß er sieben Jahre im Gefängnis. Nils Frenzel, geboren 1991 in Bonn, ist ein deutscher Autor und Journalist. Er schreibt u. a. für Zeit Campus, Die Welt, Welt am Sonntag, Vice und den Musikexpress. Als Ghostwriter veröffentlichte er mehrere Bücher. Frenzel wohnt in Köln.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
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EUR15,99

Produkt

KlappentextAls »der Perser« war Kassra Zargaran, Mitglied der berüchtigten »Hells Angels Berlin City«, weit über die Grenzen des Rockermilieus hinaus bekannt. Genauso wie sein Charter, das unter Kadir Padir seit 2010 die Unterwelt der Hauptstadt aufmischte: machthungrig, aggressiv, gewalttätig. Januar 2014 - mehrere Männer stürmen in ein Wettbüro in Reinickendorf. Es fallen acht Schüsse. Das Opfer steht den verfeindeten Bandidos nah und ist sofort tot. Zargaran drückte nicht den Abzug, doch er war dabei. Die Tat löst etwas in ihm aus. Als er verhaftet wird, packt er aus und gibt vor Gericht sein Wissen über die kriminellen Machenschaften seiner Brüder preis. Nach Jahren im Knast erzählt er nun seine Geschichte: Sie handelt von der Straße, von Prostitution, Drogenhandel, korrupten Cops, zwielichtigen Anwälten und mächtigen Clans. Und von der glaubhaften Läuterung eines Mannes, der sich bis zuletzt treu geblieben ist.

Kassra Zargaran wurde 1986 als Sohn eines Iraners und einer Deutsch-Chilenin in Hamburg geboren. Bereits in jungen Jahren kam er in Kontakt mit dem Rotlichtmilieu und wurde kriminell. 2010 wurde er Mitglied der »Hells Angels Berlin City«. 2014 musste er sich zusammen mit neun weiteren Mitgliedern wegen des sogenannten »Wettbüro-Mords« vor Gericht verantworten. Zargaran sagte während des Prozesses als Kronzeuge aus. Für seine Beteiligung an der Tat saß er sieben Jahre im Gefängnis. Nils Frenzel, geboren 1991 in Bonn, ist ein deutscher Autor und Journalist. Er schreibt u. a. für Zeit Campus, Die Welt, Welt am Sonntag, Vice und den Musikexpress. Als Ghostwriter veröffentlichte er mehrere Bücher. Frenzel wohnt in Köln.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783745317237
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum17.07.2022
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1986 Kbytes
Artikel-Nr.8921463
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Intro

Einer meiner Brüder parkte den braunen CL 500 mit dem Frankfurter Kennzeichen in einer Seitenstraße in Berlin-Reinickendorf.[1] Direkt vor dem Wettbüro zu halten kam nicht infrage. Wir stiegen aus dem Wagen und gingen eilig, aber nicht auffallend hastig über die leere Residenzstraße. Ich zog meine Jacke enger und sah mich um. Es war der 10. Januar 2014, kurz vor 23 Uhr, und ich fror in der nach Smog stinkenden Berliner Winternacht.

Als wir vor dem Laden ankamen, standen dort schon die anderen Jungs. Wir nickten uns kurz zu und warteten auf ein paar Nachzügler. Die Stimmung war angespannt. Ich atmete tief durch.

Die Ansage von Kadir war klar gewesen: »Fahrt mal rüber ins Café Expect und schaut, ob Tahir da ist.« Gemeint war für mich: Zeigt Präsenz. Macht dem Jungen eine Ansage. Dieses »Ansage machen«, das war wichtig. Schließlich waren wir nicht irgendein x-beliebiger Rockerclub. Wir waren Hells Angels. Und nicht irgendwelche Hells Angels, keine alten Rockertypen mit grauen Bärten, die sich mit Willi und Harri am Sonntag auf eine Motorradtour verabredeten, sondern das Charter »Hells Angels MC Berlin City«. Das Hells-Angels-Charter, mit dem man es sich nicht verscherzen sollte.

Wir waren viele Kanacken. Stabile Typen, die zuschlagen konnten und vor nichts zurückschreckten. Member unseres Charters kontrollierten Teile der Berliner Unterwelt. Wir waren berüchtigt und gefürchtet. Die Stadt und auch die Staatsgewalt kannten uns. Und der Junge, dem wir jetzt im Expect einen Besuch abstatten sollten, war in der Vergangenheit um keine Provokation verlegen gewesen. Da waren nicht nur die Messerstecherei im Traffic vom Oktober letzten Jahres, sondern auch die neuesten Anfeindungen und Bemerkungen von Tahir gegenüber Kadir und unserem Charter. Mitten in unserem Kiez. Und heute war es endgültig genug.

* * *

Die Tür des Wettbüros öffnete sich und der erste meiner Brüder ging hinein. Ich zog mir instinktiv die Kapuze meines Pullis über den Kopf und folgte meinem Vordermann ins Café Expect.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren solche Aktionen in meinem Leben ziemlich normal gewesen. Das war Alltag für mich. Der Club und vor allem die Außenwirkung des Clubs waren mir wichtig. Wobei »wichtig« vielleicht untertrieben ist. In dieser Phase meines Lebens war der Club alles für mich. Der Club bestimmte mein Leben. Er war mein Leben. Und nicht nur mein eigenes Leben, sondern auch das meiner Familie. Für den Club und das Charter, für das ich in einer eiskalten Januarnacht gerade mit einem guten Dutzend schwerer Jungs dieses türkische Wettbüro stürmte, war ich vor etwas über zwei Jahren von Hamburg nach Berlin gezogen und hatte meine Frau und meine kleine Tochter mitgenommen. Auch wenn ich in den letzten Monaten an dem Club zweifelte, weil ich jetzt ein Member war, also ein vollwertiges Mitglied, und viel mehr verstand, worum es eigentlich ging, deutlicher spürte, dass ich mich in eine Illusion, einen Irrglauben verrannt hatte, war ich jetzt bei dieser Aktion dabei.

Ich betrat das Expect etwa an siebter oder achter Stelle. Rechts im Innenraum befanden sich ein kleiner Tresen und ein Getränkeautomat. Links daneben stand ein blinkender Spielautomat, vor dem ein alter Mann saß und spielte, aber genau wie alle anderen, die hier im Raum anwesend waren, erstarrte er nun und rührte sich nicht. Er sah uns einfach nur mit offenem Mund an. Auch der dickliche Kerl, der mit einer Zigarette im Mund hinter dem Tresen stand, sah uns dabei zu, wie wir entschlossen durch den Vorderraum gingen. Allen, die hier waren, musste klar sein, dass wir keine normalen Gäste waren, die einen entspannten Abend verbringen und Karten spielen würden. Wir hatten etwas zu erledigen.

* * *

Ich lief durch den verrauchten Raum und nahm die Geräusche des blinkenden Glücksspielautomaten links neben mir wahr, während ich auf den Rücken meines Vordermanns blickte.

Das Expect war so ein typisches türkisches Café, bei dem die Grenze zwischen Illegalität und Kriminalität fließend verlief. Man konnte hier zwar einen Çay trinken, aber ganz ehrlich, das machten die Wenigsten. Wir wollten in den Hinterraum, denn da sollte der Junge sitzen. Ich lief den schmalen Gang des Cafés entlang, blickte weiter auf den Rücken meines Vordermanns und befand mich kurz vor der Schwelle zum Hinterzimmer, als ich ein lautes Geräusch hörte.

BOOM.

Das war ein Schuss.

Boom.

Ein zweiter Schuss.

Gefolgt von sechs weiteren Schüssen. Abgefeuert in schneller Abfolge.

Boom. Boom. Boom. Boom. Boom. Boom.

Mein Vordermann blieb stehen und ich spürte, wie mein Herz mit einem Mal schneller schlug. Im Raum brach Panik aus. Und eine unverständliche Geräuschkulisse setzte ein. Die Jungs, die vor mir gelaufen waren, drehten sich um und kamen mir mit weit aufgerissenen Augen entgegen. Auch ich drehte mich um und lief durch den Flur zurück in den Eingangsbereich. Ich hörte Schreie. Fenster klirrten, ich vernahm ein Geräusch, das nach einem umgeworfenen Tisch klang, Stimmen riefen durcheinander in einem Mix aus Türkisch, Arabisch und Deutsch. Irgendjemand schrie: »Scheiße, verdammt!«, und ein anderer: »Yallah, weg von hier!« Ein chaotisches Durcheinander, ich rannte zurück zum Eingang des Cafés. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie der alte Mann vor dem Spielautomaten gerade dabei war aufzustehen, aber einer der Jungs, der vor mir rannte, schlug ihn zurück.

»Alle raus hier!«, schrie jemand, und das ließ ich mir nicht zweimal sagen.

Adrenalin schoss mir durch den Körper, meine Hände zitterten. Ich musste sofort weg von hier. Am besten nach Hause. Das war eine riesengroße Scheiße alles.

* * *

Ich stand auf der Straße und rannte los. Links um das Wettbüro und dann in Richtung meiner Wohnung. Ich hatte keine Ahnung, was genau passiert war und wer auf wen geschossen hatte. Aber als ich loslief, wusste ich eines ganz sicher: dass wir jetzt alle gefickt waren.

Vom Wettbüro bis zu meiner Wohnung waren es nur fünf Minuten Fußweg, das sollte ich schaffen, bevor die Bullen aufkreuzten. Aber als ich um die Ecke bog, hörte ich das Geräusch von quietschenden Reifen direkt neben mir. Ich schaute nach links und sah den braunen Mercedes, mit dem ich hergekommen war. Aus dem offenen Seitenfenster hörte ich eine Stimme. Es war einer meiner Brüder.

»Alter, Perser, steig ein!«

Ich blieb stehen.

»Nein!«, antwortete ich. »Kein Bock auf die Scheiße, ich lauf nach Hause.«

»Mann, bist du blöd, steig ein, Perser!«, sagte er und riss die hintere Tür auf.

Ich blickte mich um und stieg ein.

»Was ist passiert, Mann?«, fragte ich und bemerkte ein leichtes Zittern in meiner Stimme.

»Keine Ahnung, Mann!«

Die Augen meines Gegenübers waren so weit aufgerissen, dass ich unnatürlich viel Weißes darin sah.

Der Fahrer trat aufs Gas.

»Wir müssen hier schnell weg!«

Die Stimmung im Auto war aufgewühlt. Uns allen ging mächtig die Pumpe, niemand wusste, was überhaupt passiert war. Wieso die vielen Schüsse? War jemand verletzt? Was war Sache?

Nur der Beifahrer sprach kein Wort. Wie sich später herausstellen würde, hatte er als Einziger im Wagen gewusst, dass Tahir Özbek an diesem Abend sterben sollte.

Der Fahrer lenkte das Auto ins Märkische Viertel. Hinter uns fuhr noch ein anderes Auto mit Jungs, die bei der Aktion dabei gewesen waren. Nach kurzer Zeit parkten wir auf einem von außen schwer einsehbaren, schlecht ausgeleuchteten Parkplatz und stiegen aus. Alle redeten hektisch durcheinander: »Wer hat geschossen?« - »Was ist passiert?« - »Alter, ist einer von euch verletzt?«

So richtig kamen wir nicht weiter und so löste sich unsere Gruppe bald auf. Der Fahrer wollte den Wagen wegbringen und sich umziehen. Wir anderen wollten ins Sahara, um uns dort mit Kadir zu treffen. Jeweils zu zweit nahmen wir uns ein Taxi. Ich blickte aus dem Fenster, sah, wie im Dunkel der Nacht die Umrisse der Gebäude an mir vorbeizogen, und versuchte an gar nichts zu denken. Vor allem versuchte ich mir nicht vorzustellen, was jetzt noch alles passieren würde.

* * *

Nach kurzer Fahrzeit erreichten wir das Café Sahara in Berlin-Wedding. Als wir zu zweit darauf zugingen, waren bereits die Beamten des Landeskriminalamts vor Ort. Sie führten eine offene Observierung durch. Ein Zivilpolizist, gut möglich, dass es Frankie war, lehnte betont lässig an einem blauen VW T5 und beobachtete entspannt, wie wir die Tür zum Café öffneten. »Tach zusammen«, sagte er und grinste, aber wir reagierten nicht. Für diese Scheiße hatte keiner von uns einen Nerv.

Die offenen Observationen des Rockerdezernates, dem sogenannten »RD«, kannten wir zur Genüge. Es war für uns normal geworden, dass immer wieder Zivilpolizisten und Beamte des LKA eben dort auftauchten, wo wir waren. Bei manchen Beamten...
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Kassra Zargaran wurde 1986 als Sohn eines Iraners und einer Deutsch-Chilenin in Hamburg geboren. Bereits in jungen Jahren kam er in Kontakt mit dem Rotlichtmilieu und wurde kriminell. 2010 wurde er Mitglied der »Hells Angels Berlin City«. 2014 musste er sich zusammen mit neun weiteren Mitgliedern wegen des sogenannten »Wettbüro-Mords« vor Gericht verantworten. Zargaran sagte während des Prozesses als Kronzeuge aus. Für seine Beteiligung an der Tat saß er sieben Jahre im Gefängnis.Nils Frenzel, geboren 1991 in Bonn, ist ein deutscherAutor und Journalist. Er schreibt u. a. für Zeit Campus,Die Welt, Welt am Sonntag, Vice und den Musikexpress.Als Ghostwriter veröffentlichte er mehrere Bücher. Frenzelwohnt in Köln.