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Wolfgang Rihm - Über die Linie

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
344 Seiten
Deutsch
Beneventoerschienen am24.02.20221. Auflage
Hommage an einen freien Geist: Ein Meister der modernen Klassik im Porträt Wolfgang Rihm (1952-2024) zählt zu den großen deutschen Komponisten. Sein Werk zeichnet sich vor allem durch eines aus: künstlerische Freiheit. In seinem ?uvre lotet er die expressive Kraft der Musik aus und widersetzt sich dabei jedem Versuch der Einordnung. Moderne klassische Musik? Neue Musik? Wolfgang Rihms Musik steht für sich selbst. Musikkritikerin und Autorin Eleonore Büning beschreibt in dieser Biographie zum ersten Mal Leben und Werk dieses phänomenalen Musikers. Durch ihre umfassende Musikkenntnis und langjährige Freundschaft zum Porträtierten gelingt ihr eine Darstellung des Komponisten, die ebenso fundiert wie persönlich ist. - Biographie zum 70. Geburtstag des Ausnahmekünstlers - Wolfgang Rihm im Interview: 25 Fragen und Antworten zum Alltag des Komponierens - Mit vollständiger Diskographie (mit allen bis 2021 veröffentlichten Aufnahmen) und umfassendem Personen- und Werkregister - Wolfgang Rihm als Lehrer und Netzwerker: Wie beeinflusst er das Musikdenken der Gegenwart? Lebensgeschichte eines der wichtigsten und berühmtesten Komponisten der Neuzeit Wolfgang Rihm sei »ein Sonderfall für die Musikgeschichte«, schreibt Eleonore Büning im Vorwort der Biographie. Der Komponist gehörte nie zu einer Seilschaft, sondern hat sich seine Unabhängigkeit bewahrt. Rihm empfindet Bach oder Beethoven als seine Zeitgenossen und schließt in seinem Musikbegriff einfach nichts aus. Seine Musik berührt auch Menschen, die keine Lust auf Avantgarde haben. Tauchen Sie ein in die Klangwelt der neuen Musik und lassen Sie sich von der Virtuosität und dem Erfindungsreichtum von Wolfgang Rihms Kompositionen in den Bann ziehen!

Eleonore Büning, 1952 geboren, war von 1993 bis 1997 Musikredakteurin der ZEIT und von 1997 bis 2017 Redakteurin bei der FAS. Auch heute noch schreibt sie regelmäßig für diese Zeitung. Sie moderiert Musiksendungen für SWR, RBB und WDR und ist seit 2011 Vorsitzende des Preises der deutschenSchallplattenkritik. Eleonore Büning lebt in Berlin.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextHommage an einen freien Geist: Ein Meister der modernen Klassik im Porträt Wolfgang Rihm (1952-2024) zählt zu den großen deutschen Komponisten. Sein Werk zeichnet sich vor allem durch eines aus: künstlerische Freiheit. In seinem ?uvre lotet er die expressive Kraft der Musik aus und widersetzt sich dabei jedem Versuch der Einordnung. Moderne klassische Musik? Neue Musik? Wolfgang Rihms Musik steht für sich selbst. Musikkritikerin und Autorin Eleonore Büning beschreibt in dieser Biographie zum ersten Mal Leben und Werk dieses phänomenalen Musikers. Durch ihre umfassende Musikkenntnis und langjährige Freundschaft zum Porträtierten gelingt ihr eine Darstellung des Komponisten, die ebenso fundiert wie persönlich ist. - Biographie zum 70. Geburtstag des Ausnahmekünstlers - Wolfgang Rihm im Interview: 25 Fragen und Antworten zum Alltag des Komponierens - Mit vollständiger Diskographie (mit allen bis 2021 veröffentlichten Aufnahmen) und umfassendem Personen- und Werkregister - Wolfgang Rihm als Lehrer und Netzwerker: Wie beeinflusst er das Musikdenken der Gegenwart? Lebensgeschichte eines der wichtigsten und berühmtesten Komponisten der Neuzeit Wolfgang Rihm sei »ein Sonderfall für die Musikgeschichte«, schreibt Eleonore Büning im Vorwort der Biographie. Der Komponist gehörte nie zu einer Seilschaft, sondern hat sich seine Unabhängigkeit bewahrt. Rihm empfindet Bach oder Beethoven als seine Zeitgenossen und schließt in seinem Musikbegriff einfach nichts aus. Seine Musik berührt auch Menschen, die keine Lust auf Avantgarde haben. Tauchen Sie ein in die Klangwelt der neuen Musik und lassen Sie sich von der Virtuosität und dem Erfindungsreichtum von Wolfgang Rihms Kompositionen in den Bann ziehen!

Eleonore Büning, 1952 geboren, war von 1993 bis 1997 Musikredakteurin der ZEIT und von 1997 bis 2017 Redakteurin bei der FAS. Auch heute noch schreibt sie regelmäßig für diese Zeitung. Sie moderiert Musiksendungen für SWR, RBB und WDR und ist seit 2011 Vorsitzende des Preises der deutschenSchallplattenkritik. Eleonore Büning lebt in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783710951404
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum24.02.2022
Auflage1. Auflage
Seiten344 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4761 Kbytes
Illustrationenmit zahlreichen schwarz-weiß und farbigen Abbildungen
Artikel-Nr.8949806
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1
Sie wünschen, wir spielen

Jedes Kind sollte in den Augen der Eltern etwas Besonderes sein. Jeder Mensch ist einzigartig. Aber nicht alle Eltern erleben, was der bildermächtige Dirigent Nikolaus Harnoncourt einmal, in einer seiner Salzburger Reden, beschrieben hat: Vater und Mutter schauen eines schönen Tages im Kinderzimmer vorbei und merken, dass da etwas nicht stimmt: »Man meinte, ein herziges, gescheites Kind zu haben und sieht unvermittelt - ein Krokodil.«1 Die Rede ist von den Eltern Anna Maria und Leopold Mozart. Ihr Jüngster war ein Hochbegabtenkind, eines von der Art, die »aus der Art« schlagen, wie man so sagt, weil sie anders spielen, Ideen aushecken, Forderungen stellen, nicht quengeln, sondern üben, nicht schreien und streiten, sondern schaffen und arbeiten, und auch noch Spaß haben dabei. Etwas Fremdes, Exotisches. Gut möglich, dass sich rund zweihundert Jahre später im badischen Karlsruhe Margarete und Julius Rihm eines Tages ähnlich erschreckt haben, über ihren Ältesten.

Wolfgang Michael Rihm kommt am 13. März 1952 zur Welt, in der Privatklinik Stich in der Eisenlohrstraße. Die Mutter, Jahrgang 1921, ist gelernte Modezeichnerin, bleibt aber Hausfrau. Der Vater, Jahrgang 1914, arbeitet als Angestellter beim Roten Kreuz, er ist Kassenleiter bei der Badischen Schwesternschaft. Das familiäre Milieu lässt sich als auskömmlich beschreiben, nicht kulturfern, aber doch alles andere als bildungsbürgerlich. Die Rihms sind katholisch. Kirchgang findet unregelmäßig statt, eigentlich nur zu besonderen Gelegenheiten, Weihnachten und Ostern. Auch der Kindergarten, den die Eltern auswählen, ist konfessionell nicht gebunden. Es handelt sich um einen Privatkindergarten, wahrscheinlich eine frühe Form des Tagesmuttermodells: Zwei Erzieherinnen hüten eine Kindergruppe in ihrer Wohnung. Diese Phase frühkindlicher Gemeinschaftssozialisation dauert nur ein halbes Jahr, dann werden alle Kinder nach Hause geschickt, der Kindergarten schließt und der kleine Rihm bleibt fortan, bis zu seiner Einschulung, daheim bei der Mutter, zu der er zeitlebens ein inniges Verhältnis hat - das zum Vater bleibt kühler, wird konfliktreicher. Einzig im Gedächtnis geblieben aus jener Zeit »bei den Damen« ist eine Theateraufführung, darin er etwas über einen Hirsch aufsagen und mit den Händen ein Hirschgeweih anzudeuten hatte: »Wofür ich sehr gelobt worden bin.« Dieser Auftritt muss einen bleibenden Eindruck in der Familie hinterlassen haben. Den Vers zum Hirsch weiß sogar noch Wolfgangs kleine Schwester, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht geboren war, heute immer noch auswendig: »Wer kommt da aus der Höh´ herbei? Es ist der Hirsch mit sei´m Geweih!«2

Eigentlich spielte die musische Erziehung keine große Rolle in der Familie. Eine Ausnahme waren die sonntäglichen Museumsbesuche. Dann pflegte der Vater den Sohn, statt in die Kirche, in die Karlsruher Kunsthalle mitzunehmen, um gemeinsam mit ihm Bilder zu betrachten und zu besprechen, was nicht ohne Folgen bleiben sollte. Besuche in der Kunsthalle wurden Wolfgang Rihm zur lieben Gewohnheit, solange er in Karlsruhe bei den Eltern wohnte, also bis 1971, aber auch später wieder, als er zurückkehrte nach Karlsruhe, um dort seine Kompositionsprofessur anzutreten: nach 1985. Alles in allem hat Rihm seine Vaterstadt nur für wenige Jahre, ja eigentlich niemals richtig verlassen, auch wenn er viel reiste und Zweitwohnungen unterhielt, in Köln oder in Berlin. Er ist nun einmal ein Karlsruher und nicht irgendeiner, sondern für die anderen Karlsruher auch eine Institution. Jeder Taxifahrer kennt und grüßt ihn. Was die Affinität zur bildenden Kunst anbetrifft, so besucht Rihm auch überall anderswo auf der Welt, wo immer ihn seine Musik hinführt, die Museen und Galerien. Diese ihm früh vom Vater eingepflanzte Leidenschaft wird eine Konstante in seinem Leben, Freundschaften entstehen daraus, zwei Ehen. Sie schlägt sich vielfach nieder in seinen Schriften und vor allem: in seinen Kompositionen.

Theater und Literatur dagegen spielten im Familienleben der Rihms eine eher untergeordnete Rolle. Gesungen wurde so gut wie nie, kein Elternteil musizierte aktiv. Dabei hatte die Mutter eigentlich »relativ gut« das Klavierspiel erlernt, sie führte ihre Kenntnisse auch manchmal bei Besuchen in der Verwandtschaft vor, wenn dort ein Instrument herumstand. Margarete Rihm, geborene Häußer, stammte aus einer musikalischen Familie. Ihr Vater hat sogar gelegentlich komponiert. Friedrich Häußer, ein aktiver Freizeitmusiker, spielte die Trompete, er leitete auch die Blaskapelle des Musikvereins Knielingen, für die er Stücke schrieb, Märsche, Tänze und Potpourris. Allerdings komponierte Häußer nicht in Partitur, er hatte das absolute Gehör und notierte alles direkt für die transponierenden Stimmen. »Das könnte ich nicht«, sagt Wolfgang Rihm anerkennend, als er diese Geschichte von seinem Großvater erzählt. Und zeigt dazu ein Erinnerungsstück vor: eine 45er-Vinyl-Platte, Privatpressung mit handschriftlichem Etikett. Ein Marsch namens »Gruß aus Karlsruhe«, komponiert »von Herrn Friedrich Häußer«, gespielt vom Knielinger Blasorchester unter Leitung des Komponisten. Der Flyer dazu kündet: »Viertes großes Wunschkonzert, am 31. Oktober 1959, in der Turnhalle. Sie wünschen, wir spielen. Alle Freunde der Volksmusik sind hierzu herzlich eingeladen. Unkostenbeitrag DM 1.«

Rihm ist zu diesem Zeitpunkt sieben Jahre alt, er geht in die Weinbrenner-Grundschule. Außer Lesen, Schreiben, Rechnen lernt er außerdem das Notenlesen in der Blockflötenklasse von Frau Bender-Streit im Karlsruher Konservatorium. Ist bis dato immer noch wohlbehütetes Einzelkind, doch im November 1960 kommt die jüngere Schwester Monika Margarete Elisabeth dazu: ein Schwesterchen, zum Beschützen, zum Liebhaben. »Das fand ich lustig. Aber so richtig wahrgenommen habe ich sie eigentlich nicht.« Der Altersunterschied von achteinhalb Jahren ist am Ende zu groß, als dass von einer gemeinsamen Kindheit gesprochen werden könnte. Monika Rihm erinnert sich, dass ihr der Bruder wie ein drittes Elternteil vorgekommen sei. Sie war stets »die Kleine«, alle anderen waren groß. Wolfgang war ganz besonders groß. Körperlich überragte er schon im Kindergarten die Gleichaltrigen, und so ist das auch geblieben: Rihm ist hochgewachsen, breitschultrig, mit einem ausgeprägt runden Schädel. Eine große Gabe, wie sie dieser Knabe, der bereits zwölfjährig in den Stimmbruch kommt, mit sich herumträgt oder, besser gesagt: von der er getragen wird und getrieben, verlangt offenbar nach einem großen Gehäuse. Es gibt, sagt Rihm heute, Erinnerungen daran, dass er schon sehr früh ahnte oder vielleicht sogar wusste, er verhalte sich anders als die Spielkameraden. »Nicht besser, das nicht! Nur eben anders.« Auch dass seine Eltern öfter in Sorge waren deswegen, hat er mitgekriegt. »Aber man macht sich als Kind keine Gedanken darüber, man wächst da so hinein. Trotzdem muss ich sagen: Meine Eltern haben mich immer gefördert in dem, was ich wollte.« Eine glückliche Komponistenkindheit also, alles in allem.

Es ging los mit dem Wort: mit Gedichten und Geschichten. Der kleine Wolfgang, kaum dass er laufen konnte, erfand Reime, die die Mutter aufschreiben musste. Der Vierjährige zeichnete, malte und wünschte sich einen Ölmalkasten, den er prompt bekam. Verlangte nach Musik und erhielt zum fünften Geburtstag die Blockflöte, mit acht Jahren dann ein Klavier, das budgetsprengend hundert Mark kostete und von der Großmutter finanziert wurde. Kaum hatte er gelernt, einen Ton an den nächsten zu reihen, dachte er sich eigne Musikstücke aus, kaum kannte er die Notenschrift, schrieb er die Stücke auf. Noch war das nichts weiter als »die Äußerung eines ganz normalen knäbischen Expansionsdranges, alles selbst zu machen« (Rihm).3 Im Rückblick, seitens der Universal Edition, die das riesige Åuvre Rihms heute verlegt und verwaltet, liest sich das anders: »Wolfgang Rihm hätte Dichter oder Maler werden können. Er ist Komponist geworden, er teilt sich durch Töne mit.«4

Ja, er hätte vielleicht auch Filmemacher werden können oder 4-Sterne-Koch oder Karikaturist, Sommelier, Architekt oder Philosoph oder auch nichts von alledem. Sogar Priester zu werden hatte Rihm eine Zeitlang vorgehabt: Irgendwann, »so mit dreizehn, ach, eigentlich noch davor, zwischen acht und elf Jahren«, damals habe er den Seinen daheim die Messe gelesen, »was sicherlich viele Buben tun oder damals zumindest sicherlich viele taten«.5 Rihm erinnert sich zurück, in einem langen biographischen Gespräch mit Rudolf Frisius, im Jahr 1985 - es ist das Jahr, in dem er seine Professur antritt, in Karlsruhe, er ist dreiunddreißig. Und, ein andermal, im Gespräch mit Max Nyffeler, da ist er fünfundsechzig: »Das erste größere Stück, das ich als Kind schreiben wollte, war eine Messe. Mit zwölf kam ich in den Karlsruher Oratorien-Chor und habe da all diese Sachen...
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Autor

Eleonore Büning, 1952 geboren, war von 1993 bis 1997 Musikredakteurin der ZEIT und von 1997 bis 2017 Redakteurin bei der FAS. Auch heute noch schreibt sie regelmäßig für diese Zeitung. Sie moderiert Musiksendungen für SWR, RBB und WDR und ist seit 2011 Vorsitzende des Preises der deutschenSchallplattenkritik. Eleonore Büning lebt in Berlin.