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Gesammelte Schriften Bd. 1.1

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
196 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am07.03.20221. Auflage
Die Gesammelten Schriften enthalten alle zwischen 1969 und 2021 erschienen Schriften des Autors und umfassen alle seine Bücher, Essays, Artikel und Vorträge aus seinen verschiedenen Fachgebieten. Zum Teil sind auch bisher unveröffentlichte Werke und Manuskripte enthalten. Im Bd. 1 sind Beiträge zur Lehrer- und Berufsbildung, Erwachsenenbildung, Didaktik, Kompetenz- und Performanzorientierung gesammelt.

Hans Furrer (Jahrgang 1946) lernte im Erstberuf Reproduktionsfotograf (heute wäre dies ein Polygraf), hat auf diesem Beruf gearbeitet und auch als Berufsschullehrer unterrichtet. Nach der Matura Typ C im Fernstudium studierte er Mathematik, Chemie und Physik und hat in Mathematik und Chemie mit dem 2. Vordiplom abgeschlossen (entspricht heute einem Bachelor). Nach der Ausbildung zum Primarlehrer unterrichtete er auf der Mittelstufe und war an der Entwicklung der neuen Mathematik- und Geometrielehrmittel des Kantons Zürich beteiligt und in der Lehrerbildung tätig Anschliessend studierte er Pädagogik und Sonderpädagogik und schloss mit einem Dr. phil. in Sonderpädagogik ab. Er gründete die Volkshochschule für Erwachsene mit kognitiver Beeinträchtigung, war dort und in der allgemeinen Erwachsenenbildung als Kursleiter tätig. Zudem war er in verschiedenen Lehrerausbildungs- und Berufsbildungsprojekten in der Dritten Welt tätig (Mali, Togo, Zaire, Kambodscha, Myanmar) und initierte und begleitet seit 2015 den Aufbau einer Berufsschule in Massawa (Eritrea)
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR27,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextDie Gesammelten Schriften enthalten alle zwischen 1969 und 2021 erschienen Schriften des Autors und umfassen alle seine Bücher, Essays, Artikel und Vorträge aus seinen verschiedenen Fachgebieten. Zum Teil sind auch bisher unveröffentlichte Werke und Manuskripte enthalten. Im Bd. 1 sind Beiträge zur Lehrer- und Berufsbildung, Erwachsenenbildung, Didaktik, Kompetenz- und Performanzorientierung gesammelt.

Hans Furrer (Jahrgang 1946) lernte im Erstberuf Reproduktionsfotograf (heute wäre dies ein Polygraf), hat auf diesem Beruf gearbeitet und auch als Berufsschullehrer unterrichtet. Nach der Matura Typ C im Fernstudium studierte er Mathematik, Chemie und Physik und hat in Mathematik und Chemie mit dem 2. Vordiplom abgeschlossen (entspricht heute einem Bachelor). Nach der Ausbildung zum Primarlehrer unterrichtete er auf der Mittelstufe und war an der Entwicklung der neuen Mathematik- und Geometrielehrmittel des Kantons Zürich beteiligt und in der Lehrerbildung tätig Anschliessend studierte er Pädagogik und Sonderpädagogik und schloss mit einem Dr. phil. in Sonderpädagogik ab. Er gründete die Volkshochschule für Erwachsene mit kognitiver Beeinträchtigung, war dort und in der allgemeinen Erwachsenenbildung als Kursleiter tätig. Zudem war er in verschiedenen Lehrerausbildungs- und Berufsbildungsprojekten in der Dritten Welt tätig (Mali, Togo, Zaire, Kambodscha, Myanmar) und initierte und begleitet seit 2015 den Aufbau einer Berufsschule in Massawa (Eritrea)
Details
Weitere ISBN/GTIN9783754388679
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum07.03.2022
Auflage1. Auflage
Seiten196 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8990291
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Die Risikogesellschaft und ihre Bildungsbedürfnisse64

Die folgenden Überlegungen versuchen die Phänomene der Risikogesellschaft, wie sie von Beck (1986) beschrieben und von van der Loo und Reijen (1992) kritisch reflektiert wurden, auf ihre erwachsenenbildnerischen Konsequenzen zu hinterfragen.

Im Gegensatz zu den Philosophen der Postmoderne, die in ihrer Ablehnung der Vernunft letztlich auf Nietzsche und Heidegger zurückgehen, möchte ich in Übereinstimmung mit der Kritischen Theorie postulieren, dass die Aufklärung - und damit das Zeitalter der Vernunft - nicht gescheitert, sondern noch nicht verwirklicht ist. Es gilt die Irrwege und den Irrsinn der Zweckrationalität zu analysieren, zu reflektieren und zu bekämpfen und ihr eine kommunikative Vernunft entgegenzusetzen, die die Bedürfnisse der Menschen - und der Menschheit - ernstnimmt.

In diesem Sinne scheint mir die Theorie der reflexiven Modernisierung, wie sie Beck beschreibt, ein gangbarer Weg, die brennenden Probleme unserer Risikogesellschaft anzugehen.

Zur Begriffsklärung soll Ulrich Beck selbst zu Wort kommen:

Modernisierung wurde bislang immer in Abgrenzung gedacht zur Welt der Überlieferungen und Religionen, als Befreiung aus den Zwängen der unbändigen Natur. Was geschieht, wenn die Industriegesellschaft sich selbst zur Tradition wird? Wenn ihre eigenen Notwendigkeiten, Funktionsprinzipien, Grundbegriffe mit derselben Rücksichtslosigkeit und Eigendynamik zersetzt, aufgelöst, entzaubert werden, wie die Möchtegern-Ewigkeiten früherer Epochen. [...] Einfache Modernisierung meint die Rationalisierung der Tradition, reflexive Modernisierung meint Rationalisierung der Rationalisierung.65

 
1. Die Risikogesellschaft

In dieser kurzen Zusammenfassung kann nicht die ganze Theorie der Risikogesellschaft , wie sie Beck herausgearbeitet hat, rezipiert werden. Ich will mich daher auf drei für unsere Fragestellung zentrale Aspekte beschränken.
a) Die moderne Verteilungsproblematik
Die Industriegesellschaft stand seit ihrem Beginn vor dem ideologischen Problem, wie die ungleiche Verteilung des sozial produzierten Reichtums legitimiert werden kann. Dieser Prozess ist soweit abgeschlossen, dass sich nur noch wenige Unbelehrbare an diesem Faktum stören und heute praktisch alle - auch die im Sozial- und Bildungsbereich tätigen - glauben, dass die Ressourcen unserer Gesellschaft knapp seien. Dabei würde ein Blick auf die Bilanzen der Banken, Versicherungen und z.B. der Pharmaindustrie zeigen, dass es sich bei der heutigen Krise nicht um ein Ressourcen-, sondern um ein Verteilungsproblem handelt. Die verfügbaren Mittel würden es jedem Menschen in unserem Lande, ja sogar jedem Menschen auf dieser Welt erlauben, ein erfülltes und gesichertes Leben zu führen, In diesem Zusammenhang sei z.B. nur daran erinnert, dass das Total der Ausgaben für Werbung in den westeuropäischen Ländern vier- bis siebenmal so hoch ist, wie das Total der öffentlichen Bildungsausgaben in diesen Ländern. Dass niemand gegen diese ungerechte Verteilung protestiert zeigt, dass sich diese Ausgaben gelohnt haben.

Zum weitgehend gelösten ideologischen Problem der Legitimation der Reichtumsverteilung kommt nun in den letzten Jahrzehnten das Problem der Legitimation der gesellschaftlich produzierten Risiken dazu.

Wie können die im fortgeschrittenen Modernisierungsprozess systematisch mitproduzierten Risiken und Gefährdungen verhindert, verharmlost, dramatisiert, kanalisiert und dort, wo sie nun einmal in Gestalt latenter Nebenwirkungen das Licht der Welt erblickt haben, so eingegrenzt und wegverteilt werden, dass sie weder den Modernisierungsprozesss behindern, noch die Grenzen des (ökologisch, medizinisch, psychologisch, sozial) Zumutbaren überschreiten?66

Auf die Art, wie mit diesen Problemen umgegangen wird, soll hier nicht im Einzelnen eingegangen, werden (das muss bei Beck nachgelesen werden), doch sollen die zwei wichtigsten Strategien skizziert werden. Es sind dies Umverteilung der Risiken und Individualisierung der Schuld.

Es ist den Mächtigen dieser Welt bisher weitgehend gelungen, die Risiken von sich und ihrer näheren Umgebung weg zu verteilen. So werden Atombombenversuche eben nicht in den dicht besiedelten Gebieten Frankreichs oder Chinas durchgeführt, sondern in den Kolonien im Pazifik oder den von ethnischen Minderheiten bewohnten Gebieten Zentralasiens. Durch die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl verseuchte Milch aus der Schweiz wird nicht hier weiterverwendet, sondern als Milchpulver in die Dritte Welt exportiert. Giftmüll wird nicht bei uns verbrannt, sondern in Indien oder vor der Küste Afrikas versenkt. Riskante Versuche in der Pharmaindustrie und für die bio-chemische Kriegsführung werden mit der Bevölkerung der Dritten Welt durchgeführt usw. usf.

Wo Risiken nicht exportiert werden können, wie bei der Ozonbelastung und dem Waldsterben werden sie entweder verharmlost, in unendlichen wissenschaftlichen Untersuchungen vor sich hergeschoben oder vor allem individualisiert. Jeder einzelne hat Schuld am Risiko und damit individuell umzugehen. Bei der gleichzeitigen Untätigkeit der politischen Organe führt dies zuerst zur Ohnmacht, dann zur Resignation und schliesslich zur Gleichgültigkeit der Einzelnen. Diese Tendenz zur Individualisierung der Schuld ist eine Facette der allgemeinen Fragmentierung und Individualisierung der modernen Gesellschaft.
b) Individualisierung
Die Moderne ist ganz allgemein gekennzeichnet durch eine fast absolute Freisetzung des Individuums von den meisten gesellschaftlichen Institutionen (Klasse, Schicht, Stand, Kirche, Familie, ...). Insbesondere zerfallen damit auch ein grosser Teil der identitätsstiftenden Kräfte. Das so freigesetzte Individuum wird als Ware Arbeitskraft (ausgestattet mit einem bestimmten Humankapital) auf den Markt geworfen, wo es seinen Tauschwert - mehr oder weniger frei - realisieren kann.

Die entstehenden Individuallagen sind durch und durch (arbeits-) marktabhängig. Sie sind sozusagen die Perfektionierung der Marktabhängigkeit bis in alle Fasern der Existenz(sicherung) hinein, sie sind ihr spätes Ergebnis in der wohlfahrtsstaatlichen Phase.67

Auf dem und durch den Markt aber werden die Individuen gleichzeitig standardisiert. Dies zeigt sich sehr deutlich in der Verrechtlichung und Normierung von Bildungs- und Produktionsprozessen. Auch das Fernsehen und die Möglichkeiten der Unterhaltungsinformatik vereinzeln und standardisieren zugleich. Sie lösen

die Menschen einerseits aus traditional geprägten und gebundenen Gesprächs-, Erfahrungs- und Lebenszusammenhängen heraus. Zugleich befinden sich aber alle in einer ähnlichen Situation: Sie konsumieren institutionell fabrizierte Fernsehprogramme (und Computerspiele; HF), und zwar von Honolulu bis Moskau und Singapur (und Bamako; HF). Die Individualisierung - genauer: Herauslösung aus traditionellen Lebenszusammenhängen - geht einher mit einer Vereinheitlichung und Standardisierung der Existenzformen.68

Dieser Prozess wird gerade auch in der Arbeitswelt sichtbar.
c) Das Ende des Arbeitsparadigmas
Bis in die Sechzigerjahre galt die Arbeit als zentrale Kategorie der menschlichen Identität. Die möglichen Perspektiven der Rationalisierung liessen eine zunehmende Freizeitgesellschaft immer wahrscheinlicher werden. Es wäre heute technisch möglich, die für die menschliche Reproduktion notwendigen Mittel in einem Bruchteil der jetzigen Arbeitszeit zu produzieren. Unter den gegebenen wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen wurde aber die Erhöhung der Arbeitsproduktivität allein zur Gewinnsteigerung der Unternehmen umgesetzt. Dies zeigt sich deutlich darin, dass sich die Arbeitsproduktivität pro Arbeitskraft in den letzten Jahren mehr als verdreifacht, das Realeinkommen der Arbeitnehmer hingegen abgenommen hat. Unter diesen Prämissen konnte die knapper gewordene Arbeit nicht unter mehr Arbeitskräfte verteilt werden, sondern es entstand eine bisher - zumindest in der Schweiz nicht bekannte - strukturelle Arbeitslosigkeit, die sich als nicht mehr kontrollierbare Sockelarbeitslosigkeit abzeichnet.

Damit hat die Arbeit als zentrale Kategorie der Identitätsfindung ausgedient. Demgegenüber ist aber festzustellen, dass der grösste Teil der Bevölkerung noch im Stadium einer fixen Rollenidentität verharrt, deren hauptsächliche Komponente die Berufsrollenidentität darstellt. Die Konsequenzen einer solchen Rollendiffusion sind noch nicht abzusehen, doch zeigen sich einige gefährliche Tendenzen in der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit und Polarisierung der Gesellschaft.

Ein weiteres Merkmal der heutigen Arbeitswelt ist die Vereinzelung am Arbeitsplatz, die durch die Möglichkeiten der Informatik noch verstärkt wird. Falls sich die neue Heimarbeit am PC über Modems durchsetzt wird diese Vereinzelung noch zunehmen. Obwohl mit der räumlichen und zeitlichen Flexibilisierung der Arbeit ein gewisser Souveränitätsgewinn...
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