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Jahrgangsübergreifender Unterricht

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
128 Seiten
Deutsch
Kohlhammer Verlagerschienen am09.03.20221. Auflage
Jahrgangsübergreifender Unterricht, verstanden als pädagogisches Konzept, umfasst vielschichtige Potenziale für das gemeinsame Lernen von Schülerinnen und Schülern und trägt zur Unterrichts- und Schulentwicklung bei. Die Frage, wie jahrgangsübergreifender Unterricht in der Praxis gestaltet und reflektiert werden kann, wird in diesem Buch aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Neben pädagogischen Begründungen, wissenschaftlichen Kontroversen sowie der aktuellen Ausgestaltung in den Bundesländern werden Arbeitsweisen einzelner Schulen in den Blick genommen, in denen bereits jahrgangsübergreifend unterrichtet wird. Anhand von Interviews mit Schulleitungen wird der Entwicklungsprozess vom jahrgangshomogenen zum jahrgangsübergreifenden Unterricht nachvollzogen. Darüber hinaus wird gezeigt, wie Lehrkräfte das gemeinsame Lernen von Schülerinnen und Schülern unterstützen können.

Dr. Matthea Wagener ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Grundschulpädagogik an der Technischen Universität Dresden.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR30,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR26,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR26,99

Produkt

KlappentextJahrgangsübergreifender Unterricht, verstanden als pädagogisches Konzept, umfasst vielschichtige Potenziale für das gemeinsame Lernen von Schülerinnen und Schülern und trägt zur Unterrichts- und Schulentwicklung bei. Die Frage, wie jahrgangsübergreifender Unterricht in der Praxis gestaltet und reflektiert werden kann, wird in diesem Buch aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Neben pädagogischen Begründungen, wissenschaftlichen Kontroversen sowie der aktuellen Ausgestaltung in den Bundesländern werden Arbeitsweisen einzelner Schulen in den Blick genommen, in denen bereits jahrgangsübergreifend unterrichtet wird. Anhand von Interviews mit Schulleitungen wird der Entwicklungsprozess vom jahrgangshomogenen zum jahrgangsübergreifenden Unterricht nachvollzogen. Darüber hinaus wird gezeigt, wie Lehrkräfte das gemeinsame Lernen von Schülerinnen und Schülern unterstützen können.

Dr. Matthea Wagener ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Grundschulpädagogik an der Technischen Universität Dresden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783170352667
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum09.03.2022
Auflage1. Auflage
Seiten128 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4894 Kbytes
Artikel-Nr.9007469
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

3          Ausgestaltung und Begründung von Jahrgangsmischung in den Bundesländern

 

 

Im folgenden Kapitel werden unterschiedliche Perspektiven auf die Begründung und Realisierung jahrgangsübergreifenden Unterrichts eingenommen. Zunächst wird Jahrgangsmischung im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Schuleingangsphase betrachtet, die als Meilenstein der Wiedereinführung jahrgangsübergreifenden Unterrichts gekennzeichnet werden kann ( Kap. 3.1). Im Anschluss werden Realisierungsformen in den einzelnen Bundesländern auf Basis ihrer Verordnungen skizziert ( Kap. 3.2). Bei der Betrachtung von Jahrgangsmischung über die Schuleingangsphase hinaus finden sich Verknüpfungen mit dem Elementarbereich, die in verschiedenen Modellprojekten erprobt wurden ( Kap. 3.3). Auch über die Schuleingangsphase hinaus wird Jahrgangsmischung praktiziert. Exemplarisch werden Reformschulen in den Blick genommen, die über langjährige Erfahrungen mit pädagogisch begründeter Jahrgangsmischung verfügen ( Kap. 3.4). Das Kapitel wird mit einem kurzen Zwischenfazit abgeschlossen ( Kap. 3.5).
3.1       Jahrgangsmischung im Kontext der Schuleingangsphase

Mit der Neugestaltung der Schuleingangsphase wird deren Flexibilisierung angestrebt, indem sie über die Zeit von einem Jahr bis zu drei Jahren durchlaufen werden kann und die erste und zweite Klasse als Einheit betrachtet werden. Zudem sollen alle Kinder, die zu einem bestimmten Zeitpunkt schulpflichtig werden, in die Grundschule aufgenommen werden. Die Neugestaltung bzw. Flexibilisierung der Schuleingangsphase intendiert


a)  aus bildungspolitischer Sicht, die vergleichsweise hohe Zurückstellungsquote auf Ausnahmen zu beschränken und Eltern zum vorzeitigen Einschulen ihres Kindes zu ermutigen. Mehr Kinder eines Jahrgangs sollen im jeweiligen Jahr in die Schule kommen, um das im internationalen Vergleich hohe durchschnittliche Einschulungsalter der Kinder in Deutschland zu senken (vgl. Faust 2006, 333);

b)  aus schulorganisatorischer Perspektive, dass die Entscheidungen über die Schulfähigkeit nicht mehr einseitig auf das Kind ausgerichtet werden, sondern nach dem ökopsychologischen Modell von Horst Nickel (1988) als eine gemeinsame Entwicklungsaufgabe aller Beteiligten verstanden werden. Das heißt, dass sich die pädagogischen Konzepte der Grundschule auf die individuell unterschiedlichen Lernvoraussetzungen ausrichten sollen. Damit verbunden ist, eine frühe Selektion bereits am Schulanfang zu verhindern und die unterschiedlichen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen. Alle Kinder, die zu einem bestimmten Zeitpunkt schulpflichtig werden, sollen in die Grundschule aufgenommen werden, was pädagogisch-didaktische Konsequenzen zur Folge hat;

c)  aus pädagogisch-didaktischer Perspektive, die durch die Jahrgangsmischung erhöhte Heterogenität der Lernenden zu berücksichtigen und den Anfangsunterricht entsprechend der Lernvoraussetzungen und -bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler zu gestalten (vgl. ebd., 331). Gefordert sind ein differenzierter und individualisierter Unterricht sowie eine Abkehr von einem gleichschrittig gestalteten Unterricht.


Erprobt wurde die Neugestaltung der Schuleingangsphase bereits seit 1992 in allen Bundesländern außer dem Saarland. Einige Bundesländer führten Schulversuche durch, die mit oder ohne wissenschaftliche Begleitung stattfanden. Die wissenschaftliche Begleitung in den einzelnen Schulen war weniger auf eine quantitative wissenschaftliche Evaluation ausgerichtet, als vielmehr auf die Unterstützung von Schulentwicklungsprozessen durch Begleitung und Beratung sowie deren Dokumentation (vgl. ebd., 338).

Auch die Realisierung des Schulanfangs fand in einer recht großen Vielfalt statt, was schon allein die unterschiedlichen Bezeichnungen (flexible Schulanfangsphase, Schuleingangsstufe, veränderte Schuleingangsphase), Modelle, Pilotprojekte und Schulversuche verdeutlichen. Hierzu können exemplarisch der Schulversuch »Schulanfang auf neuen Wegen« ( Kap. 3.2, Kap. 4.3), das Projekt »Bildungshaus 3-10« (beide Baden-Württemberg, Kap. 3.3), »FleGS - Flexible Grundschule« (Bayern, Kap. 4.3), »JüLiSa - Jahrgangsübergreifendes Lernen in der Schulanfangsphase« (Berlin, Kap. 3.2, Kap. 3.3) oder »FLEX - Flexible Schuleingangsphase« (Brandenburg, Kap. 3.2, Kap. 4.3) genannt werden. Auch in der deutschsprachigen Schweiz werden seit 2004 verschiedene Modelle erprobt wie die flexible Grundstufe, in der die zwei Kindergartenjahre eine Einheit mit dem ersten Primarschuljahr bilden sowie die Basisstufe, die zwei Kindergartenjahre und die ersten zwei Jahre der Primarschule umfasst. In dieser Kombination werden vier- bis achtjährige Kinder gemeinsam unterrichtet (vgl. Heyer-Oeschger 2004).
3.2       Gesetzliche Bedingungen zur Erprobung und Realisierung der Schuleingangsphase

Die Möglichkeit der Realisierung von Jahrgangsmischung wird in den Schulgesetzen der einzelnen Bundesländer mehr oder weniger explizit geregelt. Auffallend ist, dass verlässliche Angaben teilweise nur schwer zu finden sind bzw. kaum präzise Aussagen gemacht werden (vgl. auch Martschinke & Kammermeyer 2018, 44). Insgesamt ist festzuhalten, dass mehrheitlich die erste und zweite Jahrgangsstufe als pädagogische Einheit gefasst werden und Jahrgangsmischung unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Die Möglichkeiten der Erprobung und Verordnungen zur Realisierung der Jahrgangsmischung in den einzelnen Bundesländern werden im Folgenden präzisiert.

In Baden-Württemberg wurden bereits zwischen 1997 und 2000 im Projekt »Schulanfang auf neuen Wegen« verschiedene Einschulungsmodelle erprobt und in ihrer Wirkung untersucht (vgl. Arbeitskreis wissenschaftliche Begleitung 2006). Unterschieden werden verschiedene Modelle, die eine variable Verweildauer in der Schuleingangsstufe von ein bis drei Jahren zulassen sowie eine Flexibilisierung der Einschulung durch einen zweiten Einschulungstermin. Damit soll der individuellen Lernentwicklung der Kinder in besonderem Maße Rechnung getragen werden. In der Evaluation (Abschlussbericht) werden positive Leistungsergebnisse, eine hohe Akzeptanz des jahrgangsübergreifenden Unterrichts bei den Lehrkräften und die Motivation, den eigenen Unterricht weiterzuentwickeln, sichtbar. Obwohl die Schuleingangsstufe jahrgangsübergreifend organisiert werden kann, werden im Schulgesetz Baden-Württembergs dazu keine Angaben gemacht. Die vom Kultusministerium Baden-Württemberg (o. J.) herausgegebene Informationsschrift »Jahrgangsübergreifendes Lernen«6 veranschaulicht Praxisbeispiele und informiert über pädagogische Begründungen zur Jahrgangsmischung.

In Bayern gibt es seit 2010/11 den Schulversuch Flexible Grundschule, der vom Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung begleitet wurde. Von Beginn an nahmen 20 Grundschulen, die sogenannten Stammschulen, am Projekt teil. Bis zum Schuljahr 2013/14 wurde das Modell auf weitere 69 Schulen, die sogenannten Satellitenschulen, ausgeweitet. Somit stand die Flexible Grundschule in jedem Schulamtsbezirk zur Verfügung. Eine der Aufgaben des Schulversuchs war es, didaktische Konzepte zur individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler zu erarbeiten und in der Praxis umzusetzen. Weiterhin wurden Möglichkeiten der individuellen Lernstandsdiagnostik und differenzierte Formen der Lernstands- und Leistungserhebung erprobt. Im Schuljahr 2018/19 gab es einen Zuwachs von 26 weiteren Grundschulen, die die flexible Eingangsstufe einführten. Der Grundschulordnung für Bayern (§ 7 Absatz 2) ist zu entnehmen, dass die Entscheidung für eine jahrgangsgemischte Eingangsstufe optional ist.7

In Berlin wurde während der Schuljahre 2001/02 und 2003/04 das Projekt JüLiSa (Jahrgangsübergreifendes Lernen in der Schulanfangsphase) durchgeführt, eine vom Berliner Senat für Schule, Jugend und Sport Berlin beauftragten Studie. Hierfür wurden Daten in Form von Beobachtungsprotokollen, Interviews und wenigen Schulleistungstests erhoben. Von Interesse waren die Praxis jahrgangsübergreifenden Unterrichts, die Interaktionen zwischen den Schülerinnen und Schülern gleichen und unterschiedlichen Alters und ihre Leistungsförderung. Während die Ergebnisse der Schulleistungstests keine markanten Leistungssteigerungen sichtbar machten, zeigte sich, dass zahlreiche Kontakte der Schülerinnen und Schüler über die Jahrgangsgrenzen hinweg bestehen und unterstützendes Helfen (vor allem den jüngeren Kindern gegenüber) eine Selbstverständlichkeit ist, ohne dass sich die damit verbundene Asymmetrie zwischen...
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