Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

The Narrows

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
544 Seiten
Deutsch
Nagel & Kimcheerschienen am14.03.20221. Auflage
Link Williams ist ein gutaussehender und brillanter Dartmouth-Absolvent, der mangels besserer Möglichkeiten für einen afroamerikanischen Mann in den USA der 1950er-Jahre eine Bar betreibt. Durch den Zufall zusammengebracht, entsteht zwischen Link und »Camilo«, einer wohlhabenden, weißen, verheirateten Frau, eine Beziehung, die gegen die starren und kompromisslosen sozialen Codes ihrer Stadt und ihrer Zeit verstößt. Petry wirft ein hartes, wahrheitsgetreues Licht auf den Schaden, den »Rasse« und Klasse im menschlichen Leben anrichten. Sie zeigt, wie prägend die Zuordnungen hinsichtlich Geschlechterrollen und »Rasse« sind, sie zeigt die zerstörerische Natur des Boulevardjournalismus und sozialer Stereotype, die bis zum heutigen Tag bestehen. »The Narrows« ist außerdem ein prägnantes Porträt einer Gegend, der Menschen in diesem Viertel: Ann Petry zeichnet unvergessliche, äußerst wichtige Nebenfiguren.

Ann Petry (1908-1997) war Journalistin, Pharmazeutin, Lehrerin und Gemeindeaktivistin. Ihre drei Romane, zahlreichen Kurzgeschichten, journalistischen Texte und Kinderbücher beschäftigen sich mit der Frage, was es bedeutet, afroamerikanisch bzw. weiß zu sein, sowie mit Rassismus in all seinen Facetten. »The Street« war der erste Roman einer afroamerikanischen Frau, der sich über 1,5 Millionen Mal verkaufte. Bei Nagel & Kimche bisher erschienen: »The Street« (Roman, 2020), »Country Place« (Roman, 2021) und »Harriet Tubman.Fluchthelferin bei der Underground Railroad. Aus der Sklaverei in die Freiheit« (Jugendbuch, 2022).
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR28,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
HörbuchOnline-Zugang
EUR26,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR20,99

Produkt

KlappentextLink Williams ist ein gutaussehender und brillanter Dartmouth-Absolvent, der mangels besserer Möglichkeiten für einen afroamerikanischen Mann in den USA der 1950er-Jahre eine Bar betreibt. Durch den Zufall zusammengebracht, entsteht zwischen Link und »Camilo«, einer wohlhabenden, weißen, verheirateten Frau, eine Beziehung, die gegen die starren und kompromisslosen sozialen Codes ihrer Stadt und ihrer Zeit verstößt. Petry wirft ein hartes, wahrheitsgetreues Licht auf den Schaden, den »Rasse« und Klasse im menschlichen Leben anrichten. Sie zeigt, wie prägend die Zuordnungen hinsichtlich Geschlechterrollen und »Rasse« sind, sie zeigt die zerstörerische Natur des Boulevardjournalismus und sozialer Stereotype, die bis zum heutigen Tag bestehen. »The Narrows« ist außerdem ein prägnantes Porträt einer Gegend, der Menschen in diesem Viertel: Ann Petry zeichnet unvergessliche, äußerst wichtige Nebenfiguren.

Ann Petry (1908-1997) war Journalistin, Pharmazeutin, Lehrerin und Gemeindeaktivistin. Ihre drei Romane, zahlreichen Kurzgeschichten, journalistischen Texte und Kinderbücher beschäftigen sich mit der Frage, was es bedeutet, afroamerikanisch bzw. weiß zu sein, sowie mit Rassismus in all seinen Facetten. »The Street« war der erste Roman einer afroamerikanischen Frau, der sich über 1,5 Millionen Mal verkaufte. Bei Nagel & Kimche bisher erschienen: »The Street« (Roman, 2020), »Country Place« (Roman, 2021) und »Harriet Tubman.Fluchthelferin bei der Underground Railroad. Aus der Sklaverei in die Freiheit« (Jugendbuch, 2022).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783755600176
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum14.03.2022
Auflage1. Auflage
Seiten544 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9098231
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1

Abbie Crunchs Schritte wurden langsamer, als sie in die Dumble Street bog, am Arm den Henkelkorb, im Kopf den festen Vorsatz, nicht zum Fluss zu schauen; sie wusste, sobald sie ihn in der Sonne glitzern sähe, würde sie an Link denken, sich Sorgen um Link machen, sich an Link als kleiner Junge erinnern. Als kleiner Junge? Ja, als kleiner Junge. Acht Jahre. Springt vom Kai. Schwimmt im Fluss herum.

Sie hörte das Wasser an die nahe Spundwand schlagen und schwach, sehr fern, vom Wind an Land getragen, das Schreien der Möwen, das Tuten eines Schleppers, sie roch den vertrauten alten Dunst vom Fluss. Und wie immer an einem sonnigen Morgen sah sie sich und Frances Jackson wieder auf der Dock Street stehen, halb verborgen hinter einem Handwagen am Bordstein, und über aufgeschichtete Kartoffeln und Grünkohl und Möhrenbündel und viele runde Salatköpfe hinwegspähen. Sie war klein und fett, nein füllig. Frances war lang und dünn und knochig.

Frances sagte: »Kuck! Kuck mal da drüben!«, zeigte hin, zwang sie zum Hinsehen.

Sie erinnerte sich, wie zuwider es ihr immer war, wie dieser biegsame, scheinbar gelenklose, lange dunkelbraune Zeigefinger ihren Blick lenkte, ihr hinzusehen gebot, und dass ihre Augen dem gebieterischen Zeigefinger am ausgestreckten Arm folgten, obwohl sie nicht hinsehen wollte.

Sie sah Bill Hod auf dem Kai stehen, in einer kurzen dunklen Hose, einer dunklen Badehose, sonst nichts. Brustkorb, Schultern, Arme weiß verglichen mit der Badehose und schockierend nackt wegen der Badehose. Seine glatten schwarzen Haare waren nass, er fuhr mit den Händen durch und drückte sie flach, bis sie seidig-geschmeidig glänzten. Sie hatte, auch daran erinnerte sie sich, gedacht: Ich habe den Verstand verloren, völlig verloren, nicht mehr unter Kontrolle. Einfach weil sie so ehrlich erstaunt war, dass seine Haare so eben auf dem Kopf lagen ⦠sie hatte sich irgendwie eingeredet, dass auf seinem Kopf Hörner sein müssten ⦠jedenfalls irgendein Zeichen, ein Beweis für ⦠Sie schloss die Augen. Die Sonne war unerträglich hell. Sie war Dunkelheit gewohnt, die Rollos immer unten, die Vorhänge zu, kein Licht an abends, Dunkelheit im Haus war ihr lieber.

An jenem Morgen bestand Frances Jackson nur aus Ellbogen, ein langer Körper mit Ellbogen überall. Sie stupste sie an: »Mach die Augen auf. Abbie, Abbie, Abbie ⦫

Sonnenschein auf dem Fluss, Sonnenschein über Bill Hod, Sonnenschein in ihrem Gesicht, das dachte sie zumindest, es tat weh in den Augen, weh im Gesicht, deshalb behielt sie die Augen zu. Sie hörte Links Stimme, eine Kinderstimme, hell, hoch, eine Stimme voller Begeisterung und noch etwas - Zärtlichkeit.

Sie schlug die Augen auf und sah Link vom Kai springen und in den Fluss eintauchen. Sie wollte ihn aufhalten. Es war doch gefährlich. Er konnte doch nicht schwimmen. Noch mehr plötzliche Schläge würde sie nicht aushalten. Er war so klein. Und der Fluss war so breit und so tief, so trügerisch. Aber dann schwamm er, weiter und immer weiter weg, sein Kopf klein wie der eines Hündchens, gerade noch über Wasser gehalten, rückte weiter und immer weiter weg. Sie sagte: »Nein!«

Bill Hod schrie: »Heh - du - komm zurück.« Bassstimme, arrogant, dominant, der Ton, allein der Ton war eine Beleidigung, die Stimme hatte sie nie vergessen, hörte sie immer noch, sogar im Schlaf -

Der Kopf, der kleine Kopf rückte ferner, immer ferner, weiter und weiter hinaus auf die Flussmitte zu, wurde immer kleiner, war jetzt nur noch der Kopf eines frisch geworfenen Welpen. Dann außer Sicht. Nein, noch da, aber immer ferner rückend.

Bill Hod brüllte, der Wind trug seine Stimme landeinwärts bis zum Handwagen, zu Frances Jackson und Abigail Crunch, eine wütende Stimme: »Wehe ich - muss dich - da rausholen - komm zurück ⦫

War das Köpfchen noch da? Ja, und jetzt kam es zurück, ganz ganz langsam. Sie dachte: Er hätte nie - wieso hat der Mann da â¦

Dann, endlich, griff Bill Hod nach unten und zog Link hoch auf den Kai. Und Bill Hod schlug ihm ins Gesicht. Sie konnte den Schlag hören, er schlug nochmal zu und nochmal, sagte: »Wenn du noch ein Mal« - klatsch - »sowas machst« - klatsch - »mach ich dich alle« - klatsch - »endgültig« - klatsch.

Niemand hatte Link je geschlagen. Weder sie noch der Major. Sie wollte über die Straße laufen, dachte: Woher nimmt der das Recht, dieser Mann mit dem Henkergesicht. Frances Jacksons Hand hielt sie zurück, diese Kraft in der schmalen knochigen Hand, diese Entschlossenheit in der Hand, die sie festhielt hinter dem Handwagen, hinter Kartoffeln und Salatköpfen und Grünkohl.

Frances sagte: »Abbie - nicht. Du hast nicht mehr das Recht, dich einzumischen. Link lebt seit drei Monaten da in der Kneipe - seit drei Monaten. Abbie, hör auf mich ⦫

Einmal waren sie nachmittags in die Last Chance gegangen, um Link zu holen, aber er war weggelaufen, hatte sich unter der Theke verkrochen und gebrüllt: »Ich will da nicht wieder hin. Ich will da nicht wieder hin.«

Sie sah sich und Frances noch, wie sie Link auf Händen und Knien anflehten, versuchten ihn unter der Theke der Last Chance hervorzuziehen. Und wie Bill Hod dabeistand und zusah, ohne ein Wort zu sagen, nur die Hände in die Hüften stemmte und zusah. Sein Gesicht? Sie hatte ihm nicht ins Gesicht sehen können. Woher wusste sie dann, dass er innerlich lachte, warum war sie so sicher, dass er dachte: Die alte Jungfer Totengräber und die Witwe sind hier in meiner Kneipe. Vermutlich wegen der Art, wie er an der Theke lehnte und ihnen zusah. Er machte ihr bewusst, was für ein lächerliches Bild sie abgaben: Eine kleine füllige und eine lange dürre Frau versuchen, einen achtjährigen Jungen unter einer Theke hervorzuziehen, und kriegen ihn nirgends zu fassen, rudern auf Händen und Knien mit den Armen, rudern, wollen irgendetwas greifen - Hose, Beine, Turnschuhe, Hemd; aber er krabbelt immer wieder weg.

Frances erklärte das Ganze schließlich für unmöglich. Sie stand auf, wischte sich die Hände ab und sagte: »Mr. Hod, ich will mit Ihnen reden.«

Frances erteilte gewohnheitsmäßig Befehle und hatte gewohnheitsmäßig Umgang mit Hinterbliebenen und Trauernden, mit Panischen und Verängstigten, deshalb wusste sie besser als Abbie, wann man sich lieber zurückzog und wann man vorpreschen konnte, und beides beherrschte sie mit Würde. Aber als sie jetzt wieder aufstand und an ihrem Rock hinuntersah, war sie verblüfft. Abbie wusste warum. Auf Frances dunklem Rock war kein Schmutz, kein Stäubchen. Der Boden hinter der Theke der Last Chance war staubfrei, schmutzfrei.

Damals war Link acht Jahre alt gewesen. Jetzt war er sechsundzwanzig und arbeitete in der Last Chance. Hinter der Theke. Bill Hod hatte gewonnen - mühelos, einfach so.

Jedes Mal, wenn sie in die Dumble Street einbog, stellte Abbie sich dieselbe Frage: Wäre Link nicht adoptiert, sondern ihr eigenes Kind gewesen, hätte sie ihn dann auch drei Monate lang vergessen, vergessen können, drei ganze Monate lang?

Manchmal schob sie alles auf die Straße, die jetzt gerade, an einem milden Oktobermorgen, nichts als Sonnenlicht und Schatten war - ein kompliziert gemusterter Schatten von den jungen Ulmen, ein dichterer Schatten mit schlichterem Muster beim alten Ahorn, kurz vorm Ende des Häuserblocks; der Schatten zeichnete die scharfen Umrisse der Backsteingebäude weich und kaschierte die Trostlosigkeit der einstöckigen Holzbohlenhäuser, das Sonnenlicht brachte das Gelbgrün der Ulmen, das Orangerot des Ahorns zum Leuchten und das Mattgrau des Kais zum Glänzen. Nein, dachte sie, an der Straße lag es nicht. Schuld war Abbie Crunch. Hätte sie nicht sich selbst beschimpft: Mörderin, Mörderin, hätte sie sich nicht als Kronzeugin gegen sich selbst aufgespielt, sich selbst zum Tode verurteilt, ihren eigenen Tod gewollt und Link darüber vergessen, so vergessen, als hätte es ihn nie gegeben, dann hätte sie ihn nicht verloren.

Sie hatte den Fluss nicht ansehen wollen, aber sie hatte kurz zum Kai geschaut, und von da war ihr Blick weitergewandert. Sie blieb stehen und betrachtete ihn jetzt doch. Der Wye war kornblumenblau, ritterspornblau im Sonnenlicht; an der blauen Oberfläche tauchten unentwegt kleine weißgeränderte Schaumwellen auf und verschwanden wieder - ein glitzernd blauer Fluss direkt am Ende der Straße, ein schöner Fluss. Auch die Straße war schön. Sie fiel sanft zum Fluss hin ab. Aber die Schilder an den Häusern zerstörten jede Anmutung von Schönheit. Das Neonschild an der Last Chance, das scheußlich rot in der Sonne leuchtete - also war Link schon bei der Arbeit. Auch die anderen Schilder: Zimmer zu vermieten, Untermieterin gesucht, Haarglättung nach v, Kool-Aid Brausepulver hier gratis, Heizung extra, Zimmer eineinhalb Dollar die Nacht. Zimmer. Zimmer.

Sie wusste noch, wie Mrs. Sweeney das Schild Zimmer zu vermieten in ihrem Fenster durch Zimmer für Weiße ersetzt und zu ihrer Rechtfertigung erklärt hatte, es seien zu viele Farbige auf Zimmersuche, sie werde mit ihrer Arbeit nicht fertig, weil andauernd die Türglocke gehe. »Das soll nur Zeit sparen«, hatte sie gesagt, »meine und die von denen.«

Mrs. Sweeneys Schild war längst durch ein ganz anderes, viel größeres ersetzt worden: »Masters University - Kirche der Metaphysischen und Spirituellen Wissenschaften - Offenbarung von sonderbaren Geheimnissen der unsichtbaren Lebens-, Zeit- und Naturkräfte. Göttlicher Segen - Heilung für Körper und Geist. Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich. Höret die Stimme des Herrn durch Dr. H. H. Franklin Longworth, F.M.B....

mehr

Autor

Ann Petry (1908-1997) war Journalistin, Pharmazeutin, Lehrerin und Gemeindeaktivistin. Ihre drei Romane, zahlreichen Kurzgeschichten, journalistischen Texte und Kinderbücher beschäftigen sich mit Rassismus in all seinen Facetten.The Streetwar der erste Roman einer afroamerikanischen Frau, der sich über 1,5 Millionen Mal verkaufte.