Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die Löwen von Sizilien

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
1008 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am19.10.2022
Palermo, Ende des 19. Jahrhunderts: Der Handel mit Marsalawein ermöglichte den Florios einen kometenhaften Aufstieg zur einflussreichsten Familie Siziliens. In dritter Generation führt nun Ignazio Florio das Unternehmen. Sein Leben dient allein dem Erfolg - er verzichtete sogar auf die große Liebe, um eine Standesehe einzugehen. Ganz anders sein gleichnamiger Sohn, dem seine Gefühle für die schöne Franca viel wichtiger sind als das Geschäft. Doch dann stirbt der Patriarch plötzlich, und der junge Ignazio muss von heute auf morgen die Geschicke des Hauses Florio leiten ...

Stefania Auci wurde in Trapani, Sizilien, geboren und lebt in Palermo. Nach ihrem Studium hat sie zunächst in einer Rechtsanwaltskanzlei und dann als Lehrerin gearbeitet, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Mit ihrer Familiensaga »Die Löwen von Sizilien« gelang ihr einer der größten Bestseller der letzten Jahre in Italien.
mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextPalermo, Ende des 19. Jahrhunderts: Der Handel mit Marsalawein ermöglichte den Florios einen kometenhaften Aufstieg zur einflussreichsten Familie Siziliens. In dritter Generation führt nun Ignazio Florio das Unternehmen. Sein Leben dient allein dem Erfolg - er verzichtete sogar auf die große Liebe, um eine Standesehe einzugehen. Ganz anders sein gleichnamiger Sohn, dem seine Gefühle für die schöne Franca viel wichtiger sind als das Geschäft. Doch dann stirbt der Patriarch plötzlich, und der junge Ignazio muss von heute auf morgen die Geschicke des Hauses Florio leiten ...

Stefania Auci wurde in Trapani, Sizilien, geboren und lebt in Palermo. Nach ihrem Studium hat sie zunächst in einer Rechtsanwaltskanzlei und dann als Lehrerin gearbeitet, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Mit ihrer Familiensaga »Die Löwen von Sizilien« gelang ihr einer der größten Bestseller der letzten Jahre in Italien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641243180
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum19.10.2022
Seiten1008 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2850 Kbytes
Artikel-Nr.9098739
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



C hiurma, sarpatu, chiummo, càmmara, coppu, bastardedda, panaticu, rimiggiu.

Wörter aus einem Dialekt, wie er bis heute von Menschen auf der schmetterlingsförmigen Insel Favignana gesprochen wird, Wörter, die nach Witterung und Mühen klingen.

Während des Winters wurden auf den schwarzen Fangbooten die Ritzen verstopft und der Boden mit Pech versiegelt - das sogenannte Kalfatern -, die Netze wurden geflickt und verstärkt. Die Tonnara beginnt nach dem Fest des Heiligen Kreuzes im Mai. Die Anker werden nach den Koordinaten, die der Rais nach Prüfung der Winde und der Meeresströmungen herausgibt, gesetzt; dazu stimmt man Gebete an U´ Patri Crucifissu - dem allerheiligsten Gekreuzigten -, an die Maria des Rosenkranzes, das Unbefleckte Herz Mariens sowie an Santu Parti, San Francesco da Paola, den Schutzpatron der Seeleute und Fischer, an. Herr der Tonnara ist der Rais, der Anführer der chiurma, also der Thunfischfänger, die bereits als junge Männer die Schiffe besteigen und sie erst wieder verlassen, wenn das Alter, der Tod oder das Meer es verlangen.

Der Rais liest den Wind und das Wasser, und er befiehlt den Beginn (calata) und das Ende (sarpatu) der Tonnara.

Zusammen mit den Ankern werden auch der chiummo und die rusazzi versenkt, eine Kette und mehrere Quader aus dem Tuff von Favignana, Ankersteine, die dafür sorgen, dass die sogenannte isula, also die Reuse der Tonnara, stabil bleibt. Und tatsächlich werden die Netze, wenn die Thunfische hineinschwimmen und um ihr Leben kämpfen, oft zerrissen und die Taue zerfetzt.

Die isula ist in Kammern aufgeteilt; die Thunfische werden zunächst mittels einer custa, eines langen und hohen Netzes, das ihnen den Weg versperrt, zum Eingang, der vucca ´a nassa, gelenkt. Ihre Türen sind handgeknüpfte Netze; es gibt verschiedene Kammern, so die càmmara di punenti, die càmmara di levanti, die wiederum mit der càmmara granni und der sogenannten urdunaru verbunden sind. Ganz unten gibt es keine Netze. Die einzige Kammer, die an fünf Seiten Netze hat, ist die coppu, die Todeskammer. Wenn sie die càmmara di punenti durchquert haben, kommen die Thunfische in die bastardedda, die Vorkammer der coppu. Wird dann endlich die Tür - auch sie aus Fischernetzen gefertigt - angehoben, stürzen sich die Thunfische, durch die immer enger werdenden Maschen aufgepeitscht, auf der Suche nach einem Weg nach draußen direkt in die Todeskammer.

Am Tag zuvor haben die Tonnaroti gebetet, sie haben den Namen Jesu angerufen und ihn angefleht, der Fischfang möge eine reiche Ausbeute haben und der panaticu, also der Lohn, ausreichend sein, um die Familie zu versorgen, weil es auch einen migghiurato, eine Art Prämie, geben würde.

Am Tag des Fanges positionieren sich die varcazzi, die Langboote, paarweise seitlich des quadratu, des aus dem Wasser ragenden Teils der Todeskammer; dann schließen sie zusammen mit den parascarmi, den kleineren Booten, und den vascetti, langen und gewaltigen Booten mit schwarzem Rumpf, den quadratu ab. Sie sind immer paarweise unterwegs, eines in Luv und eins in Lee.

Direkt vor der Mattanza wird noch einmal gebetet. Es werden die scialome angestimmt, Gesänge, die sich an den heiligen Petrus richten und gegen ein geiziges, feindseliges Meer wüten.

Dann beginnt man am coppu, also an der Todeskammer, mit Armkraft zu ziehen, während sich Meerwasser mit Schweiß vermischt und die Thunfische zappeln, weil ihnen der Raum fehlt, Luft, Wasser. Die Netze - schwer vom Wasser, von den Fischen zerfetzt - werden im Inneren der Boote befestigt. Dann treten auf den Booten die rimiggiu in Aktion, eine Gruppe Fischer mit kräftigem, muskulösem Körperbau, deren Aufgabe es ist, die Thunfische zu harpunieren und sie mithilfe der spetta, eines langen, tödlichen Hakens, an Bord zu hieven.

Es ertönt das Signal. Mit Stangen, mit corchi und maschi, besonderen Harpunen, die für den Thunfischfang hergestellt werden, wird nach den Thunfischen ausgeholt, die mittlerweile nur noch knapp unter der Meeresoberfläche sind und mit gewaltigen Schlägen nach den Booten ausholen, sich gegenseitig rempeln. Das Meer wird rot von ihrem Blut. Die Tiere schreien, und ihre Laute übertönen das Schreien und Rufen der Fischer, die sich gegenseitig Mut machen. Die Fische suchen nach Auswegen, sie winden sich, doch die Fischer durchbohren sie und hieven sie mit bloßen Armen in die Boote, halten sie an den Rückenflossen fest, während die Harpunen ihr Fleisch, die Augen, das Maul zerfetzen. Die Fische leben noch, wenn sie auf dem Boden der Boote ankommen, doch bei der Rückkehr in den Hafen werden sie tot sein, ihr Blut mit Eimern voller Seewasser abgewaschen.

Bei der Mattanza hat man Respekt für den Thunfisch, doch Erbarmen gibt es nicht.

Als die Kutsche an einem bleigrauen Morgen im Juni des Jahres 1877 in der Nähe der Gießerei Oretea hält, werden die Gittertore gerade erst geöffnet. Unter den von Damiani Almeyda entworfenen Metallgewölben werden schrille und unflätige Schreie laut. Die Stimmen steigen zum metallenen Giebeldach empor, das mit kleinen Voluten geschmückt ist, und dringen durch die schweren Glasscheiben der Fenster bis ins Innere. Der Architekt hat die massive und grobe Gestalt der ursprünglichen Gießerei verfeinert und ihre Funktionalität verbessert.

Gruppen von Männern und Jünglingen in Arbeitskleidung sitzen auf dem Boden oder lehnen sich an die Mauern, sie plaudern oder diskutieren. Manche beißen in ein Stück Brot.

Die haben nicht die geringste Absicht, zur Arbeit anzutreten, denkt Ignazio.

Plötzlich baut sich ein gedrungener Mann mit krummer Nase und grauem, stoppeligem Haar vor den Gittertoren auf. Er breitet die Arme aus und schreit: »Ma che è? Vero vuliti travagghiari pi´ uno chi ni leva i picciuli chi n´attoccano e ni fa jiccari u´ sangu? Wollt ihr wirklich für einen arbeiten, der euch bis aufs Blut ausbeutet?«

Seine Stimme hallt bis ans Ende der Straße wider und bringt alle zum Verstummen.

Ignazio kennt den Mann. Er ist Schweißer, einer von denen, die - bis vor zwei Tagen noch - in der Werft Schiffe repariert haben und sich seit gestern weigern, die Gießerei zu betreten, weil sie erfahren haben, dass ihnen der sogenannte quarto di campagna, eine kleine Zulage, nicht mehr zusteht. Unter den Arbeitern gab es sofort Aufruhr, ihre Wut hat sich verbreitet wie ein Lauffeuer. An einem bestimmten Punkt musste sogar die Obrigkeit eingreifen. Am Abend des zweiten Tages haben die Verantwortlichen der Gießerei beschlossen, allein Ignazios Anwesenheit könne die Situation ändern, und ihn angefleht, gleich am nächsten Morgen, zur Öffnung der Gittertore, zur Gießerei zu kommen.

Der Schweißer schimpft weiter über die Herren der Gießerei, die ihnen nicht einmal mehr ins Gesicht schauen könnten und von nichts Ahnung hätten.

Ein Chor der Zustimmung - »Veru è! Wie wahr!« - erhebt sich aus der Menge und übertönt die Tirade des Mannes. Manche stürzen auf die Gittertore zu, schließen sie und beginnen auf die Mauern der Gießerei einzuschlagen. Innerhalb weniger Sekunden pulsiert die Straße vor Lärm, vor wütenden Schreien, und eine Spannung liegt in der Luft, die nach Schweiß und Eisen riecht. Dutzende von Arbeitern schlagen mit den Fäusten an die Mauer, sie schreien, dass sie sich nicht ausrauben lassen wollen, dass diese Arbeit für sie und ihre Familien ihr täglich Brot sei, man in der Tat von ihnen verlange, »an glatten Wänden hochzusteigen«, um ihre Arbeit zu machen, und dass sie niemals aufbegehrt hätten, aber jetzt ...

In genau diesem Moment beschließt Ignazio, aus der Kutsche zu steigen.

Er tut es in allergrößter Ruhe, mit erhobenem Haupt, den Hut in der Hand. Voller Gleichmut geht er in Richtung Eingang.

Es ist ein kleiner Junge, der ihn als Erster erkennt. Er zupft seinen Vater am Ärmel. »Papa! Papa! Der Herr! Das ist Don Ignazio!«

Der Mann dreht sich um, reißt die Augen auf und nimmt die Mütze ab, drückt sie an seine Brust. »Don Ignazio, assabbinirìca, willkommen«, begrüßt er ihn ehrerbietig und wird rot vor Verlegenheit.

So plötzlich, wie er begonnen hat, ebbt der Aufruhr ab.

Die Menge teilt sich, um ihn durchzulassen, der Schweißer senkt die Arme und tritt zur Seite, als hätte sich sein ganzer Zorn in Luft aufgelöst. Die Gittertore öffnen sich, wenn auch nur handbreit. Einige der Arbeiter nehmen die Kopfbedeckungen ab und mustern Ignazio mit einer Mischung aus Respekt und Furcht. Manche weichen zurück, andere blicken verlegen zu Boden.

Ignazio erwidert die Grüße mit einem Nicken, sagt aber kein Wort.

Manche Blicke jedoch sind alles andere als eingeschüchtert. Er spürt sie an seinem Rücken, nimmt den Groll wahr, kann den Zorn erschnuppern. Es ist ein scharfer Geruch, ähnlich dem von Schießpulver. Die Blicke aus hungrigen Augen folgen ihm bis zum Eingang des...

mehr

Autor

Stefania Auci wurde in Trapani, Sizilien, geboren und lebt in Palermo. Nach ihrem Studium hat sie zunächst in einer Rechtsanwaltskanzlei und dann als Lehrerin gearbeitet, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Mit ihrer Familiensaga »Die Löwen von Sizilien« gelang ihr einer der größten Bestseller der letzten Jahre in Italien.