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Der Sommer der Distelblüten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am15.03.2023
Ein Sommer in Schweden, eine Pension am Meer und eine Begegnung, die sie noch Jahrzehnte später im Herzen trägt ...
Wer sein Herz öffnet, riskiert auch, verletzt zu werden. Diesen schlauen Spruch hat Ebba am eigenen Leib erfahren. Ihre Ehe ist am Ende - genau wie ihre Karriere als Beziehungskolumnistin. Denn wer will schon Beziehungstipps von einer geschiedenen Mittvierzigerin? Und nun soll ausgerechnet sie eine Frau interviewen, die 60 Jahre lang glücklich verheiratet war! Ebba reist nach Nordschweden, in ein kleines Dorf und trifft dort Veronika, die mit 79 Jahren immer noch eine eindrucksvolle Erscheinung ist. Doch die große Liebe, von der sie erzählt, ist nicht ihr verstorbener Mann ...
Ihre Geschichte berührt Ebba zutiefst: Was geschah wirklich im Sommer 1955? Woran scheiterte Veronikas große Liebe? Und: Kann Ebba ihrer neuen Freundin einen letzten Wunsch erfüllen?

Sara Paborn, 1972 in Sölvesborg geboren, war früher in der Werbebranche tätig und lebt heute als Autorin in Stockholm. 2009 veröffentlichte sie ihr Debüt. Ihr Überraschungsbestseller 'Beim Morden bitte langsam vorgehen' ist ihr vierter Roman; damit ist Sara Paborn erstmals auf Deutsch zu entdecken.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEin Sommer in Schweden, eine Pension am Meer und eine Begegnung, die sie noch Jahrzehnte später im Herzen trägt ...
Wer sein Herz öffnet, riskiert auch, verletzt zu werden. Diesen schlauen Spruch hat Ebba am eigenen Leib erfahren. Ihre Ehe ist am Ende - genau wie ihre Karriere als Beziehungskolumnistin. Denn wer will schon Beziehungstipps von einer geschiedenen Mittvierzigerin? Und nun soll ausgerechnet sie eine Frau interviewen, die 60 Jahre lang glücklich verheiratet war! Ebba reist nach Nordschweden, in ein kleines Dorf und trifft dort Veronika, die mit 79 Jahren immer noch eine eindrucksvolle Erscheinung ist. Doch die große Liebe, von der sie erzählt, ist nicht ihr verstorbener Mann ...
Ihre Geschichte berührt Ebba zutiefst: Was geschah wirklich im Sommer 1955? Woran scheiterte Veronikas große Liebe? Und: Kann Ebba ihrer neuen Freundin einen letzten Wunsch erfüllen?

Sara Paborn, 1972 in Sölvesborg geboren, war früher in der Werbebranche tätig und lebt heute als Autorin in Stockholm. 2009 veröffentlichte sie ihr Debüt. Ihr Überraschungsbestseller 'Beim Morden bitte langsam vorgehen' ist ihr vierter Roman; damit ist Sara Paborn erstmals auf Deutsch zu entdecken.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641271145
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum15.03.2023
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1636 Kbytes
Artikel-Nr.9098777
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Was für ein ungewöhnlicher Leserbrief. Ich sitze im Wartezimmer der Praxis und blättere in einer Zeitschrift. Sofort springt mir die Überschrift »Denkt meine Jugendliebe noch an mich?« in der Kolumne »Frag das Medium« ins Auge. Unterschrieben ist der Brief mit den Worten »Eine Träumerin«. Der ernste, erhabene Ton des Leserbriefs steht in starkem Kontrast zu dem Sammelsurium von Rezepten und praktischen Tipps zum Überwintern von Hyazinthenzwiebeln wie in solch einer Zeitschrift üblich. Mit wachsendem Interesse lese ich:

Liebe Monica,

ich schreibe Ihnen, weil ich in den vergangenen Monaten immer wieder verstärkt an einen jungen Mann habe denken müssen, mit dem ich im Sommer 1955 eine kurze, heftige Liebesbeziehung verband. Er studierte Kunst und war für einige Wochen Pensionsgast bei meiner Mutter auf der Halbinsel Bjärehalvön. Wir wurden damals unter ziemlich dramatischen Umständen voneinander getrennt, und ich habe ihn seither nie wiedergesehen.

Nun verhält es sich so, dass mein Mann vor gut einem Jahr gestorben ist. Wir waren sechzig Jahre lang verheiratet und haben ein schönes, erfülltes Leben miteinander verbracht, obwohl unsere Ehe kinderlos blieb. Währenddessen habe ich kaum jemals an den anderen gedacht. In der letzten Zeit aber schweifen meine Gedanken immer häufiger zu ihm. Er erscheint sogar nachts in meinen Träumen. Was kann das bedeuten? Versucht er vielleicht, mit mir Verbindung aufzunehmen, oder ist das doch nur ein »Hirngespinst« meinerseits? Was raten Sie mir? Ich bin neunundsiebzig Jahre alt.

Für eine baldige Antwort wäre ich dankbar.

Eine Träumerin

Unter dem Leserbrief ist die - gelinde gesagt erstaunliche - Antwort des Mediums abgedruckt. Auf dem dazugehörigen Foto ist eine rundliche Dame mit Pausbäckchen und Tiara zu sehen:

Liebe Träumerin,

Ihre einstige Liebe ist noch am Leben! Ich sehe ganz deutlich einen gut aussehenden Mann mit nunmehr grauem Haar vor mir. Er trägt ein hellblaues Hemd und winkt fröhlich. Menschen, die sich einmal sehr nahegestanden haben, können manchmal, selbst Jahre später, noch seelisch miteinander verbunden sein. Es kommt also durchaus vor, dass man spürt, wenn der andere in Schwierigkeiten ist und die Hilfe des anderen benötigt. Es könnten aber auch unverarbeitete Gefühle Ihrerseits dahinterstecken. Warum haben Sie sich getrennt? Sie schreiben, dass Sie unter ziemlich dramatischen Umständen voneinander getrennt wurden. Vielleicht müssen Sie diesen erst einmal auf den Grund gehen, um Ihren Seelenfrieden zu finden? Wissen Sie, wo Ihre Jugendliebe heute lebt? Falls nicht, können Sie ihn vielleicht einfach im Internet googeln. Ich wünsche Ihnen viel Glück!

Herzliche Grüße,

Monica

Ich nehme zuerst gar nicht wahr, dass mein Therapeut mich aufruft. Ich bin ganz ergriffen. Sechzig Jahre! Und dann dieser Brief an eine völlig fremde Person, der sie noch nie zuvor begegnet ist. Wenn das Medium nun erwidert hätte: Er hat Sie längst vergessen. Hat sich sowieso nie besonders für Sie interessiert. Und gestorben ist er auch schon.

Widerwillig lege ich die Zeitschrift beiseite und gebe Joar die Hand. Wir hatten noch nicht oft das Vergnügen, aber er ist schon wie ein alter Bekannter für mich. Vielleicht bin ich ihm ja als Jugendliche mal auf einem Festival begegnet. Seine dunklen Locken, die ihm bis zum Kinn reichen, die leicht gebeugte Haltung, die engen schwarzen Jeans und dieser unglaublich warmherzige Augenausdruck sind mir angenehm vertraut. Er hält mir die Tür zu seinem Zimmer auf, das Platz für zwei blaue Sessel und einen ausladenden Schreibtisch bietet. Sonnenlicht fällt auf den kleinen Tisch aus Furnierholz mit der obligatorischen Box Papiertaschentücher. Joar holt eine bereits beunruhigend dicke Akte hervor und setzt sich. Sein Schlüsselbund am Hosenbund klimpert.

»Und, wie geht es Ihnen so?« Er sieht mich freundlich an.

»Beschissen!«, erwidere ich.

Joar lächelt.

»Haben Sie die Entspannungsübungen gemacht, die wir besprochen haben?«

»Ja, aber es fällt mir schwer, mich darauf zu konzentrieren. Ich bemerke auch gar keinen Unterschied. Ich habe das Gefühl, es ist zwecklos.«

Ich rutsche unruhig auf dem Sessel hin und her.

»Es muss aber nicht alles zwecklos sein, nur weil es sich so anfühlt«, schärft Joar mir ein. »Die Übungen zeigen erst nach mehreren Wochen Wirkung. Es ist wichtig, dass Sie dranbleiben! Sonst werden wir nie erfahren, ob sie helfen.«

Ich beäuge ihn skeptisch. Joar ist noch jung, erst so um die dreißig, aber vollkommen in sich gefestigt. An den Wänden seines Behandlungszimmers hängen Kunstdrucke. Sein Schreibtisch ist vorbildlich aufgeräumt. Auf einem Flipchart sind Dreiecke abgebildet, darüber der Text Automatische Gedanken.

»Existiert dieses Geräusch überhaupt? Oder ist das pure Einbildung?«, frage ich.

»Sie hören es, also existiert es. Das stimmt doch, oder?« Joar betrachtet mich aufmerksam. »Manche Menschen stören sich schon enorm an einem leisen Geräusch, andere wiederum hören einen lauten Ton, der sie gar nicht weiter beeinträchtigt. Nur die persönliche Wahrnehmung ist entscheidend.«

Er blättert in der Akte auf seinem Schoß. Ich suche Joar aus so vielen Gründen auf, dass jedes Gebiet einen eigenen Reiter für sich beansprucht. Der Tinnitus ist vermutlich das geringste meiner Probleme. Da sind auch noch meine Schuldgefühle, weil ich Tom verlassen und Oskar zum Scheidungskind gemacht habe. Meine Liebe zu Erik und die Trennung von ihm. Meine darauffolgende öffentliche Demütigung. Die Trauer über den Verlust des besagten Erik. Meine latenten Depressionen. Und dazu die Ängste wegen meiner freiberuflichen Arbeitsaufträge beziehungsweise ihrem Ausbleiben. Der Tinnitus ist da eher das Sahnehäubchen obendrauf.

»Seit Ihrem letzten Besuch habe ich mich mehr über den Tinnitus informiert«, sagt Joar mit einem Kopfnicken. »Viele sind ja der Ansicht, das ist ein neuzeitliches Phänomen wegen zu hoher Lärmbelästigung, aber das gibt es wohl schon seit Anbeginn der Menschheit. Ich bin da auf ein paar interessante Aspekte gestoßen. Darunter auch auf eine Schrift über eine medizinische Behandlungsmethode aus dem alten Ägypten. Damals goss man dem Leidenden ein spezielles Öl ins Ohr. Man glaubte, im Ohr wohne ein böser Dämon.«

Joar zieht ein Blatt Papier aus einem Stapel.

»Und nach Aristoteles´ Theorie war der Tinnitus ein Wind, der im Ohr gefangen war und nicht wieder herausfand. Den Betroffenen wurden übernatürliche Fähig­keiten zugeschrieben. Sie könnten irgendwelche Sachen spüren, durch die Zeit reisen und dergleichen. Es galt mit anderen Worten irgendwie als cool. Die Behandlung war allerdings weniger effektiv. Man bohrte einfach ein Loch in den Schädel des Betroffenen, damit der Wind wieder entweichen konnte. Natürlich starb der Patient. Deshalb macht man das heute auch nicht mehr, also Löcher bohren.«

Joar lächelt so breit, dass die Lücke zwischen seinen Schneidezähnen deutlich zu sehen ist.

»Möchten Sie eigentlich etwas trinken? Es ist ganz schön heiß hier drinnen.«

Er schenkt mir ein Glas Wasser aus einer Karaffe ein.

Joar ist verlobt, er trägt einen schlichten Goldring am Finger. Im Herbst wird er Vater. Ich halte ihn für einen glücklichen Menschen. Zumindest erweckt er diesen Eindruck. Vermutlich gehen seine Freundin und er sehr rücksichtsvoll miteinander um. Hören dem anderen zu. Erheben nie grundlos dem anderen gegenüber die Stimme, geben einander Sicherheit und Geborgenheit. Ob Joar wohl auch irgendwo eine alte Flamme hat, die im Hintergrund herumspukt? Aber nein, das kann ich mir kaum vorstellen. Und falls er eine gehabt hätte, hätte er die Angelegenheit mittlerweile sicherlich mit ihr geklärt. Joar zieht es vor, im Hier und Jetzt zu leben, er ist nicht der Typ, der über alten Geschichten brütet. Er trifft Entscheidungen.

Während unserer Sitzungen mache ich mir Notizen, die ich dann später an »sicheren« Orten deponiere. Dahinter steckt die Idee, sie wieder hervorzukramen, wenn ich plötzlich Lust dazu verspüre, und die Ratschläge in die Tat umzusetzen, wenn ich sowieso gerade nichts Besseres vorhabe, als ziellos durch die Wohnung zu schlendern. Aber es ist etwas anders gekommen als gedacht. Ich vergesse regelmäßig, wo ich die Notizen hingelegt habe, so wie ich auch fast alles andere vergesse. Aber manche Sprüche kenne ich sowieso in- und auswendig:

In der Ruhe liegt die Kraft.

Warten, bis der Sturm sich legt und einen sicheren Hafen anlaufen.

Handle nie impulsiv.

Betrachte die Angelegenheit von außen.

Die Zeit heilt alle Wunden.

Diese Merksätze sind kleine Hoffnungsschimmer, die mich immerhin für einen flüchtigen Moment glauben lassen, dass auch wieder bessere Zeiten kommen werden. Leider aber lässt ihre Wirkung häufig schon nach, sowie ich aus der Praxistür bin. Und ich weiß auch nicht, wie ich diese Ratschläge in mein Leben integrieren soll. Das Gebiet zwischen Herz und Verstand ist so unwegsam. Und die Wege in meinem Inneren sind so ausgelatscht, dass jeder Versuch, Berge zu versetzen, um mir neue Wege zu erschließen, mir unmöglich erscheint. Trotzdem habe ich hier, in Joars kleinem Behandlungszimmer, manchmal das Gefühl, dass Veränderungen möglich wären.

Joar nimmt eine Broschüre von seinem Schreibtisch.

»Frisch aus...
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Autor

Sara Paborn, 1972 in Sölvesborg geboren, war früher in der Werbebranche tätig und lebt heute als Autorin in Stockholm. 2009 veröffentlichte sie ihr Debüt. Ihr Überraschungsbestseller "Beim Morden bitte langsam vorgehen" ist ihr vierter Roman; damit ist Sara Paborn erstmals auf Deutsch zu entdecken.