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Feuervogel

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am14.12.2022
Eine Liebesgeschichte in drei Akten: Lydia Lopokova und John Maynard Keynes - zwei der brillantesten und ungewöhnlichsten Figuren des 20. Jahrhunderts.
Winter 1921, die Bohème von Bloomsbury wird aufgemischt, denn die Ballets Russes bringen eine extravagante neue Produktion auf die Bühne des Londoner Alhambra Theaters - mit der extrovertierten russischen Tänzerin Lydia Lopokova in der Hauptrolle. Im Publikum: John Maynard Keynes, der angesehene Ökonom, obwohl er sich wenig von dem Abend verspricht. Denn trotz Lydias zahlreicher Triumphe, darunter die Titelrolle in Strawinskys »Feuervogel«, hält Maynard sie für eine »miserable Tänzerin«. An diesem Abend jedoch ist er von ihrer Darbietung gerührt, und der Mann, der bislang ausschließlich homosexuelle Liaisons hatte, verliebt sich unsterblich in die Primaballerina.
Ihre unwahrscheinliche Affäre, dann ihre unerwartete Heirat in London im Jahr 1925, die ganz England erstaunt und bewegt, wird zur überraschendsten Liebesgeschichte ihrer Zeit.

Susan Sellers ist Professorin für Englische Literatur und Kreatives Schreiben an der University of St. Andrews, Schottland. Ihre akademische Forschung zur Bloomsbury Group findet sich in ihren Romanen wieder. Ihr Debüt »Vanessa and Virginia« wurde in über 15 Sprachen übersetzt und international gefeiert. Mit »Feuervogel« erscheint erstmals ein Werk der Autorin auf Deutsch.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEine Liebesgeschichte in drei Akten: Lydia Lopokova und John Maynard Keynes - zwei der brillantesten und ungewöhnlichsten Figuren des 20. Jahrhunderts.
Winter 1921, die Bohème von Bloomsbury wird aufgemischt, denn die Ballets Russes bringen eine extravagante neue Produktion auf die Bühne des Londoner Alhambra Theaters - mit der extrovertierten russischen Tänzerin Lydia Lopokova in der Hauptrolle. Im Publikum: John Maynard Keynes, der angesehene Ökonom, obwohl er sich wenig von dem Abend verspricht. Denn trotz Lydias zahlreicher Triumphe, darunter die Titelrolle in Strawinskys »Feuervogel«, hält Maynard sie für eine »miserable Tänzerin«. An diesem Abend jedoch ist er von ihrer Darbietung gerührt, und der Mann, der bislang ausschließlich homosexuelle Liaisons hatte, verliebt sich unsterblich in die Primaballerina.
Ihre unwahrscheinliche Affäre, dann ihre unerwartete Heirat in London im Jahr 1925, die ganz England erstaunt und bewegt, wird zur überraschendsten Liebesgeschichte ihrer Zeit.

Susan Sellers ist Professorin für Englische Literatur und Kreatives Schreiben an der University of St. Andrews, Schottland. Ihre akademische Forschung zur Bloomsbury Group findet sich in ihren Romanen wieder. Ihr Debüt »Vanessa and Virginia« wurde in über 15 Sprachen übersetzt und international gefeiert. Mit »Feuervogel« erscheint erstmals ein Werk der Autorin auf Deutsch.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641266356
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum14.12.2022
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4362 Kbytes
Artikel-Nr.9098784
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


An einem Tisch nahe einem Fenster, das auf einen ruhigen kleinen Londoner Park hinausgeht, sitzen vier Männer, alle um die vierzig, zusammen beim Lunch. Sie sind gerade mit dem Hauptgang fertig - es gab offenbar Lammkoteletts, wie sich an den abgenagten Knochen in erkaltender Bratensoße ablesen lässt, die kreuz und quer auf ihren Tellern herumliegen. Nun warten sie darauf, dass die Köchin den Apfelkuchen mit Vanillesauce zum Nachtisch serviert. Sie füllen die Pause mit ihrer Unterhaltung, die ungezwungen dahinfließt, als ob sie es gewohnt wären, Zeit miteinander zu verbringen.

Drei der Männer wohnen im Haus: der lange, schlaksige in Anzug und Krawatte; der, dessen höher werdende Stirn seinem Selbstbild als Intellektueller schmeichelt, der noch von sich reden machen wird; und der, dessen vollkommene Züge alle, die ihn sehen, zu Vergleichen mit griechischen oder gar indischen Göttern anregen. Der Vierte, dessen üppiger Vollbart seinen Mund umwallt und dessen Augen hinter der Brille spitzbübisch funkeln, wann immer er sich - wie jetzt - bewusst ist, eine geistreiche, wohlformulierte und höchstwahrscheinlich lästerliche Bemerkung vom Stapel gelassen zu haben, ist regelmäßig zu Gast.

Es sind nicht nur die räumliche Nähe und die Gewohnheit, die den Umgang dieser Männer miteinander so entspannt machen, und es ist auch nicht die enge Bindung, die zwischen zweien von ihnen durch die Mitgliedschaft in einem elitären Club in Cambridge, wo sie studiert haben, gewachsen ist; ja, nicht einmal die Tatsache, dass zwei von ihnen Cousins sind. Es sind vielmehr die komplizierten (manche würden sagen: anstößigen) sexuellen Beziehungen, die sie verbinden. Denn drei dieser vier Männer waren Liebhaber, bevor sie Freunde wurden - in einer Dreiecksbeziehung, die zwar nicht frei war von den unvermeidlichen schmerzhaften Enttäuschungen und erbitterten Rivalitäten, die aber auch von intensiven Gefühlen begleitet war, die keiner von ihnen je vergessen wird. Und auch der Vierte ist in dieses komplizierte emotionale Gewebe verwickelt, denn seine Frau ist in den Schönsten der drei verliebt.

Ihre Unterhaltung, während Maynard (im Anzug), Clive mit der hohen Stirn, Lytton mit dem rotbraunen Bart und der göttergleiche Duncan auf den Nachtisch warten, dreht sich um keines dieser Themen - wie nicht anders zu erwarten bei einem zwanglosen Lunch mit alten Freunden an einem unbedeutenden Dezembertag. Stattdessen reden sie über ein neues Ballett, das kürzlich im Alhambra Theatre Premiere hatte. Es handelt sich um The Sleeping Princess, inszeniert vom legendären Sergei Djagilew mit seinen Ballets Russes, dessen frühere Produktionen, darunter der berühmte Feuervogel, die Freunde mit Begeisterung verfolgt und auch - wenngleich sie sich in ihrem Urteil alles andere als einig waren - bewundert haben.

Das überschwänglichste Lob für das neue Werk kommt von Duncan - vielleicht, weil er Maler ist und weil eine von Djagilews zahlreichen Neuerungen darin besteht, dass er Künstler mit der Gestaltung seiner Produktionen beauftragt, mit eindrucksvollen Resultaten, wie sie alle finden. Clive, der ein Buch über Kunst und einen Artikel über das russische Ballett geschrieben hat, und Lytton, dessen Buch in literarischen Kreisen großes Aufsehen erregt hat, urteilen weniger wohlwollend. Maynard, der das Ballett noch nicht gesehen hat und in Gedanken halb bei dem Buch ist, an dem er selbst gerade schreibt, begnügt sich weitgehend mit Zuhören.

»Djagilews Sleeping Princess wirft das Ballett um dreißig Jahre zurück«, nörgelt Lytton mit seiner hohen, schnarrenden Stimme. »Es ist kleinmütig und ohne Zweck und Richtung.«

» Kleinmütig trifft es genau«, bestätigt Clive. Da der Nachtisch immer noch auf sich warten lässt, hebt er die Weinflasche hoch und blickt fragend in die Runde. Als Maynard, der an Wochentagen nur selten Alkohol trinkt, und Lytton, dessen Gesundheit angegriffen ist, ablehnen, schenkt er zunächst Duncan ein und gießt sich dann den Rest aus der Flasche ins Glas. Es ist ein hervorragender Côte de Beaune - ein Geschenk seiner Geliebten Mary -, und es wäre zu schade, ihn verkommen zu lassen.

»Das Aufregende an den Russen«, fährt er fort, während er sein Glas schwenkt und mit Befriedigung die Schlieren betrachtet, die die tiefrote Flüssigkeit an den Wänden des Glases bildet - das Kennzeichen eines guten Jahrgangs -, »war gerade ihre Bereitschaft, auf die übliche leichte Kost aus hübschen Füßchen und noch hübscheren Kleidchen zu verzichten und stattdessen das Zusammenspiel von Musik und Bewegung zu erkunden. Das Ergebnis war vielleicht nicht so unmittelbar ansprechend, aber es erhob das Ballett zu einer Kunstform.«

»Die Wahl von Tschaikowskis Musik war der erste in einer Litanei von Fehlern«, stöhnt Lytton. »Umso unverständlicher, wenn man an die Komponisten denkt, mit denen Djagilew schon zusammengearbeitet hat. Es war kaum mehr als ein Cocktail schmalziger Melodien.« Er verzieht das Gesicht, als ob die Erinnerung ihn schmerzt. »Ich habe ernsthaft befürchtet, mich übergeben zu müssen.«

Clive nickt. »Angeblich hat Strawinsky es überarbeitet, aber es ist schwer zu erkennen, wo.«

»Das Bühnenbild und die Kostüme waren großartig«, ruft ihnen Duncan in Erinnerung. Er kramt in der Innentasche seiner Jacke, die mit Farbe bespritzt ist, obwohl er sie statt des Kittels angezogen hat, ehe er sich zu Fuß von seinem nahegelegenen Atelier auf den Weg zu seinen Freunden machte, und zieht einen Notizblock und einen Bleistift hervor. »Man munkelt, die Bühnenarbeiter und die Näherinnen hätten am Ende sechzehn Stunden am Tag gearbeitet, damit alles für die Premiere fertig wurde. Sogar die Kleider der Hofdamen sind handbestickt, und diese Dekoration an der Jacke des Prinzen« - er schlägt seinen Notizblock auf und beginnt ein verschlungenes Muster aus Eichenlaub zu zeichnen - »muss mit Goldfaden genäht sein.«

»Sind die Vorstellungen gut besucht?«, fragt Maynard. Im Gegensatz zu Lyttons Stimme, die manche boshafterweise mit einem Quäken vergleichen, ist seine volltönend und melodisch. »Es muss doch einen Haufen Geld gekostet haben, so eine Produktion auf die Beine zu stellen.«

»Typisch, dass du gleich wieder daran denkst!« Clive kichert, während er das Etikett der leeren Weinflasche studiert und sich fragt, ob die anderen ihn für allzu extravagant halten würden, wenn er noch eine entkorkte.

Maynard lässt die Bemerkung unkommentiert. Nicht wegen Clives ablehnender Haltung gegenüber seiner Karriere als Wirtschaftswissenschaftler - einer Karriere, die in den Augen seiner Freunde allzu viele zusätzliche Verpflichtungen mit sich bringt, von denen sie einige, wie etwa seinen Posten als Schatzmeister des King´s College in Cambridge, als unangemessen und irgendwie erniedrigend für einen der ihren betrachten. Er schweigt, weil diese Karriere zu einem unerfreulichen, zumeist unausgesprochenen Konkurrenzdenken in Gelddingen geführt hat. Während Clive Anteile an den Kohlebergwerken der Familie Bell besitzt, bedeutet sein aufwendiger Bonvivant-Lebensstil in Kombination mit einer eher beiläufig verfolgten Karriere als Schriftsteller, dass sein Einkommen nur selten seinen Vorstellungen entspricht.

Maynard dagegen hat sein Vermögen stetig vermehrt. Neben seinem Universitätsgehalt, den Einkünften aus Buchpublikationen und journalistischen Arbeiten sowie Vergütungen für diverse Vorstands- und Aufsichtsratsposten hat er in großem Umfang Investitionen getätigt, mit denen er erhebliche Gewinne erzielt hat - trotz gewisser Rückschläge, vor allem im Frühjahr 1920, als eine katastrophale Entscheidung, Dollar zu kaufen, ihn vorübergehend an den Rand des Ruins brachte. Seinen Erfolg als Anleger verdankt er zum Teil seinem enzyklopädischen Wissen, zum Teil seiner - angesichts seines konventionellen Auftretens mit Anzug und Krawatte vielleicht überraschenden - Leidenschaft für das Glücksspiel, aber auch seiner rational begründeten, festen Überzeugung, dass Geld nicht untätig bleiben sollte.

Diese Ansicht hat er erstmals in seinen Jahren als Beamter im Londoner India Office formuliert, wo er unmittelbar nach seinem Abschluss an der Universität von Cambridge eine Anstellung fand. Hier gelangte er bald zu der Überzeugung, dass Indien sich schneller entwickeln würde, wenn man die Bevölkerung davon überzeugen könnte, ihre gesparten Rupien lieber zu investieren, statt sie zu horten. Und diese Haltung bestimmt nach wie vor nicht nur seine wirtschaftlichen Prinzipien und seine politische Ausrichtung, sondern auch seinen eigenen Lebensstil. Tatsächlich ist sein Einkommen zu diesem Zeitpunkt - wir schreiben Dezember 1921 - so beträchtlich, dass er schon eine beneidenswerte Sammlung nicht nur von Büchern, sondern auch von modernen französischen Gemälden zusammengekauft hat, darunter Werke von Seurat, Picasso, Matisse, Renoir und Cézanne. Und so ist es sowohl Feingefühl gegenüber Clive als auch der Wunsch, seine Freunde nicht mit einer neuerlichen Verteidigung seiner Karriere vor den Kopf zu stoßen, was ihn dazu bewegt, auf eine Retourkutsche zu verzichten.

»Es wird Djagilew und allen, die mit den Ballets Russes zu tun haben, schweren Schaden zufügen, wenn sie das Geld nicht wieder einspielen können. Ich habe gehört, dass Oswald Stoll ihnen zuerst zehntausend Pfund vorgeschossen hat und dann noch einmal zwanzigtausend, also müssen sie auf einen guten Vorverkauf zählen.«

»Die Vorstellungen waren miserabel besucht.« Clive pflichtet Maynard so prompt bei, als ob er dessen Gedanken gelesen hätte und ihm dankbar...
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Autor

Susan Sellers ist Professorin für Englische Literatur und Kreatives Schreiben an der University of St. Andrews, Schottland. Ihre akademische Forschung zur Bloomsbury Group findet sich in ihren Romanen wieder. Ihr Debüt »Vanessa and Virginia« wurde in über 15 Sprachen übersetzt und international gefeiert. Mit »Feuervogel« erscheint erstmals ein Werk der Autorin auf Deutsch.