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Margarete Steiff

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am24.11.2022Auflage
Margarete ist 27, als sie mit ihren beiden Schwestern eine kleine Näherei gründet. Dass sie ihrer Leidenschaft nachgehen kann, gleicht einem Wunder, denn aufgrund einer Kinderlähmung sitzt die junge Frau seit ihrer Kindheit im Rollstuhl. Aber Margarete sprüht nur so vor Lebensfreude und Tatendrang: Aus der Näherei entwickelt sich ein kleiner Laden, in dem sie Kleidung und Gefilztes vertreibt - und bald schon selbstgenähte Kuscheltiere. Margarete ahnt noch nicht, wie sehr die Stoffteddys mit den großen Augen ihr Leben verändern werden ...  

Kristina Lüding wuchs in einer Kleinstadt in Ostwestfalen auf. Ihr Elternhaus grenzte an einen Wald, in dem sie mehr Zeit verbrachte als in ihrem Kinderzimmer. Inzwischen lebt sie in einem niedersächsischen Dorf, wieder mit einem Wäldchen gleich nebenan. Kristina Lüding ist Mutter von drei erwachsenen Söhnen und Großmutter einer Enkelin.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextMargarete ist 27, als sie mit ihren beiden Schwestern eine kleine Näherei gründet. Dass sie ihrer Leidenschaft nachgehen kann, gleicht einem Wunder, denn aufgrund einer Kinderlähmung sitzt die junge Frau seit ihrer Kindheit im Rollstuhl. Aber Margarete sprüht nur so vor Lebensfreude und Tatendrang: Aus der Näherei entwickelt sich ein kleiner Laden, in dem sie Kleidung und Gefilztes vertreibt - und bald schon selbstgenähte Kuscheltiere. Margarete ahnt noch nicht, wie sehr die Stoffteddys mit den großen Augen ihr Leben verändern werden ...  

Kristina Lüding wuchs in einer Kleinstadt in Ostwestfalen auf. Ihr Elternhaus grenzte an einen Wald, in dem sie mehr Zeit verbrachte als in ihrem Kinderzimmer. Inzwischen lebt sie in einem niedersächsischen Dorf, wieder mit einem Wäldchen gleich nebenan. Kristina Lüding ist Mutter von drei erwachsenen Söhnen und Großmutter einer Enkelin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843728263
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum24.11.2022
AuflageAuflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3310 Kbytes
Artikel-Nr.9123627
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

Giengen a. d. Brenz im Sommer 1874

Margarete saß draußen vor ihrem Elternhaus und ließ sich die Sonne aufs Gesicht scheinen. Sie hatte die Augen geschlossen und genoss den Wind, der aufgekommen war und ihr Haar zerzauste.

Heute war ihr siebenundzwanzigster Geburtstag. Siebenundzwanzig, dachte sie mit einem verhaltenen Seufzen.

Wo war nur die Zeit geblieben?

Ihr war, als wäre es erst gestern gewesen, dass sie bei Doktor Werner und seiner Familie gewohnt hatte. »Das mit deinen Beinen, das bekommen wir schon hin«, hatte er voller Zuversicht gemeint, als er sie zu sich geholt hatte.

Doch er hatte es nicht hinbekommen, genauso wenig wie die anderen Ärzte vor ihm. Es war aussichtslos, das hatte Margarete schon lange vor ihren Eltern begriffen. Sie war gelähmt und würde bis zum Ende ihrer Tage im Rollstuhl sitzen. So war das nun mal. Auch hatte sie sich lange vor ihren Eltern damit arrangiert und beschlossen, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Offenbar hatte der Herrgott dieses Leben für sie vorgesehen.

Bei Doktor Werner und seiner Familie hatte sie eine gute, eine fast himmlische Zeit gehabt. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie sich nicht wie jemand gefühlt, der immerzu bedauert werden musste. Bei den Werners hatte sie ganz selbstverständlich dazugehört, niemand hatte sich daran gestört, dass sie nicht laufen konnte. Sie durfte unbeschwert sein und war sich nicht wie ein Krüppel vorgekommen, der ständig hierhin und dorthin getragen werden musste.

Die Werner-Kinder hatten sie in alles miteinbezogen, als wäre sie ein ganz normales Kind. Und nichts hatte Margarete sich sehnlicher gewünscht, als normal zu sein.

Außerdem durfte sie endlich lernen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, weil sie so schnell begriff und anderen gedanklich immer einen Schritt voraus war. Sie lernte einfach ungeheuer gern, und dass es ihr leichtfiel, dafür musste sie sich doch nicht schämen.

»Was willst du mit all deinem Wissen anfangen, Grete?«, hatte ihre Mutter Maria gefragt. »Was nützt es dir? Wen willst du damit beeindrucken?« Als diente Wissen einzig dazu, jemanden zu beeindrucken.

Margarete hatte sich mehr und mehr angewöhnt, den Mund zu halten, wenn ihr eine Erwiderung auf der Zunge lag. Doch es fiel ihr schwer. Was sie nicht in den Beinen hatte, hatte sie nun mal im Mundwerk.

Mit ihrer Zielstrebigkeit und ihrem Ehrgeiz hatte sie ihre Eltern ein ums andere Mal verblüfft. Zum Beispiel, als sie sich durchgesetzt hatte, die Nähschule zu besuchen. »Nähschule?« Ihre Mutter hatte sie angesehen, als hätte sie behauptet, durch Wände schauen zu können. »Wie soll das mit deinem rechten Arm gehen?«

»Ich hab ja noch den linken.« Ihr rechter Arm war nur sehr eingeschränkt zu gebrauchen, der linke jedoch war kräftig.

Sie hatte die Schneiderlehre bestanden und gemeinsam mit ihren beiden älteren Schwestern eine kleine Näherei in einem der oberen Zimmer im Elternhaus gegründet. Die Frauen in der Nachbarschaft hatten keine Zeit, sich um die zerschlissene Kleidung ihrer Kinder und ihrer Ehemänner zu kümmern.

Nachdem auch ihre zweite Schwester geheiratet hatte und fortgezogen war, betrieb Margarete die Schneiderwerkstatt allein. Was aufgrund ihrer Behinderung - sie nannte es lieber Einschränkung - nicht ganz leicht war. Deshalb hatte ihr Vater vorgeschlagen, ihr einen neuen, breiteren Tisch mit einem eingebauten Schränkchen zu bauen. So lagen die einzelnen Arbeitsschritte nah beieinander, und es war für sie weniger anstrengend.

Im Haus hinter ihr waren die Fenster geöffnet, und ein stetes Hämmern und Sägen war zu hören, das hin und wieder von einem Fluch oder einem Niesen unterbrochen wurde, wenn ihrem Vater Sägespäne in die Nase geraten waren.

Die kleine Marie, ein Nachbarskind, kam angelaufen und kuschelte sich auf ihren Schoß. »Erzählst du mir eine Geschichte? Eine von einer Königin, die sich einen großen Garten wünscht.« Das Mädchen breitete die Arme aus. »So groß soll er sein, der Garten. Ich wünsche mir auch so einen.«

Margarete lächelte. »Wünschst du dir etwa auch, eine Königin zu sein?«

»Hast du dir das nie gewünscht?«

»Nein. Ich wäre immer viel lieber ein Pirat gewesen.«

Mariechen sah sie verwundert an. »Ein Pirat? Aber die verhauen andere.«

»Ich hätte das natürlich nicht gemacht.«

Das Mädchen schmiegte sich an sie. »Nein, du nicht.«

Margarete strich ihr eine blonde Haarsträhne aus der Stirn. »Ich stelle es mir entsetzlich langweilig vor, Königin oder Prinzessin zu sein. Man säße den lieben langen Tag auf dem Thron und müsste anderen dabei zusehen, wie sie sich vor einem verbeugen.«

Mariechen schien die Vorstellung zu gefallen.

»Und man müsste immer artig sein.« Margarete kitzelte sie. »Das wäre doch auch nichts für dich, oder?«

Das Mädchen wand sich kichernd. »Nein. Erzählst du mir jetzt eine Geschichte?«

Im Geschichtenerzählen war sie unschlagbar, genau wie darin, sich für die Kinder in der Nachbarschaft Spiele auszudenken.

Als sie selbst noch ein Kind gewesen war, hatte sie Tag für Tag darum gebeten, vors Haus getragen zu werden. Sie wollte mitten im Geschehen sein. Wenn sie schon nicht mitspielen und mitrennen konnte, so wollte sie wenigstens dabei sein.

Doch sie war nicht nur Spieleerfinderin gewesen, sondern auch Streitschlichterin. »Grete hat aufgepasst, sie hat bestimmt gesehen, dass Peter schon wieder gemogelt hat«, hatte es oft geheißen, wenn der Junge drei statt zwei Kieselsteine in der Hosentasche verschwinden lassen wollte.

Margarete verstand sich auch ausgezeichnet aufs Seelentrösten. Immer hatte sie gewusst, wie sie Mut machen oder besänftigen konnte. Wie man einem stillen, schüchternen Kind genau die richtige Portion Aufmerksamkeit schenkte, damit es aus sich herauskam. Und Margarete war stets für jeden Spaß zu haben.

Könnte sie doch nur Mutter sein und ihrem Kind all die Liebe geben, die sie in sich trug. Doch das war nicht nur ein frommer, es war schlichtweg ein törichter, unnützer Wunsch, der sich nie erfüllen würde.

»Hast du die Geschichte vergessen?« Mariechen sah sie treuherzig an, und sie schüttelte den Kopf.

»Ich musste nur gerade an etwas anderes denken. Also gut. Was hältst du von einer Geschichte über eine Piratentochter?«

Margarete hatte lange erzählt. Auch Leni, Mariechens Freundin, und drei andere Nachbarskinder waren dazugekommen und hatten aufmerksam und gespannt gelauscht.

»Und wenn die Piratentochter nicht gestorben ist, dann lebt sie noch heute«, beendete Leni die Geschichte. »Nicht wahr?«

»So ist es.« Margarete strich ihr übers lockige Haar.

Der siebenjährige Ludwig, der eigentlich nichts übrig hatte für Geschichten und schon gar nicht für welche, in denen Piratentöchter vorkamen, zeigte zum Haus. »Was hämmert dein Vater denn da?«

»Er baut mir einen neuen Tisch, damit ich bald weiterarbeiten kann.«

»Ist dir langweilig?«, fragte er, und sie musste lachen. »Ehrlich gesagt, ja.«

»Langeweile ist grässlich.« Ludwig verzog das Gesicht.

»Es ist schon spät«, sagte sie zu den Kindern. »Ich glaube, ihr solltet heimlaufen.«

Die Haustür wurde geöffnet, und Friedrich Steiff trat heraus. »Hier bist du.« Er kam zu Margarete und blickte einen Moment schweigend in die Ferne. Dann räusperte er sich und wischte die schwieligen Hände an seiner Hose ab. In seinem dunklen Schnauzbart hing eine Spinnwebe. »Dein Tisch ist fertig. Willst du ihn gleich sehen?«

»Und ob! Du hast da was im Gesicht.«

Ihr Vater beugte sich zu ihr, und sie zupfte die Webe heraus.

Er hob sie aus dem Rollstuhl und trug sie ins Haus. Auf der Diele war es angenehm kühl, und Margarete spürte erst jetzt den feinen Schweißfilm auf ihrer Oberlippe.

»Du bist schwer geworden«, meinte ihr Vater, als sie auf der Treppe waren.

»Ich bin kein kleines Mädchen mehr, daran muss es liegen. Und ein Fliegengewicht war ich doch noch nie.«

Ein flüchtiges Grinsen huschte über sein Gesicht.

Er ging mit ihr über den Flur und betrat die Nähstube, deren Tür nur angelehnt war. Ihr Vater trug sie zum Tisch und sah sie erwartungsvoll an. »Und? Was sagst du?«

Der Tisch war aus dunklem, glänzendem Holz und so breit, dass gerade genug Platz war, dass Margarete zu beiden Seiten entlangfahren konnte. Unter dem Tisch befanden sich ein hübsches Schränkchen mit zwei Türen und daneben ein kleines Regal.

»Er sieht prächtig aus! Bist du so gut und setzt mich ab?«

Sie nahm auf dem Tisch Platz und strich mit der gesunden Hand über die Maserung. »Hübsch. Und so ungemein praktisch. Danke, Papa, vielen tausend Dank.«

»Gern geschehen.« Er war verlegen, was sie rührte. »So hast du´s viel leichter.«

»Und ich kann viel mehr schaffen und muss nicht alle ständig vertrösten,...
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