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Magst du die Nacht?

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
224 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am01.02.20231. Auflage
Poetisch und pointiert: Mit diesen Kurzgeschichten für Erwachsene schenkt uns Bestseller-Autorin Karin Kalisa 18 gute Gründe, die Nacht zu mögen. Was hat die Nachtwache im alten Babylon mit dem Dornröschenschlaf einer jungen Frau in Japan zu tun? Das und vieles mehr verrät Karin Kalisa in 18 Streifzügen durch die andere Seite des Tages - von Jule Vernes »Reise zum Mond« über den nachtaktiven japanischen Lurch bis zu den internationalen Nachtzugverbindungen. Unterhaltsam, klug und auf unausgetretenen Pfaden durchschreiten wir das Firmament polaren Lichtspiels, schauen mit Plutarch durchs Fernrohr - und horchen dabei auf die Resonanzen des Nächtlichen in uns selbst. Am Ende wissen wir: Ja, es gibt 18 gute Gründe, die Nacht zu mögen, obwohl sie manchmal dunkler ist als nötig; und zuweilen auch länger. Aber dafür gibt es ja dieses Buch. Karin Kalisas Magst du die Nacht ist die Suche nach Antworten auf eine Frage, die sich allen stellt, die nicht jede Nacht durschlafen. Entstanden sind 18 vielschichtige Kurzgeschichten aus nächtlicher Welten mit überraschenden Perspektiven und erstaunlichen Verknüpfungen. Wer sich für pointierte Kurzgeschichten und Erzählungen begeistert, wird Magst du die Nacht lieben. »Wie Karin Kalisa sanft und doch realistisch von den großen Chancen erzählt, die in unserer Gesellschaft als Schätze vorhanden sind, ganz ohne Kitsch und Süße, das ist ihre große Kunst. Ein starkes, Hoffnung stiftendes Buch.« Neue Bücher (NDR) über Karin Kalisas Roman »Bergsalz«

Karin Kalisa, geboren 1965, lebt nach Stationen in Bremerhaven, Hamburg, Tokio und Wien seit einigen Jahren im Osten Berlins. Sowohl als Wissenschaftlerin als auch mit dem Blick einer Literatin forscht sie in den Feldern asiatischer Sprachen, philosophischer Denkfiguren und ethnologischer Beschreibungen. Nach Karin Kalisas erstem Roman 'Sungs Laden' erschienen ihre Wintererzählung 'Sternstunde' und ihre weiteren Romane 'Radio Activity', Bergsalz' und 'Fischers Frau'. Zuletzt erschien von ihr 'Magst Du die Nacht?'.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR15,99

Produkt

KlappentextPoetisch und pointiert: Mit diesen Kurzgeschichten für Erwachsene schenkt uns Bestseller-Autorin Karin Kalisa 18 gute Gründe, die Nacht zu mögen. Was hat die Nachtwache im alten Babylon mit dem Dornröschenschlaf einer jungen Frau in Japan zu tun? Das und vieles mehr verrät Karin Kalisa in 18 Streifzügen durch die andere Seite des Tages - von Jule Vernes »Reise zum Mond« über den nachtaktiven japanischen Lurch bis zu den internationalen Nachtzugverbindungen. Unterhaltsam, klug und auf unausgetretenen Pfaden durchschreiten wir das Firmament polaren Lichtspiels, schauen mit Plutarch durchs Fernrohr - und horchen dabei auf die Resonanzen des Nächtlichen in uns selbst. Am Ende wissen wir: Ja, es gibt 18 gute Gründe, die Nacht zu mögen, obwohl sie manchmal dunkler ist als nötig; und zuweilen auch länger. Aber dafür gibt es ja dieses Buch. Karin Kalisas Magst du die Nacht ist die Suche nach Antworten auf eine Frage, die sich allen stellt, die nicht jede Nacht durschlafen. Entstanden sind 18 vielschichtige Kurzgeschichten aus nächtlicher Welten mit überraschenden Perspektiven und erstaunlichen Verknüpfungen. Wer sich für pointierte Kurzgeschichten und Erzählungen begeistert, wird Magst du die Nacht lieben. »Wie Karin Kalisa sanft und doch realistisch von den großen Chancen erzählt, die in unserer Gesellschaft als Schätze vorhanden sind, ganz ohne Kitsch und Süße, das ist ihre große Kunst. Ein starkes, Hoffnung stiftendes Buch.« Neue Bücher (NDR) über Karin Kalisas Roman »Bergsalz«

Karin Kalisa, geboren 1965, lebt nach Stationen in Bremerhaven, Hamburg, Tokio und Wien seit einigen Jahren im Osten Berlins. Sowohl als Wissenschaftlerin als auch mit dem Blick einer Literatin forscht sie in den Feldern asiatischer Sprachen, philosophischer Denkfiguren und ethnologischer Beschreibungen. Nach Karin Kalisas erstem Roman 'Sungs Laden' erschienen ihre Wintererzählung 'Sternstunde' und ihre weiteren Romane 'Radio Activity', Bergsalz' und 'Fischers Frau'. Zuletzt erschien von ihr 'Magst Du die Nacht?'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426465608
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.02.2023
Auflage1. Auflage
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4119 Kbytes
Artikel-Nr.9138382
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1
Der Mann im Mond


»Aber bei der Mondgöttin selbst, haltet
ihr es für möglich, dass es Schatten von
Schluchten und Abgründen gibt, die von
dort bis zu unserem Auge gelangen?«

 

Plutarch, Das Mondgesicht


Natürlich hat er ein Gesicht. Warum auch nicht? Nur weil Plutarch vor zweitausend Jahren Augen, Mund und Nase als Meere und Gebirge beschrieben hat - sehr schön hat er die beschrieben - und nur weil dies nach und nach von der astronomischen Forschung bestätigt wurde? Als ob all dies ausreichen würde, nicht mehr zu sehen, dass da ein Gesicht ist: der Mann im Mond - der übrigens in den meisten Kulturen eine Frau ist. Dafür ist dort die Sonne männlich. Aber das nur nebenbei. Es ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass das Gesicht freundlich ist. Denn bei Nacht ist man auf eine gewisse Freundlichkeit angewiesen. Wie sollte jemand auch nur ein Auge zubekommen, wenn es bedrohlich aus dem Himmel herunterfunkeln würde? Nein, ein grundgütiger Mond muss es sein. Sonst würde die Sache mit dem Tag-Nacht-Rhythmus komplett aus dem Ruder laufen.

La-le-lu - Nur der Mann im Mond schaut zu, wie die kleinen Babies schlafen ... ein sanfter Dreiklang und drei gleich anlautende Silben, die es nahezu zum Urtyp des Wiegenliedes machen, eines Lullabys eben, das sich in schöner Schlichtheit hervorragend zur Dauerschleife einer Spieluhr eignet, obwohl nicht wenige Eltern und Anverwandte lieber auf gehobene Klänge an der Wiege setzen: Brahms´ Guten Abend, gute Nacht, Mozarts Kleine Nachtmusik, Haydns Serenade. Und nicht auf eine einfache Melodie aus dem Geiste des Schlagerliedchens der Nachkriegszeit. Denn um nichts anderes handelt es sich hier. Komponiert von einem gewissen Heino Gaze in Berlin, der sich tags als Jurist und nachts als Barpianist verdingt hat und mit dem Mond vermutlich sehr auf Du und Du war. Doch nicht er selbst wurde berühmt damit, sondern Heinz Rühmann als Teddy Lemke, ein ehemals viel gefragter Clown, der es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, mit dieser Melodie sein Kind in den Schlaf zu singen. Das tragischerweise gar nicht sein eigenes Kind war. Und er folgerichtig nicht sein leiblicher Vater. Gleichwohl haben sich die beiden von Herzen lieb, und auch der Titel des UFA-Streifens von 1955 störte sich nicht an den zivilrechtlichen Gegebenheiten, denn der lautete: Wenn der Vater mit dem Sohne ... Weil es natürlich nicht so ist, dass Vatergefühle und Sohngefühle sich an die gleiche DNA binden. Wo kämen wir da hin, wenn es so wäre. - Die leibliche Mutter jedenfalls, die aus dem Nichts auftaucht und ihr Kind zurückhaben will, ist unter pädagogischen Gesichtspunkten eine Katastrophe und so schmonzettig inszeniert, dass einem die Haare zu Berge stehen. Jedenfalls wird die wundersame und wunderbare Zweisamkeit von Vater und Sohn von Amerika aus und nach Amerika hin zertrennt. Herzzerreißend. Und trotzdem gilt, und das spricht sehr für Teddy Lemke, eisern eines: Am Abend muss die Welt in Ordnung sein. Weil die Kinder einen Anspruch darauf haben. Egal ob leiblich oder nicht leiblich, wer gerade da ist, hat dafür zu sorgen. Hat zärtlich in den Schlaf zu singen oder zu fiedeln. Punkt. Es reicht eben nicht, dass man den Kleinen zu essen gibt und darauf achtet, dass sie sich die Zähne putzen, dass man ihnen das Bett frisch bezieht und gut durchlüftet. Besser dies alles zu vernachlässigen, als zu vergessen, die Welt in Ordnung zu bringen - so gut es eben geht.

Da dieser berechtigte Anspruch erstaunlicherweise nicht in die UN-Kinderrechts-Konvention eingegangen ist, sollte schleunigst ein Antrag daraufhin gestellt werden. Unter Artikel 3 »Wohl des Kindes« oder Artikel 18 »Verantwortung für das Kindeswohl« könnte ein solcher Passus stehen - oder warum nicht auch unter Artikel 27: »Angemessene Lebensbedingungen«. Hauptsache, er kommt unter. Obwohl auch in diesem wohlmeinenden Text insgesamt zu häufig die Worte Behörde, Regelung und Vertragsstaaten vorkommen und insgesamt zu wenig die Wörter: Vertrauen, Glück und Freude. Natürlich ist es ein juristischer Text. Die sind an sich nicht freudvoll. Allerdings könnte er dann in seiner spröden Sprache wenigstens rechtsverbindlich sein. Wo ihn doch alle Länder der UN, letztlich sogar Süd-Sudan und Somalia, allerdings nicht die USA, unterschrieben haben und er 1989 erstmals in Kraft trat. Nicht rechtsverbindlich sein und sprachlich ohne Durchgriff bleiben, dieses doppelte Zuwenig ist eigentlich ein deutliches Zuviel an Negativität im Gutgemeinten. Vermutlich geht man davon aus, dass Rechtsverbindlichkeit von Kinderrechten die Welt aus den Angeln heben würde. Und was hätten die Kinder von einer aus den Angeln gehobenen Welt? Wahrscheinlich schafft man es auch deshalb hierzulande nicht, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Da können wir noch lange warten.

Abgesehen von der Frage nach der Rechtsverbindlichkeit bleibt daran festzuhalten, dass, wenn die Welt nicht in Ordnung ist, und meistens ist sie das nicht, die Erwachsenen jedenfalls gehalten sind, hart daran zu arbeiten, dass sie es wieder sein wird. Darauf müssen Kinder vertrauen können, wenn sie sich dem Schlaf und der Nacht überlassen. Womöglich ist dies der tiefste Sinn der Wiegenlieder, dass, indem die Erwachsenen den Kindern dieses Vertrauen geben, sie sich selbst daran erinnern: »Nicht vergessen! Welt in Ordnung bringen.« Wenn es die Wiegenlieder nicht gäbe, dann würde dieser Auftrag, vielleicht der wichtigste, einem wahrscheinlich öfter mal durchrutschen. Und alle möglichen Gespenster würden sich vor das Gesicht des Mannes im Mond schieben.

Deshalb mag ich die Nacht, weil sie das klarstellt.


La-le-lu, vor dem Bettchen
stehn zwei Schuh ...


Rein textlich ist das Lalelu-Liedchen natürlich ziemlich aus der Zeit gefallen. Nach Astrid Lindgren und Janosch, nach Pippi Langstrumpf und dem Tiger-Bär-Gespann - wo würden da noch zwei Schühchen ordentlich vorm Bett stehen? Alles so niedlich; dabei nicht ohne wilhelminische Obertöne. Eine kleine Revision täte da gut. Dem Schweizer Liedermacher Linard Bardill verdanken wir ein zeitgemäßes Gutenachtlied, in dem die Kinder aufgefordert werden, sich nicht nur beim Schlafen zusehen und beschützen zu lassen, sondern gern auch einmal zurückzuschauen: »Luege, was der Mond so macht.« Weil Vertrauen haben und Selbstbewusstsein entwickeln nicht in einem Gegensatz-, sondern einem Komplementärverhältnis zueinander stehen. Mit anderen Worten: Auch wenn die Schühchen quer im Zimmer verteilt sind, sollten die beiden Eckpfeiler einer glücklichen Kindheit fest eingepflockt sein: beschützt sein und neugierig sein dürfen.

Auffällig und bemerkenswert in diesem Setting ist noch etwas anderes: Der Mond hat offenbar eine ausgesprochen Berlinische Neigung. So eine speziell urbane Note. Nicht nur Heino Gaze hat sein Lied aus der »Berliner Luft« gegriffen, sondern noch ein Weiterer hat dem Mond eine Berlinische Prägung gegeben. Und auch der hatte auffälligerweise zwei Berufe: Leutnant der preußischen Landwehr einerseits, Literat und Mime andererseits. Gerdt Bernhard von Bassewitz-Hohenluckow, schauspielernder Offizier aus mecklenburgischem Uradel, ausgewandert nach Berlin, hat hier Peterchens Mondfahrt verfasst; man schrieb das Jahr 1912. In diesem, nennen wir es: Bravourstück, hat er einiges verbraten: nicht nur seine Vorliebe für Militärmusik - es rumst und scheppert im Kanonengetöse, dass einem ganz schwummrig wird -, sondern auch das volkstümliche Märchen vom Mann im Mond, in dem ein Holzfäller, der selbst im Angesicht eines himmlischen Besuchs den Sonntag nicht heiligt, sondern mit der Axt im Wald zugange ist und dann auch noch lästerlich spricht: Sonntag oder Mondtag, das sei ihm so was von egal. Folglich wird er auf den Mond verbannt. Das hat er nun davon. In Peterchens Mondfahrt wurde versehentlich das sechste Beinchen eines Maikäfers, Sumsemann sein Name, mit dorthin expediert.

 

Anneli und Peter (genau - die Anneli ist nämlich auch dabei und durchaus nicht weniger involviert in das Geschehen als das Peterchen), zwei Kinder, die noch nie einem Tier etwas zuleide getan haben, könnten dieses von Generation zu Generation vererbte Verhängnis eines fehlenden Maikäferbeinchens rückgängig machen. Aber es braucht Mut: So enorm einladend ist die Mondlandschaft nicht, kann man sich denken, wenn raue Gesellen wie dieser Holzfäller dort beherbergt werden. Auch der große Bär ist wahrlich kein Kuscheltier - allerdings lässt er sich besänftigen, und zwar mit Äpfeln, die Anneli (!) geistesgegenwärtig als Reiseproviant eingepackt hat. Dafür kann man dann auf der Milchstraße herrlich Schlitten fahren, und die Nachtfee lädt auf die Sternenwiese zum Kaffeeklatsch. Schon nähern sich die drei Eisgeschwister: Neben Hagelhans und Frau Holle, ist es der Eismax, der das schöne Idiom kräftig auffährt: Artig melde er sich bei der »jnädigsten Nachtfee« zur Stelle, »jereist mit jletscherhafter Schnelle - zwar für mich unjewöhnliche Zeit; aber doch eisbärenmäßig jefreut!«.

Wer möchte es ihm verübeln, dass er um »etwas jekühlte Temperatur!« bittet:


»Und die Sonne, das jreuliche Weib,/
Mir nicht so nahe uff´n Leib./

Kann die Person durchaus nich´ vertragen,/
Krieje Triefaugen und...

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Autor

Karin Kalisa, geboren 1965, lebt nach Stationen in Bremerhaven, Hamburg, Tokio und Wien seit einigen Jahren im Osten Berlins. Sowohl als Wissenschaftlerin als auch mit dem Blick einer Literatin forscht sie in den Feldern asiatischer Sprachen, philosophischer Denkfiguren und ethnologischer Beschreibungen. Nach Karin Kalisas erstem Roman "Sungs Laden" erschienen ihre Wintererzählung "Sternstunde" und ihre weiteren Romane "Radio Activity", Bergsalz" und "Fischers Frau". Zuletzt erschien von ihr "Magst Du die Nacht?".