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Elizabeth Finch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Kiepenheuer & Witsch GmbHerschienen am03.11.20221. Auflage
Der neue Roman Julian Barnes' über eine platonische Liebe und den Tod einer besonderen Frau, der zum Anlass für die tiefere Auseinandersetzung eines Mannes mit Liebe, Freundschaft und Biografie wird. Neil, gescheiterter Schauspieler, Vater und Ehemann, besucht an der Abenduni eine Vorlesung zur Kultur und Zivilisation und ist fasziniert von der stoischen und anspruchsvollen Professorin Elizabeth Finch. Er hat zwar Affären und Liebeleien, doch prägt das Ringen um ihre Anerkennung sein Leben. Auch nach Beendigung des Studiums bleiben die beiden in Kontakt. Als sie stirbt, erbt Neil ihre Bibliothek und Aufzeichnungen - und stürzt sich in ein Studium Julian Apostatas, der für Elizabeth Finch ein Schlüssel zur Bedeutung von Geschichte an sich war: Der römische Kaiser wollte im 4. Jahrhundert das Christentum rückgängig machen. Wer war Julian Apostata? Und was wäre passiert, wenn er nicht so jung gestorben wäre? Der Schlüssel zur Gegenwart liegt nicht selten in der Verhangenheit, das zeigt dieser kenntnisreiche Roman auf unnachahmliche Weise.  Das Buch ist eine intelligente Hommage an die Philosophie, ein Ausflug in die Geschichte, eine Einladung, selbst zu denken. 

Julian Barnes, 1946 in Leicester geboren, arbeitete nach dem Studium moderner Sprachen als Lexikograph, dann als Journalist. Von Barnes, der zahlreiche internationale Literaturpreise erhielt, liegt ein umfangreiches erzählerisches und essayistisches Werk vor, darunter »Flauberts Papagei«, »Eine Geschichte der Welt in 10 1/2 Kapiteln« und »Lebensstufen«. Für seinen Roman »Vom Ende einer Geschichte« wurde er mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet. Julian Barnes lebt in London.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDer neue Roman Julian Barnes' über eine platonische Liebe und den Tod einer besonderen Frau, der zum Anlass für die tiefere Auseinandersetzung eines Mannes mit Liebe, Freundschaft und Biografie wird. Neil, gescheiterter Schauspieler, Vater und Ehemann, besucht an der Abenduni eine Vorlesung zur Kultur und Zivilisation und ist fasziniert von der stoischen und anspruchsvollen Professorin Elizabeth Finch. Er hat zwar Affären und Liebeleien, doch prägt das Ringen um ihre Anerkennung sein Leben. Auch nach Beendigung des Studiums bleiben die beiden in Kontakt. Als sie stirbt, erbt Neil ihre Bibliothek und Aufzeichnungen - und stürzt sich in ein Studium Julian Apostatas, der für Elizabeth Finch ein Schlüssel zur Bedeutung von Geschichte an sich war: Der römische Kaiser wollte im 4. Jahrhundert das Christentum rückgängig machen. Wer war Julian Apostata? Und was wäre passiert, wenn er nicht so jung gestorben wäre? Der Schlüssel zur Gegenwart liegt nicht selten in der Verhangenheit, das zeigt dieser kenntnisreiche Roman auf unnachahmliche Weise.  Das Buch ist eine intelligente Hommage an die Philosophie, ein Ausflug in die Geschichte, eine Einladung, selbst zu denken. 

Julian Barnes, 1946 in Leicester geboren, arbeitete nach dem Studium moderner Sprachen als Lexikograph, dann als Journalist. Von Barnes, der zahlreiche internationale Literaturpreise erhielt, liegt ein umfangreiches erzählerisches und essayistisches Werk vor, darunter »Flauberts Papagei«, »Eine Geschichte der Welt in 10 1/2 Kapiteln« und »Lebensstufen«. Für seinen Roman »Vom Ende einer Geschichte« wurde er mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet. Julian Barnes lebt in London.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783462310344
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum03.11.2022
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse4867 Kbytes
Artikel-Nr.9165767
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis ZWEI

Diese beiden Initialen in einem Notizbuch, darunter eine leere Seite: PG. Ich schenkte ihnen nur flüchtige, ja zerstreute Beachtung. Und dann ging mir allmählich auf, dass das für »Pale Galilean« stand, den »Bleichen Galiläer«, auf den sich das »Du hast gesiegt, o bleicher Galiläer« in Swinburnes Gedicht »Hymne an Proserpina« bezieht. Das Wichtigste in Kürze:

Der Sprecher ist Julian Apostata.

Der Angesprochene ist Jesus Christus.

Der Ort ist die persische Wüste.

Die Zeit ist das Jahr 363 n.Chr.

Es ist das Eingeständnis Julians, dass das Christentum triumphiert hat über Heidentum, Hellenismus, Judentum und alle anderen rivalisierenden Sekten und Häresien, die im Römischen Reich umherschwirrten. Welches für alle Zeiten, jetzt und immerdar, auch das Christliche Reich, das Imperium Romanum Christianum, sein wird.

Während Julian das sagt, wirft er eine Handvoll seines eigenen Bluts in die Luft und stirbt auf dem Schlachtfeld. Er gibt sich theologisch wie militärisch geschlagen.

Der volle Name des Kaisers war Flavius Claudius Julianus, doch da die Beute dem Sieger zufällt und zu dieser Beute nicht nur das Narrativ und die Historie, sondern auch die Namensgebung gehört, wird er fortan Julian Apostata heißen.

 

Natürlich stimmt das alles nur zum Teil. Die Darstellungen gehen auseinander, fast von Anfang an. Nach einem erfolglosen Feldzug gegen König Schapur II. zog sich das römische Heer durch das westliche Assyrien nach Norden zurück, in etwa dem Lauf des Tigris folgend, wobei es von den Persern verfolgt und bedrängt wurde. Die Römer (bei denen es sich in diesem Fall zumeist um Gallier, aber auch Syrer und Skythen handelte) waren hungrig, erschöpft und fern der Heimat. Die Perser hatten Elefanten, die den gewöhnlichen Legionär mit ihrer erstaunlichen Größe und ihren rätselhaften Bewegungen - wie zuvor schon Hannibal festgestellt hatte - in Angst und Schrecken versetzten. Es kommt zu einem schweren Gefecht. In der allgemeinen Verwirrung wird von einem unbekannten Perser ein Reiterspeer gegen den Kaiser geschleudert; der Speer streift seinen Arm und bleibt in der Leber stecken. Vielleicht wurde Julian auf seinem Schild in sein Zelt getragen, vielleicht auch nicht. Vielleicht hat er seine Gefährten in ein philosophisches Gespräch verwickelt, während das Leben aus ihm wich, vielleicht auch nicht. Mit Sicherheit hat er diese berühmten letzten Worte nicht gesprochen, mit denen er ins Lexikon der Zitate eingegangen ist.

»Du hast gesiegt, o Galiläer.« Der Spruch taucht erstmals in Theodorets rund hundert Jahre später verfasster Kirchengeschichte auf. Er ist eine brillante Erfindung - aber Historiker können ja auch wunderbare Romane erzählen.

Eintausendfünfhundert Jahre später schrieb Swinburne: »Du hast gesiegt, o bleicher Galiläer«. Wo kam dieses »bleich« her? Weil Jesus in der gesamten westlichen Kunst zumeist mit der Haut eines Nordeuropäers dargestellt wurde - Christus auf Weiß geschminkt -, im Gegensatz zum Kaiser Julian, der in Konstantinopel geboren wurde und fast sein ganzes Leben unter der Sonne Vorderasiens verbrachte? Oder ist der Nazarener bleich, weil er nicht von dieser Welt ist? Oder weil er schon tot ist?

Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Dichter einfach eine zusätzliche Silbe für die metrische Gliederung seiner Zeile brauchte. Und so wird der erfundene Spruch wieder neu erfunden, diesmal von einem Dichter. Dichter können ja auch wunderbare Romane erzählen.

 

Es mag merkwürdig erscheinen, dass Julian »sagte«, er sei von einem Galiläer besiegt worden, wenn im persischen Heer keine Christen kämpften und die offiziell festgestellte Todesursache ein ausländischer Speer war. Ach, aber stimmt das auch? Frühchristliche Mythologisierer wussten es besser: Julian hatte diese Worte »gesagt«, weil er wirklich von christlicher Hand und einem christlichen Gott getötet worden war. Von zwei Paar christlichen Händen, um genau zu sein: ein Zangenangriff zweier Heiliger, Mercurius (ca. 225-250 n.Chr.) und Basilius (370 n.Chr. zum Erzbischof ernannt). Einer tot (jedenfalls nach irdischen Kriterien) und einer lebendig. Der heilige Mercurius, Sohn eines skythischen Offiziers im römischen Heer, war geköpft worden, weil er sich weigerte, an heidnischen Opferritualen teilzunehmen. Er blieb aber auch nach seinem Tod und seiner Heiligsprechung aktiv: Er »lieh sein Schwert« an lebendige Christen und künftige Heilige aus - so etwa an St. Georg (jedenfalls einen davon) und fast tausend Jahre später während des ersten Kreuzzugs an St. Demetrius. Im Jahre 363 betete Basilius vor einer Ikone, auf der Mercurius als Soldat mit einem Speer dargestellt war. Als er die Augen aufschlug, war das Bildnis des Mercurius von der Ikone verschwunden. Als es wiederauftauchte, war die Speerspitze mit Blut befleckt, während Julian zugleich in der persischen Wüste sein Leben aushauchte. Wie konnte ein bloßer Heide solch himmlischer Feuerkraft standhalten?

 

Julian war ein römischer Kaiser, der Rom nie betreten hat. Er war ein zufälliger Kaiser - auch wenn Zufälle in jener Zeit häufiger zu kaiserlicher Macht führten. In seinen frühen Jahren lebte er als Gelehrter, fern vom Hof, fern vom Militärdienst. Im Jahre 351 wurde sein Bruder Gallus an den Mailänder Hof gerufen, zum Caesar ernannt, ausgesandt, um den Osten zu regieren, nach drei Jahren zurückgeholt, der Korruption angeklagt und hingerichtet. Als Julian seinerseits nach Mailand beordert wurde, erwartete er so halb, dass man ihn ebenfalls beseitigen wollte. Doch er fand eine Beschützerin in Eusebia, der zweiten Frau des Kaisers Constantius, und vielleicht wurde der gelehrte Knabe nicht als große Bedrohung empfunden. Man ernannte ihn zum Befehlshaber der westlichen Armee des Reichs in Gallien und erwartete - zumindest seiner eigenen Darstellung zufolge -, dass er als Heerführer versagte. Eusebia gab ihm Bücher über Philosophie, Geschichte und Dichtkunst, damit er seine Studien fortsetzen konnte, während er die verschiedenen germanischen Stämme niederhielt. Dreimal überquerte er in Befriedungskriegen den Rhein; vor den Toren von Paris riefen ihn seine Truppen zum Augustus aus. Er konnte sich allen Versuchen entziehen, ihn nach Mailand zurückzurufen, und zog gegen Constantius ins Feld, der über die östliche Hälfte des Reichs gebot. Während die Heere gegeneinander vorrückten, trat ein glücklicher Zufall ein: Constantius starb 361 in Mopsuestia an einem Fieber und machte so für Julian den Weg zur Alleinherrschaft frei.

Mit der Mailänder Vereinbarung hatten Konstantin und sein Mitkaiser Licinius im Jahre 313 das Christentum entkriminalisiert. So war der Staat in Hinblick auf die Religion offiziell neutral geworden, aber christliche Priester genossen im ganzen Imperium Reisefreiheit und waren von der Steuerpflicht ausgenommen. Nach Konstantins Tod im Jahre 337 regierten seine Söhne Konstantin II. und Constantius II. als Christen. Als Julian sich bei seiner Ernennung zum Kaiser als Heide bezeichnete und nie wieder eine christliche Kirche betrat, schaffte er demnach das Christentum nicht als Staatsreligion ab, weil es nie zur Staatsreligion erklärt worden war. Die Christen sahen das natürlich anders, und manch einer argwöhnte, dass Julian sich nach einer siegreichen Rückkehr aus seinem persischen Krieg der Verfolgung ihrer Kirche gewidmet hätte. Was sollte ihn daran hindern, ihre Religion wiederum zu ächten und zu einem zweiten Diokletian zu werden?

In seinem Privatleben zeichnete Julian sich durch viele Eigenschaften - Genügsamkeit, Bescheidenheit, Keuschheit, Gelehrsamkeit - aus, die ebenso gut als christliche Tugenden gelten konnten. Die »Fleischtöpfe von Syrien«, wie sie stets genannt wurden, konnten ihn nicht in Versuchung führen; er war tüchtig, unbestechlich, fleißig und gerecht; er verbesserte das Justizwesen und das Steuersystem und sicherte das Reich gegen Eindringlinge. Aber ... aber ... aber er war ein Apostat und würde das immer bleiben. Er wurde als Christ geboren und getauft und nach den Geboten der Kirche erzogen, durfte sich aber auch mit der hellenistischen Philosophie befassen. Mit Anfang zwanzig wurde er in die Mysterien von Eleusis eingeführt, den alten Demeterkult. Der versprach seinen Anhängern die Wiedergeburt, riet zur Keuschheit und erlegte ihnen vollständige Geheimhaltung auf; seine Gegner sahen nichts als dunkle Höhlen, lodernde Fackeln, Erscheinungen - die heidnischsten Seiten des Heidentums, Hokuspokus in Reinkultur. Zugleich benahm Julian sich ein ganzes Jahrzehnt lang in der Öffentlichkeit so, als wäre er weiterhin Christ. War das Heuchelei? Polytheismus? Oder nur kluge Voraussicht? Die Truppen, die er in Gallien befehligte, bestanden zumeist aus Christen, die einem heidnischen Feldherrn womöglich nicht allzu gern folgen - ihn aber umso lieber umbringen würden.

Alle Religionen (na ja, fast alle) hassen einen Apostaten weitaus mehr als einen unwissenden, fehlgeleiteten, Götzen anbetenden Bauern, der in der Regel mit ein wenig strenger Überredung blinzelnd ins Licht gezogen werden kann. Gibbon schreibt, zur damaligen Zeit hätten die Juden Abtrünnige umgebracht. Vielleicht gilt das für alle großen Einheitsorganisationen: Trotzki wurde in Mexiko ermordet, weil er vom einzig wahren politischen Glauben abgefallen war. Doch sosehr solche Systeme die Apostaten hassen, so sehr brauchen sie sie auch - als...
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Autor

Julian Barnes, 1946 in Leicester geboren, arbeitete nach dem Studium moderner Sprachen als Lexikograph, dann als Journalist. Von Barnes, der zahlreiche internationale Literaturpreise erhielt, liegt ein umfangreiches erzählerisches und essayistisches Werk vor, darunter »Flauberts Papagei«, »Eine Geschichte der Welt in 10 1/2 Kapiteln« und »Lebensstufen«. Für seinen Roman »Vom Ende einer Geschichte« wurde er mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet. Julian Barnes lebt in London.Gertraude Krueger, geboren 1949, lebt als freie Übersetzerin in Berlin. Zu ihren Übersetzungen gehören u.a. Sketche der Monty-Python-Truppe und Werke von Julian Barnes, Alice Walker, Valerie Wilson Wesley, Jhumpa Lahiri und E.L. Doctorow.