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Spaziergang mit Puma

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am28.10.20221. Aufl. 2022
Mit Anfang zwanzig ist Laura Coleman vor allem eins: orientierungslos. Frustriert kündigt sie ihren Job in London und reist mit dem Rucksack durch Bolivien. Dort führt ein Zufall sie in eine Tierauffangstation mitten im Dschungel. Das Camp ist schmutzig, die Tiere sind verblüffend exzentrisch und überall schwirren Mücken - doch trotz aller Beschwerden gibt Laura nicht auf und bleibt. Als ihr aufgetragen wird, täglich mit dem traumatisierten Pumaweibchen Wayra spazieren zu gehen, ist sie entschlossen, sich der Herausforderung zu stellen. Langsam bildet sich ein feines Band, das die beiden für immer verändert ...


Laura Coleman wurde in Südengland geboren und hat Anglistik und Kunstgeschichte studiert. Mit Anfang zwanzig ging sie nach Bolivien und schloss sich der Tierauffangstation Comunidad Inti Wara Yassi an, wo sie mehrere Jahre aktiv war. Heute lebt Coleman wieder in ihrer britischen Heimat. Nach den Jahren im Dschungel genießt sie nun die Nähe zum Meer, schreibt und setzt sich mit ihrer gemeinnützigen Organisation ONCA für den Tierschutz ein.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextMit Anfang zwanzig ist Laura Coleman vor allem eins: orientierungslos. Frustriert kündigt sie ihren Job in London und reist mit dem Rucksack durch Bolivien. Dort führt ein Zufall sie in eine Tierauffangstation mitten im Dschungel. Das Camp ist schmutzig, die Tiere sind verblüffend exzentrisch und überall schwirren Mücken - doch trotz aller Beschwerden gibt Laura nicht auf und bleibt. Als ihr aufgetragen wird, täglich mit dem traumatisierten Pumaweibchen Wayra spazieren zu gehen, ist sie entschlossen, sich der Herausforderung zu stellen. Langsam bildet sich ein feines Band, das die beiden für immer verändert ...


Laura Coleman wurde in Südengland geboren und hat Anglistik und Kunstgeschichte studiert. Mit Anfang zwanzig ging sie nach Bolivien und schloss sich der Tierauffangstation Comunidad Inti Wara Yassi an, wo sie mehrere Jahre aktiv war. Heute lebt Coleman wieder in ihrer britischen Heimat. Nach den Jahren im Dschungel genießt sie nun die Nähe zum Meer, schreibt und setzt sich mit ihrer gemeinnützigen Organisation ONCA für den Tierschutz ein.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751728898
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum28.10.2022
Auflage1. Aufl. 2022
SpracheDeutsch
Dateigrösse5780 Kbytes
Artikel-Nr.9166094
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


TEIL EINS

Es ist 2007, und ich bin vierundzwanzig Jahre alt. Ich bin nicht klein, aber auch nicht wirklich groß. Ungefähr einen Meter siebzig, mit einer schiefen Nase, Brüsten, die Rückenschmerzen verursachen, und Watschelfüßen. Ich fühle mich etwas verloren, ohne zu wissen warum. Ich bin fast schon mein ganzes Leben Single. Ich esse und rauche, wenn ich nervös bin, und das bin ich oft. Meine Eltern führen eine psychotherapeutische Praxis. Ich habe eine Schwester und zwei Brüder, allesamt sehr erfolgreich. Ich komme aus England und habe einen Abschluss in Kunstgeschichte, weiß aber nicht, dass Affen Witze machen oder schwermütig sein können. Ich weiß nicht, wie ein Puma aussieht.

»Gringa. ¡Aquí!«

Wir holpern schon wer weiß wie lange in einem klapprigen Bus dahin, fünf Stunden vielleicht.

Ich wische mit meinem Ärmel über die gesprungene Fensterscheibe und spähe durch die Schlieren im Kondenswasser. Ich sehe nur Dschungel.

»En serio?« Ich kann die Angst in meiner Stimme nicht verbergen.

»¡Si! El parque.«

Die Frau neben mir zieht ihr Kind von meinem Schoß und ein Mann - da klettert er bereits über die Sitzreihen, über andere dicht an dicht gequetschte Passagiere, Hühner, Babys, irgendeinen exotischen Vogel und Säcke voller Reis - erhebt Anspruch auf meinen kostbaren Platz. Dann stehe ich allein auf einer leeren, geraden Straße mitten im bolivianischen Amazonas-Regenwald und sehe die Rücklichter des Busses verschwinden. Ein leichter Dunst lässt den dünnen, aufgeplatzten Asphalt wie Wasser treiben. Hohe Gräser und Bäume, grün, lila, orange und golden, ragen über die Böschung. Es gibt Blätter in jeder Farbe, bis alles in einer ungeheuren Weite zu verschmelzen scheint. Es riecht nach Hitze, als wäre die Luft zu knapp, und das Atmen fällt mir schwer. Der Himmel ist blau, aber am Rand sieht man schon ein rötliches Gold. Bald kommt die Nacht. Als ich im Bus saß, hatte ich mir draußen eine tiefe Stille vorgestellt, aber da lag ich falsch. Der Dschungel summt, er spricht eine Sprache, die ich nie zuvor gehört habe.

Ich schlage nach einer Mücke an meinem Hals und habe Blut an der Hand. Eine weitere schwirrt um mein Ohr herum. Ich fuchtele jammernd mit den Armen, drehe mich im Kreis. Der Dschungel ist überall, und als ich mich umdrehe und einen Affen auf einem Straßenschild sitzen sehe, schnelle ich mit einem Aufschrei zurück. Er ist so groß wie ein kleines Kind, gekrümmt und mit dichtem rotbraunem Fell. Auf dem Schild steht in knallroten Buchstaben KEINE AFFEN AUF DER STRASSE! Er starrt mich nur an. Na und? Was willst du dagegen tun? Ich werde gar nichts tun. Es wird bald dunkel und ich bin allein im Dschungel. Ich fühle mich schwach. Da höre ich etwas anderes neben dem Summen des Dschungels. Es rumort fürchterlich, und plötzlich schießt ein großes, schwarzes Schwein aus dem Unterholz. Es hebt den Kopf - einen roten BH zwischen den Zähnen - und sieht mir direkt in die Augen. Ich bin kurz davor mich umzudrehen und loszurennen, als ein Mann hinter dem Schwein auftaucht. Er zieht sich Zweige aus den Haaren.

»Panchita!«

Das Schwein wirbelt herum und rast davon. Ich höre das Echo der Hufe, bis es ganz vom grünen Dunst verschluckt wird.

Es gibt einen Wald - keinen richtigen, eher ein kleines, spärliches Wäldchen - dort, wo ich aufgewachsen bin. Als ich acht war, wollte ich eine Nacht darin verbringen. Mein Dad begleitete mich und ließ mich dann, wie gewünscht, allein. Später fand ich heraus, dass er mich keineswegs allein gelassen, sondern ganz in der Nähe mit einer Packung Kekse und einer Thermoskanne Tee sein Lager aufgeschlagen hatte. Aber ich hatte mich in meinem Schlafsack zusammengerollt, den fremden Geruch von Morast und Moos in der Nase, während die Angst heiß durch meinen Körper strömte. Ich schaffte zehn Minuten, bevor ich weinend nach Hause rannte, meinen Schlafsack unter dem Arm und felsenfest überzeugt, dass in den knackenden und rauschenden Bäumen über mir lauter Monster saßen.

»¡Bienvenidos!« Der Mann vor mir grinst gutgelaunt. »Agustino. Soy el veterinario aquí.« Er mustert mich, als sei er kein bisschen überrascht, mich hier auf dieser Straße mit diesem Affen zu sehen, während der beißende Geruch des verschwundenen Schweins noch in der Luft hängt. Als würden ständig irgendwelche Fremden hier landen und von derartigen Kreaturen begrüßt werden. Ich nicht. Ich lande normalerweise nicht an solchen Orten.

Eine dreimonatige Rucksacktour in Bolivien sollte mir neue Perspektiven verschaffen, nachdem ich eine ganze Reihe von Jobs gekündigt hatte. Es fühlte sich an, als hätte ich eine Landkarte für mein Leben, die mir vorgab, wie es sein sollte - aber ich war vom Kurs abgekommen. Ich hatte schon zu viele Jobs aufgegeben, immer in der Hoffnung, einer davon würde mir den Weg zum Erfolg weisen. Die letzte Stelle, Marketing in einem bekannten Reiseunternehmen, hatte mir den Rest gegeben. Backpacking würde sicher alles wieder einrenken. Ich wollte verwandelt zurückkehren wie die Elizabeth Gilbert der Millennials, eine Person, die mit hochgereckten Armen Achterbahn fuhr, gute Entscheidungen traf, ganz ungezwungen auf Dates ging und wusste, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte. Eine Person, die Firmenfeiern liebte, die nicht um Mitternacht auf dem Küchenfußboden saß, Erdnussbutter in sich hineinschaufelte und dann das Haus nicht verlassen konnte, weil sie kein Kleidungsstück fand, in dem sie nicht fett aussah. Eine Frau, die sich am Straßenrand eines beliebigen Ortes wiederfindet und sich keine Sorgen macht. Die eine Freundin sein kann und eines Tages auch eine Ehefrau, eine Mutter, eine erfolgreiche Karrierefrau. Alles, was ich nicht bin, aber glaubte, sein zu wollen.

Nun bin ich allerdings schon seit zwei Monaten unterwegs, und ich habe die nach Bier und kaltem Erbrochenen stinkenden Mehrbettzimmer satt. Ich gehe anderen, kontaktsuchenden Rucksackreisenden noch immer aus dem Weg und habe ein Problem mit den künstlichen Touristenorten, an denen die Lama-Steaks mehr kosten als ein Flug. An einem dieser Orte hörte ich jemanden sagen, dass man nach Norden gehen müsse, um per Anhalter auf einem einheimischen Boot die Wege abseits des Reiseführers zu entdecken. Man könne in einer Hängematte schaukeln, rosafarbene Flussdelfine beobachten und Kokosmilch trinken. Das klingt sehr schön, dachte ich. Also reiste ich in Richtung Norden und wartete zwei Wochen an einem matschigen Flussufer auf ein Boot, das nie kam. Sonnenverbrannt, einsam, aufgebläht von den vielen Empanadas und durchgespült vom Regen machte ich mich schließlich auf die Suche nach einem Internetcafé, um meinen Rückflug zu buchen. Ich wollte aufgeben. Ich wollte nach Hause. Aber in diesem Internetcafé stieß ich - bei kalter Pizza, warmem Bier und einer Schachtel Zigaretten - auf den Flyer einer bolivianischen Tierschutzorganisation mit einem fröhlich aussehenden Affen. Man konnte sich freiwillig melden. Nur aufgrund eines verzweifelten Gefühls der Sinnlosigkeit und meiner inneren Stimme, die mich anstachelte, doch noch nicht aufzugeben, stehe ich nun hier. Ich weiß nichts über diesen Ort, außer dass es Affen gibt und dass sie fröhlich aussehen.

Wobei dieser Affe nicht gerade gutgelaunt wirkt. Er kommt auf uns zu, greift nach Agustinos Hosenbein und zieht sich daran hoch, bis der Mann das mürrische Tier in den Armen wiegt. Ich hatte den Tierarzt auf mein Alter geschätzt, aber jetzt bin ich unsicher. Er hat dezente, dunkelbraune Linien an den Augen und sein schwarzes Haar ist wild und zerzaust. Er ist klein, etwas übergewichtig und ich mag sein rundes Gesicht auf Anhieb. Er greift in seine Jackentasche und holt ein Stück Käse hervor. Der Affe heult vor Begeisterung auf, schnappt sich den Käse und stopft ihn in den Mund. Agustino sieht mich verlegen an. Er küsst den pelzigen Affenkopf. »Coco sollte keinen Käse bekommen, aber nur so kommt er von der Straße runter. Es ist zu gefährlich für ihn hier. Zu viele Autos.«

Ich blicke die leere Straße entlang und nicke schwach. Die Gefahr durch zu viele Autos erscheint mir lächerlich. Wir sind am Ende des Universums, und sogar der kleine Bus, der mich hergebracht hatte, ist nur noch eine blasse Erinnerung.

»Komm!« Agustino trabt los und biegt rasch auf einen schmalen, gewundenen Pfad ab. Coco klettert höher, um sich an Agustinos Schultern festzuhalten. Während er auf und ab wippt, seine kleinen haarigen Finger an Agustinos Kragen klammernd, schnaubt er lang und laut und schwermütig.

»Ja«, murmele ich leise, »geht mir auch so.«

Es ist bedeckt und feucht, die Luft ist diesig, als wir, dem Schwein folgend, unter dem Blätterdach verschwinden. Ich laufe, um aufzuholen, mein Rucksack schlägt gegen meine Schultern. Ich wische mir immer wieder mit den Händen über das Gesicht, während mir alles Mögliche in die Nase, den Mund und die Ohren fliegt. Spitze, aufdringliche Zweige verfangen sich in meinem Haar, zerkratzen meine Haut. Der Pfad ist dunkel. Ich kann nicht nur den hohen Ton der Moskitos hören, sondern auch Vögel, Käfer und Grillen und etwas verdächtig Großes im Dickicht. Die Geräusche rücken näher und ich rieche Erde, Feuchtigkeit, Fäulnis.

Wir sind etwa fünf Minuten unterwegs (auch wenn es sich viel länger anfühlt), als Agustino endlich anhält und sich umdreht.

»Willkommen in el parque!«

Wir sind am Rande einer Lichtung angekommen, umringt von Hütten und heruntergekommenen Gebäuden. Einige Menschen laufen umher, ein paar Einheimische, ein paar...

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Autor

Laura Coleman wurde in Südengland geboren und hat Anglistik und Kunstgeschichte studiert. Mit Anfang zwanzig ging sie nach Bolivien und schloss sich der Tierauffangstation Comunidad Inti Wara Yassi an, wo sie mehrere Jahre aktiv war. Heute lebt Coleman wieder in ihrer britischen Heimat. Nach den Jahren im Dschungel genießt sie nun die Nähe zum Meer, schreibt und setzt sich mit ihrer gemeinnützigen Organisation ONCA für den Tierschutz ein.
Spaziergang mit Puma