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Söhne und Liebhaber. Roman

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
656 Seiten
Deutsch
Reclam Verlagerschienen am13.05.20221. Auflage
Nottinghamshire, England, gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Die aus besseren Kreisen stammende Gertrude Coppard heiratet den Bergmann Walter Morel, in den sie sich bei einer Weihnachtsfeier verliebt hat. Ein erster Sohn, William, wird geboren, dann die Tochter Annie, schließlich, als die Liebe schon erkaltet ist, Paul. Gertrude wendet sich ganz ihren Söhnen zu. William, der eine vielversprechende Karriere begonnen hat, stirbt früh. Umso intensiver wird die Beziehung zu dem künstlerisch begabten Paul, den die Mutter mit ihrer Liebe zu erdrücken droht ... Einer der besten englischsprachigen Romane des 20. Jahrhunderts. - Mit einer kompakten Biographie des Autors.mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextNottinghamshire, England, gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Die aus besseren Kreisen stammende Gertrude Coppard heiratet den Bergmann Walter Morel, in den sie sich bei einer Weihnachtsfeier verliebt hat. Ein erster Sohn, William, wird geboren, dann die Tochter Annie, schließlich, als die Liebe schon erkaltet ist, Paul. Gertrude wendet sich ganz ihren Söhnen zu. William, der eine vielversprechende Karriere begonnen hat, stirbt früh. Umso intensiver wird die Beziehung zu dem künstlerisch begabten Paul, den die Mutter mit ihrer Liebe zu erdrücken droht ... Einer der besten englischsprachigen Romane des 20. Jahrhunderts. - Mit einer kompakten Biographie des Autors.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783159620039
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum13.05.2022
Auflage1. Auflage
Seiten656 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1678 Kbytes
Artikel-Nr.9335607
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Teil I
1 Die frühen Ehejahre der Morels
2 Pauls Geburt und noch ein Streit
3 Abwendung von Morel, Hinwendung zu William
4 Pauls Jugendjahre
5 Pauls Eintritt ins Leben
6 Tod in der Familie

Teil II
7 Jungen- und Mädchenliebe
8 Streit in der Liebe
9 Miriams Niederlage
10 Clara
11 Miriams Prüfung
12 Leidenschaft
13 Baxter Dawes
14 Die Erlösung
15 Unbehaust

Anhang
Zu dieser Ausgabe
Anmerkungen
Nachwort
Zeittafel
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Leseprobe

Teil I
Kapitel 1

Die frühen Ehejahre der Morels

Die Bottoms folgten auf die Hell Row. Diese bestand aus einer Gruppe geduckter, strohgedeckter Hütten am Bachufer in der Greenhill Lane. Hier wohnten die Bergleute, die in den kleinen, zwei Felder entfernten Gruben arbeiteten. Der Bach floss unter Erlen dahin, kaum verschmutzt durch die kleinen Gruben, deren Kohle Esel zutage förderten, die erschöpft um einen Rundganggöpel trotteten. Die Landschaft war übersät mit solchen Gruben, von denen einige schon zu Zeiten Karls II betrieben worden waren; die wenigen Knappen und die Esel wühlten sich wie Ameisen ins Erdreich und warfen zwischen Getreidefeldern und Wiesen sonderbare Hügel und kleine schwarze Abraumhalden auf. Zusammen mit vereinzelten Gehöften und den Katen der Strumpfwirker, die sich über die ganze Gemeinde erstreckten, bildeten die Hütten dieser Bergleute - meist in Gruppen, hier und dort auch in Paaren - das Dorf Bestwood.

Dann, vor rund sechzig Jahren, setzte ein jäher Wandel ein. Die Gruben wurden von den riesigen Bergwerken der Kapitaleigner verdrängt. In Nottinghamshire und Derbyshire entdeckte man Kohle- und Eisenvorkommen. Carston, Waite & Co. traten auf den Plan. Unter gewaltiger Begeisterung eröffnete Lord Palmerston in Spinney Park am Rande des Sherwood Forest feierlich die erste Zeche der Gesellschaft.

Um diese Zeit wurde die berüchtigte Hell Row, die sich mit zunehmendem Alter einen üblen Ruf erworben hatte, niedergebrannt und mit ihr eine Menge Unrat beseitigt.

Carston, Waite & Co. merkten, dass sie auf eine Goldgrube gestoßen waren, und so wurden in den Bachtälern unterhalb von Selby und Nuttall neue Schächte niedergebracht, bis bald darauf sechs Kohlezechen in Betrieb waren. Von Nuttall, hoch oben auf dem Sandstein zwischen den Wäldern, führte eine Gleisanlage an der verfallenen Kartäuserpriorei und Robin Hood s Well vorbei hinunter nach Spinney Park, dann weiter nach Minton, einem großen Bergwerk inmitten von Getreidefeldern, und von Minton durch das Ackerland auf der Talseite nach Bunker s Hill; dort zweigte sie ab und verlief in nördlicher Richtung nach Beggarlee und Selby, von wo aus man nach Crich und auf die Hügel von Derbyshire blickt; sechs Zechen, die wie schwarze Sargnägel aus der Landschaft ragten, verbunden durch einen dünnen Kettenstrang, die Eisenbahn.

Um die Regimenter von Kumpeln unterzubringen, bauten Carston, Waite & Co. am Berghang von Bestwood die Squares, große viereckige Häuserblocks, und danach errichteten sie in der Bachsenke, auf dem Gelände der Hell Row, die Bottoms.

Die Bottoms bestanden aus sechs Blocks, zwei Zeilen zu je drei Blocks, wie die Punkte auf einem einfachen Sechser-Dominostein, und jeder Block wies zwölf Bergarbeiterhäuser auf. Diese Doppelzeile Wohnhäuser lag am Fuße des ziemlich steilen Berghangs von Bestwood, und zumindest von den Dachfenstern aus hatte man einen Blick auf das mählich nach Selby hin ansteigende Tal.

Die Häuser selbst waren solide gebaut und sehr anständig bemessen. Wenn man um sie herumspazierte, sah man in den Schattenlagen des untersten Blocks kleine Vorgärten mit Aurikeln und Steinbrech, im sonnigen obersten Block solche mit Bart- und Landnelken; man sah saubere Vorderfenster, kleine Vorbauten, niedrige Ligusterhecken und die Mansardenfenster der Dachkammern. Allein, das war von draußen; das war der Blick auf die unbewohnten guten Stuben aller Bergmannsfrauen. Der eigentliche Wohnraum, die Küche, lag auf der Rückseite des Hauses, und von dort ging der Blick auf den Hof zwischen den Blocks, auf einen schäbigen Hintergarten und weiter auf die Abtritte. Und zwischen den Häuserzeilen, zwischen den langen Reihen von Abtritten, verlief die Gasse, wo die Kinder spielten, die Frauen schwatzten und die Männer rauchten. So waren die tatsächlichen Lebensbedingungen in den Bottoms, solide gebaut und so hübsch anzusehen, doch recht unzuträglich, denn die Menschen mussten in ihren Küchen wohnen, und die Küchen führten auf die schmutzige Gasse mit den Abtritten.

Mrs Morel war durchaus nicht darauf versessen, in die Bottoms zu ziehen, die nun bereits zwölf Jahre alt waren und zusehends verfielen, als sie von Bestwood herabstieg. Aber etwas Besseres konnte sie sich nicht leisten. Überdies hatte sie ein Haus am Ende eines der obersten Blocks, somit nur einen Nachbarn und auf der anderen Seite einen zusätzlichen Streifen Garten. Und da sie ein Endhaus bewohnte, stand sie bei den Frauen in den »Zwischenhäusern« in dem Geruch, etwas Vornehmeres zu sein, betrug ihre Wochenmiete doch fünfeinhalb Shilling statt fünf. Freilich bot dieser Rangunterschied Mrs Morel nur geringen Trost.

Sie war einunddreißig Jahre alt und seit acht Jahren verheiratet. Eine eher kleinwüchsige Frau, von zartem Körperbau, aber entschlossener Haltung, scheute sie vor der ersten Begegnung mit den Frauen der Bottoms ein wenig zurück. Im Juli war sie gekommen, und im September erwartete sie ihr drittes Kind.

Ihr Mann war Bergarbeiter. Sie waren erst drei Wochen in ihrem neuen Zuhause, als die Kirmes, oder der Jahrmarkt, begann. Morel, das wusste sie, würde sich bestimmt freinehmen. Am Montag, dem Tag des Jahrmarkts, ging er frühmorgens aus dem Haus. Die beiden Kinder waren in heller Aufregung. William, der Siebenjährige, riss gleich nach dem Frühstück aus, um auf dem Rummelplatz herumzustrolchen, und ließ Annie zurück, die erst fünf war und den ganzen Vormittag über quengelte, weil sie unbedingt mitgehen wollte. Mrs Morel verrichtete ihre Arbeit. Mit ihren Nachbarinnen hatte sie noch keine rechte Bekanntschaft geschlossen und wusste nicht, wem sie die Kleine anvertrauen konnte. Daher versprach sie ihr, sie nach dem Mittagessen zur Kirmes mitzunehmen.

William tauchte um halb eins wieder auf. Er war ein sehr lebhafter Junge, hellhaarig, sommersprossig, und sah ein wenig wie ein Däne oder Norweger aus.

»Kann ich mein Essen kriegen, Mutter?«, rief er, als er, die Mütze auf dem Kopf, hereinstürzte. »Weil um halb zwei geht s los, hat der Mann gesagt.«

»Du kannst dein Essen kriegen, wenn s so weit ist«, erwiderte die Mutter.

»Isses denn noch nich so weit?«, rief er und starrte sie aus seinen blauen Augen entrüstet an. »Dann geh ich eben ohne.«

»Das lässt du hübsch bleiben. In fünf Minuten ist es so weit. Es ist erst halb eins.«

»Aber die fangen gleich an«, rief der Junge. Fast brüllte er.

»Du wirst schon nicht gleich sterben, wenn sie anfangen«, sagte die Mutter. »Außerdem ist es erst halb eins, du hast also noch eine gute Stunde.«

Hastig begann der Junge den Tisch zu decken, und dann setzten die drei sich hin. Gerade aßen sie Yorkshire Pudding mit Marmelade, als der Junge von seinem Stuhl aufsprang und vollkommen reglos stehen blieb. Aus der Ferne konnte man das erste leise Geschmetter eines Karussells hören und das Tröten eines Horns. Sein Gesicht zitterte, als er seine Mutter ansah.

»Hab ich s dir nich gesagt?«, rief er und rannte zum Geschirrschrank, auf dem seine Mütze lag.

»Nimm den Pudding in die Hand - es ist erst fünf nach eins - hast dich also geirrt - hast ja noch gar nicht deine zwei Pence«, rief die Mutter in einem Atemzug.

Bitter enttäuscht kam der Junge zurück, um seine zwei Pence in Empfang zu nehmen, dann ging er wortlos davon.

»Ich will auch hin, ich will auch hin«, sagte Annie und begann zu weinen.

»Du kannst ja hin, du kleiner Brüllaffe«, sagte die Mutter. Und später am Nachmittag stapfte sie mit ihrem Kind an der hohen Hecke entlang den Hügel hinauf. Auf den Wiesen wurde das Heu eingebracht, das Vieh auf die Stoppelfelder getrieben. Es war warm, friedlich.

Mrs Morel mochte die Kirmes gar nicht. Es gab zwei Ringelspiele, eines dampfbetrieben, das andere von einem Pony gezogen; drei Drehorgeln plärrten, und von dort drüben ertönten vereinzelt krachende Pistolenschüsse, die gräulich schnarrende Rassel des Kokosnussmannes, das Gebrüll des Wurfbudenbesitzers, das gellende Geschrei der Guckkastendame. Die Mutter sah ihren Sohn, wie er vor der Bude des Löwen Wallace hingerissen die Bilder dieser berühmten Bestie betrachtete, die einen Schwarzen zerfleischt und zwei Weiße zeitlebens zu Krüppeln gemacht hatte. Sie ließ ihn stehen und ging weiter, um Annie Karamellbonbons zu kaufen. Mit einem Mal stand der Junge hellauf begeistert vor ihr.

»Hast ja gar nich gesagt, dass du kommst - hier is vielleicht was los - der Löwe da hat drei Männer umgebracht - meine zwei Pence hab ich schon ausgegeben - guck mal hier -«

Er zog zwei Eierbecher mit aufgemalten rosa Moosröschen aus der Tasche.

»Die hab ich von der Bude, wo du so Murmeln in so Löcher rollen musst - die beiden hab ich schon nach zwei Versuchen gewonnen - n halben Penny pro Versuch - da sind Moosröschen aufgemalt, guck mal! Die wollt ich haben.«

Sie wusste, dass er sie für sie haben wollte.

»Hm!«, sagte sie erfreut....
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