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Inselbegabung. Nutzbarmachung im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
147 Seiten
Deutsch
GRIN Verlagerschienen am31.05.20221. Auflage
Doktorarbeit / Dissertation aus dem Jahr 2022 im Fachbereich Gesundheit - Public Health, Note: cum laude, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit stellt die Differenziertheit des Syndroms der Inselbegabung dar, beschreibt die Forschungslücken und führt in die theoretischen Grundlagen ein. Schwerpunkt der Grundlagen ist das Verständnis über mögliche besondere Fähigkeiten, ebenso auch typische Einschränkungen. Anschließend werden die Methoden und Instrumente des BGM vorgestellt, die für eine entsprechende Anwendung in Betracht kommen und in der später durchgeführten Hypothesenprüfung relevant werden. Es werden allerdings auch Grenzen aufgezeigt sowie Gründe, warum die erfolgreiche Umsetzung eines BGM scheitern kann. Es folgt eine theoretische Hypothesenprüfung zur Relevanz des Syndroms für den deutschen Arbeitsmarkt. Die Prüfung kommt zu dem Ergebnis, dass die zuvor the-matisierte Differenzierung zwingend für eine Relevanzprüfung zu beachten ist. Während außergewöhnlich Inselbegabte aufgrund geringer Prävalenz kaum Systemrelevanz erlangen, erscheint die talentierte Inselbegabung für das BGM durchaus angezeigt zu sein. Dabei wird die Rolle des BGM und dessen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Nutzbarmachung bzw. dem Ableiten von Synergieeffekten einer betrieblichen Integration für Arbeitgeber, Inselbegabte und vorhandenes Bestandspersonal be-leuchtet und diskutiert. Auch bisherige Forschungsansätze, Synergieeffekte für Neurotypen zu entwickeln, werden in der Diskussion Beachtung finden. Bei zwei weiteren Hypothesen werden die vorhandenen Rahmenbedingungen bei Arbeitgebern untersucht und geprüft, wie weit diese für eine Beschäftigung von Inselbegabten geeignet sind. Dabei erfolgt die Untersuchung im Rahmen einer quantitativen Empirie durch Befragung von abhängig Beschäftigten.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR47,95
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR36,99

Produkt

KlappentextDoktorarbeit / Dissertation aus dem Jahr 2022 im Fachbereich Gesundheit - Public Health, Note: cum laude, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit stellt die Differenziertheit des Syndroms der Inselbegabung dar, beschreibt die Forschungslücken und führt in die theoretischen Grundlagen ein. Schwerpunkt der Grundlagen ist das Verständnis über mögliche besondere Fähigkeiten, ebenso auch typische Einschränkungen. Anschließend werden die Methoden und Instrumente des BGM vorgestellt, die für eine entsprechende Anwendung in Betracht kommen und in der später durchgeführten Hypothesenprüfung relevant werden. Es werden allerdings auch Grenzen aufgezeigt sowie Gründe, warum die erfolgreiche Umsetzung eines BGM scheitern kann. Es folgt eine theoretische Hypothesenprüfung zur Relevanz des Syndroms für den deutschen Arbeitsmarkt. Die Prüfung kommt zu dem Ergebnis, dass die zuvor the-matisierte Differenzierung zwingend für eine Relevanzprüfung zu beachten ist. Während außergewöhnlich Inselbegabte aufgrund geringer Prävalenz kaum Systemrelevanz erlangen, erscheint die talentierte Inselbegabung für das BGM durchaus angezeigt zu sein. Dabei wird die Rolle des BGM und dessen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Nutzbarmachung bzw. dem Ableiten von Synergieeffekten einer betrieblichen Integration für Arbeitgeber, Inselbegabte und vorhandenes Bestandspersonal be-leuchtet und diskutiert. Auch bisherige Forschungsansätze, Synergieeffekte für Neurotypen zu entwickeln, werden in der Diskussion Beachtung finden. Bei zwei weiteren Hypothesen werden die vorhandenen Rahmenbedingungen bei Arbeitgebern untersucht und geprüft, wie weit diese für eine Beschäftigung von Inselbegabten geeignet sind. Dabei erfolgt die Untersuchung im Rahmen einer quantitativen Empirie durch Befragung von abhängig Beschäftigten.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783346652720
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum31.05.2022
Auflage1. Auflage
Seiten147 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1556 Kbytes
Artikel-Nr.9521171
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1.              WHO - World Health OrganizationEinleitung

 
1.1            Hinführung zum Thema

 

Der deutsche Philosoph Karl Philipp Moritz gilt als der erste, der einen Patienten mit Inselbegabung wissenschaftlich untersucht und dokumentiert hat (Moritz, 1783). Der Begriff der Inselbegabung ist ein Synonym für das englische Savant-Syndrom, welches erstmalig jedoch erst vom englischen Neurologen J. Langdon Down im Jahr 1887 benannt wurde (Down, 1887/2018). Während seiner Tätigkeit in einer neurologischen Klinik beobachtete Down Patienten[1], die einerseits unter zum Teil schwersten neurologischen bzw. psychischen Ausfällen litten, andererseits aber mit außergewöhnlichen Fähigkeiten verblüfften. Er berichtete unter anderem von Personen, die mehrere Bücherbände auswendig rezitieren konnten, allerdings ohne deren Sinn zu verstehen. Down bezeichnete diese Menschen als Idiot-Savants (Down, 1887/2018).

 

Seitdem wurde die Inselbegabung in der Literatur vielfach behandelt. Dabei ist es abhängig vom kulturellen und gesellschaftlichen Umfeld, ob sie dämonisiert, pathologisiert oder idealisiert wird (Steinmetzer & Müller, 2015b, S. 374).

 

Auch heute mangelt es an einer allgemeingültigen Definition trotz der mittlerweile 130jährigen Erforschung des Syndroms. Herrschend ist allerdings das Verständnis, dass die Inselbegabung ein medizinisches Syndrom ist und sich durch Fähigkeiten und Kompetenzen eines Individuums auszeichnet, die weit über den menschlichen Durchschnitt hinausgehen.

 

Umgangssprachlich wird der Begriff Inselbegabung auch auf Menschen mit speziellen außergewöhnlichen Fähigkeiten in einem kleinen Teilbereich ( Insel ) angewendet (Neumann, 2015, S. 4). Dabei können die Art und die Ausprägung dieser Fähigkeiten stark variieren.

 

Die breite Faszination für Inselbegabte führte dazu, dass diese Eigenschaften bereits als Material für Hollywood-Produktionen verwendet wurden. Die Fähigkeiten gelten als unmenschlich, ihre Perfektion wird mit der von elektronischen Geräten verglichen. Manchmal werden sie gar außerirdisch oder auch als Vertreter der neuen Evolutionsstufe eingeschätzt " (Stegemeyer-Senst, 2017, S. 8).

 

Dabei liegt diesen Mystifizierungen grundsätzliches Un- und Falschwissen zu Grunde. Zunächst werden Inselbegabte beneidet, denn es scheint, als würden diese über die besseren Voraussetzungen verfügen, um in der Gesellschaftsstruktur Erfolg zu haben. Dabei werden erst auf dem zweiten Blick die mit den Fähigkeiten der Inselbegabten einhergehenden Defizite wahrgenommen (Neumann, 2015, S. 3).

 

Allerdings sind auch die benannten Defizite unterschiedlich hinsichtlich Ausprägung und Art. Pauschalisierungen, Inselbegabte könnten sich weder allein die Zähne putzen, noch allein die Knöpfe zumachen (Jacobs, 2008), entsprechen nicht der Realität.

 

Neben Ausprägung und Art der Fähigkeiten und Einschränkungen ist trotz intensiver Forschung die Genese der Inselbegabung weitgehend ungeklärt. Die Vielfalt der Theorien korrespondiert mit der Heterogenität der Erscheinungen und macht es der Forschung schwer, eindeutigen Erklärungen auf die Spur zu kommen (Stegemeyer-Senst, 2017, S. 8). "Grund hierfür sind in erster Linie das Fehlen einer übereinstimmenden Klassifizierung und eine uneinheitliche Ätiologie des Syndroms bei den Betroffenen" (Neumann, 2015, S. 8).

 

Eingebettet ist das Syndrom der Inselbegabung in bestimmte Krankheitsbilder. Diese Krankheitsbilder sind unterschiedlich, können sich auf angeborene oder hinzugetretene Schäden zurückführen lassen (Brodbeck, 2015). Daneben werden Inselbegabte nach talentierten und außergewöhnlichen Fähigkeiten geclustert (Treffert, 2009). Diese Differenzierungen bieten eine hohe Varianz und eine Vielzahl an ätiopathogenetischen Erklärungsansätzen, was die Erforschung des Syndroms maßgeblich erschwert. Gemeinsamer Nenner aller Inselbegabten ist lediglich die kognitive Einschränkung, die nur bei jedem zweiten Betroffenen mit einer Autismus-Spektrum-Störung (F84.0, F84.1 und F84.5 der ICD-10) einhergeht. Es bleibt die Tatsache, dass es sich keine Gesellschaft leisten kann, ihre begabtesten Mitglieder zu ignorieren, vielmehr müssen sich alle Gesellschaften ernsthaft damit auseinandersetzen, wie sie besondere Talente am besten fördern und ausbilden können (Winner & Klostermann, 1998, S. 9).

 

Dennoch haben Menschen mit Handicap einen schlechteren Zugang zum Arbeitsmarkt (Pfaff, 2018); diese Tendenzen lassen sich auch allgemein bei Menschen mit psychischen Erkrankungen feststellen (Ulich & Wülser, 2018, S. 319). Ohne dass belastbare Arbeitslosenquoten für Inselbegabte existieren, können überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquoten bei Autisten festgestellt werden (Lever, 2016). Die Übertragung auf Inselbegabte liegt nahe.

 

Gleichzeitig zeichnet sich in Deutschland ein demografischer Wandel ab, der in den nächsten 20 bis 30 Jahren einen Fachkräftemangel zur Folge haben wird (z. B. Brandenburg & Domschke, 2007). Damit einher geht eine Alterung des Erwerbspersonenpotenzials (Bellmann, Kistler & Wahse, 2007). Die unabwendbare Existenz des durch den demografischen Wandel bestehenden Fachkräftemangels wird durchaus kritisch bewertet. Dennoch erscheint es als Paradoxon, dass sich eine erhöhte Quote von Beschäftigungslosigkeit bei Inselbegabten vermuten lässt, obwohl diese über überdurchschnittliche Fähigkeiten verfügen und gleichzeitig ein Fachkräftemangel am Arbeitsmarkt besteht. Der Fachkräftemangel und die weiter zu erwartende Entwicklung fordert von Unternehmen noch mehr als bisher, ihre als wichtigste Ressource des Unternehmenserfolgs zu pflegen und zu fördern, um deren Gesundheit und damit die Arbeitskraft möglichst lange zu erhalten und die Mitarbeiter an sich zu binden (Huber, 2010, S. 67).

 

Das BGM verleiht der Fokussierung auf die Gesundheit von Beschäftigten seinen konzeptionellen Rahmen. Sofern die Integration von gesundheitlich beeinträchtigten Beschäftigten, deren Genesung sowie Vermeidung zukünftiger Erkrankungen in das Blickfeld unternehmerischer Überlegungen genommen wird, erscheint das BGM als naheliegendes Instrument. Nur gesunde Mitarbeiter sind in der Lage, motiviert und leistungsfähig zu sein, daher ist Gesundheit ein entscheidender Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor" (Sayed & Kubalski, 2016, S. 2). Dabei umfasst das BGM die Entwicklung betrieblicher Strukturen und Prozesse, die die gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeit und Organisation und die Befähigung zum gesundheitsfördernden Verhalten der Mitarbeiter zum Ziel haben (Badura, Walter & Hehlmann, 2010, S. 33). BGM zielt auf den Erhalt und die Förderung der Mitarbeitergesundheit im Unternehmen ab (Petzi & Kattwinkel, 2016, S. 3). Bei näherer Betrachtung ist fraglich, ob das präventiv aufgebaute BGM auch geeignete Maßnahmen kennt, die für die Integration von dauerhaft Erkrankten angemessen sind.

 

Der Beginn einer BGM-Betrachtung umfasst zunächst die Analyse der Gesundheitssituation, aus der Präventionsmaßnahmen abgeleitet werden (Uhle & Treier, 2019, S. 254). Dabei erfolgt die Bewertung der Gesundheitssituation primär anhand von gängigen Kennzahlen. Vorrangig zu nennen ist hier die Anzahl der Arbeitsunfälle und die Anzahl der krankheitsbedingten Fehltage (Badura, 2013b, S. 45).

 

Eine differenziertere Analyse nimmt Abstand von Fehlzeitenstatistiken und Unfallzahlen, weil salutogene wie pathogene Folgen von Arbeit und Organisation zuallererst im Bereich des psychischen Befindens und auch außerhalb der Arbeit anfallen. Diese Beobachtungen sind überwiegend bei Beschäftigten festzustellen, die sich in ihrem Aufgabenfeld mit Kommunikation und Kopfarbeit beschäftigen.

 

Die daraus resultierende Verhaltensweise stellt das Gegenteil zur mit Krankheit begründeten Abwesenheit (Absentismus) dar und wird unter dem Synonym Präsentismus diskutiert (Uhle & Treier, 2013, S. 223). Der Präsentismus führt zu ähnlichen Produktionseinbußen wie der...

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