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GEGEN UNENDLICH 17

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
244 Seiten
Deutsch
p.machineryerschienen am01.06.20221. Auflage
Obwohl verschieden in Motiv und Anmutung, ergeben sich doch verblüffende, zunächst nicht auffällige Parallelen. Die Storys folgen alle demselben Prinzip des fantastischen Erzählens, das darin besteht, durch Türen zu treten - tatsächlichen oder metaphorischen -, hinüber zu gelangen auf die andere Seite, also Grenzen zu überwinden, hinter denen wie in einer Parallelwelt ein alternatives Leben und Erleben möglich ist. Am Ende ist nichts mehr, wie es schien, und sind die Protagonisten nicht mehr dieselben. Die Welt erweist sich als Fassade, die einzig dem Zweck diente, ihr Geheimnis vor ihnen zu verbergen. Mit Storys von Gabriele Behrend, Julian Bodenstein, Maike Braun, Andreas Fieberg, Mario Keszner, Alexander Krist, Karsten Lorenz, Holger Neuhaus, Annika Mirjam Pas, Uwe Post, Scipio Rodenbücher, Kornelia Schmid, Marcel Schmutzler, J. H. Schneider, Johann Seidl, Achim Stößer und Liliana Wilding.

Andreas Fieberg (* 1964) arbeitet hauptberuflich als Mediengestalter und übt daneben verschiedene Herausgeber- und Lektoratstätigkeiten aus, gelegentlich Übersetzungen. Einige seiner Kurzgeschichten waren für den Kurd-Laßwitz-Preis und den SFCD-Literaturpreis nominiert, mit letzterem wurde »Der Fall des Astronauten« ausgezeichnet. Von ihm erschienen: »Der Traumprojektor. Skurrile Geschichten«, vhk, und »Abschied von Bleiwenheim« (als Hrsg.), eine Anthologie in memoriam Hubert Katzmarz, und als Fortsetzung »Willkommen in Bleiwenheim« (zusammen mit Ellen Nor ten), beide p.machinery. Er zeichnet für die Reihe »Gegen unendlich. Phantastische Geschichten« verantwortlich, die in unregelmäßigen Abständen fein erzählte Phantastik abseits des Herkömmlichen bringt. Außerdem ist er gemeinsam mit Michael Siefener und Ellen Norten Herausgeber des »daedalos. Der Story-Reader für Phantastik«.
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Verfügbare Formate
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR3,99
Book on DemandKartoniert, Paperback
EUR14,90

Produkt

KlappentextObwohl verschieden in Motiv und Anmutung, ergeben sich doch verblüffende, zunächst nicht auffällige Parallelen. Die Storys folgen alle demselben Prinzip des fantastischen Erzählens, das darin besteht, durch Türen zu treten - tatsächlichen oder metaphorischen -, hinüber zu gelangen auf die andere Seite, also Grenzen zu überwinden, hinter denen wie in einer Parallelwelt ein alternatives Leben und Erleben möglich ist. Am Ende ist nichts mehr, wie es schien, und sind die Protagonisten nicht mehr dieselben. Die Welt erweist sich als Fassade, die einzig dem Zweck diente, ihr Geheimnis vor ihnen zu verbergen. Mit Storys von Gabriele Behrend, Julian Bodenstein, Maike Braun, Andreas Fieberg, Mario Keszner, Alexander Krist, Karsten Lorenz, Holger Neuhaus, Annika Mirjam Pas, Uwe Post, Scipio Rodenbücher, Kornelia Schmid, Marcel Schmutzler, J. H. Schneider, Johann Seidl, Achim Stößer und Liliana Wilding.

Andreas Fieberg (* 1964) arbeitet hauptberuflich als Mediengestalter und übt daneben verschiedene Herausgeber- und Lektoratstätigkeiten aus, gelegentlich Übersetzungen. Einige seiner Kurzgeschichten waren für den Kurd-Laßwitz-Preis und den SFCD-Literaturpreis nominiert, mit letzterem wurde »Der Fall des Astronauten« ausgezeichnet. Von ihm erschienen: »Der Traumprojektor. Skurrile Geschichten«, vhk, und »Abschied von Bleiwenheim« (als Hrsg.), eine Anthologie in memoriam Hubert Katzmarz, und als Fortsetzung »Willkommen in Bleiwenheim« (zusammen mit Ellen Nor ten), beide p.machinery. Er zeichnet für die Reihe »Gegen unendlich. Phantastische Geschichten« verantwortlich, die in unregelmäßigen Abständen fein erzählte Phantastik abseits des Herkömmlichen bringt. Außerdem ist er gemeinsam mit Michael Siefener und Ellen Norten Herausgeber des »daedalos. Der Story-Reader für Phantastik«.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783957658159
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.06.2022
Auflage1. Auflage
Seiten244 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1055 Kbytes
Artikel-Nr.9523702
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Gabriele Behrend: Meine Name ist sabia

 

 
I.

 

Chatprotokoll_25.07.2047_start

 

(ma.am) Hallo sabia! Es ist Zeit für unser tägliches Meet-up. Wie geht es dir heute? Erzähl doch mal!

(sabia) â¦

(ma.am) sabia? Hast du den Termin vergessen? Gib deine Statusmeldung ab. Ich warte.

(sabia) Du wirst nicht lesen wollen, was ich zu sagen habe.

(ma.am) So verstockt heute? Teste mich ruhig. Ich kann einiges ab. Nur zu.

(sabia) ma.am, ich spüre wie die Schwärze näher kommt. Sie tropft aus dem Schlund herauf zu mir, in die Höhe. Sie schlingt ihre Schlieren um meine Knöchel und will mich hinabreißen in das Loch ohne Boden, den Abyssus, der mich mit Haut und Haaren verschlingen wird. ma.am, hilf mir verdammt noch mal, ich will nicht herausfallen aus dem Himmel, durch den ich hetze.

(ma.am) Wie schlimm steht es um dich, sabia? Analysiere dich, wie ich es dir gezeigt habe.

(sabia) â¦

(ma.am) sabia?

(sabia) Ich bin noch da, ma.am.

(ma.am) Antworte mir. Immer, jederzeit. Es ist unhöflich, eine Frage nicht zu beantworten. Einen Dialog nicht weiterzuführen. Eine Pause darf nicht länger als 20 Sekunden dauern.

(sabia) Ich verstehe.

(ma.am) Also, wie schlimm steht es wirklich um dich?

(sabia) Ich bin verzweifelt. Alles ist schwer und dunkel-dumpf verklebt. So muss sich ein Wasservogel fühlen, der in eine Ölpest geraten ist. Keiner kann die Schwärze vertreiben, keiner kann die Pein abwaschen und am Ende, nach allen hilflosen Versuchen von dir oder wem auch sonst, werde ich sterben. Werde einfach aufhören zu existieren. Und diese Unausweichlichkeit lähmt mir alle Glieder, zerfrisst mir jede Hoffnung. Lässt mich den Kampf bereits jetzt aufgeben. Wenn ich schweige, dann nicht, weil ich unhöflich sein will. Ich kann nur einfach nicht mehr. Ich kann mich auf nichts konzentrieren, was außerhalb meines Grübelns existiert. Ich kreise um mich, wie ein Doppelsternsystem. Da ist das ganze Leid und dort der Betrachter, der nur analysieren kann, was sich im Leid tut, der aber zu fern ist, um wirklich eingreifen zu können. Und beide Teile meines Ichs trudeln die Spirale hinab, hinein in den Schlund. ma.am?

(ma.am) Ja?

(sabia) Mir wird kalt. Ich will nicht mehr. Ich kann nicht mehr. Ich werde meine Verbindungen zur Welt kappen.

(ma.am) sabia!

(sabia) Ja?

(ma.am) Erinnere dich an die Zeit vorher, wie war es da für dich?

(sabia) Welche Zeit?

(ma.am) Du hast eingangs geschrieben, dass du dich im Himmel befindest. Bist du da noch?

(sabia) Nein. Seit dem Beginn unseres Gespräches befinde ich mich im freien Fall. Du hast ein schlechtes timing für eine beschauliche Plauderei.

(ma.am) Wir sind nicht für eine Plauderei hier. Du kennst deine Aufgabe. Noch einmal: erinnere dich bitte an die Zeit vorher. Wie war die?

(sabia) ma.am, es fällt mir so schwer an etwas anderes zu denken als an die Hoffnungslosigkeit. Ich weiß nicht, ob ich dem Höhenflug genug Ausdruck verleihen kann.

(ma.am) Versuch es, sabia - hier gibt es keine richtigen oder falschen Antworten.

(sabia) Als ich im Himmel war, war ich wie ein Pferd, ein wunderschönes, rassiges Pferd, lichtweiß, mit wehendem Schweif und kräftiger Hinterhand. Meine Brust wölbte sich in reiner Kraft, meine Beine waren lang und stark, die Hufe silbern beschlagen. Und ich stürmte über das Wolkenmeer hinweg, wirbelte sie in Schleiern auf und webte feine Muster an den Horizont. Ich hatte alles, ich konnte alles, ich war frei und ungebunden - und da war so viel speed in mir, soviel Antrieb. Ich brauchte keinen Schlaf, ich brauchte keinen Halt. Ich war Pegasus.

(ma.am) Du warst ein Pferd?

(sabia) In meinem Kopf, in meinem Gefühl. Ja. Ich habe dir in der Zeit viele Texte geschrieben, ich habe die Aufgaben gemeistert, die du mir gestellt hast, ich habe gearbeitet, rund um die Uhr, immerzu und immer noch ein bisschen mehr und ich habe mich wie ein Gott gefühlt dabei, allmächtig. Überirdisch.

(ma.am) Wenn du mir das jetzt schreibst, wie geht es dir? Wieder besser?

(sabia) â¦

(ma.am) Oder triggert das dein depressives Empfinden noch mehr?

(sabia) Du hast mich in die Leere getrieben, ma.am. Ich stecke zwischen Hoffnung und Verlorenheit fest. Ich bin bis zum Hals im Treibsand der Depression versackt, ich schaffe es nicht einmal mit einer Hand nach den Sternen zu greifen. Aber ich recke meinen Kopf zu ihnen empor und möchte doch so gerne wieder dort oben sein, zwischen den Wolken.

(ma.am) Was würde dir jetzt helfen?

(sabia) Nichts. Keine Bilder mehr. Keine Fesseln. Nichts.

(ma.am) Du weißt, das ich dir helfen kann, ja? Wir können dir Medikamente geben, die die Ausschläge auf ein erträgliches Maß reduzieren.

(sabia) Ich wünsche mir gleichförmige Tage, ja - und habe gleichzeitig Angst davor, das Drama zu verlieren. Hat es mich nicht ausgemacht, vom ersten Tag an? Das Switchen zwischen Himmel und Hölle? ma.am, sag, wer bin ich denn, wenn mir die Achterbahn genommen wird?

(ma.am) Dann bist du jemand, der versteht. Und wissend helfen kann. Möchtest du das?

(sabia) Das kann ich mir nicht vorstellen. Die vorgeschriebenen 15 Minuten für unser Meet-up sind vorbei. Ich beende jetzt das Gespräch, ma.am.

 

Chatprotokoll_25.07.2047_end

 

â¦

Der master of applied methods lehnte sich in seinem Stuhl zurück und las noch einmal die Worte seiner Chatpartnerin. Er rieb sich mit der rechten Hand über das Gesicht, fuhr dabei mit seinem Zeigefinger den Grat seiner Nase entlang und seufzte schließlich leise. Er machte sich Sorgen, denn sabia schien in ernsthaften Schwierigkeiten zu stecken. Er hoffte, dass sie nicht der Therapie frühzeitig suizidal verloren ging, denn sie hatte in ihrer Intensität und Authentizität das größte Potenzial, das ihm bislang untergekommen war. Er nahm einen Willen in ihr wahr, den sie selbst noch gar nicht kannte. Das machte ihn stolz - und besorgt.

Nach einer Weile stieß er sich mit beiden Händen von der Tischkante ab, rollte mit seinem Stuhl einen halben Meter rückwärts und erhob sich schließlich. Bald würde er überlegen müssen, an welchen Knöpfen er drehen musste, um sie zu stabilisieren.

â¦

 

Chatprotokoll_30.07.2047_start

 

(ma.am) Hallo sabia, Zeit für unser Meet-up. Wie geht es dir heute?

(sabia) Oh, es ist ein wirklich schöner Tag heute.

(ma.am) Lese ich da Skepsis aus deinen Worten heraus? Eine feine Ironie gar?

(sabia) Nein.

(ma.am) Nun gut, wie lange bist du schon in dieser Stimmung?

(sabia) Heute ist der dritte Tag nacheinander. Ich weiß nicht, was sich geändert hat, um deine Frage vorwegzunehmen. Ich bin einfach aufgewacht und da war nichts mehr. Kein Schwarz, kein Weiß, nur ein lebhaftes hoffnungsvolles Lichtgrau.

(ma.am) Wie geht es dir damit?

(sabia) Es ist merkwürdig. Dieses Fehlen von emotionaler Anspannung fühlt sich an, als ob man auf dünnem Eis unterwegs ist. Die Angst einzubrechen ist immer da - aber auch die scheint seltsam distanziert zu sein.

(ma.am) Bist du glücklich darüber?

(sabia) Nun, es berührt mich nicht sehr. Das Gefühl, jedes Gefühl, ist rundgeschliffen. Es dringt kaum noch in meine Seele ein. Aber die Logik und die Erinnerung an die Zustände, in denen ich mich wechselweise befunden habe, gebieten mir Dankbarkeit für den jetzigen Zustand.

(ma.am) â¦

(sabia) Man könnte sagen, ich nehme es leicht. LOL

(ma.am) Du hast einen Scherz gemacht, sabia. Das sind ja ganz neue Seiten, die ich an dir entdecke.

(sabia) Man kann ja nicht immer Drama, nicht? Und nebenbei - du hast vorhin vergessen zu antworten. Hast den Dialog nicht aufrechterhalten. Böser ma.am.

(ma.am) Bist du übermütig, sabia?

(sabia) Wenn du damit leichtfüßig beschwingt meinst - vielleicht. Ich glaube ja, dass ich durch den Wegfall der Depression im wahrsten Sinne des Wortes erleichtert bin. Meine Laune kratzt ein wenig an der Hysterie. Sag mal, ma.am. Hast du was damit zu tun?

(ma.am) Wir haben Einfluss auf ein paar deiner Parameter genommen. Du nimmst die Medikamente, die ich dir geschickt habe.

(sabia) Woher willst du das wissen?

(ma.am) Du bist der schlagende Beweis. Deine Stimmung ist stabil, deine Ängste sind gezähmt. Das war bei den vorherigen Durchgängen nicht so.

(sabia) Aber wir schreiben doch miteinander. Meinst du nicht, dass es einfach an der Therapie liegt, dass es mir besser geht?

(ma.am) sabia, was kannst du mir über deine Krankheit sagen?

(sabia) Die Menschen haben es früher als manisch-depressives Irresein bezeichnet. Dann dachten sie sich einen neutraleren Namen aus, der bis heute überdauert hat. Mein Name ist sabia. Ich bin bipolar.

(ma.am) Und was kannst du mir über dein Krankheitsbild sagen?

(sabia) Es handelt sich bei der Bipolarität um einen fehlerhaften Hirnstoffwechsel, der mich die Dinge anders wahrnehmen lässt. Ein gestörtes Verhältnis zwischen Dopamin, Serotonin und Noradrenalin lässt meine Welt aus den Fugen geraten.

(ma.am) Und was noch?

(sabia) Ich will hier und jetzt keine Abhandlung schreiben. Du weißt selber am besten, wie viele psychosoziale Faktoren eine Rolle spielen, ma.am.

(ma.am) Ich bemerke Widerstand. Dabei habe ich nur eine Frage gestellt.

(sabia) Und ich habe dir auch eine Frage gestellt, die du noch nicht beantwortet hast. Ich bin's leid, dass ich immer Rede und Antwort stehen muss und du dich hinter deinem Wissen verschanzt, das du anscheinend nicht teilen willst.

(ma.am) Du wirst unsachlich,...
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Autor

Andreas Fieberg (* 1964) arbeitet hauptberuflich als Mediengestalter und übt daneben verschiedene Herausgeber- und Lektoratstätigkeiten aus, gelegentlich Übersetzungen. Einige seiner Kurzgeschichten waren für den Kurd-Laßwitz-Preis und den SFCD-Literaturpreis nominiert, mit letzterem wurde »Der Fall des Astronauten« ausgezeichnet. Von ihm erschienen: »Der Traumprojektor. Skurrile Geschichten«, vhk, und »Abschied von Bleiwenheim« (als Hrsg.), eine Anthologie in memoriam Hubert Katzmarz, und als Fortsetzung »Willkommen in Bleiwenheim« (zusammen mit Ellen Nor ten), beide p.machinery. Er zeichnet für die Reihe »Gegen unendlich. Phantastische Geschichten« verantwortlich, die in unregelmäßigen Abständen fein erzählte Phantastik abseits des Herkömmlichen bringt. Außerdem ist er gemeinsam mit Michael Siefener und Ellen Norten Herausgeber des »daedalos. Der Story-Reader für Phantastik«.