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Fünfundvierzig Jahre Adria und Mittelmeer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
346 Seiten
Deutsch
novum pro Verlagerschienen am31.05.2022
'Wenn jemand eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Drum nähme ich den Stock und Hut und würd das Reisen wählen', schrieb Matthias Claudius einst. Diesen Zweizeiler dürfte sich Alfred Gruber zu seinem Leitspruch gemacht haben. In seinem autobiografischen Werk erzählt er mit Hingabe und liebevoller Akribie über seine alljährlichen Segeltörns auf der Adria entlang der dalmatinischen Küste. Bis nach Malta bringen die Fahrten ihn mit Familie oder Freunden auf seiner 'Santorin'. Dabei lässt er tief in die Kultur der Länder und der Menschen blicken und liefert dem geschichtlich interessierten Leser realistische und grundehrliche Informationen. Auch der versierte Segler kommt thematisch auf seine Kosten. Nicht nur Bordkatze Felizitas sollten am Ende 'Seebeine' gewachsen sein.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR18,40
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR15,99

Produkt

Klappentext'Wenn jemand eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Drum nähme ich den Stock und Hut und würd das Reisen wählen', schrieb Matthias Claudius einst. Diesen Zweizeiler dürfte sich Alfred Gruber zu seinem Leitspruch gemacht haben. In seinem autobiografischen Werk erzählt er mit Hingabe und liebevoller Akribie über seine alljährlichen Segeltörns auf der Adria entlang der dalmatinischen Küste. Bis nach Malta bringen die Fahrten ihn mit Familie oder Freunden auf seiner 'Santorin'. Dabei lässt er tief in die Kultur der Länder und der Menschen blicken und liefert dem geschichtlich interessierten Leser realistische und grundehrliche Informationen. Auch der versierte Segler kommt thematisch auf seine Kosten. Nicht nur Bordkatze Felizitas sollten am Ende 'Seebeine' gewachsen sein.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783991312680
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum31.05.2022
Seiten346 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse27326 Kbytes
Artikel-Nr.9523705
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



2. Kapitel

Beweis der Kenntnisse oder: Von der Theorie zur Praxis

Meine ersten Einblicke ergaben, dass es mit einigen Dingen an Bord der Yacht nicht zum Besten stand. Vor allem die Segel waren so ziemlich am Ende ihrer Bestimmung. Das Material, zwar beste Mako-Baumwolle, stammte noch aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Die neuen Textilien aus Kunststoff gab es noch nicht sehr lange. Dacron war sehr teuer und für unsere Familie unerschwinglich. Dieses Material leisteten sich gerade einmal die zwei betuchtesten Mitglieder des Yachtklubs. Wir mussten uns mit geflickter Wäsche zufriedengeben, falls wir in die Saison des Jahres 1957 segeln wollten. An die Teilnahme an Wettfahrten war jedenfalls nicht zu denken.

Nun hatte mein zukünftiger Schwiegervater ein sehr gutes Lehrbuch für Matrosen zu Hause. Der Titel des Buches lautete Decksarbeit. Ein Handbuch für Seeleute von Kapitän Ernst Wagner. Er gab mir das Buch mit dem Zusatz: Damit lege ich hoffentlich die Drecksarbeit in bewährte Hände! Ich versprach ihm, seinen mir gegebenen Vertrauensvorschuss jedenfalls zu rechtfertigen.

Die Reparatur des Großsegels, das besonders mitgenommen war, beschäftigte mich in der ganzen Karwoche. Dafür ließ sich das Ergebnis sehen. Der Anblick des im Wind gespannten Segels würde einigermaßen erträglich sein. Bei den Vorsegeln und am Besansegel waren die Ausbesserungsarbeiten - Gott sei Dank - nicht so arbeitsintensiv.

Für dieselbe Saison war auch der Einbau eines neueren Hilfsmotors vorgesehen. Der alte Perl-Auhof 12 PS Motor war unbrauchbar geworden. Damals kamen am Wörthersee natürlich nur überholte PKW-Motoren infrage. Selbst die in der Werft hergestellten brandneuen Motorboote bekamen gebrauchte Motoren der damaligen sehr stark motorisierten Ami-Schlitten verpasst. Für unsere Yawl hatte der Bootsbauer die Maschine eines Ford Eifel mit 34 PS besorgt. Dazu baute mein Kapitän noch einen Dynastarter - eine Kombination aus Dynamo und Startermotor - ein, der durch die Welle angetrieben wurde, aber auch umgekehrt über Batteriestrom die Welle antrieb. So konnte die Yacht mithilfe einer LKW-Starterbatterie etwa eineinhalb Stunden geräuschlos das Wasser durchpflügen.

Ein in Kraweelbauweise beplanktes Holzschiff, welches in einem Bootsschuppen überwintert, muss zunächst wie ein Fass etwa eine Woche unter Wasser getaucht werden, damit die Planken wieder dicht werden und der Rumpf nicht mehr leckt. Auch musste der Lack am Rumpf jedes Jahr totgeschliffen und danach neuer Bootslack aufgebracht werden. Erst dann wurde das Schiff endgültig zu Wasser gelassen. Danach wurden die Masten gesetzt. Es war wahrlich viel Arbeitseinsatz zu leisten, um dem Vergnügen des Segelns nachgehen zu können. Sobald die Yawl im Wasser lag und für die Saison vorbereitet werden konnte, war ich an den Wochenenden in der Werft und schlief an Bord.

Es war Samstag, die Masten waren provisorisch befestigt. Erst am Sonntag sollte weitergearbeitet werden. Ich wurde allein in der Werft zurückgelassen und machte es mir für die Nacht in der Kajüte bequem. Die Familie - Vater, Mutter und Tochter - sollte am Sonntag erst am späten Vormittag wieder in der Werft eintreffen, denn mit einem Milchgeschäft hatte man in diesen Jahren die Pflicht, auch sonntags von sieben bis elf Uhr geöffnet zu haben.

Als Frühaufsteher, aber auch begierig, die Takelage in Ordnung zu bringen, war ich schon nach dem Morgengrauen damit beschäftigt, zunächst Stage und Wanten zu befestigen und zu spannen. Dann klarte ich die Fallen auf. Bei drei Vorsegeln plus Großsegel und der Masthöhe von 15,8 Metern immerhin einiges an Herausforderung, waren es doch alles gleichaussehende Hanfseile, welche frei laufen mussten. Um sicherzugehen, dass die ganze Takelage korrekt gesetzt war, kletterte ich in den Masttopp. Dort saß ich, als die Familie ankam. Mastgut gesetzt und aufgeklart! , meldete ich. Der Kapitän kontrollierte mein Werk und war erstaunt darüber, alles in Ordnung vorzufinden. Er hatte nämlich in dem Augenblick, in dem er mich beim Herannahen auf der Mastspitze erspähte, noch im Auto zu Frau und Tochter verlautet: So, jetzt sitzt der Affe da oben, hat sicher alles durcheinandergebracht und ich darf die ganze Wuling aufklaren! Er wusste eben noch nichts von meinen Qualitäten in Seemannschaft. Weniger Begeisterung zeigte der Bootsbauer, als er herausfand, dass auch alle Spleiß- und Takelarbeiten hinkünftig von mir ausgeführt wurden.

Die Yacht war bald darauf seeklar, und endlich konnte die Saison angesegelt werden. Wie würde ich wohl mit dem Kahn zurechtkommen? Schließlich war eine Yawl von zwölf Metern Länge über alles mit dreifachem Vorgeschirr, Groß- und Besansegel zu beherrschen. Normalerweise beginnt man auf kleinen Jollen mit der Segelei.

Das Wetter am Wörthersee war in diesen Jahren für die Segler selten günstig. Sehr oft war man von Flauten geplagt. Um trotzdem etwas Spaß zu haben, fuhren wir unter Maschine. Mir kam das gerade recht, konnte ich doch auf diese Weise das Verhalten des Schiffes bei ruhigem Wasser in mich aufnehmen. In kurzer Zeit gelangen mir so die Ab- und Anlegemanöver tadellos. Als ich herausfand, dass am frühen Morgen fast immer ein leichter und konstanter Westwind blies, beschloss ich, diesen auch zu nutzen. Diese Morgenbrise kam zwischen fünf und halb sechs Uhr auf und wehte bis etwa acht. Da ich allein an Bord übernachtete, war es kein Problem, um diese Zeit zunächst in Schleichfahrt den Liegeplatz zu verlassen. Mit immer mehr gesetzten Segeln tastete ich mich vor und erlangte so bald auch eine Praxis beim Segeln.

Ein besonders begeisterter Segler war der Schwager meines Schwiegervaters. Er war mit der Schwester der Mutter meiner Braut verheiratet. Er hatte sich das ehemalige Rettungsboot eines Passagierdampfers zu einer Yawl um- und ausgebaut. Die Offiziere der Besatzungsmacht hatten die Bootshülle von Triest an den Wörthersee gebracht, dann aber ihr Interesse daran verloren. Onkel Fredl, wie er von uns genannt wurde, setzte seinen ganzen Ehrgeiz daran, daraus eine kleine Kostbarkeit zu schaffen. Der aus Stahlblech bestehende Rumpf war so in Form gepresst worden, dass er einem geklinkerten Holzboot ähnlich sah. Durch die weiße Lackierung und das aufgesetzte Holzdeck war die Illusion einer klassischen Holzkonstruktion gegeben. Der neun Meter lange und circa zwei Meter breite Spitzgatter bekam zur Stabilisierung einen Betonboden verpasst. Das aufholbare Schwert wirkte der Abdrift entgegen. Die Kajüte hatte Platz für zwei Bänke, die auch als Kojen verwendet wurden. Der Tisch zwischen beiden war auf dem Schwertkasten aufgesetzt. Am feststehenden Mittelteil konnten die Seitenteile hinuntergeklappt werden. Sogar eine kleine Kombüse war eingerichtet. In der Plicht war - von oben offen zugänglich - ein Einzylinder-Glühkopf-Dieselmotor eingelassen. Diese Art Motor wurde mit einer Starterleine angelassen, welche um das Schwungrad gewickelt wurde. Vorher musste man aber Petroleum in eine Vertiefung des Zylinderkopfes gießen und anzünden, um eine Vorwärmung des Zylinders zu erreichen. Mit einem sonoren Tock-Tock-Tock lief der Motor dann an und wurde weit über den See hinweg vernommen.

Die Takelage war traditionell den Küstenseglern der Nordsee angeglichen. Der Hauptmast trug das Gaffelgroßsegel, das von Mastringen gehalten wurde, und ein Gaffeltoppsegel, Fock und Klüver waren an einem kurzen Bugspriet angeschlagen. Am Besanmast wurde das Treibersegel über einen Papageienstock geführt. Später kam für die Vorwindfahrt statt eines Ballons noch eine Breitfock an einer Rah dazu, welche bis in Höhe der Saling hochgeholt wurde. Onkel Fredl gelangte mit diesem Boot sogar in das Programm des ORF. Unter dem Titel Der alte Mann und sein Boot sendeten sie einmal einen sehr romantischen Beitrag im Vorabendprogramm.

Wir hatten jedenfalls mit den beiden Yachten in den Sommern der späten Fünfzigerjahre unsere Abenteuer. Gut erinnere ich mich an eine Reise, die fünf Tage dauerte. An Bord waren neben Onkel Fredl als Kapitän seine beiden Söhne, mein Bruder und ich. In diesen fünf Tagen befuhren wir den ganzen See längs und auch quer. An interessanten Stellen hielten wir, machten auch Landgänge, wie zum Beispiel in Maria Wörth, gingen auch einmal in ein Gasthaus oder versorgten uns mit Proviant. Kurzum, die Illusion einer großen Seereise war perfekt; besonders für die drei Teenager an Bord.

Das Leben war streng seemännisch geregelt, mit Onkel Fredl als Kapitän, mir selbst als erstem Offizier und meinem Bruder als Maat. Matrose und Moses waren der ältere Sohn des Käptn und sein kleiner Bruder. Diese Rollenverteilung wurde auch einigermaßen eingehalten. Morgens und abends gab es zum Setzen und Einholen der Nationale einen Flaggenappell. Dazu musste der Maat mit der Bootsmannspfeife Seite pfeifen . Die Mannschaft war angetreten und wurde auf korrektes Aussehen vom Ersten unter den strengen Augen des Käptn kontrolliert. Nach dem Weckruf Reise, reise, überall zurrt Hängematten wurde besonders darauf geachtet, dass die Morgentoilette nicht zu kurz gekommen war und die Kojen in Ordnung gebracht waren. Ebenso musste nach dem Befehl Licht aus, Lunten aus! Ruhe im Schiff! die Mannschaft in der Koje liegen, während der Käptn dem Ersten noch manches Seemannnsgarn verklickerte oder über Bootskonstruktionen fachsimpelte. Dabei lagen wir in einer netten Bucht vor Anker, bewunderten den Sternenhimmel und ließen den Tag...

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