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Für immer Kind?

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Die Werkstatt Verlagsauslieferungerschienen am13.06.20221. Auflage
Kaum eine Beziehung prägt uns so wie die zu unseren Eltern, egal wie alt wir werden. Nicht selten verbringen wir heute 50 oder 60 gemeinsame Jahre, viele mehr als je zuvor. Das stellt uns vor neue gesellschaftliche, aber vor allem individuelle Aufgaben: Wie gestalten wir diese lebenslange Beziehung für beide Seiten stimmig? Wie können sich erwachsene Kinder abgrenzen, wenn alte Eltern noch lange an ihrem Leben teilhaben? Sind Kinder ihren Eltern etwas schuldig - und umgekehrt? Anschaulich und psychologisch fundiert erzählt Anne Otto von den unterschiedlichen Lebenssituationen erwachsener Kinder und ihrer Eltern. Ausgehend von konkreten Beispielen beleuchtet sie die Entwicklungsaufgaben, die Eltern und Kinder gemeinsam zu lösen haben. Denn egal ob wir uns aus konfliktbeladenen Verstrickungen befreien wollen oder eine bestehende Verbundenheit pflegen: Erst wenn die Beziehung zu unseren Eltern geklärt ist, können wir wirklich erwachsen werden.

Anne Otto ist Diplom-Psychologin und Autorin. Sie schreibt regelmäßig für Medien wie Spiegel Wissen, Spiegel Online, Psychologie Heute und Flow. Zu ihren letzten Sachbüchern zählen »Woher kommt der Hass? Die psychologischen Ursachen von Rechtsruck und Rassismus« (2019) und »Ich bin dann mal bei mir. 12 Auszeiten für die Seele«, mit Verena Carl (2021). Außerdem entwickelt sie Online- und Video-Coachingformate und berät Klientinnen und Klienten in Fragen zur Persönlichkeitsentwicklung. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextKaum eine Beziehung prägt uns so wie die zu unseren Eltern, egal wie alt wir werden. Nicht selten verbringen wir heute 50 oder 60 gemeinsame Jahre, viele mehr als je zuvor. Das stellt uns vor neue gesellschaftliche, aber vor allem individuelle Aufgaben: Wie gestalten wir diese lebenslange Beziehung für beide Seiten stimmig? Wie können sich erwachsene Kinder abgrenzen, wenn alte Eltern noch lange an ihrem Leben teilhaben? Sind Kinder ihren Eltern etwas schuldig - und umgekehrt? Anschaulich und psychologisch fundiert erzählt Anne Otto von den unterschiedlichen Lebenssituationen erwachsener Kinder und ihrer Eltern. Ausgehend von konkreten Beispielen beleuchtet sie die Entwicklungsaufgaben, die Eltern und Kinder gemeinsam zu lösen haben. Denn egal ob wir uns aus konfliktbeladenen Verstrickungen befreien wollen oder eine bestehende Verbundenheit pflegen: Erst wenn die Beziehung zu unseren Eltern geklärt ist, können wir wirklich erwachsen werden.

Anne Otto ist Diplom-Psychologin und Autorin. Sie schreibt regelmäßig für Medien wie Spiegel Wissen, Spiegel Online, Psychologie Heute und Flow. Zu ihren letzten Sachbüchern zählen »Woher kommt der Hass? Die psychologischen Ursachen von Rechtsruck und Rassismus« (2019) und »Ich bin dann mal bei mir. 12 Auszeiten für die Seele«, mit Verena Carl (2021). Außerdem entwickelt sie Online- und Video-Coachingformate und berät Klientinnen und Klienten in Fragen zur Persönlichkeitsentwicklung. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783896846006
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum13.06.2022
Auflage1. Auflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2509 Kbytes
Artikel-Nr.9556919
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Für immer Kind?

Neulich im Supermarkt: In der Schlange an der Fleischtheke steht eine Greisin mit Rollator, neben ihr zwei gestylte Endfünfziger. Während die alte Dame mit der Verkäuferin tratscht, weist sie mit großer Geste auf ihre Begleitung: »Kennen Sie eigentlich meine Kinder? Sie besuchen mich heute aus München.« Ein verlegendes Hallo auf Seiten der Erwachsenen in Kostüm und Anzug, beide schauen auf ihre Schuhspitzen. Doch die Verkäuferin strahlt: »Ja, so was. Wie schön. Wie reizend.« Fehlt nur noch, dass sie den Kindern eine Scheibe Fleischwurst über die Theke reicht.

Die Szene ist ebenso alltäglich wie seltsam. Denn wir sind alle die Kinder unserer Eltern, bleiben es lebenslang. Vierzigjährige Familienväter, fünfzigjährige Topmanagerinnen oder sechzigjährige Umweltaktivisten werden selbstverständlich als Kinder bezeichnet, sobald sie sich in der Nähe ihrer Eltern aufhalten. Da können sie in anderen Zusammenhängen noch so erwachsen sein. Auch die Verbindungen und Verstrickungen aus Kindheit und Jugend werden dann oft wieder lebendig. Manchmal scheint es, als sei man durch einen Zeittunnel gefallen, hinein in eine Phase, in der die Gartenzäune höher waren und man an der Fleischtheke tatsächlich noch nicht über den Rand schauen konnte.

Dass es in den letzten Jahrzehnten immer häufiger Gelegenheiten gibt, über »erwachsene Kinder und ihre alten Eltern« zu sprechen, hat aber nichts damit zu tun, dass Erwachsene zu Beginn des 21. Jahrhunderts infantiler wären als früher. Nur brauchen wir dringend Worte, um die langjährigen familiären Beziehungen zwischen den verschiedenen Generationen in all ihren Facetten zu beschreiben. Denn in den letzten Dekaden hat sich in Familien etwas Entscheidendes verändert: Eltern und Kinder erleben heute mehr gemeinsame Jahrzehnte. Waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts Väter und ihre Kinder im Schnitt 15 bis 20 Jahre gemeinsam auf der Welt, sind es seit einigen Jahrzehnten 50 bis 60 gemeinsame Jahre, so eine Einschätzung des Berliner Sozialwissenschaftlers Hans Bertram.1 Eigentlich eine gute Nachricht. Denn sie zeigt, dass wir alle immer älter werden, in einer »Gesellschaft des langen Lebens«2 angekommen sind. Noch ein weiterer Früher-heute-Vergleich: Die fernere Lebenserwartung, also die Anzahl der Jahre, die Menschen über 60 durchschnittlich noch leben werden, beträgt heute für Frauen 25,9 Jahre, für Männer 21,8 Jahre. Vor 100 Jahren waren es um die zehn Jahre weniger.3

Wenn Sie diese Zahlen ein bisschen in Kopf und Herz bewegen, wird deutlich, wie viel sie mit uns und unseren Familien zu tun haben: Wir alle haben es nicht nur unter politischen oder wirtschaftlichen Aspekten mit der Veränderung der Bevölkerungsstruktur zu tun. Der demografische Wandel hat auch eine persönliche, psychologische, familiendynamische Dimension. Doch während wir die gesellschaftspolitische Tragweite der Langlebigkeit - von Altersarmut bis Pflegenotstand - bereits seit Jahrzehnten diskutieren, bleiben die psychosozialen Konsequenzen für Einzelne und Familien oft außen vor.

In familiären Beziehungen stehen wir vor einer neuen Entwicklung. Es gibt wenig Vorbilder, Erfahrungen, Best-Practice-Beispiele. Vor allem fehlt ein Bewusstsein darüber, dass Menschen heute viel älter werden und sich dadurch die Struktur und die Dynamik in Familien grundlegend ändert. Bisher unbekannte Fragen auftauchen. Neue Routinen fehlen bisher. Wie so oft bei gesellschaftlichen Umwälzungen haben viele das Gefühl, einsam vor bestimmten Schwierigkeiten zu stehen, für die sie keine sicheren Lösungen finden. Mittelalte und ältere Menschen überlegen dann im kleinen Kreis der Familie, wie sie damit umgehen könnten, dass ihre betagten Eltern sehr lange Begleitung und Pflege brauchen. Und das in einer Phase, in der sie selbst berufstätig sind, sich oft auch noch um ihre Kinder kümmern. Andere fragen sich, wie sie mit ihren sehr aktiven alten Eltern umgehen sollen, die den Staffelstab in keinem Lebensbereich an die nächste Generation weitergeben wollen. Und wieder andere realisieren, dass sich belastende Familienverhältnisse nicht dadurch auflösen, dass alte Eltern irgendwann sterben - sondern alter Zoff und Zweifel eine feste Größe im eigenen Leben bleiben.

Natürlich wird über diese Themen zum Teil auch in Freundeskreisen gesprochen. Vor allem bei Menschen zwischen 45 und 65 Jahren. Manchmal wird der Umgang mit den alten Eltern bei Abendeinladungen beinahe zum Top-Thema. Gespräche über Urlaub, Job, Trends oder die Schoten der pubertären Kinder treten in den Hintergrund. Aufmerksam lauscht man den anderen, wenn sie erzählen, wie es deren Eltern gesundheitlich geht, was für Probleme es gibt und was das alles an Stress mit sich bringt. Auch wenn in solchen Runden manchmal Lösungsansätze greifbar werden und zum Teil witzige oder versöhnliche Anekdoten erzählt werden - Ratlosigkeit und Unsicherheit bleiben. Es fehlt eine Landkarte, eine Zeitkarte, ein Überblick, wie man alte Eltern begleiten kann, wie man sich abgrenzt und für sich selbst sorgt, welche Unterstützung angeboten wird und welche praktischen Ideen und Tricks es geben könnte, mit den vielen gemeinsamen Jahren umzugehen.

Dieses Buch kann Ihnen Orientierung geben. Es schlägt die Brücke zwischen den demografischen Entwicklungen und den psychologischen Fragen, die auf viele Familien zukommen. Es ist ausdrücklich für all die halbjungen, mittelalten und älteren Söhne und Töchter gedacht, die mit ihren alten oder sehr alten Eltern einen passenden Umgang finden wollen - praktisch, persönlich und seelisch. Falls Sie sich davon angesprochen fühlen: Willkommen im Club.

Um das Thema umfassend greifbar zu machen, habe ich zum einen Interviews mit erwachsenen Söhnen und Töchtern geführt, die mir überraschend offen erzählten, wie sie die Verbindung zu ihren immer älter werdenden Eltern erleben. Dazu ordne ich das Erzählte psychologisch ein, beleuchte häufig auftretende familiäre Muster, prototypische Entwicklungen, Wendungen und Schwierigkeiten. Außerdem gibt es konkrete Anregungen für den Umgang mit alten Eltern bei Konflikten, in der Pflege und Begleitung im Alter: Im ersten Kapitel erzählt die 54-jährige Elke, wie sich die Beziehung zu ihrer Mutter lebenslang immer wieder verändert hat und warum es für sie wichtig ist, ihre Mutter gelegentlich zu enttäuschen. Im zweiten Kapitel beschreibt eine Tochter, wie sie ihre demente Mutter über zehn Jahre lang begleitet hat und wie erschöpft sie dabei selbst oft gewesen ist. Das dritte Kapitel dreht sich um alte Eltern, die aktiv bis dominant sind, und wie man ihnen als erwachsenes Kind dennoch auf Augenhöhe begegnen kann. Das schwierige Thema belasteter Eltern-Kind-Beziehungen ist Gegenstand des vierten Kapitels. Hier erzählt Michael vom stets unterkühlten Verhältnis zu seinen Eltern. Ein Happy End gibt es nicht. Nur ein paar Vorschläge für eine angemessene Art, mit alten Eltern umzugehen, denen man sich entfremdet fühlt. Das oft idealisierte Wohnen einer Mehrgenerationenfamilie unter einem Dach ist Thema des fünften Kapitels. Und im sechsten Kapitel geht es um die Frage, wie Mütter und Väter aus der ersten Generation der sogenannten Arbeitsmigranten hierzulande gut alt werden können. In einem letzten, siebten Kapitel gibt Ihnen die eher alltägliche Geschichte von Jens und seiner Mutter Luise Impulse, wie Sie alte Eltern gut begleiten können, wenn diese irgendwann mehr Hilfe brauchen.

Am Schluss eines jeden Kapitels weitet sich der Blick auf die gesellschaftliche Perspektive. Der Fokus wird von der rein familiären Situation auf das größere Ganze gelenkt. Gesellschaftliche und zum Teil auch sozialpolitische Entwicklungen werden schlaglichtartig hervorgehoben. Denn es gibt immer auch Grenzen des eigenen Einflussbereichs. Es kann uns nicht reichen, dass jede und jeder sich den Schwierigkeiten der alternden Gesellschaft ausschließlich in der eigenen Familie stellt. Alles, was wir mit unseren Eltern erleben, findet in einem bestimmten Rahmen statt. Politik und Gesellschaft könnten diesen erweitern und uns so einen anderen Umgang mit dem Alter der Eltern ermöglichen. Außerdem bekommen Sie am Ende jedes Kapitels unter »Was kann ich selbst tun?« einige praktische Tipps und Anregungen zum Umgang mit Ihren Eltern und mit Ihren eigenen Fragen und Emotionen.

Vielleicht fragen Sie sich nun, was es Ihnen nützt, sich all diese Familienkonstellationen vor Augen zu führen? Was es Ihnen bringen könnte, die psychologischen Mechanismen in alternden Familien zu kennen und zu verstehen? Als Psychologin und Wissenschaftsjournalistin bin ich davon überzeugt, dass es sich für Sie lohnen kann, sich bestimmte gesellschaftliche Lagen bewusst zu machen und klar zu sehen, was all das mit Ihnen und Ihrem Leben zu tun hat. In Untersuchungen über die Wirkung von Coaching- und Beratungsprozessen wird beispielsweise immer wieder belegt, dass die Möglichkeit zur Selbstreflexion und zur Bewusstwerdung der eigenen Situation dabei hilft, anstehende Entwicklungen im Berufs- oder Privatleben mit mehr Zuversicht und Geschick zu meistern.4 Die hier geschilderten Beispiele regen diese Art von Reflexion konkret an und helfen Ihnen bei der Standortbestimmung und der Planung zukünftiger Schritte im Zusammenhang mit Ihren alten Eltern. Und für Ihr eigenes Leben in den nächsten Jahren.

Dabei gebe ich zu: Die Themen dieses Buches sind immer nur in einem bestimmten Zeitfenster des Lebens interessant. Sie betreffen die meisten Menschen etwa ein bis zwei Jahrzehnte lang - dann aber umso dringlicher. Davor und danach ist das Fenster geschlossen. Niemand hat...
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Autor

Anne Otto ist Diplom-Psychologin und Autorin. Sie schreibt regelmäßig für Medien wie Spiegel Wissen, Spiegel Online, Psychologie Heute und Flow. Zu ihren letzten Sachbüchern zählen »Woher kommt der Hass? Die psychologischen Ursachen von Rechtsruck und Rassismus« (2019) und »Ich bin dann mal bei mir. 12 Auszeiten für die Seele«, mit Verena Carl (2021). Außerdem entwickelt sie Online- und Video-Coachingformate und berät Klientinnen und Klienten in Fragen zur Persönlichkeitsentwicklung. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg.