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Dr. Hoffmann erzählt von der Liebe

sieben literarische Geschichten
tolino mediaerschienen am01.07.2020
Was tun, wenn das Leben plötzlich in unerwartete Bahnen umschwenkt? Auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit, Erfüllung und Bestätigung im Job, dem Ende von Einsamkeit und Trauer, nach Selbstbestimmung und Freiheit entwickeln die Heldinnen und Helden dieser sieben literarischen Geschichten teils skurrile Ideen, verlieren sich in Scheinwelten, drehen kuriose Extraschleifen oder landen in Sackgassen. Aber Aufgeben ist keine Option. Wieder Aufstehen oder gar Auferstehen allerdings schon. Und ihr Mut zu Aufbruch und Neubeginn lohnt sich. Denn unterwegs finden sie, meist unerwartet, Unterstützung; die Empathie Gleichgesinnter, die Schönheit der Natur, die Magie des Augenblicks. Denn unser Leben ist eine Reise zu sich selbst, die - zum Glück - niemals endet und stets neue Überraschungen birgt. Und so finden die Protagonistinnen und Protagonisten dieser existentiellen Kurzgeschichten Kraft, Lebensmut und neue Hoffnung am Wegesrand und sie entdecken, dass ihr Leben unendlich wertvoll ist. Und da ist ja noch die Macht der Kunst, die unser Leben verändern kann. Man muss sich nur darauf einlassen. Charles, ein ganz besonderer Zeitgenosse, bringt es in einer der Storys auf den Punkt: 'L'imagination, die Fantasie, sie lebt in Ihnen, in mir, in allen Menschen und Gegenständen und sogar in einem Plastikrohr.'

Aufbruch und Neubeginn sind zentrale Themen der bayerischen Autorin und PR-Beraterin Silke Brügel. In ihrer Freizeit spielt sie Saxofon in einer Band, liebt moderne Kunst und taucht gerne in tiefem Wasser ab wie ihre ProtagonistInnen. Weitere Inspirationsquellen sind Reisen quer Europa insbesondere nach Frankreich, Großbritannien und Spanien. 2019 erschien ihr Debüt "und All das Leben in deinem Kopf" - ein moderner Familienroman mit einem Schuss Phantastik.
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KlappentextWas tun, wenn das Leben plötzlich in unerwartete Bahnen umschwenkt? Auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit, Erfüllung und Bestätigung im Job, dem Ende von Einsamkeit und Trauer, nach Selbstbestimmung und Freiheit entwickeln die Heldinnen und Helden dieser sieben literarischen Geschichten teils skurrile Ideen, verlieren sich in Scheinwelten, drehen kuriose Extraschleifen oder landen in Sackgassen. Aber Aufgeben ist keine Option. Wieder Aufstehen oder gar Auferstehen allerdings schon. Und ihr Mut zu Aufbruch und Neubeginn lohnt sich. Denn unterwegs finden sie, meist unerwartet, Unterstützung; die Empathie Gleichgesinnter, die Schönheit der Natur, die Magie des Augenblicks. Denn unser Leben ist eine Reise zu sich selbst, die - zum Glück - niemals endet und stets neue Überraschungen birgt. Und so finden die Protagonistinnen und Protagonisten dieser existentiellen Kurzgeschichten Kraft, Lebensmut und neue Hoffnung am Wegesrand und sie entdecken, dass ihr Leben unendlich wertvoll ist. Und da ist ja noch die Macht der Kunst, die unser Leben verändern kann. Man muss sich nur darauf einlassen. Charles, ein ganz besonderer Zeitgenosse, bringt es in einer der Storys auf den Punkt: 'L'imagination, die Fantasie, sie lebt in Ihnen, in mir, in allen Menschen und Gegenständen und sogar in einem Plastikrohr.'

Aufbruch und Neubeginn sind zentrale Themen der bayerischen Autorin und PR-Beraterin Silke Brügel. In ihrer Freizeit spielt sie Saxofon in einer Band, liebt moderne Kunst und taucht gerne in tiefem Wasser ab wie ihre ProtagonistInnen. Weitere Inspirationsquellen sind Reisen quer Europa insbesondere nach Frankreich, Großbritannien und Spanien. 2019 erschien ihr Debüt "und All das Leben in deinem Kopf" - ein moderner Familienroman mit einem Schuss Phantastik.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783752110210
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum01.07.2020
Seiten134 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse281
Artikel-Nr.9558265
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe






Run Back Home






Es passierte bei der Aufforderung zum Tanz. Der Fischmann, der gerade seinen Improvisationsauftritt zum Thema Glück mit einem imaginären Zieleinlauf (nach oben gerissene Arme, Siegerpose mit geballter Faust und unaufgefordertes Umarmen der schönen Schauspielerin, die ihn barsch zurückwies) absolviert hatte, stürmte beim ersten Walzerklang direkt auf Nadine zu. Dann packte er sie an der Hüfte und begann, wie wild herumzuspringen. Es war unmöglich, ihn zu stoppen. Er zerrte Nadine mit lächerlich großen Walzerschritten durch den schmalen Gang zwischen den Biertischen in Richtung Holzbühne. Es war, als hätte er seine Ratio per Knopfdruck ausgestellt wie einen Radiosender und ein neues Programm eingestellt; ein ihm vollkommen unbekanntes Programm, das er weder kontrollieren noch ausschalten konnte. Von dem coolen Selfmademan war nichts mehr übrig. Als sich Nadine aus seiner Umklammerung lösen konnte, sprang er auf die Holzbühne und drehte sich alleine weiter; linksherum, dann rechtsherum mit einer imaginären Partnerin im Arm, auch noch als der letzte Walzerklang schon längst verklungen war. Alle sahen zu, wie er sich lächerlich machte. Auch die Schauspielerin stoppte ihn nicht. Im Gegenteil. Sie schien die Situation zu genießen und beobachtete ihn wie das Ergebnis eines gelungenen Experiments. Der wie ein brodelnder Vulkan aus seinem Inneren ausgebrochene Gefühlsschwall machte ihn im Außen nicht schöner. Im Gegenteil. Damals sah sie zum ersten Mal seinen Fischmund, nach Luft zum Atmen, nach fremder Haut schnappend. Sie verließ als eine der Ersten den Bierkeller; unfähig, sich das Ganze weiter anzuschauen, und ideenlos, wie sie ihn aus dieser peinlichen Situation retten könnte.

Sie traf ihn ein letztes Mal am Abschlusstag gegen sechs Uhr morgens. Sie hatte die Nacht kaum geschlafen und beschlossen, alleine um den See zu laufen, bevor die anderen Teammitglieder kamen. Wenn sie überhaupt antraten nach dem gestrigen Gelage. Die Schönheit der Natur war überwältigend. Alles hier draußen gehörte ihr allein. Das samtige Wasser, der Gesang der Vögel, das Rascheln des Winds in den Bäumen. Sie schaffte die fünf Kilometer in zwanzig Minuten und neunundzwanzig Sekunden und trabte glücklich zurück Richtung Seminarhaus. Plötzlich stand der Fischmann vor ihr, als wäre er aus einem der Büsche am Wegrand gesprungen. Er sah so aus, als hätte er gerade einen Marathon in Topgeschwindigkeit hinter sich gebracht. Wo war er gelaufen? Nadine hatte weit und breit keinen Menschen gesehen.

»Helfen Sie mir«, sagte er mit dem gehetzten Blick eines angeschossenen Tiers. Seine an viele Hundert Kilometer Lauf gewöhnten Füße traten noch ein Dutzend Mal auf der Stelle, bevor sie zum Stillstand kamen. Auch danach verlagerte er weiter sein Gewicht von einem Bein auf das andere, während seine Arme wild ruderten auf der Suche nach einem Halt, etwas, um sich festzuklammern.

»Warum sollte ich Ihnen helfen? Sie waren gestern sehr grob zu mir beim Tanzen«, sagte Nadine und trat einen Schritt zurück. »Ich habe mich so blamiert. Ich habe mein Gesicht verloren, aber Sie können das wieder in Ordnung bringen. Sagen Sie der Gruppe beim Frühstück, dass Sie unbedingt einmal mit mir Walzer tanzen wollten. Oder noch besser, sagen Sie, dass es so abgesprochen war von Anfang an. Alles, meine ich, auch mein Soloauftritt am Schluss. Dass es eine Wette war zwischen uns, ob ich mich das trauen würde.«

»Das wäre eine Lüge.«

»Tun Sie es einfach. Sie haben im Gegensatz zu mir nichts zu verlieren. Es ist doch egal, was die Seminargruppe von Ihnen denkt. Was Menschen ohne Einfluss von einem denken, ist ohnehin egal. Ich hingegen, ich kann Ihnen bei Ihrer Karriere helfen. Alleine schaffen Sie es nie nach oben. Wollen Sie in zehn Jahren immer noch wie eine Irre Tag und Nacht im Hamsterrad schuften und am besten noch zusätzlich an den Wochenenden? Oder wollen Sie rasch reich werden wie ich? Bald nie mehr arbeiten müssen, die Welt bereisen? Und wenn Sie arbeiten, dann nur aus Spaß oder dem Wunsch, anderen etwas vom eigenen Erfolg abzugeben. Genau das tue ich hier für Sie und die anderen für ein geradezu lächerliches Honorar. Es ist eine Zeitspende meinerseits für den guten Zweck, wenn Sie so wollen.«

Sein Gesicht glich einer feuchten, weißen Maske; starr bis auf die wild flatternden Lider über den irritierend hellen Augen. »Das wäre sehr unangenehm für mich. Es klingt als hätte ich versucht, mit Ihnen etwas anzufangen, Sie zu verführen, und das stimmt definitiv nicht.«

»Bitte«, flehte sein Fischmund.

»Warum gehen Sie nicht mit mir zurück und wecken das Team zum Morgenlauf mit ihrer witzigen Trillerpfeife? Das wird sie überraschen, herausfordern und ihren Respekt wieder wachsen lassen. Die schlafen noch nach zu viel Bier, und Sie sind bereits seit Stunden sportlich unterwegs. Sie sagen mir doch, dass die Meinung von Menschen ohne großen Einfluss nicht zählt. Warum haben Sie dann so viel Angst? Jeder blamiert sich irgendwann einmal. Sie machen es schlimmer, wenn Sie nicht zum Frühstück erscheinen.«

»Ich habe nicht nur mein Gesicht, sondern meine Würde verloren.«

»Sie haben Ihre Würde nicht verloren. Das geht zum Glück nicht mit so einer Kleinigkeit. Sie haben sich selbst ein bisschen lächerlich gemacht, aber keinen der anderen Anwesenden. Das ist ein wichtiger Unterschied, der für Sie spricht.«

Für ein paar Sekunden löste sich die Maske vor Nadine auf und enthüllte einen sanften Ausdruck, der seinem Gesicht alle Hässlichkeit nahm. Dann stellte sich die Zornesfalte zwischen seinen zu kleinen Augen auf wie eine Giftschlange kurz vor dem Angriff. Nadine wich nicht zurück.

»Ach, hol Sie doch der Teufel. Ich verschwinde bald von hier, aber nicht aus Ihrem Leben. Sie werden mich nicht mehr los. Das schwöre ich Ihnen. Sie werden nie nach oben kommen. Auch das schwöre ich Ihnen. Dieses Gespräch wird Sie verfolgen. Am besten heiraten Sie gleich, geben Ihren Job auf. Frauen als Führungskräfte? Es ist immer das Gleiche. Es fehlt ihnen der Wille zur Macht.«

Mit diesen Worten rannte er los, nicht in die Richtung des Tagungshotels, sondern hinunter zum See in den zweieinhalb Kilometer langen Kreis, in dem sie während der letzten Tage zusammen trainiert, so viele Runden gedreht hatten, dass ihre Füße eine tiefe Spur in der Wiese hinterließen. Da kreiste er noch immer, als sie eine halbe Stunde später auf der Terrasse vor dem Frühstückszimmer stand. Klar, dass Jens als Erster mit dem Thema begonnen hatte. Ausgerechnet er, der ihn schon vor Beginn des Seminars gegoogelt, sein Buch gelesen und ihn in höchsten Tönen angepriesen hatte. Nadine bat ihn, das Thema fallen zu lassen. Sie kaufte eine Literflasche Wasser am Getränkeautomaten und ging vor Seminarbeginn noch einmal hinunter zum Laufkreis. Der Fischmann war gerade im Waldstück verschwunden. Sie stellte die Flasche gut sichtbar auf einen Stein. Wenn er ohne Wasser so weiterlief, würde er zusammenbrechen.

An jenem letzten Morgen im Seminar fühlte Nadine sich dem Fischmann moralisch und kräftemäßig überlegen. Als sie zwischen zwei Vorträgen an der Rezeption nach ihm fragte, hatte er bereits ausgecheckt. Er würde ihr nichts mehr antun können. Sie täuschte sich. Von da an waren sie verbunden mit einem unsichtbaren, aber kräftigen Gummiband, das seine und ihre Welt erbarmungslos miteinander verknüpfte.

»Alleine schaffen Sie es nie nach oben.«

Es gab Zeiten, in denen er ihr viel Auslauf ließ. Einmal während eines verlängerten Urlaubs über Weihnachten, ihre ersten Ferien seit Jahren, träumte sie vier Wochen am Stück gar nicht von ihm. Meist aber schnalzte das Gummiband schneller zurück, wenn auch noch nie zuvor derart brutal wie heute, wie jetzt. In diesen Momenten waren sie zwei Getriebene, und die Sonne am Horizont machte Platz für die Silhouette eines riesigen, grauen Hamsterrads.

Ein Stein reißt Nadine aus ihren Gedanken. Sie hat das Geschehen auf dem Seminar so oft im Geist rekapituliert, dass ihr jede Szene, jedes Wort eingraviert ist wie ein hundertfach aufgeführtes Theaterstück. Sie verliert fast die Balance, stößt sich den rechten Zeh an. Sie achtet jetzt mehr auf die Straße vor ihr, weicht Pappbechern aus und einem überfahrenen Frosch, der auf dem warmen Asphalt klebt wie ein Tattoo. Es geht jetzt bergauf die nächsten vier Kilometer. Seit einer halben Stunde folgt sie einem jungen Mann mit umgedrehter Sportkappe, der in ihrem Tempo unterwegs ist. Die Worte eines sympathischen englischen Kollegen fallen ihr ein: »One day you lose, one day you win. Es ist wie beim Ballspielen gegen die Wand, denk an Pingpong oder besser noch an Squash. Eine Niederlage? Schlag den Ball einfach wieder zurück. Immer wieder und immer wieder. Du bist nicht im Krieg. Es ist ein Spiel, das du gewinnen willst, und du wirst es gewinnen, egal, wie lange es dauert.«

Nadine liebt seinen Optimismus. Schlag den Ball zurück. Sie ist jetzt im Flow. Sie kann so unbekümmert laufen wie während ihrer ersten Langstrecken im Wald ohne die Temposprints, die all ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Das Spielen kann beginnen. Sie fängt an, mit jedem weiteren Laufschritt ein, zwei Zentimeter zu wachsen. Schon nach einem Kilometer ist sie eine Riesin, die mit Meilenstiefeln durch die...


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