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Kinder nicht um Gott betrügen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
192 Seiten
Deutsch
Herder Verlag GmbHerschienen am11.07.20221. Auflage
Wie kann religiöse Bildung so gelingen, dass Kinder heute tragfähige Antworten auf ihre großen Fragen finden können? Wie können sich Kinder interreligiös orientieren? Albert Biesinger hat mit seinem Buch »Kinder nicht um Gott betrügen« bereits vielen Eltern Orientierung gegeben. Ein wertvoller Begleiter für alle, die mit Kindern auf dem Weg der Gottesberührung sind.

Dr. theol., war Professor für Religionspädagogik in Tübingen und Autor zahlreicher religionspädagogischer Fachbücher.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextWie kann religiöse Bildung so gelingen, dass Kinder heute tragfähige Antworten auf ihre großen Fragen finden können? Wie können sich Kinder interreligiös orientieren? Albert Biesinger hat mit seinem Buch »Kinder nicht um Gott betrügen« bereits vielen Eltern Orientierung gegeben. Ein wertvoller Begleiter für alle, die mit Kindern auf dem Weg der Gottesberührung sind.

Dr. theol., war Professor für Religionspädagogik in Tübingen und Autor zahlreicher religionspädagogischer Fachbücher.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783451827884
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum11.07.2022
Auflage1. Auflage
Seiten192 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4495 Kbytes
Artikel-Nr.9635670
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Einleitung

Religiöse Erziehung ist eine »heiße Nummer« geworden oder warum es ohne religiöse Bildung gar nicht mehr geht

Weil Kinder ein Recht auf religiöse Orientierung haben und diese ihnen zu leben hilft, präsentiere ich die 17. Auflage dieses Buches seit Erscheinen der Erstausgabe. Möge es Ihnen - wie bereits tausenden Eltern zuvor - zum Wegbegleiter werden, selbst alltagstaugliche und lebensförderliche Erfahrungen der Gottesberührung in Ihrer Familie zu machen.

Religion wird zu einem Megathema in diesem Jahrhundert. Angesichts alltäglicher Begegnungen mit Kindern verschiedener religiöser Wege darf die christliche religiöse Erziehung nicht den Kopf in den Sand stecken. Vielmehr muss sie Kinder auf kritische Dialoge etwa mit muslimischen Kindern vorbereiten und den Erwerb von interreligiöser Kompetenz anzielen.

Seit Ihrer eigenen Kindheit hat sich religiös viel verändert; Kinder diskutieren heute untereinander Fragen wie: »Wer ist größer: Allah oder Jesus?« Muslimische Kinder erhalten in ihren Familien meist eine intensivere religiöse Begleitung als christliche Kinder. Christliche Kinder können ihnen religiös oft nicht auf gleicher Augenhöhe begegnen. Dass Kinder bereits komplexe theologische Fragen diskutieren, zeigt folgender Dialog aus einer Kindertagesstätte in Deutschland:

Clemens: Ich glaub ja nicht an Gott.

Lily: Aber ich glaub an Gott.

Clemens: Weißt du was, in Thailand heißt der Gott Buddha. Und hier in Berlin heißt er Jesus Christus. Und die Frau von Gott heißt Maria.

Lily: Und Josef ist eigentlich nur der Gehilfe von Gott. Der hat Maria und Gott geholfen, Jesus auf die Welt zu bringen.

Serap: In jedem Land muss ein Gott sein. Sonst können doch die Menschen nicht leben.

Dass die religiöse Pluralität im 21. Jahrhundert nicht zwingend Probleme, sondern vielmehr auch Chancen eröffnet, möchte ich in diesem Buch ebenfalls aufzeigen - und wehre mich so auch entschieden gegen Tendenzen, Religion aus Angst vor Konflikten aus dem öffentlichen Raum zu verbannen.

Ein eigenes Beispiel aus meiner Praxis:

Mit Metzgerlehrlingen unterrichtete ich die zehn Gebote. Ein muslimischer Jugendlicher äußert sich mitten im Unterricht: »Was? Du glaubst nicht an Gott? An Gott muss man glauben!« Daraufhin bitte ich die Schüler, in einem großen Kreis zu sitzen und der Frage nachzugehen, warum man an Gott glauben müsse. »Als Christ muss ich nicht an Gott glauben. Als Christ will ich an Gott glauben«, so meine Gegenthese.

Stunden später sagt ein anderer zu einer Fleischverkäuferin: »Das ist aber Sünde, was du gerade gesagt hast. Weißt du, dass das Sünde ist?!« Was Sünde ist, wusste dieser muslimische Jugendliche ganz genau. Für die christliche Schülerin war Sünde gar kein Thema. Aufgeschreckt hat mich, dass die christlichen Schüler gar nicht in der Lage waren, darauf einzugehen. Sie hatten keine Kompetenz, sich mit den muslimischen Jugendlichen auf dieser Ebene zu verständigen und tauchten ins Schweigen ab.

Es ist eine große Herausforderung für dieses Jahrhundert. Kinder und Jugendliche brauchen religiöse Bildung in doppelter Weise:

ⶠfür die eigene Identitätsbildung - auch als kritische Reflexion der eigenen Gottesbeziehung

ⶠsowie für die immer wichtiger werdende Kompetenz, sich in einer Gesellschaft zurechtzufinden, in der Religion (wieder) zu einem gesellschaftlichen Thema geworden ist und noch mehr werden wird.

Ausgelöst leider auch durch die Gewalttaten, die im Namen von Religion ausgeübt werden. Daraus resultieren Ängste, eine heftige Vorurteilsbildung und zum Teil eine massive Aversion gegen den Islam. Dabei wäre umso mehr eine friedliche Kommunikation zwischen den Religionen wichtig.1

Warum ist aber die religiöse Bildung auch in den Familien dringlich geworden?

Die erste religiöse Orientierung bekommen Kinder auf der emotionalen Ebene durch die Eltern-Kind-Beziehung. Schon ganz früh sind es die Lieder, die kleinen Zeichen, der Elternsegen, die Abendrituale, die Gebete, das Erlebnis der Stille in einer Kirche, die die religiöse Kompetenz von Kindern prägen.

Nicht nur das: Auch für ältere Jugendliche ist die Familie im Blick auf den eigenen Glauben sehr bedeutsam:

»Ich spreche mit meinen Eltern über Glaubensfragen« gaben 31 bis 37 Prozent der befragten 16- bis 24-Jährigen in einer Untersuchung 2018 an.2

Manche schieben die religiöse Bildung auf andere ab: Die Erzieherin soll es doch tun, die Lehrer in der Schule.

Auf die Frage »Eltern erachten verschiedene Dinge als wichtig. Wie ist das mit deinen Eltern?« gaben nur 31 Prozent der befragten Jugendlichen in einer Studie in Vorarlberg an, dass es ihren Eltern wichtig ist, »â¦ âdass ich religiös bin«, während 97 Prozent angaben, »â¦ âdass ich später einen guten Beruf haben werde«.3

Aber die Gottesbeziehung ist von einer so hohen Intimität, dass sie in der Familie einen speziellen, nicht ersetzbaren Ort hat.

Am Abend am Bett des Kindes sitzt nicht die Religionslehrerin, der Pfarrer oder die Erzieherin. Die haben da nichts zu suchen. Am Abend am Bett des Kindes sitzt ein Vater oder eine Mutter oder es sitzt eben niemand am Bett des Kindes.

Abendritual - ein Beispiel

In der ganz frühen Phase sind die Eltern für die Kinder »der liebe Gott«. Diese Erfahrung habe ich selbst abends am Bett unseres damals dreijährigen Kindes gemacht, als ich ihn fragte: »Wie stellst du dir denn den lieben Gott vor?« »Der liebe Gott bist du.« Ich entgegnete darauf: »Ich bete ja selbst mit dir zum lieben Gott. Ich kann also selber nicht der liebe Gott sein. Der liebe Gott ist so groß, dass man ihn gar nicht sehen kann und er ist so wichtig für uns, weil von ihm alles herkommt und wir am Schluss bei ihm wohnen wollen, wenn wir tot sind ⦫

Eine gute Eltern-Kind-Beziehung ist für solche Gespräche deswegen wichtig, weil die Eltern glaubwürdig und emotional stimmig direkt die konkreten Fragen der Kinder im Alltag erreichen.

Für manche eine Provokation: Kinder religiös nicht verwahrlosen lassen

Für manche Eltern, die selbst nicht an Gott glauben (können), ist diese These eine Provokation. Aber auch sie kommen um eine Begleitung ihres Kindes angesichts der religiösen Debatten in unserer Gesellschaft nicht herum. Und vor allem: Auch ihre Kinder wachsen in eine Gesellschaft hinein, in der Religion wieder relevanter wird.

Auch die Kinder von Eltern, die davon ausgehen, dass es keinen Gott gibt, werden in dieser Gesellschaft mit Religionen und religiösen Debatten konfrontiert sein. Auch sie bedürfen also einer Kompetenz, dies zu verstehen, sich zu verhalten, eigene Vorurteile zu überprüfen und im konkreten Alltag mit Menschen zusammen zu leben und zusammen zu arbeiten, für die Religion ein wichtiges Thema ist.

Die Herausforderungen und Probleme, in die wir hineingeraten, sind nicht zu verniedlichen. Sie sind aber auch nicht unlösbar.

Eltern sind heute selbst im Blick mit ihrer eigenen religiösen Orientierung herausgefordert: Wenn sie Kinder bekommen, dann geht es auch um die Entwicklung ihres Glaubensverständnisses als Erwachsene. Es geht um Zweifel, es geht um Gottes-Distanz, es geht um Gottes-Wut, bisweilen auch um Unverständnis, warum Gott dieses Universum und die Erde und die Menschheit so strukturiert hat, dass es so viel Leid gibt. Bei manchen geht es auch um Gottes-Verlust.

Aber es geht auch um Gott-Vertrauen, Ehrfurcht vor Gott, um die Wiederentdeckung Gottes; für manche Eltern auch um die Herausforderung »Hilfe, mein Kind ist fromm« - so der Titel eines WDR Fernsehfilmes.

Zur weiteren Klärung des eigenen Glaubensverständnisses können auch für Menschen, die nicht an Gott glauben, folgende Denkanstöße hilfreich sein (vgl. Kap. 3):

ⶠ»Ich glaube nicht an Gott« ist auch ein »Glaube«.

ⶠWer nicht glaubt, glaubt auch an etwas, aber woran? Daran, dass es Gott nicht gibt? Umberto Eco und Carlo Kardinal Martini haben dazu interessante Gedanken formuliert.4

Die Familie ist bei der religiösen Bildung ja nicht alleine. Der Austausch mit anderen Familien, mit Kindergarten, Kita oder Schule kann auch dabei hilfreich sein. Eine Studie zu Jugendlichen im Religions- und Ethikunterricht gibt dazu deutliche Hinweise:

»Kommt das Gespräch auf religiöse Bezugspersonen werden neben den Familien Religionslehrkräfte oder Pfarrerinnen und Pfarrer erwähnt, wobei es jedoch keineswegs auf deren Funktion, aber ganz und gar auf deren Person ankommt. Sie kann anregend und stimulierend für den eigenen Glaubensweg wirken, zum Teil aber auch abschreckend.«5

Es ist wichtig, dass Eltern in beiden Fällen im Gespräch mit ihrem Kind bleiben.

Wer heute die Augen schließt, wird morgen große...
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