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Die unheimliche Fahrt des Jürgen Jens Claasen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
176 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am11.07.20221. Auflage
Wohin man in Schleswig-Holstein auch reist, ist man der Vergangenheit stets auf der Spur. Die sympathischen Heldinnen und Helden der sechs Erzählungen lassen verschiedene Ereignisse aus unterschiedlichen Jahrhunderten lebendig werden. Mal spannend und dramatisch, mal humorvoll und kautzig, erlebt man eine Familie auf Eiderstedt während der schleswig-holsteinischen Erhebung von 1848, eine andere in der Zeit der Moor- und Heidekolonisation auf der Schleswigschen Geest zwischen 1759 und 1765. In der grausamen Schlacht von Hemmingstedt im Jahre 1500 lernen wir die Dithmarscher Nationalheldin Telse von Hochwöhrden kennen. Der junge Matthias von der Insel Föhr muss zur Zeit der großen Auswanderungswellen eine schwere Entscheidung treffen, und der Walfangkapitän Jürgen Jens Claasen nimmt uns mit auf eine unheimliche Reise ins ewige Eis. Die junge Sylterin Cressen bangt während eines Sturms um die Wiederkehr der in Seenot geratenen Fischerboote und ihren Liebsten Allen Erzählungen steht eine geschichtliche Einleitung voran und spezifische Begriffe werden im Anhang erklärt.

Die Themenschwerpunkte der Autorin sind die Artussage und die Geschichte Schleswig-Holsteins. Von der Autorin sind die Erzählung Lancelots Stille, der historische Roman Das Erbe des Pendragon, das Kinderbuch Mathilda und Leopold - Ein Kobold auf Abwegen sowie eine Internetseite zur Artus-Literatur www.whisper-of-gododdin.de erschienen. Besuchen Sie Sabine Speer auch auf Ihrer Autoren-Internetseite www.sabinespeer7.de
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR9,50
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR5,99

Produkt

KlappentextWohin man in Schleswig-Holstein auch reist, ist man der Vergangenheit stets auf der Spur. Die sympathischen Heldinnen und Helden der sechs Erzählungen lassen verschiedene Ereignisse aus unterschiedlichen Jahrhunderten lebendig werden. Mal spannend und dramatisch, mal humorvoll und kautzig, erlebt man eine Familie auf Eiderstedt während der schleswig-holsteinischen Erhebung von 1848, eine andere in der Zeit der Moor- und Heidekolonisation auf der Schleswigschen Geest zwischen 1759 und 1765. In der grausamen Schlacht von Hemmingstedt im Jahre 1500 lernen wir die Dithmarscher Nationalheldin Telse von Hochwöhrden kennen. Der junge Matthias von der Insel Föhr muss zur Zeit der großen Auswanderungswellen eine schwere Entscheidung treffen, und der Walfangkapitän Jürgen Jens Claasen nimmt uns mit auf eine unheimliche Reise ins ewige Eis. Die junge Sylterin Cressen bangt während eines Sturms um die Wiederkehr der in Seenot geratenen Fischerboote und ihren Liebsten Allen Erzählungen steht eine geschichtliche Einleitung voran und spezifische Begriffe werden im Anhang erklärt.

Die Themenschwerpunkte der Autorin sind die Artussage und die Geschichte Schleswig-Holsteins. Von der Autorin sind die Erzählung Lancelots Stille, der historische Roman Das Erbe des Pendragon, das Kinderbuch Mathilda und Leopold - Ein Kobold auf Abwegen sowie eine Internetseite zur Artus-Literatur www.whisper-of-gododdin.de erschienen. Besuchen Sie Sabine Speer auch auf Ihrer Autoren-Internetseite www.sabinespeer7.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783756245123
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum11.07.2022
Auflage1. Auflage
Seiten176 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9677619
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Die unheimliche Fahrt des Jürgen Jens Claasen
Er spürte die Sonne und das Salz auf seinem Gesicht brennen und blinzelte gegen die gleißenden Strahlen, die von der spiegelnden See abprallten. Die scharfrandigen Halme des Strandroggens schnitten ihm in die nackten Waden als er hastig durch den Dünensand stolperte, um das Schiff noch einmal zu sehen. Er war wieder der Junge von nicht einmal elf Jahren, den sie nicht dabeihaben wollten. Sein Vater, Ohm Melf und die älteren Brüder, die zu großen Abenteuern hinausfuhren, von denen er nur träumen konnte. In Amsterdam würden sie an Bord eines Walfängers gehen und erst im Herbst wieder auf die Insel zurückkehren.

Angestrengt starrte er auf den dunklen Punkt am Horizont, dessen Konturen sich aufzulösen begannen. Der dunkle Rand wurde heller und heller, zu einem Kranz aus brennendem Licht.

Ein Schwall kalten Wassers auf seinem Gesicht ließ ihn hochfahren. Benommen sah er sich um. Eine fahle Sonne zwängte sich für einen Augenblick durch das Wolkengebirge und blendete seine Augen.

Der nächste Brecher, der über das schaukelnde Schiff hinwegspülte, riss ihn hart in die Gegenwart zurück. Er erinnerte sich, dass die Großrah herabgestürzt war, er etwas rufen wollte und ihm eine Böe die Worte in den geöffneten Mund zurückgepresst hatte. Dann hatte er einen harten Schlag gegen die Stirn gespürt und musste das Bewusstsein verloren haben.

Er hörte die Männer gegen den Sturm anbrüllen. Ein Kommando hetzte das nächste; ein jeder wusste, wo sein Platz war und was er zu tun hatte. Sie hatten also noch alles unter Kontrolle.

Herr Kommandeur! , Frerk Johannsen kniete neben ihm nieder und zerrte an dem Segeltuch, unter dessen Fülle er begraben lag. Wie ein Leichentuch, dachte Johannsen beklommen. Jürgen Jens Claasen ergriff den Unterarm des Offiziers und ließ sich von ihm hochziehen. Er schwankte auf dem schlingernden Schiff, das der heulende Sturm wie ein Stück Treibholz hin und her warf. Beinahe wäre er von neuem gestürzt. Er schüttelte sich in dem Bemühen, einen klaren Kopf zu bekommen.

Den dritten Tag schon tobte dieses verdammte Unwetter. Er betete darum, dass dieser Höllensturm sich legen würde, und dennoch fürchtete er sich davor. Fürchtete sich vor der Stille, die folgen würde.

Schon krachte der nächste Brecher über das Schiffsdeck und riss den Männern die Beine unter dem Leib weg. Wohl dem, der rechtzeitig Halt fand in den Wanten, ein Seil oder eine rettende Hand zu fassen bekam. Bis jetzt hatten sie, gottlob, noch keinen Mann verloren.

Aus Nordwest trieb eine gewaltige Schauerwand auf sie zu. Über ihnen jaulte der Wind in den Segeln und unter ihnen gurgelte die wütende See. Schwarze Wolken dräuten am Himmel, und dann peitschte erneut ein kalter grauer Regen auf sie ein.

Des Nachts war ihnen das Schiff aus dem Ruder gelaufen und hatte unter dem Wind gedreht. Nur mit viel Mühe hatten die Matrosen die back geschlagene Fock festmachen können, und der Steuermann Volkert Jansen hatte vor Wut geschäumt, weil die Männer nur ungern aufentern wollten, um die Segel zu reffen. Der heftige Wind hätte sie vom Mast blasen können wie das Korn vom Halm.

Das fünfzehnte Jahr fuhr Jürgen Claasen zum Walfang auf Grönland, und zum dritten Mal als Kommandeur der Goliath, einer holländischen Fleute, deren runde Form von Bug und Achterschiff ihm ein Gefühl von Bodenständigkeit gab, sobald er im Frühjahr seine Habe an Bord verstaute. Er hatte nur Friesen verheuert, die wie er von den Inseln kamen. So konnte er sicher sein, dass man sich untereinander verstand, ohne viele Worte zu machen. Denn das war nicht Jürgen Claasens Art.

Den 19. April waren sie von Amsterdam losgesegelt, drei Wochen nun schon auf See. Der günstige Wind hatte sie zunächst flott vorangebracht, so dass sie guten Mutes sein konnten, zur rechten Fangzeit im grönländischen Südeis angelangt zu sein. Doch nach der zweiten Woche brach ein Sturm los, den wohl Hel höchst selbst geschickt haben musste. Sie hatten ihn jedoch überstanden, ohne Schaden zu nehmen. Es war nur die Stille danach gewesen, die Jürgen Claasen hatte schaudern lassen bis ins Mark. Und nicht nur ihn.

Jahr für Jahr hatte er erlebt, wie sich gewaltige Wolkenmassen urplötzlich schwer und finster zusammenballen konnten, und Sturm und Regen jäh hervorbrachen und auf die See eintrommelten, dass einem Hören und Sehen verging. Und doch war hier etwas am Werk gewesen, das sich Jürgen Claasen nicht zu erklären wusste.

Sie waren den Tag zuvor in dichten Nebel gekommen, so dass sie einander noch näher als sonst auf die Pelle rücken mussten, damit einer den anderen erkennen konnte. Kaum konnte ein Kommando weitergegeben werden, weil die schwere Luft jedes Geräusch schluckte und ihnen die Lungen zusammenpresste. Etwas ließ ihn aufmerksam in diese Stille lauschen. Etwas, dass er nicht hören, aber deutlich fühlen konnte. Kein Laut drang heran, kein Laut verließ das Schiff. Selbst der Klang der Schiffsglocke versickerte im fein gewebten Dunst.

Auch diesmal war es so gewesen. Zwei Tage und Nächte hatten sie sich durch den feuchten Brodem getastet, kein Laut, kein Windhauch. Jürgen Claasen hatte unablässig auf dem Deck gewacht, das Knarren der Planken und Masten in den Knochen gespürt und sich gefragt, ob sie sich noch immer auf dieser Welt befänden oder wo, zur Hölle, sonst. So dann und wann tauchten die bleichen Züge des einen oder anderen Matrosen vor ihm auf, wenn die Wachen sich ablösten und bei ihm meldeten, unerwartet und geisterhaft. Aber Jürgen Claasen hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt und jedem der vierundvierzig Männer seiner Besatzung kalt und strafend in die Augen geblickt, sobald er Angst darin aufblitzen sah. Er selbst jedoch trug sie tief in seinem Herzen, wo sie sich festgefressen und ihre kalte Faust darum geschlossen hatte.

Ohne irgendein Anzeichen, ohne Warnung war dann der Nebel plötzlich aufgebrochen. Weißgelbe Schwaden stoben in alle Richtungen wie kleine Boote, die von fest geschossenen Walfischen an der Leine wild hinter sich hergezogen wurden. Augenblicklich hob sich die See und ein wütender Wind fauchte in den knallenden Segeln.

Jürgen Claasen torkelte zur Kajüte, gab dem stellvertretenden Kommandeur und dem Steuermann ein Zeichen, ihm zu folgen. Volkert Jansen schüttelte sich wie ein Hund, als er die Tür hinter sich zugedrückt hatte, so dass das Wasser nach allen Seiten hin spritzte. Jürgen Claasen hatte kaum mehr als einen strengen Blick aus seinen eisgrauen Augen für ihn, bevor er sich die Hand am Tischtuch der Back trocknete. Denn auch wenn es den Anschein hatte, draußen ginge die Welt unter, so hatten die Offiziere doch ein weißes Leinentuch auf dem Tisch, an dem sie für gewöhnlich speisten. Im Augenblick jedoch konnte sich niemand daran erinnern, wann er das letzte Mal gegessen hatte. Mit der trockenen Hand wischte Jürgen Claasen die Tropfen von der Seekarte und schloss vorsorglich das Schiffsjournal, damit Volkert Jansens Wassertirade nicht die Tinte verwischte. Er strich sein dichtes, dunkelblondes Haar zurück, das ihm triefend nass am Kopf klebte und ihn wie ein Seehund aussehen ließ. Dann heftete sich sein Blick auf Frerk Johannsen, der die Aufforderung, seine Meinung abzugeben, sofort verstand.

Schlecht zu sagen, Kommandeur , keuchte er nach der Anstrengung an Deck. Nach meiner Ansicht nicht weiter als achtundsechzig Grad Norderbreite. Aber in Wirklichkeit wissen wir nicht mal wo oben und wo unten ist.

Das ist mir in all den Jahren noch nicht vorgekommen , beeilte sich Volkert Jansen zu sagen, der das mal loswerden musste.

Und da ließ sich auch Jürgen Claasen zu einigen Worten hinreißen. Nee, fünfzehn Jahre auf Grönland. Aber so was noch nich`.

Er war zwölf gewesen, als sie ihn endlich mitgenommen hatten. Da war auch der schwache Widerstand der Mutter schnell gebrochen. Denn während des Frühjahrs und Sommers, für sechs Monate oder mehr, waren die Frauen auf den Inseln mit der bescheidenen Landwirtschaft allein. Gern hätte Moy noch einige Jahre seine Hilfe bei der Feldarbeit gehabt, denn er war der letzte ihrer Söhne im Haus. Von klein auf war er eifrig mit dabei gewesen, das Gras für das wenige Vieh mit der Sichel zu schneiden, sobald ein warmer Wind über das Land strich und die letzten Tropfen von den Halmen leckte. In ihrem weißen Bettzeug hatten sie das duftende Heu zum Elternhaus mit dem tief herunter gezogenen Dach getragen, das aussah wie eine zu groß gestrickte Wollmütze, die einem beständig über die Augen rutscht. Er hatte den Dung der Kühe und Schafe gesammelt, den sie trockneten, um im Winter damit zu heizen, hatte die einzige Kuh gemolken, Porren gefischt oder der Mutter den Kohlgarten gehackt.

Manchmal, wenn sie wochenlang im Eis steckten, schweiften seine Gedanken zu diesen Sommern. Sie lösten ein seliges Gefühl in ihm aus. Vielleicht war er damals glücklich gewesen, obgleich er eigentlich nicht wusste, was das hieß.

Die drei älteren...
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