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Ein Bus namens Wanda

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
316 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am12.07.20221. Auflage
Der Mekong ist mit seinen etwa 4.500 Kilometern der zehntlängste Fluss der Erde. Er gilt als Lebensader Südostasiens und fließt durch China, Myanmar, Laos, Thailand, Kambodscha und Vietnam. Mit Fahrrad, Bus und Boot begleitet Volker Häring den Mekong vom tibetischen Hochland bis in die kambodschanische Tiefebene und erzählt dabei vom Leben entlang des drittgrößten Stroms Asiens. Er trinkt Wein mit in die Jahre gekommenen chinesischen Ministranten, lernt in Laos die Langsamkeit kennen und entdeckt die unbekannten Mekongufer Kambodschas. Eine Reise entlang des Mekongs ist immer auch eine Reise in Umwegen. Die sind mal rührend, mal traurig, meistens aber heiter - und führen immer zum Ziel: Dem Mythos Mekong näher zu kommen. Ohne falschen Pathos und immer mit einem Schuss Ironie.

Geboren im Nachrevolutionsjahr 1969 in der bayrischen Provinz, zog es Volker Häring nach dem Abitur in die weite Welt. Mitte der 1990er-Jahre studierte er in Peking Chinesisch und Theater und unterrichtete Deutsch am Goethe-Institut. Nach seiner Rückkehr in die Heimat gründete er 2001 den Spezialreiseveranstalters »China By Bike« und organisiert seitdem Rad- und Aktivreisen in China und Südostasien. Wenn er nicht gerade durch Asien radelt, lebt Häring als freier Journalist in Berlin und schreibt seit mehr als 20 Jahren regelmäßig für verschiedene Magazine, Wochen- und Tageszeitungen. Er ist Autor mehrerer China- und Asien- und Deutschland-Reiseführer. 2016 erschien sein Peking-Krimi "Beijing Baby". Mit seiner Band »Alptraum der Roten Kammer« bringt er als Sänger und Gitarrist chinesische Rockklassiker auf deutsche Bühnen.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR11,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextDer Mekong ist mit seinen etwa 4.500 Kilometern der zehntlängste Fluss der Erde. Er gilt als Lebensader Südostasiens und fließt durch China, Myanmar, Laos, Thailand, Kambodscha und Vietnam. Mit Fahrrad, Bus und Boot begleitet Volker Häring den Mekong vom tibetischen Hochland bis in die kambodschanische Tiefebene und erzählt dabei vom Leben entlang des drittgrößten Stroms Asiens. Er trinkt Wein mit in die Jahre gekommenen chinesischen Ministranten, lernt in Laos die Langsamkeit kennen und entdeckt die unbekannten Mekongufer Kambodschas. Eine Reise entlang des Mekongs ist immer auch eine Reise in Umwegen. Die sind mal rührend, mal traurig, meistens aber heiter - und führen immer zum Ziel: Dem Mythos Mekong näher zu kommen. Ohne falschen Pathos und immer mit einem Schuss Ironie.

Geboren im Nachrevolutionsjahr 1969 in der bayrischen Provinz, zog es Volker Häring nach dem Abitur in die weite Welt. Mitte der 1990er-Jahre studierte er in Peking Chinesisch und Theater und unterrichtete Deutsch am Goethe-Institut. Nach seiner Rückkehr in die Heimat gründete er 2001 den Spezialreiseveranstalters »China By Bike« und organisiert seitdem Rad- und Aktivreisen in China und Südostasien. Wenn er nicht gerade durch Asien radelt, lebt Häring als freier Journalist in Berlin und schreibt seit mehr als 20 Jahren regelmäßig für verschiedene Magazine, Wochen- und Tageszeitungen. Er ist Autor mehrerer China- und Asien- und Deutschland-Reiseführer. 2016 erschien sein Peking-Krimi "Beijing Baby". Mit seiner Band »Alptraum der Roten Kammer« bringt er als Sänger und Gitarrist chinesische Rockklassiker auf deutsche Bühnen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783756255177
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum12.07.2022
Auflage1. Auflage
Seiten316 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9679146
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

EIN BUS NAMENS WANDA

Mashang! Ist das jetzt ein Yunnan-Mashang, ein Peking- Mashang oder ein Shanghai-Mashang?! Der alte Mann, dessen Hornbrille noch größer als sein rundes Gesicht ist, blickt erwartungsfroh in die Runde. Mashang ist ja ein vielfältiges Wort! , legt er nach. Auf die Frage, wann denn der längst überfällige Bus nach Zhongdian kommen würde, hatte der Fahrkartenverkäufer Mashang jiu daole! geantwortet, Er wird gleich kommen! Gleich, mashan geben, eines dieser Wörter, die sich mit gutem Gewissen wirklich nur in alles zwischen einer Minute und einer Ewigkeit übersetzen lassen. Peking-Mashang heißt in der Regel zehn Minuten, Shanghai-Mashang heißt wirklich Mashang, also alles unter fünf Minuten! , zieht der alte Chinese unbeirrt seine rhetorisch-philosophischen Kreise. Wir haben es hier also mit einem typischen Yunnan-Mashang zu tun, das mit den Guizhou- und den Hunan-Mashangs zu den langsamsten des Vaterlandes gehört. Ein Yunnan-Mashang ist, wie soeben bewiesen, mehr als eine Stunde!

Ehe die anderen potentiellen, dem philosophischen Exkurs ziemlich indifferent gegenüberstehen Fahrgäste einen Kommentar abgeben können, hupt eine Schiffssirene um Aufmerksamkeit und unsere Köpfe schnellen in Richtung des Wunderhornes. Was da rumpelnd und hupend auf uns zukommt, bleibt deutlich hinter seinen akustischen Fähigkeiten zurück und lässt Zweifel aufkommen, ob es der anspruchsvolle Strecke bis ins auf 3.200 Metern gelegene Zhongdian gewachsen ist. Immerhin, Wanda Che steht da in frischer Farbe auf der Seitenfront. Ein Bus namens Wanda , übersetze ich murmelnd vor mich hin und versuche die Aufmerksamkeit des Beifahrers zu erregen, der für das Ein- und Ausladen zuständig ist. Der versucht, mich und mein Fahrrad geflissentlich zu ignorieren. Shifu, Meister , spreche ich ihn an und er gibt ein wissendes Grunzen von sich. Kannst Du mit in den Bus nehmen! , sagt er, ohne aufzuschauen. Meister! , sage ich nun mit leichter Ungeduld und schließlich erhebt sich der Shifu aus seinem gefederten, weil wacklig in der Luft hängenden Beifahrersitz, geht zum Heck des Busses und zieht eine Eisenleiter vom Dach. Ich reiche ihm mein Rad, das er umständlich in der Luft umdreht. Pass auf die Schaltung auf , rufe ich ihm zu, kurz bevor das Schaltwerk auf das Eisen des Dachgepäckträgers knallt. Am Morgen war ich mit dem Nachtzug aus Kunming, der Hauptstadt der Provinz Yunnan, im 400 Kilometer entfernten Dali angekommen. Yunnan, Chinas Vielvölkerprovinz im Südwesten des Landes liegt an den südlichen Ausläufern des Himalayas auf durchschnittlich 2.000 Metern Höhe. Vor zehn Jahren war die Strecke Kunming-Dali noch ein zwölfstündiger rumpliger Bustrip, heute braucht selbst die Bummelbahn gerade mal sieben Stunden. Dali, die legendäre Backpacker-Metropole, mit der in den frühen 1990er Jahren Pizza und Banana Pancake den Einzug ins Reich der Mitte gehalten haben, wird in zwei Wochen noch einmal ein längerer Stopp auf meine Reise sein, jetzt geht erst einmal Richtung Oberlauf des Mekong. Zhongdian ist mein Etappenziel, das ich mit dem Bus ansteuere. Mehr als 5.000 Höhenmeter auf knapp über 200 Kilometern ist mir für den Anfang mit dem Fahrrad eindeutig zu viel.

Mein Busticket verspricht die Sitznummer 1, die sich dann aber direkt über dem hinteren Radkasten befindet. Die Sitze in der ersten Reihe tragen die Nummern 26 und 14, wobei letztere Zahl wohl ein Omen ist. Yaosi, geh zum Teufel, kann man die 14 auch aussprechen, und hiermit ist verbal vorweggenommen, was den Sitzplatzinhaber bei einer Vollbremsung erwartet. Wobei die Kombination Yaosi Erliu(14-26) auch mit viel gutem Willen als Er ist verdammt und hat es dennoch geschafft! gelesen werden kann. Man könnte meinen, die Busgesellschaft hätte sich etwas bei der Zuordnung der Nummern gedacht. Die Abfahrt verzögert sich trotzdem, da einige Chinesen auf ihre Sitznummern bestehen, während andere wohl nichts von Zahlenmystik halten. Auf der Rückbank sitzt eine Gruppe junger Tibeter und grinst. Der Busfahrer mahnt zur Eile und der Philosoph murmelt ein Mashang jiuzou. Gleich wird es losgehen! Endlich schließt sich die pneumatische Tür auf den dritten Versuch mit einem lauten Seufzer und der Fahrer würgt mit ohrenbetäubendem Knarzen den ersten Gang ins Getriebe. Eine Minute Schwung holen und dann ist mein Bus namens Wanda eher Känguru als Fisch und hüpft munter von Schlagloch zu Bodenwelle. Jeden Schlag bekomme ich über die butterweiche Federung direkt auf meine Wirbelsäule. Die neugebaute Straße zwei Kilometer tiefer im Tal sei zwar ungleich besser, koste aber Maut, erzählt grinsend der Beifahrer, der für den Sozialkontakt an Bord zuständig ist und mich als einzige Langnase im Bus als primären Gesprächspartner ausgemacht hat. Besser gesagt, als Zuhörer. Dafür hat er sogar seinen bequemen Sitz neben dem Fahrer verlassen und sitzt mir nun halb auf dem Schoß. Kaum habe ich ihm erzählt, dass ich aus Deutschland komme, rattert er etwas herunter, dass wie Rummenigge-Matthäus- Beckenbauer- Hitler-Daimler Benz klingt. Also Lu-me-ni-ge, Ma-te-you-si, Bei-ken-bao-er, Xi-te-le, Ben-che. Dazu geht dann der Daumen nach oben und ich spare mir die Bemerkung, dass Hitler nicht nur als Fußballer eine Null war - für die meisten Chinesen übt das Dritte Reich nun mal einen gewaltigen Reiz aus. Das kleine Deutschland gegen die ganze Welt, da findet sich manch ein Chinese wieder, auch wenn das Reich der Mitte natürlich nicht gerade ein kleines Land ist. Aber im Selbstverständnis eben auch allein gegen den Rest der Welt steht. Aber Hitler war doch ein großer Führer! , insistiert der Beifahrer, als er meine angeekelte Grimasse sieht. Da ich nicht weiß, wie man Gröfaz auf Chinesisch übersetzt, frage ich ihn nach Chiang Kai-shek, den in der VR China meist eher gehassten großen Gegenspieler Mao Zedongs und erfahre, dass er auch den gut findet. Am besten gefällt ihm aber Helmut Kohl, der hätte Maos Leibesfülle gehabt. Dann grinst er, hält mir zwei Zigaretten ins Gesicht, dessen bodenwellenbedingtes Wippen direkt unter meiner Nase mich etwas schwummrig macht. Tingle! ,Hab aufgehört!, versuche ich die höflich-bestimmte Variante der Ablehnung. Als Nichtraucher ist man in diesen Breitengraden kein vollwertiger Mann, als Ex-Raucher aber ein echter Kerl, weil man es geschafft hat, aufzuhören. Ich schaff das nicht! , entgegnet der Beifahrer, der auf den schönen Namen Liu hört, neben Wang und Zhang der chinesische Meier.

Nach einer Stunde Gehüpfe und Geruckel erreichen wir das nördliche Ende des Erhai-Sees. Ein halbverfallener Wachturm erinnert an die glorreiche Vergangenheit des Örtchens Shaping, das, als es noch Shangguan, der Obere Pass, hieß, wichtigste Zollstation am oberen See war. Die Karawanen der Teestraße kamen hier vollgepackt aus Lhasa an und mussten ihren Obolus entrichten, bevor sie ihren Weg über Dali in Richtung Indien und Südostasien fortsetzen konnten. Zuweilen wurde die wertvolle Fracht auch auf Dschunken umgeladen, die sie dann auf dem Erhai, den Ohrensee, nach Xiaguan am Südufer brachten. Heute tummeln sich nur noch einige vereinzelte Ausflugs- und einige Fischerboote auf dem See, Motorboote sind streng reglementiert, nachdem der Erhai Ende der 1990er ob seiner Verschmutzung negative Schlagzeilen machte. Das war schlecht für den gerade aufkeimenden Fremdenverkehr und so griff die Umweltbehörde der Provinz zu drastischen Maßnahmen. Sprich: Die Touristenströme wurden auf große staatliche Ausflugsboote verfrachtet und die Fischer, die sich vor allem mit der Beförderung von Backpackern eine kleines Zubrot verdienten, gehen seitdem fast leer aus.

Die Straße ist, seit wir das Tal des Erhai verlassen haben, deutlich besser geworden. Zur Fahrgeschwindigkeit trägt dies nur unwesentlich bei, da gerade Erntezeit ist und die Bauern die Staatsstraße zum Trocknen und Dreschen des Korns verwenden. Das ist so praktisch wie verboten, aber wer legt sich in China schon gerne mit ein paar Tausend Bauern und der Tradition an. Von einem Verbotsschild am Straßenrand mit der Aufschrift Missbraucht nicht die Straßen - öffentliches Eigentum ist Volkseigentum! hängt eine Dolde Maiskolben neben knallroten Chilischoten zum Trocknen. Su zhi tai di, den Bauern fehlt es an Bildung! bemerkt der Beifahrer und rotzt in den Mittelgang. Der Fahrer gibt Gas und verlässt sich auf die Warnwirkung seiner Hupe. Da alle anderen Fahrer das aber genauso machen, stört sich keiner mehr an der Hupkakophonie und die Bauern schlichten in aller Seelenruhe das fertig gedroschene Getreide um. An der Ortseinfahrt von Niujie, zur Karawanenzeit noch wichtige Übernachtungsstation, heute ein...
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