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Fjordleuchten

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
369 Seiten
Deutsch
Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am12.08.20221. Auflage
Anno 962: Als die Großbauertochter Alva bei einem Überfall auf ihre Heimat an der englischen Südwestküste von dem brutalen Wikinger Eril Ormsson entführt wird, scheint ihr Schicksal als Leibeigene an seinem Hof in Dänemark besiegelt. Doch dann nimmt die unheimliche, alte Seherin Oddruna die junge Frau als Schülerin unter ihre Fittiche. Als Alva schließlich dem geheimnisvollen Nordmann Thorir begegnet, nimmt ihr Leben eine unerwartete Wendung, die sie bis ins Fjordland Norwegens führt ...

Rebecca Maly, geboren 1978, arbeitete als Archäologin und Lektorin, bevor sie sich ganz der Schriftstellerei widmete. Die Kultur der Maori lernte sie bereits im Studium kennen, eine Faszination, die bis heute geblieben ist. Die Autorin kann sich nichts Schöneres vorstellen, als ferne Länder zu bereisen und deren Kultur kennen zu lernen. Unter ihrem realen Namen Rebekka Pax hat sie bereits erfolgreich mehrere Romane veröffentlicht.
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Produkt

KlappentextAnno 962: Als die Großbauertochter Alva bei einem Überfall auf ihre Heimat an der englischen Südwestküste von dem brutalen Wikinger Eril Ormsson entführt wird, scheint ihr Schicksal als Leibeigene an seinem Hof in Dänemark besiegelt. Doch dann nimmt die unheimliche, alte Seherin Oddruna die junge Frau als Schülerin unter ihre Fittiche. Als Alva schließlich dem geheimnisvollen Nordmann Thorir begegnet, nimmt ihr Leben eine unerwartete Wendung, die sie bis ins Fjordland Norwegens führt ...

Rebecca Maly, geboren 1978, arbeitete als Archäologin und Lektorin, bevor sie sich ganz der Schriftstellerei widmete. Die Kultur der Maori lernte sie bereits im Studium kennen, eine Faszination, die bis heute geblieben ist. Die Autorin kann sich nichts Schöneres vorstellen, als ferne Länder zu bereisen und deren Kultur kennen zu lernen. Unter ihrem realen Namen Rebekka Pax hat sie bereits erfolgreich mehrere Romane veröffentlicht.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783962154486
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum12.08.2022
Auflage1. Auflage
Seiten369 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9703148
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

Südwestküste Englands, Anno Domini 962

Alva zuckte zusammen, als Cobbert die Ochsen mit der Weidenrute auf die Rücken schlug, dass es nur so klatschte. Die störrischen Tiere weigerten sich, ihre Hufe auf die neue Brücke über den Waelcian zu setzen, und schwitzten in ihrem Joch mehr vor Angst denn vor Anstrengung.

Verdammt, es ist nur eine Brücke, ihr dummen Viecher , fluchte Cobbert, mittlerweile selbst schweißgebadet. Der Knecht fürchtete den Zorn seines Herrn, des Großbauern Aldar von Rodene, der auf seinem feurigen Braunen auf der anderen Seite auf und ab ritt. Das Pferd hatte die Brust bereits voller Speichel, kämpfte gegen die harte Hand seines Herrn und pflügte mit den Hufen die Erde, als gelte es, den Grund für die nächste Saat vorzubereiten.

Es war Herbst, die Erntezeit vorüber, und die Erde lag brach, um sich für die Aussaat im Frühjahr zu erholen. Speicher und Mieten waren gut gefüllt, und wie jedes Jahr forderte die Kirche ihren Teil. So waren sie nun unterwegs zum Kloster Saint Urban, wo auch die Großbauern von Rodene ihren Zehnt abliefern mussten. Auf dem Wagen hinter Alva und ihrer Mutter Ursula türmten sich Säcke voller Getreide, Kohl und Rüben, dazu geräucherter Schinken und Käse. Eine junge Kuh war an den Leiterwagen gebunden. Die Magd Tisla, die Schafe, Ziegen und Gänse zum Kloster brachte, war schon am frühen Morgen aufgebrochen. Doch wie es schien, würde die Familie das Kloster allenfalls am Nachmittag und mit großer Verspätung erreichen.

Während die fromme Ursula die Hände zum Gebet faltete und die Heiligen um ein wenig Mitgefühl anflehte, hielt es Alva nicht länger aus, einfach nur herumzusitzen. Sie raffte den Rock ihres blauen Festtagskleides, stieg an ihrem schlafenden kleinen Bruder Rothgar vorbei und sprang vom Wagen.

Alva, komm sofort zurück! , ereiferte sich ihre Mutter.

Ich will hier nicht auf ewig versauern! , entgegnete Alva, obwohl sie genau wusste, dass sie mit ihrem Ungehorsam den Zorn der Eltern auf sich lenken würde.

Unter Cobberts verblüfftem Blick und den empörten Rufen ihres Vaters trat Alva vor die Zugtiere. Die Augen der beiden Ochsen rollten in den Höhlen. Ihr Fell, das von den Knechten für diesen besonderen Tag poliert worden war, wirkte nun wieder stumpf. Für die Tiere schien die neue Holzbrücke dem Höllenschlund gleichzukommen. Hinüber mussten sie trotzdem, und Alva sah nicht ein, dass die beiden dummen Viecher ihr den schönsten Tag des Jahres vermiesten.

Sie erinnerte sich, was sie bei dem alten, erfahrenen Knecht Rupert gesehen hatte, schob die Ärmel hoch und fasste den Tieren mit beiden Händen in die glitschigen Nüstern.

Jetzt kommt, ihr Sturköpfe! Sie drückte die Finger zusammen und zog. Der schwarze Ochse kämpfte kurz gegen sie und den Schmerz in den empfindlichen Nüstern an, dann standen beide Tiere mit den Hufen auf dem Holz, und es ging zügiger weiter.

Na also, es geht doch , sagte Alva triumphierend und rieb ihre feuchten Finger an der breiten Stirn der Tiere trocken.

Auf der Brücke war es selbst für ein schmale junge Frau wie sie zu eng, um auf den Wagen zu steigen, und so eilte Alva voraus zum anderen Flussufer. Der Gesichtsausdruck ihres Vaters ließ den kurzen Triumph schnell in Vergessenheit geraten. Sie senkte gehorsam den Blick, während er sein Pferd neben sie lenkte. Der stoßweise Atem des Tieres hüllte sie in eine Wolke feuchter, nach Heu riechender Wärme.

Manchmal frage ich mich, ob meine Tochter nicht doch eine Magd ist , knurrte er und packte sie hart an der Schulter. Alva zuckte unter dem Schmerz zusammen, doch es kam kein Laut über ihre Lippen, dafür litt sie zu oft unter der Gewalt ihres Vaters. Seine Finger gruben sich eisern um ihr Schlüsselbein. Unter gesenkten Wimpern sah sie vorsichtig zu ihm auf. Sein kantiges Gesicht war gerötet, und an den Schläfen hatte der Zorn Adern hervortreten lassen, die sich als dunkles Geflecht über seinen Hals fortsetzten und dann unter dem bestickten Saum seines besten Gewandes verschwanden. Alva kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er kurz davor war, die Fassung zu verlieren.

Verzeih, Vater , flüsterte sie.

Du hast dich deiner Mutter widersetzt, dafür gebührt dir eine ordentliche Tracht Prügel.

Ja, Herr Vater , erwiderte Alva leise. Sie fühlte sich immer weiter schrumpfen und wünschte, sie wäre nie von dem Leiterwagen hinabgestiegen. In diesem Moment schmerzte ihr wieder der Finger, den ihr der Vater einmal in einem Zornesausbruch mit einem Krug zerschmettert hatte. Bis heute konnte sie ihn nicht richtig bewegen. Das hätte ihr eigentlich Mahnung genug gewesen sein müssen, um zu wissen, wo ihr Platz war.

Steig auf den Wagen , herrschte der Vater sie an, löste seinen Griff und stieß sie davon. Alva strauchelte nur kurz. Keine Prügel? Sie konnte ihr Glück kaum fassen. In demütiger Haltung drehte sie sich um und kletterte zurück auf das Gefährt.

Und du, Cobbert, mach den Viechern Beine. Ich will nie wieder sehen, dass meine Tochter die Biester besser unter Kontrolle hat als mein erster Knecht.

Als Antwort ließ der Mann mit zusammengepressten Lippen die Gerte auf die Rücken der Ochsen schnellen, und der Karren setzte sich wieder in Bewegung.

Was denkst du dir nur dabei? , fuhr Ursula ihre Tochter an, und schon brannte eine Ohrfeige auf Alvas Wange. Die Hände ihrer Mutter schienen nur zwei Aufgaben zu kennen: zu beten und zu schlagen.

Was hat sie denn wieder angestellt? , meldete sich nun auch Rothgar zu Wort, der erst wach geworden war, als die zornige Stimme seines Vaters ertönte. Nun richtete er sich gähnend auf seinem Lager aus Kornsäcken auf und sah sich neugierig um. Seine blonden Locken sprangen wie feine, goldfarbene Hobelspäne in alle Richtungen. Die rundlichen Wangen waren gerötet vom Schlaf.

Deine Schwester hat wieder einmal bewiesen, dass sie keinen Anstand hat und nicht weiß, wie sich eine Frau aus unserer Familie zu benehmen hat. Vielleicht möchte sie sich doch lieber bei unseren Nachbarn als Magd verdingen. Das Talent dazu hätte sie.

Rothgar lachte, doch Alva konnte dem Jungen nicht böse sein. Er war zu jung, um wirklich zu verstehen. Ursula verpasste ihm einen leichten Schlag auf den Hinterkopf, und der Siebenjährige verstummte abrupt.

Und jetzt bring dein Haar in Ordnung, Mädchen!

Die nächste Zeit verging schweigend, während Alva ihren Zopf öffnete und neu flocht. Ihr Haar war seidig, fein und so hell, dass es beinahe weiß wirkte. Leider aber war ihr Zopf stets ein wenig dünn, und kein Kamm wollte recht darin halten.

Der Karren rumpelte über einen Weg, der wechselnd aus Steinen, Holzbohlen und hin und wieder sogar nur aus schlammigen Fahrrinnen bestand. Er führte an der Küste entlang, wo der heftige Seewind beinahe jeden Tag blies und nur die genügsamsten Pflanzen wuchsen, die bereit waren, sich seiner Kraft zu beugen. Zwischen Gräsern glänzten die schwarzen Früchte der Krähenbeere. Der Ginster, der die Hügel im Frühsommer mit einem gelben Blütenmeer überzog, war um diese Jahreszeit eintönig grünbraun und ließ seine Samenkapseln im Wind rascheln.

Wo der Boden fruchtbar genug war, reichten die Wiesen bis an die Felsküste. Graue flechtenbewachsene Findlingsmauern unterteilten sie in unregelmäßige Quadrate, auf denen Schafe weideten. Das Blöken der Tiere gehörte zum Land wie der Salzgeruch des Meeres und das stete Rauschen der Brandung.

Hin und wieder konnte Alva zwischen den sanften Hügeln die graue Unendlichkeit des Ozeans ausmachen.

Was dahinterliegen mochte? Wie weit die Wellen wohl gereist waren, um schließlich an der Felsenküste zu zerschellen?

Für Alva war es unvorstellbar, dass sich jemand auf einem Boot so weit hinauswagte, dass er das Ufer nicht mehr erkennen konnte. Auch jetzt segelten kleine Fischerboote wie Spielzeuge auf der rauen See und holten ihren Fang ein. Fisch kam auf Rodene nur selten auf den Tisch. Wenn sie Glück hatten, würde es bei den Mönchen in Saint Urban heute ein Festessen geben.

Den Blick in die Ferne gerichtet, auf die Hügel mit ihren bunten Kuppen aus blühendem Heidekraut und gelb verfärbten Birken, gelang es Alva langsam, ihre gute Stimmung wiederzufinden.

Seit Monaten schon freute sie sich auf den Besuch in Saint Urban. Ihren Vater stimmte es zwar immer wieder schlecht, wenn er sah, wie viel die Mönche von seiner Wirtschaft einforderten, doch er war ein frommer Mann. Solange es dem Hof gut ging und der heilige Petrus den Bauern gutes Wetter bescherte, war der Zehnt ein geringer Preis für das Seelenheil. Und dieses Jahr war ein reiches Jahr gewesen.

Zu den Terminen, an denen die Abgaben zu entrichten waren, versammelte sich alles, was in der Region Millweard Rang und Namen hatte, in dem Kloster und der kleinen Siedlung, die daneben gewachsen war. Es gab einen Markt mit fahrenden Händlern und Gauklern, und für eine junge Frau wie Alva zahlreiche Gelegenheiten, nach Ehemännern Ausschau zu halten. Auch ihr Vater hatte vor, sich nach einer passenden Partie für sie umzusehen. Mit ihren neunzehn Jahren war sie nun alt genug, fast schon zu alt. Doch Mutter hatte es nicht anders haben wollen. Ihr fiel es schwer, ihre Älteste ziehen zu lassen. Vater war es nur recht, denn er war ein geiziger Mann, und die Aussteuer würde ihn teuer zu stehen kommen.

Alva freute sich vor allem auf den Markt, nur dort gab es Stoffe zu kaufen, die nicht jeder größere Hof selbst herstellte, feine Borten und Pelze, die von weit, weit her kamen.

Als sich ihr Gefährt schließlich in den Strom aus Karren einreihte, der auf das Kloster zustrebte, war es Nachmittag geworden.

Grau und trutzig...
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