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Restlicht und Widerschein

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Hirnkosterschienen am28.07.20221. Auflage
Neues von Autor, Lyriker und Künstler Günther M. Bach. Mit 'Restlicht und Widerschein' legt der Ostberliner ein neues Werk mit autobiographischem Touch vor. Es wird erzählt von einem illusionslosen Architekten namens Eckner, der in zwei Epochen deutscher Geschichte keine Zukunft fand und nachdenklich in den ihn umgebenden verbliebenen Zeugnissen seiner Vergangenheit gräbt; von seinem jüngeren Bruder, bei dem er die Zeichen eines verloren gegangenen Vertrauens wiederfindet; von einem Neffen, der in einem kleinen Dorf in Mecklenburg zielsicher seine ideale Lebensform verwirklicht hat; von einer guten Freundin, die ein Krebsleiden zum Anlass für ein bewusstes Leben nimmt, und von einer verloren geglaubten Jugendliebe, die nach vergeudeten Jahren zurückkehrt und eine alte Schuld vergibt.

Günther M. Bach, Jahrgang 1935, Architekt und Designer in Ostberlin. Auf der Suche nach real existierenden Auswegen aus dem Sozialismus auf Umwege geraten - Malen, Schreiben und Bogenschießen. Auf die Veröffentlichung seines Debütroman 'Das Horn des Hasen', den er bereits zu DDR-Zeiten schrieb, musste er bis zum Jahr 2000 warten. Weitere Veröffentlichungen wie 'Das unsichtbare Ziel', 'Gegen den Strom' und 'Pfeile im Nebel' folgten bald.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextNeues von Autor, Lyriker und Künstler Günther M. Bach. Mit 'Restlicht und Widerschein' legt der Ostberliner ein neues Werk mit autobiographischem Touch vor. Es wird erzählt von einem illusionslosen Architekten namens Eckner, der in zwei Epochen deutscher Geschichte keine Zukunft fand und nachdenklich in den ihn umgebenden verbliebenen Zeugnissen seiner Vergangenheit gräbt; von seinem jüngeren Bruder, bei dem er die Zeichen eines verloren gegangenen Vertrauens wiederfindet; von einem Neffen, der in einem kleinen Dorf in Mecklenburg zielsicher seine ideale Lebensform verwirklicht hat; von einer guten Freundin, die ein Krebsleiden zum Anlass für ein bewusstes Leben nimmt, und von einer verloren geglaubten Jugendliebe, die nach vergeudeten Jahren zurückkehrt und eine alte Schuld vergibt.

Günther M. Bach, Jahrgang 1935, Architekt und Designer in Ostberlin. Auf der Suche nach real existierenden Auswegen aus dem Sozialismus auf Umwege geraten - Malen, Schreiben und Bogenschießen. Auf die Veröffentlichung seines Debütroman 'Das Horn des Hasen', den er bereits zu DDR-Zeiten schrieb, musste er bis zum Jahr 2000 warten. Weitere Veröffentlichungen wie 'Das unsichtbare Ziel', 'Gegen den Strom' und 'Pfeile im Nebel' folgten bald.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783949452567
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum28.07.2022
Auflage1. Auflage
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1507 Kbytes
Artikel-Nr.9720855
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Sein Bruder war jemand, auf den man sich verlassen konnte. Erst nach der Scheidung hatte er ihn wiedergesehen, viel zu spät. Eckner hatte eine Weile überlegen müssen, bis ihm der Name der Straße wieder eingefallen war, in der er wohnte, und hatte danach auch Mühe, in der langgestreckten Zeile der Reihenhäuser das richtige zu finden. Aber schließlich stand er doch vor der Tür mit dem alten Messingschild, auf dem der Name stand, der auch der seine war, und das schon vor langer Zeit und in einer anderen Stadt den seiner Eltern an der Wohnungstür angezeigt hatte.

Es schien ihm, als sei er erwartet worden, denn unmittelbar nach dem Klingeln summte der Türöffner und er sah seinen Bruder, der ihm im Treppenhaus entgegenkam. Der erste Blick zeigte ihn wenig verändert; die freundliche Ruhe, die von ihm ausging, hatte etwas Vertrautes.

Hallo , sagte Eckner und gab ihm die Hand. Ich glaube, es ist eine Weile her, seit ich zum letzten Mal hier war.

Elf Jahre, wenn du es genau wissen willst , sagte sein Bruder.

Aber das Lächeln war herzlich und kein Vorwurf in seiner Stimme. Durch die offene Tür trat er in das kleine Zimmer, in dem damals sein Neffe gewohnt hatte. In der Ecke neben der Tür sah er hinter einer Glasscheibe das langsame Pendel einer mannshohen Standuhr schwingen, vor - zurück, vor - zurück. Es schien eine Pause in dem Wechsel zu sein, ein Stillstand, bevor es zurückschwang.

Sein Bruder stellte zwei Weingläser auf den Tisch, und auch an die konnte Eckner sich erinnern. Im Haus ihrer Eltern hatten sie in einem dunkel gebeizten Buffet hinter Glasscheiben gestanden, schweres Bleikristall mit tiefem Schliff.

Trinkst du immer noch den Grünen Veltliner? , wollte Eckner wissen.

Daran kannst du dich erinnern? , fragte sein Bruder zurück.

Er hob sein Glas.

Schön, dass du da bist. Auf deine Gesundheit.

Sie stießen an, und das Klingen der Kelche schwang durch den Raum. Wie still es hier ist, dachte Eckner. Er sah sich um.

An der Wand gegenüber hing eine Gruppe von Fotos; schwarz-weiß die meisten, postkartengroß bis auf zwei, die größer waren. Eckner stand auf und trat näher heran.

Als Erstes fiel ihm das Bild ihrer Eltern ins Auge. Ernsthaft und doch freundlich der Blick in die Kamera, die Mutter mit unmerklich geneigtem Kopf in Richtung des Vaters. Gegenseitiges Vertrauen, ein Leben lang. Gab es das noch?

Das Foto der Marienkirche in ihrer Heimatstadt, aufgenommen aus dem Wohnzimmer der Eltern. Daneben sein Neffe Michael, der Musikant, der mehr als dreißig verschiedene Instrumente spielte, hier mit einem Krummhorn und in mittelalterlicher Gewandung. Auch ihn hatte er schon lange nicht mehr gesehen. War es das wert gewesen?

Dann fiel ihm eine Aufnahme ins Auge, auf der das Segel einer kleinen Jolle ein weißes Dreieck vor einen dunklen Kiefernwald zeichnete. Sein Bruder war neben ihn getreten.

Das war, als du zum letzten Mal mit uns zusammen gezeltet hast , sagte seine ruhige Stimme. Ich musste mir dann einen anderen Vorschotmann suchen.

Es war das Jahr, in dem Eckner geheiratet hatte. Das Jahr, von dem an alles anders geworden war, in dem er begonnen hatte, Wesentliches zu verlieren, ohne es zu bemerken, oder doch meinte, etwas von Wert dagegen einzutauschen.

Er erinnerte sich an den Tag: Sie waren erst dann rausgefahren, als der Wind aufzufrischen begann. Sie hatten das Großsegel gehisst, und noch bevor Eckner das Steckschwert im tiefen Wasser ablassen konnte, neigte sich das Boot unter einer Böe und das Spiel begann. Sie kreuzten hart am Wind.

Eckner hatte sich die Fockschot um das Handgelenk geschlungen, weil der Winddruck ihm das nasse Ende schmerzhaft durch die Hand zog. Dann hatte er die nackte Zehen hinter die Kante des Schwertkastens gestemmt und sich nach hinten fallen lassen, bis er waagerecht über den grünen Wellen hing. Immer schneller wurde das Boot. Und dann kam der Moment, in dem das stählerne Schwert durch die Vibration zu brummen begann. Wenn er unter den Rumpf schaute, sah er es handbreit aus dem Wasser kommen, aber sein Bruder hielt den Kurs und er konnte die Fockschot halten, auch wenn die Hand brannte wie Feuer. Das hatte er vergessen können?

Die Sonne , sagte Eckner, die Sonne blendet mich.

Er trat zurück und rieb sich die Augen. Für einen Augenblick war in der Stille nur das Ticken der Standuhr.

Wie geht es Michael?

Er musste sich räuspern.

Er ist zum zweiten Mal Vater geworden. Ein Mädchen.

War da ein Bedauern?

Ich würde ihn gern wiedersehen , sagte Eckner.

Komm doch mit , sagte sein Bruder. Ich fahre am Wochenende zu ihm. Wir wollen zusammen zum Angeln ans Haff fahren.

Das müsste sich machen lassen , meinte Eckner.

Er sah aus dem Fenster.

Als ich Karin geheiratet habe , sagte er übergangslos, war ich fasziniert von ihr. Sie hatte immer ein loses Maul, aber es gefiel mir und zu einer Dolmetscherin passte es wohl auch. Sie legte damals großen Wert darauf, als Konferenzdolmetscherin bezeichnet zu werden, und das größte Kompliment machte ihr wohl einmal ein Spanier, der sie gefragt hatte, wo sie denn so gut Deutsch gelernt hätte.

Eckner setzte sich wieder an den Tisch, hob das Glas in das Licht der letzten Sonnenstrahlen, die durchs Fenster fielen, und trank langsam einen großen Schluck. Sein Bruder schwieg.

Ich hatte immer geglaubt , sagte er nach einer Weile, wenn man eine Frau heiratet und ihr seinen Namen gibt, dann wird sie von da an ein Teil der Familie. Aber das war ein großer Irrtum. Denn das hätte ja den Wunsch vorausgesetzt, ein Mitglied dieser Familie zu werden, und diesen Wunsch hat sie wohl nie gehabt. Diese Gleichgültigkeit wäre ja vielleicht zu ertragen gewesen, aber mit den Jahren verlor sie mehr und mehr das Interesse an uns, den Eckners. Das Ende unserer letzten Gemeinsamkeiten kam mit der Geburt meines Sohnes. Es wurde mir erst lange danach bewusst. Was eigentlich umgekehrt hätte geschehen können, eine Wiederannäherung durch das Entstehen einer wirklich eigenen Familie, entwickelte sich zu einer zunehmenden Entfremdung. Sie begann, mich systematisch vor meinem eigenen Kind herabzusetzen; ein Verhalten, dem gegenüber ich mich hilflos fühlte. Dass ich allem Streit aus dem Weg zu gehen versuchte, muss Martin als Schwäche wahrgenommen haben. Von der Zeit an hatte ich das Gefühl, in ihren Augen mehr und mehr zu einem notwendigen Übel in ihrer Umgebung geworden zu sein, notwendig zur Beschaffung ihres Unterhalts und zur Erledigung der Arbeiten in Haus und Garten. Sie liebte es, sich in Gesellschaft ihrer Freunde über mich lustig zu machen. Ich selbst hatte da schon längst keine eigenen Freunde mehr.

Wie alt ist Martin denn jetzt? , wollte sein Bruder wissen.

Da muss ich rechnen , sagte Eckner, warte mal.

Er dachte nach.

Er muss jetzt sechsundvierzig sein , sagte er nach einem Moment des Besinnens. Und wieder nach einer Pause:

Ich glaube, dass seine Mutter mich hasst. Und ich habe eigentlich keine Ahnung, warum.

Sie schwiegen beide eine Weile, bis der Bruder eine zweite Flasche aus der Küche holte und die Gläser füllte. Sie tranken sich zu, und weil die Sonne inzwischen hinter den Dächern der gegenüberliegenden Häuser verschwunden war, schaltete sein Bruder die Stehlampe am Fenster ein.

Ich muss dir was zeigen , sagte er.

Von dem Regal neben der Tür nahm er ein kleines Holzkästchen, das mit einem Schiebedeckel verschlossen war. Er zog den Deckel heraus und griff nach einer Handvoll vergilbter Fotos, die darin gestapelt waren. Die Aufnahmen zeigten meist feierlich posierende Personen in einem warmen Braunton und waren verblasst und fleckig. Eckner meinte, einige der Gesichter wiedererkennen zu können.

Das ist unser Urgroßvater , sagte er und tippte mit dem Zeigefinger auf das Bild eines Mannes mit Uniformmütze und in Wickelgamaschen auf einem Pferd, der aufrecht und herrisch von oben herab in eine Kamera blickte.

Eines nach dem anderen nahm Eckner die Fotos von dem Stapel, und bei jedem Bild nannte sein Bruder den Namen und einige Male das Geburts- und Sterbejahr.

Woher weißt du das alles so genau? , fragte Eckner verwundert. Sein Bruder lächelte und legte ein in kleiner Schrift bedrucktes Blatt vor ihn auf den Tisch.

Es ist in den letzten Monaten meine wichtigste Beschäftigung gewesen. Ich forsche nach unserer Familiengeschichte.

Auf dem Blatt stand: Ahnentafel der Familie Eckner und darunter: Namensträger .

Das eng beschriebene Blatt zeigte eine Tabelle mit Namen, die im Jahr 1610 am unteren Blattrand begann. Acht Generationen Eckner waren übereinander verzeichnet, die alle als Bauern in kleinen benachbarten Dörfern in...
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Autor

Günther M. Bach, Jahrgang 1935, Architekt und Designer in Ostberlin. Auf der Suche nach real existierenden Auswegen aus dem Sozialismus auf Umwege geraten - Malen, Schreiben und Bogenschießen.
Auf die Veröffentlichung seines Debütroman "Das Horn des Hasen", den er bereits zu DDR-Zeiten schrieb, musste er bis zum Jahr 2000 warten. Weitere Veröffentlichungen wie "Das unsichtbare Ziel", "Gegen den Strom" und "Pfeile im Nebel" folgten bald.