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Venezianisches Intermezzo

Benedict Schönheits sechster Fall
'Sie haben deinen Bruder verhaftet!' Einige Stunden nach diesem Anruf sitzt Kriminalrat Schönheit mit seiner Freundin Martina im Flugzeug nach Venedig, wo sein Bruder Jean-Baptiste wegen Mordverdacht in Untersuchungshaft sitzt. Der Fall entwickelt sich für Benedict Schönheit schnell zur Gratwanderung zwischen Ermittlung und Einmischung in venezianische Angelegenheiten - besonders nachdem ein weiterer Toter gefunden wird.

Thomas Michael Glaw, Jahrgang 1957, studierte in München Germanistik und katholische Theologie. Seit 1989 leitet er ein Institut für Unternehmenskommunikation in München. Sein schriftstellerisches Werk umfasst neben Kurzgeschichten, Reiseerzählungen und Gedichten vor allem Kriminalromane. Als Fotograf bestimmen städtisches Leben und Architektur seine Arbeiten. Fotografie und Lyrik verband er erstmals in dem Band 'Strandgut.'
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR18,50

Produkt

Klappentext'Sie haben deinen Bruder verhaftet!' Einige Stunden nach diesem Anruf sitzt Kriminalrat Schönheit mit seiner Freundin Martina im Flugzeug nach Venedig, wo sein Bruder Jean-Baptiste wegen Mordverdacht in Untersuchungshaft sitzt. Der Fall entwickelt sich für Benedict Schönheit schnell zur Gratwanderung zwischen Ermittlung und Einmischung in venezianische Angelegenheiten - besonders nachdem ein weiterer Toter gefunden wird.

Thomas Michael Glaw, Jahrgang 1957, studierte in München Germanistik und katholische Theologie. Seit 1989 leitet er ein Institut für Unternehmenskommunikation in München. Sein schriftstellerisches Werk umfasst neben Kurzgeschichten, Reiseerzählungen und Gedichten vor allem Kriminalromane. Als Fotograf bestimmen städtisches Leben und Architektur seine Arbeiten. Fotografie und Lyrik verband er erstmals in dem Band 'Strandgut.'
Details
Weitere ISBN/GTIN9783947724246
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.07.2022
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1102
Artikel-Nr.9747986
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Donnerstag

»Man hat deinen Bruder verhaftet.«

Es mag Menschen geben, die diesen Satz öfter hören. Sie gehören üblicherweise einem Milieu an, das wir bei der Kriminalpolizei Organisierte Kriminalität nennen. Mein Bruder, Monsignore Jean-Baptiste Schönheit, gehört der katholischen Kirche an, die, auch wenn ihr Ruf im Moment ein wenig beschädigt ist, nicht dazugezählt wird. Er befand sich in Urlaub in Venedig, Martina und ich wollten ihn am Wochenende für ein paar Tage besuchen.

»Hat er verbotenerweise Tauben am Markusplatz gefüttert?«

»Er hat angeblich einen jungen Mesner erstochen.« Mein Vater klang ernst.

»Das ist kein Scherz?«

»Es ist bitterernst, Benedict. Sein italienischer Freund, bei dem ihr über Nacht bleiben wollt, hat mich vor ein paar Minuten angerufen. Es muss heute Morgen während oder nach der Frühmesse passiert sein.«

Ich warf einen Blick auf die Armbanduhr. Es war halb zehn. »Was hat er sonst erzählt?«

»Einen Haufen unzusammenhängendes Zeug. Wann wolltet ihr runterfahren?«

»Martina hat mich überredet zu fliegen. Samstagmorgen.«

»Denkst du, du kannst einen Tag früher fliegen?«

»Vater, ich kann da unten nichts tun. Wenn ich einen falschen Schritt mache, lochen mich die italienischen Kollegen ein oder werfen uns im günstigsten Fall raus.«

»Martina ist doch Journalistin?«

»Sie ist aber nicht in Venedig akkreditiert.«

Vater schwieg einen Moment. »Mutter und ich würden uns wohler fühlen, wenn ihr trotzdem morgen schon fliegt. Wenn du willst, regle ich das mit dem Flug.«

Vater und seine Beziehungen.

»Hast du die Telefonnummer von diesem Freund?«

Er diktierte mir eine Telefonnummer in Venedig.

»Ich rufe den Mann an und spreche mit Martina. Dann sehen wir weiter.«

Nachdem ich gewählt hatte, hörte ich den italienischen Klingelton und dann ein »Pronto«.

Glücklicherweise hatte ich zwei Gastsemester in Bologna Jura studiert, so vermochte ich in genießbarem Italienisch nach Don Michele zu fragen.

»Chi parla?«, Wer spricht? wollte die Stimme der Frau am anderen Ende wissen.

»Ich bin der Bruder von Monsignore Schönheit«, meinte ich.

Schweigen am anderen Ende. Dann sagte sie: »Ich hole Don Michele«.

Nach ein paar Minuten Rauschen sagte eine Stimme: »Buon giorno, Commissario.«

Italienisch mit deutlich römisch-klerikalem Einschlag.

»Mein Bruder hat Ihnen von mir erzählt?«, fragte ich auf Italienisch.

»Freilich.«

Der Mann, den mein Vater Don Michele genannt hatte, hatte dieses Wort auf Deutsch gesagt - mit einem leichten Tiroler Akzent.

»Sie sprechen ausgezeichnet Deutsch.«

Der Mann am anderen Ende der Leitung lachte. »Ich habe Ihren Bruder an der Universität in Innsbruck kennengelernt, wo ich zwei Gastsemester verbracht habe.«

Das machte das Gespräch deutlich einfacher.

»Was ist denn genau passiert?«

»Ihr Bruder hatte dankenswerterweise ein paar Werktagsgottesdienste in der Früh übernommen. Wir sind zwar hier nicht so priesterlich unterbesetzt wie ihr in München, aber er ist Frühaufsteher, ich nicht.« Ich hörte ihn atmen. »Heute Morgen ...«, er zögerte. »Es ist schwer, das zu schildern, Commissario. Als Jean-Baptiste am Ende der Messe in die Sakristei zurückging, hing einer unserer Mesner blutüberströmt über der Anrichte. Er hatte ... er hatte ein Kruzifix im Herzen stecken.«

War ich in einem Schauerroman gelandet?

»Bitte?«

»Sie haben richtig gehört. Auf der Anrichte stand ein Altarkreuz auf dem 16. Jahrhundert. Eine schöne Arbeit, die zum Hochamt auf dem Altar steht. Wenn man das Kreuz aus der Halterung nimmt, läuft es unten spitz zu.« Er unterdrückte ein Schluchzen. »Jemand hat es Riccardo ins Herz gerammt.«

Ich wartete einen Moment. »Das tut mir sehr leid. Wer war denn dieser Riccardo?«

»Er war ...«, Don Michele schien mit den Tränen zu kämpfen, »Riccardo ... war Student, er wohnte kostenlos bei uns und half in der Pfarrei. Er war ...« Eine Weile hörte ich ihn nur schwer atmen. »Er war ein wunderbarer Mensch, ein Freund, sehr reif für sein Alter.«

Da schwang mehr mit, als ich einordnen konnte.

»Und warum hat die Polizei meinen Bruder verhaftet?«

»Weil seine Fingerabdrücke auf dem Kreuz waren.«

»Wie das?«

»Ich vermute, er hat es in die Hand genommen, um es zu betrachten. Es ist, wie gesagt, eine wunderbare Arbeit.«

»Und es waren nur seine Fingerabdrücke darauf?«

»Das weiß ich nicht, Commissario. Es ist alles so verwirrend und so traurig. Kommen Sie denn nach Venedig?«

Mir ging die Bitte meines Vaters durch den Kopf. Viel ausrichten würde ich nicht können, aber was soll s.

»Ich denke, ja.«

»Sie sind mir willkommen und, wie ursprünglich geplant, können jederzeit bei mir wohnen.«

»Wohnen Sie nicht im Pfarrhaus?«

Er zögerte einen Moment. »Ich besitze ein Haus in der Nähe. Ich komme aus einer großen Familie, da gibt es immer wieder einmal Besucher.«

Wenn ihm ein Haus in Venedig gehörte, dürfte das eine wohlhabende Familie sein.

»Wissen Sie, wer bei der venezianischen Polizei für den Fall zuständig ist?«

»Nein, tut mir leid.«

»Ich melde mich bei Ihnen, sobald ich weiß, wann ich komme.«

»Schicken Sie mir eine WhatsApp auf mein Handy. Dann erkläre ich Ihnen, wie Sie uns am besten finden. Vielleicht kann ich Sie an der Vaporetto-Haltestelle abholen.«

Er diktierte mir seine Handynummer.

Ich ging zur Anrichte und goss mir erst einmal einen Grappa ein. Jean-Baptiste verhaftet? Ein junger Mann mit einem Kreuz erstochen? Fast erwartete ich, das es an der Tür klingelte und das Team von Vorsicht Kamera davor stand.

Es klingelte allerdings nicht, sondern die Tür wurde mit einem Schlüssel geöffnet. Martina kam außer Atem hereingestürmt, warf ihre Handtasche aufs Sofa und sagte: »Hast du es schon gehört?«

»Was?«

»Man hat Jean-Baptiste verhaftet.«

Wir lebten in wahrhaft schnelllebigen Zeiten.

»Woher hast du das schon wieder?«

»Es steht bei der Konkurrenz im Web. Stimmt es?«

»Ja, ich habe gerade mit Vater und danach mit einem Pfarrer in Venedig telefoniert. Vater will, dass wir so schnell wie möglich nach Venedig fahren.«

»Wir?«

»Ja.«

»Was verspricht er sich davon?«

»Eine gute Frage. Ich weiß es nicht.«

»Denkst du, dass du in Venedig irgendetwas bewegen kannst?«

»Ich kenne das Rechtssystem. Es ist extrem langsam, aber im Großen und Ganzen zuverlässig. Wenn wir davon ausgehen, dass Jean-Baptiste nichts mit der Sache zu tun hat, können wir darauf hoffen, die Dinge ein wenig zu beschleunigen.«

»Das erklärt nicht, warum du unbedingt dabei sein willst.«

Ich ging zurück zur Anrichte und goss Martina einen Grappa ein.

»Weil er mein Bruder ist.«

Mein Handy meldete sich erneut.

»Wo bist du denn, Bene?«, fragte Lena.

»Zuhause. Warum? Brennt das Präsidium?«

»Nein, aber ...«

»Aber was?«

»Ich habe da etwas über einen Pfarrer gelesen, den sie in Venedig wegen Mordverdacht verhaftet haben. Wolltest du nicht morgen nach Venedig fliegen?«

»Übermorgen. Aber es stimmt, sie haben meinen Bruder verhaftet«.

»Und was willst du tun?«

»Wenn ihr es mir gestattet, etwas nachdenken. Ich komme in einer Stunde, oder so, ins Büro, dann besprechen wir alles Weitere. Mein Urlaub bleibt so, wie er geplant war.«

Lena schwieg einen Moment. »Na gut, dann bis später, Bene.«

»Lena?«, fragte Martina.

Ich nickte.

»Du weißt, dass sie immer noch in dich verschossen ist.«

»Sie ist mit Adil zusammen.«

»Das ändert nichts an der Sachlage«, meinte die Dame meines Herzens.

»Wir haben andere Probleme.«

»Glaubst du nicht, dass du oder sogar wir in Venedig das Ganze eher verkomplizieren würden?«

Ich ließ mich aufs Sofa fallen. »Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Meine Eltern würden sich woher fühlen, wenn ich dort wäre. Weißt du, Jean-Baptiste ist ein kluger Kopf, aber er ist ...«

»... manchmal ein wenig weltfremd?«

Ich richtete den Blick auf meine Hände, um nicht sofort antworten zu müssen. »Er steht ab und an neben sich, aber tun wir das nicht alle?«

»Dein Bruder ist ein lieber, netter Kerl. Ich mag ihn, auch wenn sein Humor bisweilen schräg ist. Und ich glaube, dass er mit der Situation, in der er sich befindet, nicht gut zurechtkommt. Aber können wir ihm tatsächlich helfen?«

Mein Telefon meldete sich erneut.

»Morgen, Herr Schönheit. Ich hätte erwartet, Sie im Präsidium zu finden.«

Kriminaloberrat Theiss.

»Ich habe ein kleines privates Problem.«

»Ich weiß, man hat Ihren Bruder verhaftet.«

Einen Moment war ich sprachlos.

»Ich wusste gar nicht, dass Sie die Boulevardpresse lesen«, meinte ich dann.

»Dafür besteht keine Notwendigkeit. Man hat mich von höherer Stelle darauf hingewiesen.«

Von höherer Stelle? Hatte der Erzbischof bei ihm angerufen?

»Der Präsident hat mich vor einer Viertelstunde kontaktiert. Man hat sich seitens des Erzbistums mit ihm in Verbindung gesetzt.«

»Sie meinen, der Kardinal hat ...«

»Ich...

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