Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Haveldorf

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
223 Seiten
Deutsch
Prolibris Verlagerschienen am04.08.2022
Man kennt sich, man hilft sich - so funktioniert das Leben in den Dörfern an der Havel. Dieses Gesetz gilt auch für Hauptkommissar Manzetti. Er soll den Rechtsmediziner Bremer bitten, ein Huhn zu sezieren, um eine Keulung aller Tiere auf einem Hühnerhof zu verhindern. Doch was als Rettungsaktion für Hühner beginnt, endet in Mordermittlungen. Geht in dem Nachbardorf ein Serienmörder um, der es auf Frauen mit roten Schuhen abgesehen hat? Manzetti und sein Team stoßen auf ein weiteres Gesetz im Dorf - das des Schweigens ...

Jean Wiersch, Jahrgang 1963, gehört seit 1994 der Polizei des Landes Brandenburg an. Er lebt mit seiner Frau inmitten der Mark Brandenburg, am Ufer des wunderschönen Beetzsees. In der wasser- und waldreichen Region westlich von Berlin spielen auch seine bislang sieben Kriminalromane, die bereits im Titel einen deutlichen Bezug zu dem Fluss seiner Heimat tragen, der Havel: Havelwasser, Havelsymphonie, Haveljagd, Havelgeister, Havelbande, Havelgift, Havelreime und zuletzt Haveldorf.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextMan kennt sich, man hilft sich - so funktioniert das Leben in den Dörfern an der Havel. Dieses Gesetz gilt auch für Hauptkommissar Manzetti. Er soll den Rechtsmediziner Bremer bitten, ein Huhn zu sezieren, um eine Keulung aller Tiere auf einem Hühnerhof zu verhindern. Doch was als Rettungsaktion für Hühner beginnt, endet in Mordermittlungen. Geht in dem Nachbardorf ein Serienmörder um, der es auf Frauen mit roten Schuhen abgesehen hat? Manzetti und sein Team stoßen auf ein weiteres Gesetz im Dorf - das des Schweigens ...

Jean Wiersch, Jahrgang 1963, gehört seit 1994 der Polizei des Landes Brandenburg an. Er lebt mit seiner Frau inmitten der Mark Brandenburg, am Ufer des wunderschönen Beetzsees. In der wasser- und waldreichen Region westlich von Berlin spielen auch seine bislang sieben Kriminalromane, die bereits im Titel einen deutlichen Bezug zu dem Fluss seiner Heimat tragen, der Havel: Havelwasser, Havelsymphonie, Haveljagd, Havelgeister, Havelbande, Havelgift, Havelreime und zuletzt Haveldorf.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783954752508
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum04.08.2022
Seiten223 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1288 Kbytes
Artikel-Nr.9749764
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




1

Freitag, 13. August




Die Sonne brannte sich in Manzettis Haut, sie stand fast im Zenit über ihm. Es war einer jener Augusttage, die man früher nur im Süden erlebt hat, etwa in Afrika, wo der Passat mit heißem Atem das Land verdorrte.

Aber was hieß schon früher? Der Klimawandel war längst in dem Teil Deutschlands angekommen, der mit seinen vielen Seen zwischen Havel und Rhin lag und wo die Sonne im Hochsommer kein Erbarmen mehr kannte. Gnadenlos knallte sie vom Himmel, als hätte sie dabei denselben Spaß wie kleine Jungen, die mit der Lupe einen Strohballen auf des Großvaters Bauernhof anzündeten.

Und Milderung war nicht in Sicht. Frühestens für das Ende der kommenden Woche stellten die Meteorologen Temperaturen um die fünfundzwanzig Grad in Aussicht, auch wenn hier am Beetzsee niemand so recht daran glauben wollte, selbst Andrea Manzetti nicht. Aber der hatte sowieso andere Probleme, dachte nicht an Wetter, Klima oder dessen Wandel. In seinem Rücken tobte es, als hätte Luzifer höchst persönlich dort Einzug gehalten; noch dazu mit offener Feuerstelle. Wie sollte er das aushalten, lautete nur eine der Fragen, die sich ihm seit einigen Minuten aufdrängten. Ihm, der den Umgang mit Schreibtisch und Ledersessel gewohnt war; ein geachteter Kriminalist; seit Jahren Leiter der Mordkommission in Brandenburg an der Havel.

Die Antwort sollte ihm nicht schwerfallen, denn es war nicht auszuhalten, jedenfalls nicht in seinem Alter. Das hier war schwere körperliche Arbeit; grausame, von unzähligen Schmerzattacken begleitete Maloche. Und in dem Moment, da ein weiterer Stromschlag durch sein Kreuz fuhr, stellte Manzetti sich auch schon die nächste der drängenden Fragen. Musste das unbedingt heute sein? Hatte sie ausgerechnet an einem Tag, an dem das Thermometer erneut jenseits der Dreißiggradmarke hängengeblieben war, den kleinen gelben Zettel auf dem Küchentisch liegen lassen müssen?

Eine drängende Frage, auf die eine klare Antwort folgte. Natürlich hatte sie das gemusst; Kerstin, die Frau, die Manzetti seit mehr als drei Jahrzehnten über alles auf dieser Welt liebte, mit der er zwei wundervolle Töchter und eine hinreißende Enkelin umsorgte, genau diese Kerstin hatte ihn vor etwa einem Jahrzehnt bereits deutlich gewarnt. Obacht, hatte sie gesagt, gib Obacht, mein Lieber.

Damals waren sie der Einladung des Maklers gefolgt, mit ihm das Anwesen zu begutachten, das seit einem halben Jahr am Ende der Dorfstraße von Ketzür zum Verkauf gestanden hatte. Ein schönes Haus und nur etwa fünfzig Meter vom Seeufer erbaut; mit herrlichem Ausblick, eine Pracht, hatte Manzetti sofort geurteilt. Aber als sie dem Makler vom Haus in den Garten gefolgt waren, da eben hatte Kerstin die Augen zusammengekniffen und ihn gefragt, ob er eine ungefähre Vorstellung von dem habe, was sie in diesem riesigen Areal erwarten würde? Sie und ihn und möglicherweise auch die beiden Mädchen. Obacht, mein Lieber. Doch er hatte sich nicht einschüchtern lassen wollen, er musste das Haus unbedingt kaufen.

Seither gab es nun diese gelben Zettel, die nicht größer als sein rechter Handteller waren und die sie gerne für ihre Botschaften an ihn benutzte. Heute lautete die: der Apfelbaum.

Und deshalb schlug der fast sechzigjährige Kriminalist in der Hitze des Tages den roten Spaten immer wieder und mittlerweile schweißgebadet in das nicht nachgeben wollende Wurzelwerk. Das alte Spalierobst war ein Gewächs, das schon seit Jahren den Blütenstand verweigerte, und so war es auf Kerstins Liste der verwunschenen Pflanzen geraten, was nichts anderes bedeutete, als dass es den Garten unverzüglich zu verlassen hatte.

Manzetti stützte sich in der Hoffnung auf den Spaten, dass sich seine Bandscheiben wieder beruhigten. Auch Mund und Rachen verlangten inzwischen nach Wiedergutmachung. Nur Wasser konnte das grausame Stechen im Hals lindern.

Als die Flasche seine spröden Lippen erreichte, nahm Manzetti im rechten Augenwinkel eine andere Bedrohung wahr; eine ganz feine Bewegung, ein Hauch nur. Der aber reichte aus, um ihn zur sprichwörtlichen Salzsäule erstarren zu lassen. Große Mengen Adrenalin schossen in seinen Körper. So in etwa, ging es Manzetti für den Bruchteil einer Sekunde durch den Kopf, mussten sich die frühen Menschen gefühlt haben, wenn ihnen der heiße Atem des Säbelzahntigers im Nacken gesessen hatte.

Auch wenn die Quelle der gegenwärtigen Bedrohung nur einen Meter sechzig maß, war sie doch groß genug, um den ein Meter fünfundachtzig großen Manzetti an sofortige Flucht denken zu lassen, denn das Ungemach hatte nicht weniger als die Gestalt des Nachbarn angenommen, der einem Unheil verkündenden Schatten gleich über das Grundstück der Manzettis schlich. Nachbar Paul war ein alter Binnenschiffer, der seit mehr als zehn Jahren seine Rente genoss und der offensichtlich wieder unterwegs war, den Manzettis Zeit und Ruhe zu stehlen.

»Junge«, stöhnte Paul bereits auf Höhe des Kirschbaumes und aus einem für Manzetti beunruhigend angestrengten Gesicht. »Junge, wir haben ein Problem!«, rief Paul noch lauter als zuvor, obwohl er endlich neben Manzetti angekommen war.

Für den gab es nun keinen Zweifel mehr. Die Gefahr war nicht nur groß, sie war gigantisch, denn derartige Worte aus dem Mund von Nachbar Paul zerschlugen für gewöhnlich alle wohlfeilen Gedanken an einen geruhsamen Feierabend in Sekundenschnelle zu Kleinholz. Das wusste Manzetti nur zu gut; der Alptraum war also zur Realität geworden.

»So«, quetschte er deshalb hervor, »wir haben also ein Problem?«


Nachbar Paul nickte, während seine Hände eine Art Lockbewegung vollführten, die Manzetti glauben ließ, der alte Binnenschiffer dirigiere ihn an den Rand des Höllenschlundes.

»Wer sind wir, Paul?«, fragte er mit großem Unbehagen. »Du kannst unmöglich mich meinen, denn bis eben hatte ich noch kein Problem.«


Dem Gesicht von Paul war abzulesen, dass er dieser Behauptung nicht den geringsten Glauben schenkte. Gelassen blickte der alte Nachbar auf Manzettis Spaten und das sich hartnäckig in den Boden krallende Spalierobst. Dann zog er die Augenbrauen zusammen und fragte: »Sicher? Bist du dir ganz sicher, dass du kein Problem hast?«


Manzetti folgte dem Blick des Nachbarn, als könnte er dort, wohin Paul gerade schaute, so etwas wie eine Antwort finden. Aber da war nichts, rein gar nichts, wenn er einmal von dem Apfelbäumchen absah. »Ja«, antwortete er deshalb, und es klang, als sei er sich dessen sehr sicher. »Ich habe kein Problem und ich kann auch überhaupt keines gebrauchen.«


Doch Paul sah das wie fast immer, wenn er bei den Manzettis auftauchte, ganz anders. »Und was ist das da?«, fragte er, den scharfen Blick aus seinen grauen Augen noch immer auf das Apfelgewächs gerichtet. »Junge, das da solltest du lieber mit einem Traktor aus dem Boden ziehen. Wenn du so weitermachst, hast du spätestens morgen ein Problem, das ich nicht am eigenen Leib erleben möchte. Nämlich eines mit deinem Rücken.« Paul verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, die die Erwähnung des Wortes Schmerz vollkommen überflüssig machte. »Aber das ist dann wirklich nur dein Problem, du Stadtkind.«


Paul machte einen wohl inszenierten und deshalb mächtigen Schritt nach vorn, postierte seinen kurzen und schweren Körper so, dass Manzetti ihm nicht entfliehen konnte, und drückte seinen fleischigen Zeigefinger einem Dolchstoß gleich zwischen die Rippen des Hauptkommissars. »Und von dem anderen Problem, weswegen ich eigentlich gekommen bin, von dem sind du, ich und der Freddi betroffen, wenn du es ganz genau wissen willst.«


Manzetti spitzte sofort beide Ohren. Hatte Paul gerade behauptet, er sei wegen eines Problems gekommen, das ihn und irgendeinen Freddi betraf? Das durfte auf keinen Fall passieren. Nur das nicht. Wollte er sein Wochenende retten, und das seiner Familie, musste Manzetti schleunigst, und wenn es ging, genau in diesem Augenblick verhindern, dass der alte Zausel von einem Nachbarn ihn in eine seiner abenteuerlichen Geschichten hineinzog. In dreißig Sekunden würde es dafür zu spät sein.

»Vergiss es, Paul. Ich werde nicht wieder auf irgendeines deiner Märchen hereinfallen. Außerdem siehst du ja, dass ich von Kerstin einen Auftrag erhalten habe. Und damit basta«, polterte Manzetti los, um Paul mit allem Nachdruck von einem seiner Hirngespinste abzubringen.

Paul versank für etwa fünfzehn Sekunden in tiefes Schweigen. Dann deutete er mit dem Zeigefinger auf das Apfelspalier und fragte: »Das da? Ist das der Auftrag deiner Frau?«


»Ja«, antwortete Manzetti, zog den Spaten aus dem Boden und tat, als würde er umgehend seine Arbeit wieder aufnehmen wollen. Vielleicht, ging es ihm durch den Kopf, würde Paul so die Lust an der Unterhaltung verlieren und wieder verschwinden.

Aber der dachte nicht daran. Paul holte tief Luft und fragte in väterlichem Ton: »Was ist los bei euch, Junge? Willst du mir das vielleicht...


mehr

Autor

Jean Wiersch, Jahrgang 1963, gehört seit 1994 der Polizei des Landes Brandenburg an. Er lebt mit seiner Frau inmitten der Mark Brandenburg, am Ufer des wunderschönen Beetzsees. In der wasser- und waldreichen Region westlich von Berlin spielen auch seine bislang sieben Kriminalromane, die bereits im Titel einen deutlichen Bezug zu dem Fluss seiner Heimat tragen, der Havel: Havelwasser, Havelsymphonie, Haveljagd, Havelgeister, Havelbande, Havelgift, Havelreime und zuletzt Haveldorf.