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Chronos

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
C.H. Beckerschienen am25.08.20221. Auflage
Chronos, die personifizierte Zeit, ist ein Rätsel, nicht nur für Physiker. Von Newton bis Hamlet, von Einstein bis Dalí ist sie der Protagonist so faszinierender wie schwindelerregender Spekulationen. Können wir das unaufhaltsame Voranschreiten der Zeit jemals zum Stillstand bringen? Lässt sich der Zeitpfeil umdrehen? Hat die Zeit tatsächlich eine eigene Existenz oder ist sie nur eine riesige Illusion? Der Physiker und Schriftsteller Guido Tonelli erzählt in einem spektakulären Buch die lange Geschichte der Zeit, ihre rasende Geburt und bizarre Entwicklung. Die Zeit ist ein hervorragendes Instrument, um in unserer Umwelt zu überleben, aber sie macht uns einen Strich durch die Rechnung, sobald wir versuchen zu verstehen, wie die Welt außerhalb unseres kleinen Planeten funktioniert. Dort weicht der regelmäßige Rhythmus unserer Zeit Turbulenzen, chaotischen Phänomenen und ungeheuren Katastrophen. Wir stoßen auf Sonnensysteme, die durch Supernova-Explosionen zerfallen sind, und auf Galaxien, die von aktiven galaktischen Kernen verwüstet wurden. Diese fernen Welten sind eine Herausforderung für unsere Vorstellungskraft, ebenso wie die Elementarteilchen mit ihren flüchtigen Existenzen und ewigen Leben. Wenn die Entfernungen so groß sind oder wir das unendlich Kleine betrachten, verliert das Konzept der Chronologie jede Konsistenz. Tonellis Reise zu den Anfängen und Grenzen der Zeit zwingt uns, alle Gewissheiten aufzugeben und nicht nur auf die Vernunft, sondern ebenso auf die Phantasie zu hören.

Guido Tonelli ist experimenteller Physiker am CERN in Genf, Professor an der Universität Pisa und ein italienischer Bestsellerautor von erzählenden Sachbüchern. Er war in leitender Stellung 2012 an der Entdeckung des Higgs-Bosons beteiligt. Bei C.H.Beck ist von ihm erschienen: "Genesis. Die Geschichte des Universums in sieben Tagen" (2020).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR19,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextChronos, die personifizierte Zeit, ist ein Rätsel, nicht nur für Physiker. Von Newton bis Hamlet, von Einstein bis Dalí ist sie der Protagonist so faszinierender wie schwindelerregender Spekulationen. Können wir das unaufhaltsame Voranschreiten der Zeit jemals zum Stillstand bringen? Lässt sich der Zeitpfeil umdrehen? Hat die Zeit tatsächlich eine eigene Existenz oder ist sie nur eine riesige Illusion? Der Physiker und Schriftsteller Guido Tonelli erzählt in einem spektakulären Buch die lange Geschichte der Zeit, ihre rasende Geburt und bizarre Entwicklung. Die Zeit ist ein hervorragendes Instrument, um in unserer Umwelt zu überleben, aber sie macht uns einen Strich durch die Rechnung, sobald wir versuchen zu verstehen, wie die Welt außerhalb unseres kleinen Planeten funktioniert. Dort weicht der regelmäßige Rhythmus unserer Zeit Turbulenzen, chaotischen Phänomenen und ungeheuren Katastrophen. Wir stoßen auf Sonnensysteme, die durch Supernova-Explosionen zerfallen sind, und auf Galaxien, die von aktiven galaktischen Kernen verwüstet wurden. Diese fernen Welten sind eine Herausforderung für unsere Vorstellungskraft, ebenso wie die Elementarteilchen mit ihren flüchtigen Existenzen und ewigen Leben. Wenn die Entfernungen so groß sind oder wir das unendlich Kleine betrachten, verliert das Konzept der Chronologie jede Konsistenz. Tonellis Reise zu den Anfängen und Grenzen der Zeit zwingt uns, alle Gewissheiten aufzugeben und nicht nur auf die Vernunft, sondern ebenso auf die Phantasie zu hören.

Guido Tonelli ist experimenteller Physiker am CERN in Genf, Professor an der Universität Pisa und ein italienischer Bestsellerautor von erzählenden Sachbüchern. Er war in leitender Stellung 2012 an der Entdeckung des Higgs-Bosons beteiligt. Bei C.H.Beck ist von ihm erschienen: "Genesis. Die Geschichte des Universums in sieben Tagen" (2020).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406791857
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum25.08.2022
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse932 Kbytes
Artikel-Nr.9752002
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Einführung


Emilio Folegnani arbeitete in den Walton-Höhlen in den Apuanischen Alpen, in denen der berühmteste weiße Marmor der Welt gebrochen wird. Der stämmige Mann mit den Schwielen an den riesigen Händen war Steinhauer, ein heute ausgestorbener Beruf: Mit Holzhammer und Meißel richtete er frisch aus der Wand gebrochene Steinblöcke zu.

Wie alle seines Berufs wirkte Emilio unbeirrbar, hart wie der Rohmarmor, den er aus dem Berg zog, und redete wenig. Meistens sagte er nur einzelne Wörter oder ab und zu einen kurzen Satz. Seine Arbeit war gefährlich: Er hantierte mit Dynamitstangen und riskierte wie alle in den Steinbrüchen sein Leben, wenn die gewaltigen Felsbrocken herumgewuchtet wurden. Menschen seines Schlags konnte eigentlich nichts erschüttern.

Im Frühjahr 1961, ein Jahr vor seinem Tod, redete er - was selten vorkam - mehr als fünf Minuten am Stück. Er schilderte, was er am 15. Februar dieses Jahres gegen halb neun Uhr morgens erlebt hatte.

In den Wochen, in denen strengster Winter herrschte, ruhten die Arbeiten in den Gruben: Zu viel Schnee und Eis bedeckten die Hochlagen. Aber in dieser Zeit legte kein Arbeiter die Hände in den Schoß. Jeder hatte ein kleines Ackerstück vorzubereiten, um Kartoffeln, Kohl oder Tierfutter anzubauen.

Auch Emilio hielt sich auf dem Land, in Lo Scasso, auf, einem winzigen, stark abschüssigen Gut, das er in Jahren mühseliger Arbeit der Natur abgerungen hatte. Er hatte einen Hang gerodet, Steine abgesammelt und kleine urbare Terrassen angelegt. Als er mit Umgraben beschäftigt war, wurde plötzlich das Morgenlicht schwächer und verfinsterte sich schlagartig. «Das ist das Ende der Welt», dachte er, während ihm Tränen die Wangen hinabrannen. Er fiel auf die Knie, faltete die Hände und begann zu beten. Als er später die Begebenheit erzählte, spiegelten sich immer noch Angst und Aufregung in seinen Augen. Nach einer kurzen Zeitspanne, einer gefühlten Ewigkeit, erhellte wieder die Sonne die Erde, worauf alles zu neuem Leben erwachte.

Mein Großvater Emilio war zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben Zeuge einer totalen Sonnenfinsternis geworden. In Ankündigungen in den Zeitungen und im Fernsehen war ausführlich über sie berichtet worden, aber die Nachricht war offenbar nicht bis in sein Dreihundert-Seelen-Dorf Equi, inmitten der Apuanischen Alpen, vorgedrungen. Vielleicht hatte sie auch nur ihn nicht erreicht.

Wenn heute für irgendeine Weltregion eine Sonnenfinsternis angekündigt wird, löst dies große Erwartungen und Aufregung aus. Das Schauspiel wird aus jeder Perspektive aufgenommen, wobei dessen spektakulärer Aspekt jede mögliche Besorgnis überdeckt. So war es aber nicht immer. Das Zeugnis meines Großvaters macht deutlich, mit welcher Angst unsere Vorfahren darauf reagierten, wenn der regelmäßige Wechsel von Tag und Nacht oder die Aufeinanderfolge der Jahreszeiten plötzlich aus dem Rhythmus geriet.

Überbleibsel dieser Urangst verspüren wir noch heute. Wenn unerwartete Ereignisse den regelmäßigen Ablauf dieser wunderbaren Naturerscheinungen stören, meinen wir die Zeit aus den Fugen geraten zu sehen und befürchten, die ganze Welt könne in tausend Scherben zerspringen.

Dies geschieht jedes Mal, wenn über eine Gemeinschaft ein kleines oder großes Unglück hereinbricht. Wenn eine Explosion oder ein Erdbeben eine Stadt zerstört, bringt dies den Zeitsinn ihrer Bewohner, der ihr bisheriges Alltagsleben geregelt hat, aus dem Takt. Die Schilderungen Überlebender gleichen sich allesamt. Die Augenblicke der Angst verwandeln jede Sekunde in einen ewig langen Zeitraum, an den sie sich in allen Einzelheiten noch genau erinnern. Das Trauma unterteilt das Leben Tausender für immer in ein «Vorher» und ein «Nachher». Eine jähe Trennlinie liegt zwischen den beiden Phasen in der Existenz von Menschen, die nicht mehr dieselben sind. Die Katastrophe hat sie schlagartig verändert. Etwas ist unrettbar zerborsten, und die Zeit scheint einen ungeordneten und chaotischen Verlauf zu nehmen. Die ungewisse Zukunft macht ihnen Angst, und die nicht mehr vergehende Vergangenheit gönnt ihnen keinen Frieden: Die traumatische Erfahrung, die sich den Menschen in der Panik ins Gedächtnis gebrannt hat, kehrt immer und immer wieder zurück.

In Zeiten der Pandemie zieht diese Erfahrung die ganze Welt in Mitleidenschaft. Wenn wir unser Leben von vor wenigen Monaten betrachten, scheinen Jahre vergangen. Die in den schlimmsten Tagen erlebte Angst, die wir überwunden glaubten, kehrte mit jedem erneuten Anstieg der Ansteckungsraten unverändert zurück. Besorgt fragten wir uns, was die Zukunft bringt, und blickten auf vieles zurück, das sich verändert hat und wohl nie wieder so werden wird, wie es war.

«Die Zeit ist aus den Fugen: Schmach und Gram, dass ich zur Welt, sie einzurichten, kam!» Als Hamlet diese Verse spricht, zeichnet sich bereits klar der Gang der Ereignisse ab, der die übrige Tragödie bestimmt. Gerade ist die schlimmste Heimsuchung geschehen, die eines Gespenstes, das in die Welt der Sterblichen eingebrochen ist. Der verstorbene Vater ist Hamlet erschienen, hat ihm die Wahrheit gesagt und von ihm Gerechtigkeit verlangt: Er ist von seinem Bruder Claudius heimtückisch ermordet worden.

Ein schreckliches Verbrechen hat die gewohnte Ordnung auf den Kopf gestellt. Das Gift, das dem König ins Ohr geträufelt wurde, hat die legitime Nachfolge vereitelt und den geregelten Generationenwechsel außer Kraft gesetzt, sodass jetzt alles wie Unkraut auf einem Misthaufen verrottet. Nun obliegt es dem widerstrebenden Hamlet, die Zeit in ihre Angeln zurück zu heben und der Wahrheit wieder Geltung zu verschaffen.

Kein anderer verstand es besser als William Shakespeare (1564-1616), die bedrückende und verstörende Atmosphäre von Epochen heraufzubeschwören, in denen der geordnete Zeitablauf aus den Fugen gerät. In Dänemark hat der Brudermord, dieser Gewaltakt gegen das eigene Fleisch und Blut, das Urvertrauen zwischen den Menschen erschüttert. Diese Art Verbrechen - Kains Untat als Inbegriff von allem, zu dem Menschen fähig sind - zersprengt den regelmäßigen Rhythmus, der die kosmische Ordnung regiert. Eine Plage kommt über die Welt. Anarchie und Chaos erschüttern die Gesellschaft in all ihren Gliedern und nisten sich tief in der menschlichen Seele ein. Die Zeit, vergiftet vom vergossenen Blut, durchtränkt die Geister und wird für alle zur tödlichen Gefahr. Um zu überleben, flüchtet Hamlet sich in den Wahn und nutzt die Erzählung als Ausweg: Als die Schauspieltruppe den Mord an seinem Vater auf die Bühne - Inbegriff dichterischer Fiktion - bringt, kommt die Wahrheit für alle ans Licht. Ein unübertreffliches Bild für die Kraft der Kunst, die Welt zu erlösen.

Vierhundert Jahre danach, in einem Zeitalter, in dem offenbar auch für uns die Zeit aus den Fugen geraten ist, setzen wir uns nun mit einem Rätsel auseinander, das die Menschheit seit Jahrtausenden beschäftigt. Was ist die Zeit? Können wir ihr unaufhaltsames Voranschreiten jemals zum Stillstand bringen? Lässt sich der Zeitpfeil umdrehen? Hat die Zeit wirklich eine eigene Existenz oder ist sie nur eine riesige Illusion?

Um in den Kern der Frage vorzustoßen, müssen wir nachvollziehen, wie der Zeitsinn entstanden ist und wann die Unterteilung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bei unseren fernen Vorfahren erstmals aufgetaucht ist. Dabei gilt es vor allem zu untersuchen, was die Zeit für die materiellen Objekte um uns herum darstellt.

Die moderne Wissenschaft ermöglicht es uns, die entlegensten Bereiche des Universums zu erkunden. Wenn wir Phänomene untersuchen, die sich auf subnuklearer Skala abspielen, zeigt sich die Zeit mit ganz anderen als den uns gewohnten Eigenschaften. Das Gleiche geschieht, wenn wir die riesigen Objekte, die den Kosmos in großen Entfernungen bevölkern, die Galaxien oder Galaxienhaufen, betrachten. In diesen beiden so weit auseinander liegenden Welten verbiegt, zerfließt und zersplittert dieser so harmonische und konstante Ablauf der Zeit, der uns seit Jahrtausenden fasziniert. Raum und Zeit erscheinen uns wie ein unauflösliches Paar; nicht wie ein abstraktes Konzept, sondern eine materielle Substanz, die das gesamte Universum durchdringt, vibriert, schwingt und sich verformt.

Gemeinsam werden wir die Zeit in ihrer langen Geschichte, ihre rasende Geburt und bizarre Entwicklung entdecken. In der Fantasie reisen wir an die Schreckensorte, an denen die Zeit stillsteht, und erkunden verblüfft ihre enge Beziehung zur Energie, eine, die so besonders ist, dass sie aus dem Vakuum ein herrliches materielles Universum hervorbringen konnte.

Die alten Griechen setzten Chronos, die personifizierte Zeit, mit dem Titan Kronos gleich, dem...
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