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Alibi für einen König

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
OKTOPUS by Kampaerschienen am25.08.20221. Auflage
Inspector Alan Grant von Scotland Yard muss mit einem gebrochenen Bein das Bett hüten - und fühlt sich wie im Gefängnis. Erbärmlicher noch, denn im Krankenhaus ist Haftverkürzung selbst bei guter Führung ausgeschlossen. Beinahe so demütigend wie die Erinnerung an seinen lächerlichen Sturz ist der schroffe Ton der Krankenschwestern. Am schlechtesten aber erträgt Grant die Langeweile. Eine Freundin rät ihm, sich an einem der vielen ungelösten Rätsel der Kriminalgeschichte zu versuchen, und versorgt ihn mit Porträts berühmter Verbrecher. Beim Anblick von Richard III., der seine Neffen ermordet haben soll, muss Grant stutzen: Keineswegs die Visage eines Mörders, befindet der erfahrene Polizist. Mit der Unterstützung eines unterbeschäftigten Historikers geht Grant der Sache nach und stellt fest: Die Beweislage ist äußerst dürftig. Grant kann der Versuchung nicht widerstehen: Vom Krankenbett aus rollt er einen über vierhundert Jahre zurückliegenden Mordfall ganz neu auf.

JOSEPHINE TEY wurde 1896 unter dem Namen Elizabeth MacKintosh als Tochter eines Gemüsehändlers im schottischen Inverness geboren. Sie machte eine Ausbildung zur Turnlehrerin, später zog sie als Krankenschwester in den Ersten Weltkrieg. 1923 kehrte sie in ihr Elternhaus zurück, um sich nach dem frühen Tod der Mutter um ihren Vater zu kümmern. Unter dem Pseudonym Gordon Daviot schrieb sie Theaterstücke und Drehbücher, die erfolgreich am Londoner Westend und am New Yorker Broadway liefen, die allermeisten ihrer Kriminalromane veröffentlichte sie allerdings als Josephine Tey. Sie lebte sehr zurückgezogen, mied öffentliche Auftritte und Interviews. Josephine Tey starb im Alter von 55 Jahren während einer Reise nach London. Weitere Romane sind in Vorbereitung.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR17,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextInspector Alan Grant von Scotland Yard muss mit einem gebrochenen Bein das Bett hüten - und fühlt sich wie im Gefängnis. Erbärmlicher noch, denn im Krankenhaus ist Haftverkürzung selbst bei guter Führung ausgeschlossen. Beinahe so demütigend wie die Erinnerung an seinen lächerlichen Sturz ist der schroffe Ton der Krankenschwestern. Am schlechtesten aber erträgt Grant die Langeweile. Eine Freundin rät ihm, sich an einem der vielen ungelösten Rätsel der Kriminalgeschichte zu versuchen, und versorgt ihn mit Porträts berühmter Verbrecher. Beim Anblick von Richard III., der seine Neffen ermordet haben soll, muss Grant stutzen: Keineswegs die Visage eines Mörders, befindet der erfahrene Polizist. Mit der Unterstützung eines unterbeschäftigten Historikers geht Grant der Sache nach und stellt fest: Die Beweislage ist äußerst dürftig. Grant kann der Versuchung nicht widerstehen: Vom Krankenbett aus rollt er einen über vierhundert Jahre zurückliegenden Mordfall ganz neu auf.

JOSEPHINE TEY wurde 1896 unter dem Namen Elizabeth MacKintosh als Tochter eines Gemüsehändlers im schottischen Inverness geboren. Sie machte eine Ausbildung zur Turnlehrerin, später zog sie als Krankenschwester in den Ersten Weltkrieg. 1923 kehrte sie in ihr Elternhaus zurück, um sich nach dem frühen Tod der Mutter um ihren Vater zu kümmern. Unter dem Pseudonym Gordon Daviot schrieb sie Theaterstücke und Drehbücher, die erfolgreich am Londoner Westend und am New Yorker Broadway liefen, die allermeisten ihrer Kriminalromane veröffentlichte sie allerdings als Josephine Tey. Sie lebte sehr zurückgezogen, mied öffentliche Auftritte und Interviews. Josephine Tey starb im Alter von 55 Jahren während einer Reise nach London. Weitere Romane sind in Vorbereitung.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783311703587
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum25.08.2022
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1161 Kbytes
Artikel-Nr.9809101
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Grant lag in seinem hohen weißen Bett und starrte zur Decke. Angeekelt starrte er sie an. Er kannte jeden noch so kleinen Riss auf der schönen sauberen Fläche auswendig. Er hatte die Decke zur Landkarte gemacht und Flüsse, Inseln und Kontinente darauf entdeckt. Er hatte ein Wimmelbild aus ihr gemacht und Gesichter, Vögel und Fische darin gefunden. Er hatte sie mathematisch vermessen und sich in seine Kindheit zurückversetzt gefühlt: Winkel, Rechtecke, Dreiecke. Nun konnte er sie nur noch anstarren. Ihr Anblick war ihm verhasst.

Er hatte die Zwergin gebeten, sein Bett ein wenig zu verrücken, damit er ein neues Stück der Decke erkunden konnte. Aber offenbar störte dies die Symmetrie des Raumes, und in Krankenhäusern kommt die Symmetrie kurz nach der Sauberkeit und ein gutes Stück vor der Gottgefälligkeit. Alles, was der Symmetrie zuwiderlief, war eine Profanierung des Krankenhauses. Weshalb er denn nicht lese, fragte sie ihn. Warum lese er denn nicht einen dieser teuren nagelneuen Romane weiter, die seine Freunde ihm ständig brächten?

»Es werden viel zu viele Menschen geboren und viel zu viele Wörter geschrieben. Jede Minute kommen Millionen und Abermillionen Wörter aus den Druckmaschinen. Ein grauenhafter Gedanke.«

»Ihre Verdauung ist wohl nicht in Ordnung«, sagte die Zwergin.

Die Zwergin war Schwester Ingham. Nüchtern betrachtet war sie eine sehr hübsche, etwa ein Meter fünfundfünfzig große Frau. Grant nannte sie die Zwergin, um sich dafür zu rächen, dass dieses Meissener Porzellanfigürchen ihn herumkommandierte; mit einer Hand hätte er das Ding hochheben können. Allerdings hätte er dazu auf beiden Beinen stehen müssen. Nicht nur, dass sie ihm vorschrieb, was er zu tun und zu lassen habe; sie behandelte seine ein Meter achtzig auch mit einer Gleichgültigkeit, die Grant als demütigend empfand. Größenordnungen schienen der Zwergin nichts zu bedeuten. Sie schleuderte die Matratzen mit der geistesabwesenden Grazie eines Fließbandarbeiters. Wenn sie dienstfrei hatte, wurde er von der Amazone versorgt, einer Göttin mit Armen wie Buchenstämme. Die Amazone hieß Schwester Darroll, stammte aus Gloucestershire und bekam Heimweh, wenn die Narzissen blühten. (Die Zwergin stammte aus Lytham St Anne s und hatte mit solchem Narzissen-Blödsinn nichts am Hut.) Schwester Darroll hatte große, sanfte Hände und große, sanfte Kuhaugen mit einem stets teilnahmsvollen Blick, musste aber bei der geringsten körperlichen Anstrengung schnaufen wie eine Dampfwalze. Im Großen und Ganzen empfand Grant es als noch demütigender, wie ein totes Gewicht behandelt zu werden, als gar kein Gewicht zu haben.

Grant war bettlägerig und unter der Aufsicht der Zwergin und der Amazone, weil er durch eine Falltür gestürzt war. Das war natürlich der Gipfel der Demütigung; das Geschnaufe der Amazone und das mühelose Herumbugsieren der Zwergin waren daneben reine Lappalien. Durch eine Falltür zu stürzen war die Höhe der Lächerlichkeit: ein Stummfilmgag, ebenso trivial wie grotesk. Als er da vom Erdboden verschwand, war Grant gerade Benny Skoll auf den Fersen gewesen, und die Tatsache, dass Ben an der nächsten Ecke Sergeant Williams in die Arme gelaufen war, bildete den einzigen kleinen Trost dieses unerträglichen Vorfalls.

Benny war jetzt für drei Jahre »versorgt«, was für seine Umwelt sehr zufriedenstellend war. Aber Benny würde man bei guter Führung einen Teil seiner Strafe erlassen. In Krankenhäusern dagegen war Haftverkürzung selbst bei guter Führung ausgeschlossen.

Grant wandte den Blick von der Decke ab und ließ ihn über den Bücherstapel auf dem Nachttisch gleiten. Da lag der fröhliche teure Haufen, auf den die Zwergin seine Aufmerksamkeit gelenkt hatte. Der oberste Band mit der hübschen Ansicht von Valetta in unwahrscheinlichem Rosa war Lavinia Fitchs alljährlicher Bericht über die Leiden einer makellosen Heldin. Der Abbildung des Grand Harbour auf dem Umschlag nach zu urteilen, musste die diesmalige Valerie oder Angela oder Cecile oder Denise die Gattin eines Marineoffiziers sein. Er hatte das Buch nur aufgeschlagen, um Lavinias liebenswürdige Widmung auf dem Vorsatzpapier zu lesen.

Der Schweiß und die Scholle von Silas Weekley war eine siebenhundert Seiten lange Heimat-Schwarte. Soweit aus dem ersten Absatz ersichtlich, hatte sich seit Silas letztem Buch nicht viel verändert: Die Mutter liegt mit ihrem elften oben in den Wehen, der Vater nach seinem neunten unten im Parterre, der älteste Sohn im Streit mit Behörden, die älteste Tochter mit dem Liebhaber auf dem Heuboden und alles andere im Argen. Vom Strohdach trieft der Regen, vom Misthaufen dampft der Kuhdung. Es lag nicht an Silas, dass dieser Dampf das einzige aufstrebende Element im Gesamtbild war. Hätte Silas eine Dampfmarke entdeckt, die nach unten dampft, hätte er sie sicherlich verwendet.

Auf die harten Schatten und Lichter von Silas Schutzumschlag folgte eine elegante Fin-de-siècle-Schnörkelei mit albernen Barockeinflüssen, die Glöckchen an ihren Füßen betitelt war. Rupert Rouge ließ sich darin neckisch über das Laster aus. Auf den ersten drei Seiten brachte er einen immer zum Lachen. Ungefähr auf der dritten Seite aber merkte man, dass Rupert von jenem überaus neckischen (wenn auch natürlich nicht boshaften) Geschöpf George Bernard Shaw gelernt hatte, dass es am einfachsten ist, witzig zu klingen, wenn man sich der billigen und naheliegenden Methode des Paradoxons bedient. Von da an sah man die Witze schon drei Sätze im Voraus kommen.

Das Ding mit dem roten Mündungsfeuer auf dem nachtgrünen Umschlag war Oscar Oakleys neuestes Produkt. Schwere Jungs, die in synthetischem Amerikanisch, ohne Witz und Würze, aus dem Mundwinkel kauderwelschten. Blondinen, chromblitzende Bars, halsbrecherische Verfolgungsjagden. Sehr beachtlicher Quatsch.

Das Geheimnis des verschwundenen Dosenöffners von John James Mark wies schon auf den ersten zwei Seiten drei kriminalistische Kardinalfehler auf und verschaffte Grant zumindest fünf fröhliche Minuten, in denen er in Gedanken einen Brief an den Autor aufsetzte.

An das schmale blaue Bändchen, das zuunterst lag, konnte er sich nicht recht erinnern. Es war irgendetwas Seriöses und Statistisches. Tsetsefliegen oder Kalorien oder Sexualverhalten oder so was in der Art.

Aber selbst bei solchen Büchern wusste man immer schon, was einen auf der nächsten Seite erwartete. Fiel denn niemandem auf dieser Welt jemals auch nur hier und da eine neue Masche ein? War denn heute jeder auf eine Formel gedrillt? Die aktuellen Autoren schrieben so schematisch, dass ihr Publikum es gar nicht mehr anders erwartete. Man sprach von einem »neuen Silas Weekley« oder einer »neuen Lavinia Fitch« kein Stück anders als von einem »neuen Ziegelstein« oder einer »neuen Haarbürste«; nie war von einem »neuen Buch« die Rede, von wem auch immer. Das Interesse galt nicht dem Buch, sondern seinem Neusein. Wie das Buch sein würde, wusste ohnehin jeder.

Es wäre vielleicht gut, dachte Grant, als er seinen angewiderten Blick von diesem zusammengewürfelten Haufen abwandte, wenn alle Druckmaschinen der Welt für eine Generation angehalten würden. Eine literarische Stagnation müsste einsetzen. Irgendein Übermensch müsste einen Strahl erfinden, der alle gleichzeitig stoppen würde. Dann könnten einem die Leute nicht mehr ganze Haufen konzentrierten Blödsinns schicken, wenn man auf dem Rücken liegen musste, und die Meissener Porzellankommandeusen könnten dann nicht verlangen, dass man das Zeug läse.

Er hörte die Tür aufgehen, rührte sich aber nicht. Er lag mit dem Gesicht zur Wand, buchstäblich und in übertragenem Sinn.

Er hörte, wie jemand auf sein Bett zukam, und schloss die Augen, um jedem Gespräch aus dem Weg zu gehen. Gerade jetzt stand ihm der Sinn weder nach dem Mitgefühl Gloucestershires noch nach der Forschheit Lancashires. In der nun folgenden Stille stieg ihm ein zarter Duft in die Nase, eine wehmütige Erinnerung an die Blumenfelder von Grasse, und umschwirrte sein Hirn. Er kostete ihn aus und überlegte. Die Zwergin roch nach Lavendelpuder, die Amazone nach Seife und Jodoform. Was ihm aber hier so köstlich um die Nasenlöcher wehte, war teures L Enclos Numéro Cinq. Nur eine Person in seinem Bekanntenkreis benutzte L Enclos Numéro Cinq. Marta Hallard.

Er öffnete ein Auge und blinzelte sie an. Sie hatte sich über ihn gebeugt, um zu sehen, ob er schlief, und stand nun unschlüssig - wenn man überhaupt etwas, was Marta tat, so bezeichnen konnte - neben seinem Bett, den Blick nachdenklich auf den Stapel allzu jungfräulich aussehender Publikationen auf dem Nachttisch gerichtet. Im einen Arm hielt sie zwei neue Bücher, im anderen einen großen Strauß weißen Flieders. Er überlegte, ob sie wohl weißen Flieder gewählt hatte, weil sie ihn für die richtige Blumengabe im Winter hielt (er schmückte ihre Garderobe im Theater von Dezember bis März) oder weil er die Harmonie ihrer schwarz-weißen Eleganz nicht störte. Sie trug einen neuen Hut und ihre üblichen Perlen, jene Perlen, die er einst für sie hatte wiederfinden dürfen. Sie sah sehr hübsch aus, sehr pariserisch und wohltuend unkrankenhausmäßig.

»Hab ich dich geweckt, Alan?«, fragte sie.

»Nein, ich habe nicht geschlafen.«

»Ich scheine die sprichwörtlichen Eulen zu bringen«, sagte sie und legte die beiden Bücher neben die verhassten Artgenossen. »Hoffentlich interessieren sie dich mehr, als es offenbar die anderen getan haben. Hast du denn nicht mal einen kurzen Blick in unsere Lavinia geworfen?«

»Ich kann nichts lesen.«

»Hast du Schmerzen?«

»Ich leide...
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Autor

JOSEPHINE TEYwurde 1896 unter dem Namen Elizabeth MacKintosh als Tochter eines Gemüsehändlers im schottischen Inverness geboren. Sie machte eine Ausbildung zur Turnlehrerin, später zog sie als Krankenschwester in den Ersten Weltkrieg. 1923 kehrte sie in ihr Elternhaus zurück, um sich nach dem frühen Tod der Mutter um ihren Vater zu kümmern. Unter dem Pseudonym Gordon Daviot schrieb sie Theaterstücke und Drehbücher, die erfolgreich am Londoner Westend und am New Yorker Broadway liefen, die allermeisten ihrer Kriminalromane veröffentlichte sie allerdings als Josephine Tey. Sie lebte sehr zurückgezogen, mied öffentliche Auftritte und Interviews. Josephine Tey starb im Alter von 55 Jahren während einer Reise nach London. Weitere Romane sind in Vorbereitung.

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt