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Ein wechselvolles Leben

Bergmann, Botschafter, Berater
tolino mediaerschienen am01.07.2022
Die Autobiographie schildert ein wirklich wechselvolles Leben: Richard Ellerkmann hat als Diplomat in den Krisengebieten der Welt die Interessen Deutschlands vertreten, in den 60er Jahren als Kulturreferent in Teheran noch den Schah kennengelernt, dann in Warschau im Auftrag Willy Brandts die deutsch-polnische Aussöhnung vorangetrieben. In Uganda erlebte er als Botschafter 1976 die gewaltsame Befreiung von 147 Geiseln durch ein israelisches Kommando mit und wurde mit den Vorwürfen Idi Amins konfrontiert, die Bundesrepublik hätte den Israelis geholfen. 1987 wurde er als Botschafter nach Bagdad versetzt und war während der zwei Golfkriege Deutschlands Repräsentant im Irak. Als Saddam Hussein 1990 Hunderte von Europäern, davon über 400 Deutsche, als Geiseln nahm, hatte Ellerkmann einen wichtigen Anteil daran, dass die Geiseln letztlich ausfliegen konnten. Auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand blieb Ellerkmann politisch aktiv: In Bosnien-Herzegowina half er als erster stellvertretender Leiter der OSZE-Mission und Stellvertreter des Hohen Repräsentanten in Mostar, von 2002 bis 2004 war er in Palästina als Berater des Außenministers tätig. Ellerkmann belegt seine abwechslungsreiche Arbeit mit vielen Dokumenten und Bildern, die das Buch zu einer wichtigen Quelle für alle an der Zeitgeschichte Interessierten machen.

Richard Ellerkmann, 1928 in Duisburg geboren, studierte Jura und Geschichte in Bonn und Toronto und trat 1963 in den Auswärtigen Dienst ein. Als Botschafter unter anderem in Uganda und Bagdad machte er die Bekanntschaft von Machthabern wie Idi Amin, Robert Mugabe und Saddam Hussein. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand konnte Ellerkmann seine Erfahrungen als Krisenmanager in Bosnien - Herzegowina unter Beweis stellen und diente mehrere Jahre als Berater des palästinensischen Außenministers.
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KlappentextDie Autobiographie schildert ein wirklich wechselvolles Leben: Richard Ellerkmann hat als Diplomat in den Krisengebieten der Welt die Interessen Deutschlands vertreten, in den 60er Jahren als Kulturreferent in Teheran noch den Schah kennengelernt, dann in Warschau im Auftrag Willy Brandts die deutsch-polnische Aussöhnung vorangetrieben. In Uganda erlebte er als Botschafter 1976 die gewaltsame Befreiung von 147 Geiseln durch ein israelisches Kommando mit und wurde mit den Vorwürfen Idi Amins konfrontiert, die Bundesrepublik hätte den Israelis geholfen. 1987 wurde er als Botschafter nach Bagdad versetzt und war während der zwei Golfkriege Deutschlands Repräsentant im Irak. Als Saddam Hussein 1990 Hunderte von Europäern, davon über 400 Deutsche, als Geiseln nahm, hatte Ellerkmann einen wichtigen Anteil daran, dass die Geiseln letztlich ausfliegen konnten. Auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand blieb Ellerkmann politisch aktiv: In Bosnien-Herzegowina half er als erster stellvertretender Leiter der OSZE-Mission und Stellvertreter des Hohen Repräsentanten in Mostar, von 2002 bis 2004 war er in Palästina als Berater des Außenministers tätig. Ellerkmann belegt seine abwechslungsreiche Arbeit mit vielen Dokumenten und Bildern, die das Buch zu einer wichtigen Quelle für alle an der Zeitgeschichte Interessierten machen.

Richard Ellerkmann, 1928 in Duisburg geboren, studierte Jura und Geschichte in Bonn und Toronto und trat 1963 in den Auswärtigen Dienst ein. Als Botschafter unter anderem in Uganda und Bagdad machte er die Bekanntschaft von Machthabern wie Idi Amin, Robert Mugabe und Saddam Hussein. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand konnte Ellerkmann seine Erfahrungen als Krisenmanager in Bosnien - Herzegowina unter Beweis stellen und diente mehrere Jahre als Berater des palästinensischen Außenministers.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783754673355
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.07.2022
Seiten494 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse18540
Artikel-Nr.9809233
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

II Studium in Aachen und Bonn

 

Zu Hause fehlte 1948 das Geld zum Studium. Ich musste also Geld verdienen. So verdingte ich mich mit meinem Klassenkameraden Klaus Spies, der seinen Vater im Krieg verloren hatte, als Gedingeschlepper auf der Schachtanlage Franz Ott der Gewerkschaft Diergardt-Mevissen in Duisburg-Neuenkamp. Klaus Spies sollte später Universitätsprofessor für Bergbaumaschinenkunde an der TH Aachen werden.

 

Es hieß, morgens um 4.30 Uhr aufstehen, vor 6.00 Uhr an der Zeche sein, seine Kennmarke (ich hatte Nr. 731) am Zechentor abgeben, sich in der Waschkaue umziehen, seine aufgeladene Grubenlampe und den geschärften Bohrhammer-Meissel in Empfang nehmen und dann auf Sohle 8 zu fahren. Zu Fuß ging es unter Tage zum Kohlerevier Flöz Girondelle , wo uns Reviersteiger Wanja empfing und einwies. Das Streb (Flöz) war 1,20 m mächtig (hoch) und nass. Man konnte sich nur auf Knien (mit Knieschonern) bewegen, erhielt sein Gezähe (Werkzeug) bestehend aus Presslufthammer, Säge, Motek (Hammer) und Schaufel. Und los ging s. Mit dem Abbauhammer (angeschlossen an eine Pressluftleitung) wurde die Kohle losgeschlagen, die Kohle mit der Schaufel auf eine Schüttelrutsche geschaufelt und je nach Fortschritt in den Freiraum ein Holzbau gesetzt. Das Holz (Stempel und Schalhölzer) wurde über die Rutsche angeliefert. Die Bauten mussten sicher stehen, sonst konnte es geschehen, dass einem Platten oder Steinbrocken vom Hangenden auf den nackten Oberkörper fielen, was nicht selten geschah. Entsprechende Kohlenarben trage ich bis heute an meinem Körper. Bezahlt wurde nach abgebauten Metern. Später kam ich, wohl wegen meiner Größe, in den Schrägbau zum Flöz Finefrau , 80 cm mächtig, Steigung etwa 30 bis 45 Grad, wo die Kohle sich schneller löste und mit Krachen und Donnern in die Tiefe rauschte und auf der Förderstrecke in die Förderloren fiel. Die Arbeit war hier angenehmer, die Luft trocken aber staubiger. Es war besonders wichtig, sichere Bauten zu setzen, denn man arbeitete sich nach oben und stand auf den eigenen Bauten. Da man häufig auf seinem Allerwertesten saß, trug man ein

Arschleder , das ich heute noch - wie meinen Helm und meine Kennmarke - besitze.

Es blieb nicht aus, dass ich eines Tages abstürzte, den Presslufthammer mitnahm und in den eigenen Fuß rammte. Da ich am Schacht keinen Ausfahrtschein vom Reviersteiger vorweisen konnte, ließ mich der Schachthauer erst ausfahren, als ich ihm das Blut aus meinem Gummistiefel vor die Füße kippte. Ich wurde sofort ins Krankenhaus gefahren, dort genäht und nach drei Tagen wieder gesund geschrieben.

Als Bergmann bekam man nach jeder Schicht ein Bergmannsbrötchen (mehr ein Brot) mit Wurst belegt, Bergmannspunkte zum Kauf von bewirtschafteten Mangelwaren und jeden Monat ein Paket mit Lebensmitteln. Es geschah nicht selten, dass wir auf dem Weg nach Hause beim Umsteigen auf die Linie 3 am Schwanentor auf dem Schwarzmarkt unsere Brötchen gegen Zigaretten eintauschten, sehr zur Enttäuschung der Eltern und des Bruders.

 

Am 20.06.1948 war die Währungsreform. Die Reichsmark wurde in den westlichen Besatzungszonen (amerikanische, britische, französische) abgeschafft und durch die neue Deutsche Mark (DM) ersetzt. Jeder konnte 60,00 Reichsmark eintauschen, Sparguthaben wurden 10:1 abgewertet, die Hälfte davon später noch mal um 70 % gekürzt. Bis dahin hatte man Geld, aber es gab keine Waren. Alles war rationiert. Wie im Krieg gab es Lebensmittelkarten und Abschnitte für Brot, Butter, Zucker und Kartoffeln. Gebrauchsgegenstände (Fahrrad, Küchengeräte, Öfen) gab es gegen Bezugsscheine oder auf dem schwarzen Markt. Wir hatten beispielsweise alle Spielsachen, darunter unsere schöne Eisenbahn, gegen Fensterscheiben und einen Heizofen eingetauscht. Wie durch ein Wunder waren am Tag nach der Währungsreform fast alle Waren auf dem Thekentisch zu finden. Sie waren auch vorher vorhanden gewesen, wurden aber schwarz gehandelt, weil die Reichsmark nichts wert war. Da gleichzeitig alle 24.000 Vorschriften der staatlichen Bewirtschaftung, die z.T. noch aus der NS-Zeit und der Kriegswirtschaft stammten, abgeschafft und die freie Marktwirtschaft eingeführt wurde, hatten viele Menschen Zweifel, dass dieses Experiment gelingen könnte.

 

Als Vertreter der alliierten Militärregierung - eine deutsche Regierung gab es noch nicht - den deutschen Direktor der Drei-Zonen-Verwaltung, Professor Dr. Ludwig Erhard, später Wirtschaftsminister und Bundeskanzler, der den Wust von Vorschriften einer Planwirtschaft aufgehoben hatte, zur Rede stellten und darauf hinwiesen, ihre Berater hätten von dem Verfahren abgeraten, soll Erhard geantwortet haben, seine Berater hätten dasselbe getan. Tatsächlich wurde durch die Währungsreform und die Beendigung der Planwirtschaft die Basis für das deutsche Wirtschaftswunder gelegt.

 

Nach wenigen Wochen meiner Tätigkeit unter Tage meinte mein Vater, ob es nicht besser sei, Bergbau zu studieren, das sei sicherer und zukunftsträchtiger als Philologe (Lehrer) zu werden. So hatte er sich von Lagerkameraden, die mit ihm in Gefangenschaft waren und aus dem Bergbau stammten, sagen lassen. Ich bin seinem Rat gefolgt und meldete mich beim Oberbergamt in Bochum als Bergbaubeflissener (Praktikant). Voraussetzung für ein Bergbaustudium in Aachen (TH), Clausthal-Zellerfeld (Bergakademie) oder Berlin (TH), war eine einjährige praktische Tätigkeit unter Tage unter Aufsicht des Bergamtes. Es waren samstags besondere Betriebspunkte mit einem Steiger zu befahren und über die Tätigkeit schriftliche Arbeiten zu fertigen. Da Steiger, Obersteiger und Betriebsleiter als einzige besondere Scheinwerferlampen (Blitzer) trugen und man sich in ihrer Begleitung befand, gehörte man sehr schnell zu denen da oben . Beliebter wurde man unter den Kumpel dadurch nicht.

 

Nach der Arbeit im Kohleflöz musste ich mehrere Wochen im (Stein) Querschlag arbeiten, der dazu bestimmt war, neue (Kohle-)Abbauflöze anzufahren. Das hieß: Zwei Meter tiefe Bohrlöcher bohren, die mit Dynamit besetzt und gesprengt wurden, das gesprengte Material mit Hand (größere Brocken) oder Schaufel in Loren schaufeln und wieder bohren. Obwohl der Staub, der beim Bohren anfiel, durch Wasser aus den Bohrlöchern herausgespült wurde und man nicht mehr so viel Staub einatmete und sich eine Staublunge holte, wie dies Generationen von Bergleuten erfahren mussten, war dies eine sehr viel härtere Arbeit als beim Kohleabbau. Das Gleiche trifft zu für die Arbeit beim Schachtabteufen. Für diese Arbeit musste ich sechs Wochen nach Hamborn auf die Schachtanlage Thyssen 2/5. Bei Nachtschicht wurde oft der Schlaf am Strand des Amateur-Schwimm-Clubs an der Wedau nachgeholt. Klaus Spies, der andere Bergmann , übte sich am Sprungturm.

Neben dem Kohleabbau waren zwei Monate in einem anderen Bergbaubereich zu absolvieren. Ich wählte den Schwefelkies des Unternehmens Sachtleben in Meggen/ Lenne, Sauerland, eine eher gemütliche Zeit. Man wurde freundlich aufgenommen und gut versorgt. Ich wohnte bei der Kriegerwitwe Schulte in der Grubenstraße, die zur Zeche führte. Wir waren zu viert, Herbert Kaiser, F. Schimanski, Günter Eberding und ich. Wir saßen häufig bei Kreutzmann in der Gaststätte und ließen kein Dorffest in Meggen und Umgebung aus. Wenn wir die Töchter des Landes zum Tanz aufforderten, wurde das von der lokalen Jugend oft mit großem Argwohn betrachtet. Manchmal war es besser, das Fest vorzeitig zu verlassen. Sonntägliche Wanderungen führten uns bis zur Schnellenburg bei Attendorn.

Unter Tage trugen wir offene Karbidlampen, da mit Grubengas nicht zu rechnen war. Schwefelkies auf der Schaufel wog schwerer als Kohle oder Gestein, aber man arbeitete weniger Stunden.

 

Nach Meggen ging es zurück in die Kohle nach Neuenkamp mit Helm und Arschleder und zwar zurück in das Flöz Finefrau . Zum Abschluss der Beflissenenzeit hatte ich eine Probegrubenfahrt mit einem Bergrat zu bestehen, an der als Prüfling auch der spätere Vorstandssprecher von Mannesmann, Franz Josef Weisweiler, genannt Toto , teilnahm. Sehr erfolgreich waren wir nicht. Ein von uns in einer Wetterstrecke zu errichtender Bau fiel leider wieder zusammen, aber da wir uns beim Kohleabbau und im Querschlag bei der Gesteinsarbeit bewährten, haben wir bestanden. Toto, der mit seinen 1,90 m etwas zu groß für den Kohlebergbau war und schon bald auf Hüttenbau umsattelte, ist leider früh verstorben.

Im Wintersemester 1949 war es so weit. Ich begann mein Bergbaustudium in Aachen mit einiger Erwartung und auch Begeisterung. Wegen des numerus clausus im Bergbau wurden nur 50 Studenten pro Semester aufgenommen. Vorlesungen in Physik bei Prof. Wilhelm Fucks, in Höherer Mathematik bei Professor Hubert Cremer und in Mineralogie bei Frau Prof. Doris Schachner waren ein Genuss. Unter Bergleuten bestand ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl. Nicht wenige waren Kriegsteilnehmer, andere Flüchtlinge aus dem Osten, Geld hatten die Wenigsten und Hunger Viele. Sie wohnten z.T. in Alsdorf und Baesweiler, um an Wochenenden und Feiertagen Schichten auf den dortigen Zechen zu fahren und Geld zu verdienen. Zu schneidigen Kneipen an St. Barbara in der Postkutsche hatte man dennoch Zeit und Geld. Von den Wirtsleuten Jerusalem in der Aretzstraße wurde ich liebevoll bemuttert und ermuntert, den Karneval nicht zu versäumen. Nach einigem Zögern hatte ich keine Hemmungen mehr, mich anzumalen und in die zahlreichen Karnevalsbälle zu stürzen.

 

Im 2. Semester ließ meine Begeisterung für den Bergbau spürbar nach. Der Dekan,

Kohlepapst Prof. Hans Fritzsche, führte ein strenges, fast militärisches Regiment und mit...
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