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Benehmt euch! Ein Pamphlet

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
112 Seiten
Deutsch
SAGA Egmonterschienen am01.09.2022
Schamlos, laut und rücksichtslos - dies ist unsere Gesellschaft. Egal ob telefonierend auf dem Fahrrad, beleidigend im Auto oder pöbelnd in der Bahn: überall trifft man auf Mitglieder der Ellbogengesellschaft. 'Hauptsache ich' scheint das Motto zu lauten. In 'Benehmt euch' nehmen die Satiriker Stefan Gärtner und Jürgen Roth die Gesellschaft genau unter die Lupe. In vier Kapiteln zeigen sie mit spitzer Zunge, wie verkorkst der Umgang miteinander ist. In 'Verrohung', 'Verblödung', 'Verkindung' und 'Verderben' rechnen die Autoren augenzwinkernd mit den Egozentrikern der modernen Welt ab und bieten gleichzeitig einen Lösungsansatz.-

Den meisten Lesern dürfte Stefan Gärtner durch seine langjährige Mitarbeit am Satire-Magazin Titanic bekannt sein. Seit 2015 verfasst er für die Züricher WOZ die Kolumne 'Von oben herab'. Gärtner ist zudem Autor mehrerer satirischer Bücher.Jürgen Roth lebt in Frankfurt a. M. und arbeitete gemeinsam mit Stefan Gärtner bei Titanic. Der ursprünglich aus Franken stammende Schriftsteller und Journalist ist bekannt für zahlreiche Publikationen in den Bereichen Kulturkritik, Satire und nicht zuletzt Fußball.
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Produkt

KlappentextSchamlos, laut und rücksichtslos - dies ist unsere Gesellschaft. Egal ob telefonierend auf dem Fahrrad, beleidigend im Auto oder pöbelnd in der Bahn: überall trifft man auf Mitglieder der Ellbogengesellschaft. 'Hauptsache ich' scheint das Motto zu lauten. In 'Benehmt euch' nehmen die Satiriker Stefan Gärtner und Jürgen Roth die Gesellschaft genau unter die Lupe. In vier Kapiteln zeigen sie mit spitzer Zunge, wie verkorkst der Umgang miteinander ist. In 'Verrohung', 'Verblödung', 'Verkindung' und 'Verderben' rechnen die Autoren augenzwinkernd mit den Egozentrikern der modernen Welt ab und bieten gleichzeitig einen Lösungsansatz.-

Den meisten Lesern dürfte Stefan Gärtner durch seine langjährige Mitarbeit am Satire-Magazin Titanic bekannt sein. Seit 2015 verfasst er für die Züricher WOZ die Kolumne 'Von oben herab'. Gärtner ist zudem Autor mehrerer satirischer Bücher.Jürgen Roth lebt in Frankfurt a. M. und arbeitete gemeinsam mit Stefan Gärtner bei Titanic. Der ursprünglich aus Franken stammende Schriftsteller und Journalist ist bekannt für zahlreiche Publikationen in den Bereichen Kulturkritik, Satire und nicht zuletzt Fußball.
Details
Weitere ISBN/GTIN9788728438756
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.09.2022
Seiten112 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9839806
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



VERBLÖDUNG


Was man seit Jahren in endloser Abfolge alles lesen darf oder muß, etwa: »Für Denker sind Unis heute eine feindliche Umgebung. An einer modernen Hochschule ist es heute nahezu unmöglich, sich vertiefendes Wissen anzueignen. Stundenlang, in völliger Einsamkeit, Buch für Buch zu lesen, paßt nicht mehr in unsere Zeit, die vom Wettbewerb dominiert ist und in der es um schnellen Austausch und das richtige Netzwerken geht.« (Spiegel Online, 3. April 2013)

Ja, von »Turbo-Bildung« und »Schmalspur-Wissenschaft« ist allenthalben die Rede (als hätte man s nicht wissen können), »kein Geist, nirgendwo« (Spiegel 28/2010), in der, na klar, »Bildungsrepublik Deutschland« (Merkel), die eben, so banal ist das, von der »Wirtschaft«, das heißt vom Kapital, in den Schwitzkasten genommen wurde - wie das auf anderen gesellschaftlichen Feldern mit aller Selbstverständlichkeit und Arroganz längst genauso der Fall ist. Nun »produziert« man ungeniert »Humankapital« (da kann die Gesellschaft für deutsche Sprache mahnen oder meckern, solange sie mag), und die teilweise von außen besetzten, also von den Chefetagen aus dirigierten Hochschulräte propagieren offen, was an den Universitäten, die es nicht mehr gibt, zu lehren sei. »Siemens statt Humboldt« (Spiegel).

Selbst im Handelsblatt regte sich jüngst Unmut, allerdings mit dem üblichen Unterton der Verachtung, den das (Rest-) Bürgertum gegenüber den »Viel-zu-Vielen« (Nietzsche) an den einst hohen, für die eigene Bagage reservierten Schulen anzuschlagen pflegt: »Mit dem exzessiven Anstieg der Studentenzahlen in den vergangenen Jahren ging, wie der Bologna-Prozeß es verlangt, eine immer stärkere Orientierung der Universitäten am Ziel der Employability einher. Die Universitäten wurden, was eigentlich die Fachhochschulen sein sollten. [...] Junge Menschen absolvieren heute Business- oder Management-Studiengänge - und machen dann Jobs, für die ihren Vätern ein Realschulabschluß mit kaufmännischer Lehre reichte.«

Tja, da gehen sie mit der Schwemme akademischer Schrotttitel dahin, die schönen Privilegien des Bildungsbürgers.

Dessenungeachtet sind die Stichworte alle sattsam bekannt. Seit dem Oktroi der EU-Bürokratie zur Vereinheitlichung des europäischen Hochschulraumes (auf Geheiß und zum Nutzen der hegemonialen Unternehmerwelt - und zwecks »Errichtung eines vollständigeren [sic!] Europas«, so steht s in den offiziellen Papieren) ersetzten peu à peu grotesk verschulte, modularisierte, kurze Bachelor- und Masterstudiengänge in zum Teil ridikülen Fächern (Master in Körperpflege / Uni Darmstadt und Uni Hamburg, Master in Pferdewissenschaften/Uni Göttingen, Master in Zerstörungsfreier Prüfung/Uni Dresden) die einst recht frei gestaltbaren und würdevollen Staatsexamens- und Magistercurricula, mit erhebenden Folgen: Häppchenwissen wird gereicht, gelesen werden nur noch »Handouts« (»Thesenpapiere« hießen die mal, jojo), Studenten sammeln Credit-Points wie Eichhörnchen auf Speed und hetzen von Termin zu Prüfung zu Termin.

»Die Studierenden durchlaufen im Modulsystem eine Sozialisation, in der sich Infantilisierung und Professionalisierung trübe mischen«, meint Magnus Klaue (konkret 10/2007). »Die einzige gemeinschaftsbildende Erfahrung der Studierenden ist das dumpfe Gefühl, gemeinsam durch den gleichen Verwaltungsapparat geschleust zu werden. [...] Eines der wichtigsten Ziele der Unireform, die Entsolidarisierung der Studierenden, ist damit erreicht.« Und Axel Honneth, Direktor des Frankfurter Instituts für Sozialforschung, macht eine um sich greifende »Individualisierung« aus, zudem »Profilierungsdruck« und die »Einführung des Konkurrenzgedankens in die Hochschullandschaft«.

Die neuen Gepflogenheiten in diesen »Tollhäusern« (Spiegel) seien »ein Fall für den Menschengerichtshof«, murrt der unter dem Bumsfallerakanzler G. Schröder keineswegs untätig gewesene nunmehrige Philosophieprofessor Julian Nida-Rümelin und legt in der taz nach, das Bachelor-Gemurkse sei »eine Eselei ohnegleichen«. Hatte man von ihm ähnliches vernommen, nachdem sein Regierungsbuddy und -chef, den heute üblichen Umgangston vorbildlich antizipierend, Lehrer zu »faulen Säcken« erklärt hatte?

Heraus kommt beim gegenwärtigen universitären »Rattenrennen« (Elmar Altvater) »eine Art wissenschaftlicher Halbbildung, die es ihnen [den Absolventen; d. Verf.] ermöglichen kann, in den unteren und mittleren Etagen von Betrieben und Behörden einigermaßen über die Runden zu kommen« (Günter Thien) - oder sei s im Pferdestall oder im Kosmetiksalon. Denn »unsere Art zu wirtschaften« (Richard David Precht; der Mann ist schon ein heller Kopf und verdammter Stilist!) braucht armeenweise Trottel, deren Reflexionsvermögen sich darauf beschränkt, bei einem halbwegs gefüllten Geldbeutel zwischen der DVD-Edition von Sex and the City und Two and a Half Men wählen zu können.

Wir müssen aus eigener Erfahrung darauf hinweisen, daß im sprachwissenschaftlichen Hauptseminar, das nicht wenige Lehramtsanwärter belegen, einer von vierzig Teilnehmern noch den Unterschied zwischen Wortart und Satzglied kennt; einer von fünfzig hat schon mal die Namen Ferdinand de Saussures und Noam Chomskys gehört.

»Sollte ich jemals etwas Vernünftiges lernen, dann wäre dies meiner Uni zum Trotz«, zitierte die taz Mitte 2009 eine Japanologiestudentin aus Frankfurt. »Ich lerne, was mein vorgefertigter Stundenplan hergibt, und zwar mit Anwesenheitspflicht, Credit-Points und vielen Klausuren. Der Aufwand ist groß, der Effekt geht gegen null [...]. Die Texte, die ich aus reinem Interesse lesen will, bleiben liegen.« Und ein Philosophiestudent aus Jena gab zu Protokoll: »Das Bachelor- und Masterstudium, ein Diktat der flexiblen Märkte zur Steigerung des Wettbewerbs, soll die Uni in eine effiziente Wissensfabrik verwandeln. Heraus kommen dort geschröpfte Dampfköpfe, die auswendig lernen können. Doch es hat was Gutes - für die Unternehmen: Sie sparen Ausbildungskosten.«

Exakt. Die subjektiven Befunde decken sich mit allen objektiven - sofern nicht die bis vor nicht allzu langer Zeit in dieser Angelegenheit nominell einflußreichste Vollzugsperson zu salbadern anhob. Denn was quasselte unsere hochintegre Ex-Bundesforschungs- und -bildungsministerin zusammen, wenn ihr mal wieder der Sinn danach stand, hü statt hott zu sagen, und sie aber weder vom Hü noch vom Hott einen Hauch von Schimmer hatte? Zum Beispiel das: »Der größte Anteil der Wertschöpfung in Deutschland basiert auf Forschung. Es ist die erste Leitlinie für Forschungs- und Innovationspolitik in Deutschland, Sorge dafür zu tragen, daß diese Politik konzeptionell so angelegt ist, daß dieser Anteil stark ist, sich weiterentwickeln kann und daß damit auch in Zukunft Grundlagen für wirtschaftliches Wachstum vorhanden sind.« Bitte sehr. Und weiter? »Die Zukunftschancen der jungen Generation zu sichern gehört zu den vornehmsten Aufgaben einer Gesellschaft.« Aha. Und was folgt daraus? »Die zweite Leitlinie für unsere Bildungs- und Forschungspolitik ist, beim Thema Zukunftschancen stark zu sein und Sorge dafür zu tragen, daß junge Menschen in Deutschland gute Chancen bekommen.«

Abgesehen davon, daß eine Bildungspolitikerin wie diese ob ihrer katastrophalen Bildungsferne einem rigiden PISA-Test hätte unterzogen werden müssen - was heißt denn, bei einem Thema stark zu sein ? Jetzt bloß nicht weinen? Zähne zusammenbeißen und durch durch den Scheiß?

Jedenfalls war s das mit den Zukunftschancen; denn in dieser sagenhaften Bundestagsrede vom 22. November 2012 (wir hätten auch jede x-beliebige andere von Frau Schavan herauskramen können) galoppierte das Phrasenmastschwein, zum Bersten gefüllt mit den Plastik-, Masken-, Schrumpf- und Schmutzwörtern aus den Jauchefässern der Verblendungsfasler, umstandslos hurtig weiter: »Wissenschaftssysteme überall in der Welt werden immer stärker auf Internationalisierung ausgerichtet. Eine Wissenschaftsnation, die etwas auf sich hält, trägt Sorge dafür, daß der eigene Wissenschaftsstandort für die anderen starken Wissenschaftsstandorte attraktiv ist. Die dritte Leitlinie unserer Bildungs- und Forschungspolitik ist, dafür zu sorgen, daß Deutschland ein starker, relevanter Forschungsstandort ist, an den Forscher und Forscherinnen aus aller Welt kommen. [...] Davon zeugt dieser Haushalt. Davon zeugen insgesamt vier Haushalte. Das sagt Ihnen jeder in der Szene.«

In welcher »Szene« (Bologna-Berater-Darkroom?), möchte man gar nicht wissen. Das ist der nervenzerfetzende, zum Vomieren häßliche, hie wie da abgesonderte technokratische Nebeljargon der Ideologen des totalen Marktes, und bei dergleichen...

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