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Was über Frauen geredet wird

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Residenz Verlagerschienen am13.09.2022
Es gibt keinen Grund, aufzugeben, und schon gar nicht als Frau: Das macht Mieze Medusa mit Witz und Herzenswärme deutlich. Freundinnen und Partnerinnen, Mütter und Töchter: In Mieze Medusas hinreißendem neuen Roman dreht sich alles um Frauen und ihr Recht, auf das zu pfeifen, 'was über sie geredet wird:' Die Tirolerin Laura lebt in Innsbruck und hasst Skifahren, Hüttenromantik und Alpenzauber. Frederike, genannt Fred, mit vierzig immer noch unstet und öfter arbeitslos, lebt in Wien, früher mal mit Marlis, verliebt sich aber in die Musikerin Milla YoloBitch. Marlis will ein Kind, Fred will Milla, Milla will rappen, Laura will Comics zeichnen, Lauras Schwester Isabella will Familie und Karriere. Und wenn auch nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen, so legt Mieze Medusa hier doch ein flammendes Plädoyer dafür vor, dass Frauen alles sein, werden und wollen dürfen.

Mieze Medusa, geboren 1975, heißt im bürgerlichen Leben Doris Mitterbacher und lebt in Wien. Sie steht als Rapperin und Spoken Word Performerin seit 2002 auf internationalen Bühnen und hat ihren MC-Namen in die Prosa mitgenommen. Ihr Debütroman 'Freischnorcheln' erschien 2008, seitdem hat sie Prosatexte, aber auch Sammlungen von Poetry Slam Texten und Tonträger des HipHop-Duos 'mieze medusa & tenderboy' publiziert sowie Theaterarbeiten und musikalisch-experimentelle Projekte realisiert. Zuletzt erschienen: 'Du bist dran' (2021), 'Was über Frauen geredet wird' (2022).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

KlappentextEs gibt keinen Grund, aufzugeben, und schon gar nicht als Frau: Das macht Mieze Medusa mit Witz und Herzenswärme deutlich. Freundinnen und Partnerinnen, Mütter und Töchter: In Mieze Medusas hinreißendem neuen Roman dreht sich alles um Frauen und ihr Recht, auf das zu pfeifen, 'was über sie geredet wird:' Die Tirolerin Laura lebt in Innsbruck und hasst Skifahren, Hüttenromantik und Alpenzauber. Frederike, genannt Fred, mit vierzig immer noch unstet und öfter arbeitslos, lebt in Wien, früher mal mit Marlis, verliebt sich aber in die Musikerin Milla YoloBitch. Marlis will ein Kind, Fred will Milla, Milla will rappen, Laura will Comics zeichnen, Lauras Schwester Isabella will Familie und Karriere. Und wenn auch nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen, so legt Mieze Medusa hier doch ein flammendes Plädoyer dafür vor, dass Frauen alles sein, werden und wollen dürfen.

Mieze Medusa, geboren 1975, heißt im bürgerlichen Leben Doris Mitterbacher und lebt in Wien. Sie steht als Rapperin und Spoken Word Performerin seit 2002 auf internationalen Bühnen und hat ihren MC-Namen in die Prosa mitgenommen. Ihr Debütroman 'Freischnorcheln' erschien 2008, seitdem hat sie Prosatexte, aber auch Sammlungen von Poetry Slam Texten und Tonträger des HipHop-Duos 'mieze medusa & tenderboy' publiziert sowie Theaterarbeiten und musikalisch-experimentelle Projekte realisiert. Zuletzt erschienen: 'Du bist dran' (2021), 'Was über Frauen geredet wird' (2022).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783701746804
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum13.09.2022
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2127 Kbytes
Artikel-Nr.9877437
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Schnee, Steine, Scherben

Die Stadt ist heute noch staubiger als sonst. Überall liegt Müll. Sektkorken, abgebrannte Feuerwerkskörper und was sonst übrig bleibt, wenn die ganze Stadt feiert, über allem liegt eine zuckrige Schicht Feinstaub. Fred hasst Schnee in der Stadt. Warum sich von der guten Laune des frisch gefallenen Schnees anstecken lassen, wenn der ohnehin sofort zu grauem Gatsch zerfällt? Aber mit dem Müll von Silvesterpartys ist es noch schlimmer.

Fred heißt eigentlich Frederike Bodenwieser. Wie ihre Haare ist ihr auch ihr Name in Kurz lieber. Sie hasst den Schnee in der Stadt, aber jetzt wünscht sie sich, dass die verkaterte Stadt von einer flauschigen Decke Neuschnee zugedeckt wird.

Legen wir einen Mantel des Vergessens über den Lärm von gestern Nacht. Alles sauber, still und weich! Eine Einladung, alles zu machen wie früher. Einfach fallen lassen, nach hinten, sanft landen und mit Händen und Füßen um sich schlagen. Schneeengel sind die einzigen Engel, die wenigstens ein bisschen interessant sind. Ansonsten war Fred schon als Kind mit jeder Faser des Körpers ein Bengel: Muskelkater, Sonnenbrand, aufgeschlagene Knie ⦠Rennen, springen, raufen ⦠Schreien, bis die Stimme bricht, aber unbekümmert, Schreien aus Lebenslust, nicht aus Wut. Wie lang das her ist! In ihren Erinnerungen könnte man archäologische Grabungen durchführen.

Fred macht eine schnelle Bestandsaufnahme:

Wut? Ist da.

Lebenslust? Ist da.

Knie? Sind da und heil und das ist viel.

Der Rücken quietscht, aber bei wem nicht?

Fred genießt die Ruhe nach dem Sturm. Alles, was stressen könnte, liegt mit Aspirin und Verdauungstropfen im Bett. Es gibt keine stillere Zeit als den ersten Jänner, bevor das Neujahrskonzert beginnt.

Fred räumt leere Flaschen und Gläser mit Lippenstifträndern in die Küche und schaut unter der Wolldecke auf dem Sofa nach, wer den Heimweg nicht geschafft hat. Sie lässt die Wolldecke wieder fallen. Sie mag Rosa. Aber sie will den Morgen mit niemandem teilen.

Rosa ist leider keine enge Freundin von Marlis. Sie ist für Marlis eine Nummer zu cool, deshalb war Marlis ziemlich aus dem Häuschen, als Rosa bei ihrer Party aufgetaucht ist. Fred kennt Rosa aus dem Joplin. Dort ist die Musik gut, und die Menschen sind größtenteils auszuhalten. Rosa ist dort Kellnerin und zwar nicht irgendeine. Sie schupft den Laden. Außerdem betreibt sie einen Podcast, in dem sie von Großstadt, Musik, Leben und von allem, was sonst noch so auf der Straße zu finden ist, erzählt.

Zu verstehen ist das nicht. Plötzlich wollen alle berühmt sein. Fred ist Teil der Generation, die lieber das Fluchtauto fahren will, als im Scheinwerferlicht zu stehen.

Marlis schläft. Rosa schläft. Die anderen Gäste schlafen auch, aber in ihren eigenen Wohnungen oder jedenfalls nicht hier. Die Party war ein voller Erfolg, was Fred freut, weil sie weiß, wie wichtig Marlis das ist. Sie selbst ist rumgestanden wie eine Stehlampe.

Fred sieht sich um. Marlis ist zum Studieren bei ihrer Großtante eingezogen und hat nach deren Tod nicht viel verändert. Die Häkeldeckchen hat sie verräumt und eigene Bücher in die dunklen Vollholzregale gestellt, das war s. Daran hat sich auch nichts geändert, als Fred eingezogen ist. Alles, woran Fred hängt, hat in ihrem Auto Platz, einem alten, liebevoll gepflegten Fiat Panda, dem gemütlichsten Fluchtwagen der Welt. Als sie bei Marlis eingezogen ist - warum nochmal? Sicher um Geld zu sparen, aber der einzige Grund war das nicht. Sie hat ihre Schlafcouch und ihren Schreibtisch ins leere Gästezimmer gestellt, ein paar Erinnerungen im Kellerabteil verstaut und den Rest verkauft. Seit sie in Wien lebt (und Fred lebt in Wien, seit sie selbst entscheiden darf, wo sie lebt), ist sie ausgesprochen oft umgezogen. Freds Motto: Beweglich bleiben, Chancen nützen.

Marlis war auch so eine Chance: Vor Fred hatte sie die Wohnung mit einer Person geteilt, die ihr unfassbar viel bedeutet hat. Bitte nicht nach Details fragen, das war kein Streit, das war ein Kahlschlag. Marlis hat sich verraten gefühlt, sich heulend ins Bett gelegt und eine Ersatzmama gebraucht, die ihr gelegentlich eine Suppe kocht, ihr zuhört und sie wieder aufpäppelt.

Fred war auf Zimmersuche. Die Freundin, deren Wohnung sie zwischennutzen wollte, hatte unvermittelt Heimweh bekommen, ihr Auslandsjahr abgebrochen und um Verständnis gebeten: Bitte zieh aus, so sofort wie möglich.

Als Marlis emotional wieder ausreichend gefestigt war, um neben feinen Süppchen gelegentlich auch wieder feste Nahrung zu sich zu nehmen, hatten sie sich bereits aneinander gewöhnt. Fred ist also geblieben. Du verstehst mich so gut, das bedeutet mir die Welt, sagt Marlis gar nicht so selten. Fred hört es gern, auch wenn es sie manchmal nervt, dass das Lob meist nur der Auftakt für eine bis ins Detail bekannte Litanei ist: Nie zuvor ⦠so verraten ⦠niemand hat sie so verletzt wie XYZ. Manchmal wechselt der Name, meist nicht.

Die Party jedenfalls war ein voller Erfolg. Die Großtante hat Marlis nicht nur eine vollmöblierte Wohnung hinterlassen, sondern auch den Zugang zu einer Dachterrasse. Am 31. Dezember führt das verlässlich dazu, dass alle Menschen, mit denen du jemals Kontakt gehabt hast, mit dir feiern wollen. Blei gießen, Zeit zerreden, Brettspiele, Alkohol, Countdown, Feuerwerk, Walzer tanzen und so tun, als könnte man die Pummerin trotz krachender Böller nicht nur im Radio hören. Den Nachbarn, die auch Zugang zur Dachterrasse haben, zuprosten.

Rosa hat ihren Sekt runtergestürzt, sich ans Geländer gelehnt und laut in die Nacht geschrien: »Endlich! Ehe für alle, ihr Arschlöcher!«

Die Nachbarn haben peinlich berührt gelächelt, dann aber doch ihre Sektgläser zum Prosit erhoben. Sie haben nichts gegen die Ehe für alle, aber sie wären gut damit zurechtgekommen, die nächsten paar Jahrzehnte nicht daran zu denken.

Alle umarmen sich. Es wird geküsst und gejohlt. Fred küsst und johlt mit. Danach steht sie wieder rum wie eine Stehlampe.

Sie schaut in die Nacht. Wie viel Geld sich die Leute ihre Feuerwerke kosten lassen. Sie schaut in den Himmel und sieht den einen oder anderen Kleinwagen oder Luxusurlaub in der Luft verpuffen. Marlis tanzt. Rosa tanzt. Alle tanzen. Alle stehen. Alle trinken.

»Na, altes Haus«, Rosas Hand landet schwer auf Freds Schulter, »lass hören, was sind deine Neujahrsvorsätze?«

Fred hat keine Neujahrsvorsätze.

»Kennst mich doch«, sagt sie zu Rosa, »ich hab keine Vorsätze.«

»Na eh«, sagt Rosa, »aber was wünschst du dir fürs neue Jahr?«

Sie schaut Fred streng an und ergänzt: »Sag jetzt nicht, Gesundheit, weil: eh klar.«

»Das Übliche: Reisen, so viel es geht. Erleben, so viel es geht. Menschen treffen, aber auch zu allen sagen können, dass sie mich gernhaben können, wenn ihnen was nicht passt.«

Rosa schaut nicht sehr beeindruckt drein. Stimmt ja, Reisen ist genauso wenig originell wie Gesundheit. Die neue Generation will jeden Gedanken gleich zu einer besonderen Erfahrung aufblasen. Aber Fred findet, das ist viel zu viel Aufwand. Warum die Bilder schon ausformulieren, bevor man auf Reisen war? Das macht doch gar keinen Sinn!

Im Nachhinein die Bilder abrufen ist viel besser.

In Warschau an der Hotelbar sitzen und ins elektrische Effektfeuer starren, das so tut, als wär s ein Kamin. Still werden nach einem busy day. Wie sich Kommunismus und Turbokapitalismus ähnlichschauen, wie verschmolzen sie sind in dieser Stadt.

In Brüssel spätabends ankommen und mit den Öffis zu ihrer Freundin fahren und mit großem Unbehagen feststellen, dass sie die einzige unbegleitete Frau in der Straßenbahn ist. Angestarrt werden, mit Blicken, die sie nicht zu deuten weiß. Nach dem Aussteigen einfach losmarschieren, egal, in welche Richtung, sich nur nicht anmerken lassen, wie fremd sie hier ist.

Fred hat aus Prinzip keine Angst, die Welt gehört ihr genauso sehr wie den anderen, aber naiv ist sie nicht.

In Sofia eine halbe Stunde unter einer Straßenlaterne stehen bleiben, bis sie endlich die kyrillischen Schriftzeichen enträtselt hat und auf dem Stadtplan nachschauen kann, wo sie ist.

In Istanbul extra nach Kadiköy fahren, damit sie sagen kann: »Ja, ich war auch in Asien.« Es später sogar bis nach Shanghai schaffen und bewaffnet mit dem Sprachteil des Reiseführers auch in no-english-Straßenlokale gehen, auf das Schriftzeichen für Huhn deuten und das Beste hoffen.

Nochmal später den Kopf schütteln über die privilegierten Jungspunde, die Sätze sagen wie »Shanghai, das interessiert mich überhaupt nicht, das ist mir viel zu westlich.«

Jedes Mal wenn Fred ihre Freundin Ulrike in London besucht, eilt sie ohne Umwege zur Tower Bridge und dort zum nördlichen Ufer der Themse. Sie muss sich vergewissern, dass...
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Mieze Medusa, geboren 1975, heißt im bürgerlichen Leben Doris Mitterbacher und lebt in Wien. Sie steht als Rapperin und Spoken Word Performerin seit 2002 auf internationalen Bühnen und hat ihren MC-Namen in die Prosa mitgenommen. Ihr Debütroman "Freischnorcheln" erschien 2008, seitdem hat sie Prosatexte, aber auch Sammlungen von Poetry Slam Texten und Tonträger des HipHop-Duos "mieze medusa & tenderboy" publiziert sowie Theaterarbeiten und musikalisch-experimentelle Projekte realisiert. Zuletzt erschienen: "Du bist dran" (2021), "Was über Frauen geredet wird" (2022).