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Amazonah

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
440 Seiten
Deutsch
Unken Verlagerschienen am19.09.2022
AMAZONAH ist eine Vorschau auf die künftige Entwicklung aktueller Probleme: Heißes Wetter, soziale Kälte, politische Skrupellosigkeit und eine neue Pandemie. Doch es zeigt auch die Macht der Liebe in Zeiten der Krise - und was Frauen zu deren Bewältigung befähigt.

Lou Bihl wurde 1951 in Freiburg geboren. Sie ist Ärztin und Verfasserin zahlreicher wissenschaftlicher Artikel und Buchbeiträge. Die langjährige Betreuung von Krebspatienten verschaffte ihr Einsicht in unterschiedliche Fachbereiche der Medizin, vor allem aber in die Komplexität der menschlichen Psyche. Seit dem Rückzug ins Privatleben widmet sie sich dem literarischen Schreiben. Nach Ypsilons Rache erscheint nun mit Amazonah ihr zweiter Roman.
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Produkt

KlappentextAMAZONAH ist eine Vorschau auf die künftige Entwicklung aktueller Probleme: Heißes Wetter, soziale Kälte, politische Skrupellosigkeit und eine neue Pandemie. Doch es zeigt auch die Macht der Liebe in Zeiten der Krise - und was Frauen zu deren Bewältigung befähigt.

Lou Bihl wurde 1951 in Freiburg geboren. Sie ist Ärztin und Verfasserin zahlreicher wissenschaftlicher Artikel und Buchbeiträge. Die langjährige Betreuung von Krebspatienten verschaffte ihr Einsicht in unterschiedliche Fachbereiche der Medizin, vor allem aber in die Komplexität der menschlichen Psyche. Seit dem Rückzug ins Privatleben widmet sie sich dem literarischen Schreiben. Nach Ypsilons Rache erscheint nun mit Amazonah ihr zweiter Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783949286087
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum19.09.2022
Seiten440 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1265 Kbytes
Artikel-Nr.9892838
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1. August

Kaum blieb ihr Zeit, den Moment zu genießen, als sie den Winzling in Händen hielt. Die Leica schlitterte über die Fliesen, der Körper des Ministers klatschte dumpf auf den Boden. Rasch reichte Anna der Hebamme das Neugeborene und ließ den internistischen Notdienst aus dem Klinikum rufen. Neben dem Bewusstlosen kniend fühlte Anna dessen Puls auf der linken Halsseite: flach und zu schnell. Ihr blutiger Handschuh hinterließ rote Spuren auf blasser Haut. Sekunden später war die Assistenzärztin zur Stelle. Claire, erst kürzlich aus der Inneren Medizin ins Kinderwunsch- und Geburtshilfe-Zentrum KiZ gewechselt, bewies Notfallfitness. Routiniert schloss sie das tragbare EKG an und fand problemlos eine Vene. Ein wenig zitterte sie, die Kanüle bohrte sich schmerzhaft in die schlaffe Haut des Ministers, was ihn aus seiner Ohnmacht holte. Er schlug die Augen auf und funkelte die über ihn Gebeugte an: »Was soll der Quatsch?«

Claire drückte ihn sanft auf das untergeschobene Kissen. »Bitte bleiben Sie liegen, Sie hatten einen Schwächeanfall.«

Anna streifte frische Handschuhe über. Draußen lauerte die Presse, schon sah sie die Schlagzeile vor sich: Bundesgesundheits- und Sozialminister Arian Preuss (PEL) stirbt bei Geburt seines Kindes an Herzschlag - Chefärztin des KiZ steht hilflos daneben, Ehefrau Mechthild muss ohnmächtig zusehen.

Sie atmete auf, als der Boden vibrierte; knatternd näherte sich der Hubschrauber - ein Geräusch, das selten geworden war, seit Wasserstoff-Helis fast lautlos flogen. Der Landeplatz auf dem Dach, großzügig finanziert durch die Preuss-Stiftung, war zwei Wochen zuvor in Betrieb genommen und dieses Event prompt zu einem Werbespot für Preuss verarbeitet worden: Nie rettet man mehr Leben als im Mutterleib - für die Zukunft unseres Landes!

In Begleitung zweier Rettungsassistenten stürmte der Chefkardiologe des Klinikums in den Kreißsaal, er hatte darauf bestanden, den Einsatz persönlich zu leiten. »Ganz ruhig, Arian, das kriegen wir ruckzuck in den Griff«, versprach Struck dem Parteifreund; die Assistenzärztin schob er rüde beiseite. Nach einem Blick auf das EKG bekräftigte er die Beruhigung mit einem reichlichen Schuss Benzodiazepin [Medizinische Fachausdrücke werden im Glossar erläutert], dann spritzte er Aspirin und einen Betablocker. Zum Schluss klebte er eine sterile Kompresse auf die mäßig blutende Platzwunde über der rechten Augenbraue. »Kein Grund zu Sorge, mein Lieber, aber dein Herz muss ich mir anschauen, wir nehmen dich kurz mit.«

Mühelos hievten die hünenhaften Rettungsassistenten den Minister auf die Trage. Preuss winkte seiner Frau zu und brabbelte benzobenebelt: »Alles wird gut, Mausi!«

Struck trat zu Mechthild Petri. Gönnerhaft nickte er Anna zu, die tröstend auf ihre Patientin einsprach. »Na, wie ist es, Frau Kollega, haben wir bei der jungen Mutter alles im Griff?«

Anna richtete sich auf, schob die Brille ein Stück Richtung Nasenspitze und schaute über das Gestell. Der kompakte Kardiologe überragte sie mit knappen eins achtzig nur um Zentimeter und wich vor dem Blick auf ungewohnter Augenhöhe einen Schritt zurück. »Danke der Nachfrage, Herr Kollege, wir haben den Erfolg unserer Intervention bereits in trockenen Tüchern.«

Kichernd streckte die Hebamme dem Verdutzten das Neugeborene entgegen, das in flauschigem Frottee strampelte. Struck schaltete sein Lächeln von säuerlich auf väterlich, tapste einmal mit dem Zeigefinger auf das Köpfchen und murmelte »ganz süß!«. Dann wandte er sich Mechthild Petri zu und tätschelte ihr die schweißnasse Wange. »Glückwunsch zum Stammhalter, gnädige Frau«, dröhnte er, worauf die Angesprochene unwillig schnaubte. »Erstens ist es ein Mädchen, und zweitens sorgen Sie bitte dafür, dass sie keine Halbwaise wird.«

»Klar doch, das kriegen wir hin, Frau Minister.« Der Kardiologe knickte den Oberkörper in eine kleine Verbeugung. »Schließlich braucht unser Land Ihren Gatten!« Damit enteilte er Richtung Heliport.

Nach Verklingen der Rotorengeräusche legte sich stilles Aufatmen über den Kreißsaal; in ruhiger Routine wurde der Rest absolviert, die Entbundene versorgt, das Baby gescreent. Als die Hebamme der Patientin endlich ihr Kind in die Arme legte, ging ein Leuchten über deren Gesicht und verlieh ihren anstrengungsverquollenen Zügen einen Moment lang die maßstabslose Schönheit aller frischgebackenen Mütter.

¤

In der Umkleide klopfte Anna der Assistentin auf die Schulter. »Super, wie Sie den Minister versorgt haben, damit haben Sie die Probezeit bereits mit Bravour bestanden.« Ihr Augenzwinkern sagte, was beide wussten: Seit selbst Assistenzärzte mit Headhuntern gesucht wurden, war die Probezeit zum formalen Relikt ferner Jahrzehnte geworden. Claire bedankte sich grinsend. »Ich habe gelernt, dass man es ernst nehmen soll, wenn ein Mann über fünfzig umkippt. Warum müssen solche Oldies noch Kinder kriegen? Und warum müssen die armen Embryonen nach ihrer Befruchtung im Reagenzglas dann noch jahrelang in der Tiefkühltruhe freezen?«

Zwei Jahre älter als Petri, ließ Anna die »Oldies« unkommentiert. »Die armen Embryonen sind Achtzeller und keine leidensfähigen Wesen«, entgegnete sie knapp. Dann erst begriff sie und erschrak. »Verdammt, woher wissen Sie das überhaupt?«

Claire erwiderte unbefangen: »Beim Personalgespräch vor vier Wochen rief die Petri an, und ich sollte das Büro verlassen. Sie haben so laut gesprochen, dass ich im Vorzimmer das meiste verstanden habe, obwohl ich nicht lauschen wollte.«

Anna wurde blass. »Was haben Sie gehört?«

»Na ja, Sie meinten, Frau Petri könne doch dankbar sein, dass sie in ihrem Alter überhaupt schwanger wurde. Und ob sie als siebenundvierzigjährige Erstgebärende wirklich das Risiko einer normalen Geburt eingehen wolle, statt mit dem geplanten Kaiserschnitt zu entbinden.«

Anna ließ sich auf die harte Holzbank fallen. Nur zu gut erinnerte sie sich an das Mitarbeitergespräch mit Claire - unterbrochen von der Kleinen Nachtmusik, der Erkennungsmelodie des »Preussofons«. Das Seniorenhandy war ein Geschenk von Frau Petri gewesen, hatte keine Internetfunktion und riesige Ziffern für Menschen über achtzig, die keine Smartphones bedienen konnten. Es war nicht zu hacken und abhörsicher. An jenem Abend hatte die werdende Mutter aus ihrem Kosmetikstudio angerufen, und die Meditationsmusik im Hintergrund war so durchdringend gewesen, dass sie brüllen musste. Zuerst fragte Petri, ob die Schwangerschaft ein Hinderungsgrund für ihre Botox-Applikation sei. Ganz nebenbei teilte sie Anna ihre Entscheidung gegen den empfohlenen Kaiserschnitt mit, da sie sich eine natürliche Geburt durchaus zutraue. Ihr Pränatal-Coach habe sie dazu ermutigt, und Ari, ihr Mann, wollte die Geburt so gern filmen.

Anna stand auf. »Ich weiß, dass Sie die ärztliche Schweigepflicht ernst nehmen. Dieser Fall ist besonders delikat. Herr Minister Preuss befindet sich im Landtagswahlkampf, seine politischen Gegner und die Presse stürzen sich gierig auf alles, was seinen Ruf schädigen und ihm die Landesvaterschaft vermasseln könnte.«

»Schon klar«, gab Claire unbewegt zurück. Anna legte nach. »Wo Sie politisch stehen, geht mich nichts an. Aber jede Indiskretion, die nach außen dringt, fällt auf die Klinik zurück und würde alles gefährden, was wir uns mühevoll aufgebaut haben.«

Mit einem Ruck zog Claire den Reißverschluss ihrer Jeans hoch. »No worries, Chefin. Von mir erfährt niemand, dass das First Child ein aufgetautes Retortenbaby ist.«

¤

Das Telefon zerschrillte abrupt die Stille im Büro. Der persönliche Referent des Ministers verlangte umgehend zu erfahren, was mit seinem Boss los sei. Anna bat um Geduld und versprach einen Rückruf. In der Kardiologie gab es nichts Neues, die Koronarangiografie war noch im Gang und bislang keine Diagnose zu stellen. Draußen wartete die Presse, kein Kommentar war keine Lösung, ein Vertrösten befeuerte Spekulationen, Davonschleichen wäre unwürdig. Also Geduld. Donnerndes Klopfen unterbrach ihr Grübeln. Ehe sie antworten konnte, platzte der Referent ins Büro, ein vierschrötiger Bulle, in seinem Schlepptau ein gestikulierender Security-Mitarbeiter des Hauses, der sich erregt entschuldigte, er habe keine Chance gehabt, diesen Herrn abzuwimmeln.

»Beckstein«, bellte der Bulle. »Warum fertigen Sie mich am Telefon ab wie einen Hilfspfleger?«

Anna lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Dr. Martini, sehr angenehm, bitte nehmen Sie Platz.« Sie schwieg einen Moment und verschränkte die Arme. »Übrigens behandle ich meine Mitarbeiter in der Pflege stets mit Respekt.«

»Schon gut«, brummte Beckstein, als hätte er etwas zu verzeihen, und ließ sich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch fallen. Anna legte die manikürten Hände auf die mattschwarze Schreibtischunterlage und musterte ihr Gegenüber schweigend.

Unter ihrem Blick zerbröselte die aggressive Präsenz des Referenten, Beckstein rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Sorry, Frau Chefarzt, dass ich hier unangemeldet hereinschneie.« Er senkte den Kopf. »Ich bin in Sorge um meinen Chef, weil ich nichts gehört habe, und mir sitzt die Presse im Nacken und.«

»Ich verstehe«, unterbrach Anna, »aber die Presse wird warten müssen.« Knapp erläuterte sie die Sachlage. »Wir können nur hoffen, dass es kein Herzinfarkt ist«, schloss sie.

Beckstein wurde blass und sackte in sich zusammen. »Oh Gott, Frau Doktor, was soll ich jetzt bloß tun?«

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Lou Bihl wurde 1951 in Freiburg geboren. Sie ist Ärztin und Verfasserin zahlreicher wissenschaftlicher Artikel und Buchbeiträge. Die langjährige Betreuung von Krebspatienten verschaffte ihr Einsicht in unterschiedliche Fachbereiche der Medizin, vor allem aber in die Komplexität der menschlichen Psyche.

Seit dem Rückzug ins Privatleben widmet sie sich dem literarischen Schreiben. Nach Ypsilons Rache erscheint nun mit Amazonah ihr zweiter Roman.