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Morgenluft

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am24.05.20231. Auflage
Ein unterhaltsamer Gesellschaftsroman über Gemeinschaft, Geheimnisse und Lebensträume  Eine kleine Gemeinschaft vor großen Veränderungen: Die beschauliche Kleingartenkolonie »Flusseck« soll einem großen Mehrfamilienhaus weichen. Bagger und Beton statt Bienensummen? Alteingesessene und neue Pächter, Paare, Singlesund Familien, müssen jetzt zusammenhalten - da taucht plötzlich eine Fremde auf und bezieht eine leerstehende Laube: die Architektin Lu, die jede Menge Insiderwissen hat. Doch bringt diese Frau tatsächlich die Rettung, oder schmiedet sie ganz eigene Pläne?  In der Kolonie rumort es. Nerven liegen blank. Der drohende Verlust ihres Idylls zwingt die Nachbarn, sich Konflikten zu stellen, auch inneren. Denn alle haben ihr kleines persönliches Geheimnis und Sehnsucht nach etwas, was sie sich nicht eingestehen.

Ulla Mothes, 1964 geboren, wuchs in der Mark Brandenburg sowie in Ostberlin auf. Ausreise aus der DDR 1986. Sie begann als Kulturjournalistin zu schreiben und hat mehrere Bücher veröffentlicht. Ulla Mothes lebt als Lektorin, Autorin und Schreibcoach in Berlin.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextEin unterhaltsamer Gesellschaftsroman über Gemeinschaft, Geheimnisse und Lebensträume  Eine kleine Gemeinschaft vor großen Veränderungen: Die beschauliche Kleingartenkolonie »Flusseck« soll einem großen Mehrfamilienhaus weichen. Bagger und Beton statt Bienensummen? Alteingesessene und neue Pächter, Paare, Singlesund Familien, müssen jetzt zusammenhalten - da taucht plötzlich eine Fremde auf und bezieht eine leerstehende Laube: die Architektin Lu, die jede Menge Insiderwissen hat. Doch bringt diese Frau tatsächlich die Rettung, oder schmiedet sie ganz eigene Pläne?  In der Kolonie rumort es. Nerven liegen blank. Der drohende Verlust ihres Idylls zwingt die Nachbarn, sich Konflikten zu stellen, auch inneren. Denn alle haben ihr kleines persönliches Geheimnis und Sehnsucht nach etwas, was sie sich nicht eingestehen.

Ulla Mothes, 1964 geboren, wuchs in der Mark Brandenburg sowie in Ostberlin auf. Ausreise aus der DDR 1986. Sie begann als Kulturjournalistin zu schreiben und hat mehrere Bücher veröffentlicht. Ulla Mothes lebt als Lektorin, Autorin und Schreibcoach in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104916774
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum24.05.2023
Auflage1. Auflage
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1734 Kbytes
Artikel-Nr.9988082
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2 UNRUHE

»Das mit dem Hamster ist ein Ding, oder? Genial.« Sara saß auf dem Ecksofa und kämmte sich das Haar.

Efkan, der gerade hinter ihr den Ofen anfeuerte, lachte.

»Wenn ich das Mutter erzähle, die glaubt es nicht.« Während Efkan komplett in Deutschland aufgewachsen war, war seine Mutter als Kind oft monatelang in der Türkei bei der Familie gewesen, weil beide Eltern arbeiteten und Geld ins arme Ostanatolien schickten. Seine Mutter fand die Deutschen in vielerlei Hinsicht verrückt, und Efkan konnte es nachvollziehen - jedenfalls was den Hamster betraf.

Sara ließ die Haarbürste in ihren Schoß fallen und griff nach ihrem Handy. »Du, dieses Elbtal wurde wegen der Brücke von der Weltkulturerbeliste gestrichen.«

»Also ist sie doch gebaut worden«, sagte Efkan, schloss die Ofentür und stand auf.

Sara scrollte. »Aber es war eine knappe Sache. Und wegen dieser Fledermaus, dieser Hufeisennase, dürfen die Autos im Sommer nur dreißig fahren.«

Efkan setzte sich neben seine Frau und schob den Arm hinter ihrer Taille durch. Sie trug schon ihr Nachtshirt. Es war zwar langärmelig wegen der kalten Frühjahrsnächte am Fluss, aber weich, und vor allem störte nichts, als er seine Hand daruntergleiten ließ.

»Und wie findest du Lu so?«, fragte sie.

»Diesen Hungerhaken?« Efkans Hand rutschte hoch an den üppigen Busen seiner Frau. Ihre Haut war weich und warm und glatt wie der Hefeteig seiner Großmutter für die sesambestreuten Butterringe.

Sara wand sich aus dem Griff. »Nein, im Ernst.«

»Ich bin ja erst so spät gekommen, weiß nicht«, sagte Efkan und arbeitete sich wieder vor.

»Ich glaube, sie wird tun, was sie kann. Aber irgendwie traue ich ihr nicht.«

Efkans Hand sank herab. Sara war konzentriert. Aber nicht auf sein Streicheln. Sondern wegen etwas, woran er nicht erinnert werden wollte. Deshalb blieb er mit dem, was er sagte, an der Oberfläche. »Wahrscheinlich ist Lu unsere letzte Hoffnung. Ich meine, der Garten, es ist immer so schön sonntags mit der Familie. Und die Hühner ...«

»Ich weiß«, sagte Sara und schmiegte sich an ihn. Aber nicht verliebt, sondern tröstend, was Efkan nun ernsthaftes Unbehagen bereitete. Er wollte nicht getröstet werden, weil er gern für die Seinen da war, aber selbst keine Kinder zum Umsorgen hatte. Er wollte stark sein. Aber was war er schon, stark jedenfalls nicht ...

Sein Garten war das, was er seiner Familie bieten konnte. Das Einzige, dachte er bitter. Alle kamen sonntags, die Kinder tobten auf dem Rasen, und Mert und er grillten.

»Wollen wir es noch mal mit einer künstlichen Befruchtung versuchen?«, fragte Sara plötzlich.

Efkan schüttelte den Kopf. »Mein Samen ist nicht gut genug. Aber wenn du willst, also ...« Er schluckte. »Wenn du willst, versuchen wir es mit einer Samenbank.«

»Was? Was sagst du da?« Ihr Oberkörper ruckte zurück, und sie sah ihn gekränkt an. »Wenn ich ein Kind will, dann will ich es von dir. Ich will kein Kind von einem anderen. Auch keinen Samen.«

Er musterte sie im Licht der Stehlampe. »Du willst nicht unbedingt ein Kind?«

»Um den Preis nicht. Ich will mit dir sein, Efkan. Mit dir.«

Das hätte er nicht gedacht. Er dachte immer, jede Frau wolle Kinder. Kinder waren das Lebenselixier der Familie.

»Efkan?«

Sie sah ihn an. Erwartungsvoll.

»Du bist wunderschön«, murmelte er überwältigt. Und dann machte er das, was er schon die ganze Zeit tun wollte. Er küsste sie und verlor sich in dem Kuss, bis er sie nach hinten beugte und seine Hände endlich wieder unter ihr Shirt schob, um es ihr über den Kopf zu ziehen. Der Ofen hinter ihnen sorgte dafür, dass sie sich beim Sex nackt ansehen konnten, was für Efkan auch nach Jahren noch eine kribbelnde Erfahrung war.

Merle kam mit zwei Tassen Baldrian-Orange-Gutenachttee zu dem Kunstfell, dem Pouf und den Kuschelkissen vor dem Kamin. Er war in die Außenwand gebaut und konnte von drinnen und draußen befeuert werden. Zum Zimmer hin hatte er Glastüren. »Was hältst du von Lu?«, fragte sie Maja, die an dem Pouf lehnte und die Beine von sich gestreckt hatte.

»Mit Vorsicht zu genießen«, antwortete diese und nahm eine Tasse in Empfang. »Danke.«

»Hast du gesehen, wie sie den Birnenschnaps runtergeschüttet hat, den Maxe zum Schluss noch geholt hat?«

Maja trank einen Schluck. »Nee.«

»Sah nach Alkoholproblem aus.«

»Wenn du das sagst ...«

Merle schnaubte leise. Sie wusste die Zeichen zu deuten.

Maja stellte ihre Tasse mit dem Gutenachttee beiseite. »Wir könnten ja mal gucken, was Lu an diesem wunderschönen Frühlingsabend so macht. Lust auf einen Spaziergang?«

Merle stellte ebenfalls ihre Tasse weg. »Mit Fernglas?«

»Mit Fernglas.«

Sie hatten eins, Merle hatte es Maja geschenkt, weil sie öfter im Garten saß und Vögel beobachtete. Es entspannte sie, sie war dann viel gelöster und schien das ganze Elend ihrer Arbeit vergessen zu können. Vögel beobachten - eigentlich lebten sie hier wie alte Leute, obwohl sie selbst erst Anfang dreißig war und Maja neunundzwanzig. Vögel beobachten als Ventil war ein Offenbarungseid, und so richtig schien es nicht zu helfen. Wie denn auch, wenn jeden Tag von Neuem Überdruck in Majas Kessel kam.

Bei ihr selbst war durch ihre Masterarbeit ebenfalls mehr Druck da, als sein sollte. Es lag nicht am Thema, wie sie Maja immer weismachte, Derivathandel empfand sie als kinderleicht. Es lag an einem Faktor, der Merle tief verunsicherte, nämlich einem menschlichen Faktor. Dem, dass man irgendwann an den Weg, den man eingeschlagen hatte, glaubte. Weil man nicht mehr anders konnte. Weil man sonst sein ganzes Leben in die Tonne treten musste. Sie verdrängte den Gedanken jedoch schnell und schloss energisch die Glastüren am Kamin.

Sie nahmen ihre mit künstlichen Daunen gefüllten Mäntel, die für kühle Abende draußen immer in der Laube bereithingen, und Merle griff nach dem Fernglas. Sie gab Maja einen verschwörerischen Kuss und dehnte ihn ein wenig aus, dann machten sie sich auf den Weg. Majas Lippen, die sich in letzter Zeit nur selten weich anfühlten, waren beim Küssen schön fluffig geworden. Gut gemacht, dachte Merle und trat aus dem Haus.

Die Flussschleife, an der ihre Kolonie lag, war unregelmäßig gerundet. Hinten verlief schnurgerade der Bahndamm. Heran kam der Fluss von Osten her in einer sanften Biegung von den Gleisen weg, und die Tiefe der Parzellen nahm stetig zu. Ihre war die kleinste. Bei Rudi erreichte der Abstand zwischen Fluss und Damm sein Maximum, sein Garten wies die größte Tiefe auf. Dann wurde die Windung stärker, bis der Fluss fast senkrecht unter der Brücke verschwand.

»Guck mal«, sagte Merle, als sie bei Jana und Florian vorbeikamen, und zeigte auf ein aufgerolltes Blechband mit abgeknickter Kante, das am Schuppen lehnte. »Die haben ein Schneckenblech. Wenn die armen Tiere drüberkriechen, schneiden sie sich bei lebendigem Leib den Bauch auf und verenden elendiglich. Das ist totale Tierquälerei.« Merle schüttelte sich.

Bei Lu brannte noch Licht. Hinter der breiten Doppelglastür, die auf die Terrasse führte, stand ein Couchtisch, und darauf ein Laptop, dessen Bildschirm sie leider nur von hinten sehen konnten. Lu saß im Fersensitz davor und trug eine Brille mit dickem schwarzem Hornrand. Ein richtiges Architektenstatussymbol, dachte Merle und fand es cooler, als sie wollte.

»Guck mal, ob sich der Bildschirm in den Brillengläsern spiegelt«, forderte Maja sie auf.

»Schon dabei.«

In diesem Augenblick beugte sich Lu aber neben den Laptop und skizzierte etwas auf einen Bogen Papier, der dort auf dem Tisch lag. Dann schaute sie wieder auf den Bildschirm.

»Ein Foto von einem Haus mit einem Gründach«, sagte Merle.

»Und kannst du sehen, was sie skizziert?«

»Kann ich nichts mit anfangen.« Merle reichte das Glas an Maja weiter.

»Irgendwelche Linien auf dem Papier, ein Raster«, kommentierte diese, was sie sah. »Keine Ahnung, was das sein soll. Sieht nach was Architektonischem aus«, mutmaßte sie. »Merkwürdig. Sie wird ja wohl kaum über Nacht eine neue Arbeitsstelle gefunden haben, wenn sie bei ihrem Ex nicht mehr weiterarbeiten will.«

»Wer weiß«, sagte Merle. »Jedenfalls steht eine Flasche von Schulzes Himbeerlikör auf dem Sideboard. Halbleer.«

»Lass uns nach Hause gehen. Ich glaub, ich muss ins Bett«, sagte Maja, legte den Arm um Merles Schulter und trat mit ihr den Rückweg an.

Als sie ihr Gartentor hinter ihnen schloss, entdeckte Merle, dass der Mond aufgegangen war. Sie zeigte ihn Maja.

Die seufzte. »Voll friedlich.«

Merle öffnete ihre beiden Steppjacken und zog Maja an sich. Deren Lippen waren immer noch fluffig. Der gemeinsame Spionageausflug war schön gewesen. Sie standen noch eine ganze Weile da, Brust an Brust, weich und kribbelig, Mund an Mund, warm in der Kühle, umhüllt von ihren Kunstdaunenkokons, und der Mond stieg am Himmel empor.

Zielgerichtet hatte Lu gewirkt. Engagiert und fokussiert. Erstaunlich für jemanden, der gerade aus der Bahn geworfen worden war, dachte Merle, als sie schließlich aufs Haus zugingen.

Zielgerichtet. Engagiert. Fokussiert. Alles, was sie selbst sein müsste und nicht war.

»Ob Lu uns tatsächlich helfen kann?«, fragte Florian, als er mit seiner Frau ins Bett schlüpfte. Sie kam vom Zähneputzen, er hatte noch nach den Kindern gesehen.

»Also den besten Einfall hat jedenfalls Maja gehabt«, erklärte Jana und kuschelte sich an Florian. Ihre Füße waren wie Eisklötze, und er musste sich beherrschen, nicht wegzuzucken. »Woa. War ganz schön kalt noch, so abends draußen. Wenn wir ein...
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