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Mohawk

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
496 Seiten
Deutsch
DuMont Buchverlag GmbHerschienen am17.05.20231. Auflage
Die Stadt Mohawk verdankte ihren Aufstieg einst der Lederindustrie und hat teuer dafür bezahlt: Die Krebsrate ist hier um ein Vielfaches höher als im Rest Amerikas, das Leder nicht mehr gefragt, die Stadt vergessen. Es sind die späten Sechziger, doch die wenigsten Menschen haben teil an den großen Veränderungen dieser Zeit. Wer hier lebt, hat keine extravaganten Träume, sondern will einfach nur das Beste für die Familie und eine anständige Arbeit. Anne Grouse geht es ähnlich. Und auch wenn sie mal andere Pläne hatte - mittlerweile sieht sie sich an die Stadt gefesselt. Nicht nur befindet sie sich in einem aussichtslosen Kampf mit ihrer Mutter um die Pflege ihres kranken Vaters, sie muss sich auch um ihren Sohn Randall kümmern, der Schwierigkeiten in der Schule hat. Zu allem Überfluss droht außerdem die Fehde zwischen ihrer Familie und den mächtigen Gaffneys wieder aufzuleben. Von ihrem Ex-Mann, einem leidenschaftlichen Zocker, kann sie keine besondere Unterstützung erwarten. Heimlich träumt sie vom Mann ihrer Cousine, aber Träume kann man sich in Mohawk kaum leisten. Richard Russo hat mit >MohawkDiese gottverdammten TräumeDiese alte SehnsuchtEin grundzufriedener MannEin Mann der TatImmergleiche WegeJenseits der ErwartungenSh*tshowMittelaltemehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextDie Stadt Mohawk verdankte ihren Aufstieg einst der Lederindustrie und hat teuer dafür bezahlt: Die Krebsrate ist hier um ein Vielfaches höher als im Rest Amerikas, das Leder nicht mehr gefragt, die Stadt vergessen. Es sind die späten Sechziger, doch die wenigsten Menschen haben teil an den großen Veränderungen dieser Zeit. Wer hier lebt, hat keine extravaganten Träume, sondern will einfach nur das Beste für die Familie und eine anständige Arbeit. Anne Grouse geht es ähnlich. Und auch wenn sie mal andere Pläne hatte - mittlerweile sieht sie sich an die Stadt gefesselt. Nicht nur befindet sie sich in einem aussichtslosen Kampf mit ihrer Mutter um die Pflege ihres kranken Vaters, sie muss sich auch um ihren Sohn Randall kümmern, der Schwierigkeiten in der Schule hat. Zu allem Überfluss droht außerdem die Fehde zwischen ihrer Familie und den mächtigen Gaffneys wieder aufzuleben. Von ihrem Ex-Mann, einem leidenschaftlichen Zocker, kann sie keine besondere Unterstützung erwarten. Heimlich träumt sie vom Mann ihrer Cousine, aber Träume kann man sich in Mohawk kaum leisten. Richard Russo hat mit >MohawkDiese gottverdammten TräumeDiese alte SehnsuchtEin grundzufriedener MannEin Mann der TatImmergleiche WegeJenseits der ErwartungenSh*tshowMittelalte
Details
Weitere ISBN/GTIN9783832182809
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum17.05.2023
Auflage1. Auflage
Seiten496 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2902 Kbytes
Artikel-Nr.10200622
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Prolog

Die drei alten Freunde kamen in umgekehrter Reihenfolge auf der Insel an - der, der am weitesten weg wohnte, zuerst, der am nächsten Wohnende zuletzt: Lincoln, ein Immobilienmakler, aus Las Vegas, war also praktisch einmal quer durchs ganze Land gereist; Teddy, ein Kleinverleger, aus Syracuse; Mickey, ein Musiker und Toningenieur, aus dem nahe gelegenen Cape Cod. Alle waren sechsundsechzig und hatten gleichzeitig ein humanistisch ausgerichtetes College in Connecticut besucht, wo sie im Haus der Studentinnenverbindung Theta in der Küche oder im Service gearbeitet hatten. Die anderen Aushilfen, die meisten von ihnen Mitglieder anderer Verbindungen, behaupteten, diesen Job aus freien Stücken auszuüben, weil es nirgendwo sonst so viele heiße Mädchen gebe wie im Theta House. Lincoln, Teddy und Mickey indes schlugen sich mit einem Stipendium durch und mussten aus mehr oder weniger drängenden finanziellen Gründen nebenbei arbeiten. Lincoln, genauso gut aussehend wie die Verbindungsjungs, wurde sofort als »Frontmann« eingesetzt, was hieß, dass er in einer weißen hüftlangen Kellnerjacke die Verbindungsstudentinnen im großen Speisesaal des Theta House bedienen durfte. Teddy, der bereits während seiner letzten Highschool-Jahre in einem Restaurant gejobbt hatte, wurde Kochgehilfe und durfte Salate vorbereiten, Soßen anrühren und die Vorspeisen und Desserts auf Tellern anrichten. Und Mickey? Die, die ihn einstellten, taxierten ihn nur kurz und beförderten ihn dann zur Spüle hinüber, wo sich ein riesiger Berg schmutziger Töpfe neben einem Karton Scheuerspiralen stapelte. So viel zu ihrem ersten Studienjahr. In ihrem vierten Jahr war Lincoln zum Chefkellner avanciert und konnte seinen beiden Freunden einen Job im Speisesaal anbieten. Teddy, der die Nase von der Küche voll hatte, nahm ohne zu zögern an, während Mickey bezweifelte, dass es eine Kellnerjacke gab, in die er hineingepasst hätte. Er wollte lieber Küchensklave bleiben, als draußen im Frontbereich den hübschen Mädchen schöne Augen zu machen, weil er in der »Kombüse«, wie er es nannte, schalten und walten konnte, wie er wollte.

Mittlerweile waren vierzig Jahre vergangen, und alle drei wussten, was sie dem Minerva College zu verdanken hatten: Die Kurse waren klein gewesen, ihre Professoren kompetent und den Studenten zugeneigt. Auf den ersten Blick mochte es wie ein x-beliebiges College der späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahre wirken. Die Jungs trugen lange Haare, ausgeblichene Jeans und T-Shirts mit psychedelischen Aufdrucken. In den Zimmern rauchte man Gras und überdeckte den Qualm mit Räucherstäbchen, während man den Doors und Buffalo Springfield lauschte. Doch das waren bloß äußerliche Statements. Für die meisten Studenten war der Krieg weit weg, etwas, was in Südostasien geschah und in Berkeley und im Fernsehen diskutiert wurde, aber nichts mit ihrem Leben an der Küste Connecticuts zu tun hatte. Die Verfasser der Leitartikel des Minerva Echo beklagten in schöner Regelmäßigkeit das Fehlen eines wirklichen politischen Engagements. » Nothin´s happenin´ here  -, schrieb einer und nahm damit Buffalo Springfields berühmten Song auf die Schippe. Why that is ain´t exactly clear .«

An keinem anderen Ort auf dem Campus waren die Studenten weniger aufrührerisch als im Theta House. Ein paar Mädchen rauchten Gras und trugen keinen BH, aber abgesehen davon lebten sie wie auf einer abgeschiedenen Insel. Und doch offenbarte sich den Studenten die Realität hier weitaus mehr als in ihren Kursen. Die Unterschiede zu ihrer eigenen Welt mussten selbst Neunzehnjährigen wie Lincoln und Teddy und Mickey ins Auge fallen. Die Autos auf dem Parkplatz hinter dem Theta House waren nicht nur nobler als die auf dem regulären Studentenparkplatz, sondern auch als jene in dem Bereich, wo die Dozenten parkten. Noch merkwürdiger war, jedenfalls für die jungen Männer, die nicht aus wohlhabenden Familien kamen, dass sich die Besitzerinnen der Wagen auf dem Theta-Parkplatz nicht besonders glücklich zu schätzen schienen, am Minerva zu studieren, ja nicht einmal, dass sie Eltern hatten, die sich die atemberaubenden Studiengebühren an diesem College leisten konnten. Dort, wo sie herkamen, war das Minerva zumindest die logische Folge der ersten achtzehn Jahre ihres Lebens. Für viele war es sogar eher eine Art Notnagel, und sie brachten ihr erstes Studienjahr damit zu, ihre Enttäuschung darüber zu verarbeiten, es nicht auf die Wesleyan University, aufs Williams College oder eine der Ivy-League-Universitäten geschafft zu haben. Zwar wussten sie, dass man einen extrem guten Notendurchschnitt vorweisen und auch bei dem standardisierten Hochschulzulassungstest hervorragend abschneiden musste, um an einer dieser elitären Institutionen zugelassen zu werden, und doch waren sie es gewohnt, dass bei so etwas auch andere Faktoren entscheidend sein konnten, Dinge, über die man weder reden noch sie quantifizieren konnte, die einem aber dennoch auf magische Weise die Türen öffneten. Wie auch immer, das Minerva war auch nicht schlecht. Wenigstens hatten sie es in die Theta-Verbindung geschafft, das war in ihren Augen das Wichtigste. Andernfalls hätten sie ebenso gut auf die staatliche University of Connecticut gehen können.

Am 1. Dezember 1969, dem Abend, als die erste von zwei Vietnam-Einberufungslotterien abgehalten wurde, überredete Lincoln die Restaurantleiterin des Verbindungshauses, dass die Kellner an diesem Abend das Essen eine halbe Stunde früher als sonst servieren durften, damit sie sich danach alle pünktlich vor dem winzigen Schwarz-Weiß-Fernseher in dem hinteren Zimmer versammeln konnten, wo sie ihre Mahlzeiten einzunehmen pflegten. Obgleich hier per Los über ihr Schicksal entschieden wurde, war die Stimmung merkwürdig heiter, jedenfalls zu Beginn. Von den Geburtstagen der acht Aushilfen wurde der von Mickey zuerst gezogen, die neunte von 366 Möglichkeiten, sodass die anderen im Chor »O Canada« anstimmten, was vielleicht mehr Wirkung gezeigt hätte, wenn sie nicht nur die ersten beiden Worte der kanadischen Nationalhymne gekannt hätten. Von den Geburtstagen der drei Freunde kam Lincolns mit der Losnummer 189 als Nächstes dran; besser - weil die Wahrscheinlichkeit, dass man mit dieser hohen Nummer noch eingezogen wurde, eher gering war -, aber dennoch nicht sicher genug und unmöglich, damit zu planen.

Während die Lotterie weiterging, ein unaufhörlicher Trommelwirbel aus Geburtstagen - 1. April, 23. September, 21. September -, verdüsterte sich die Stimmung im Raum zusehends. Früher am Abend, als sie den Mädchen das Essen servierten, hatten alle noch im selben Boot gesessen, aber jetzt machten ihre Geburtstage sie zu Individuen, Menschen mit ganz eigenen Schicksalen, und nach und nach zerstreuten sie sich, gingen zurück in ihre Zimmer oder Wohnungen, wo sie ihre Eltern und Freundinnen anriefen, um mit ihnen die Tatsache zu erörtern, dass ihr Leben soeben eine andere Wendung genommen hatte, bei den einen zum Besseren, bei den anderen zum Schlechteren, wobei ihre Noten und Zulassungstestergebnisse und Beliebtheit mit einem Mal unwichtig geworden waren. Bis endlich Teddys Geburtstag drankam, waren er, Lincoln und Mickey die Einzigen, die noch im Aufenthaltsraum saßen. Ein vehementer Pazifist, hatte Teddy seinen Freunden ein paar Stunden zuvor eröffnet, er werde lieber nach Kanada oder ins Gefängnis gehen, als sich einziehen zu lassen, deshalb sei für ihn die Lotterie bedeutungslos. Wobei das natürlich nicht ganz stimmte. Im Grunde wollte er nicht nach Kanada und war sich nicht sicher, ob er, wenn es hart auf hart käme, tatsächlich den Mut aufbrächte, für seine Überzeugungen ins Gefängnis zu gehen. Von derlei Erwägungen abgelenkt, war er, als nur noch circa zwanzig Geburtstage nicht gezogen worden waren, überzeugt, dass seiner schon vorgelesen worden war, ohne dass er es mitbekommen hatte, vielleicht als sie die Fernsehantenne justiert hatten. Doch dann kam er plötzlich, an 322. Stelle. Von 366. Er war noch einmal davongekommen. Als er die Hand ausstreckte, um den Fernseher auszumachen, bemerkte er, dass er zitterte.

Es gab ungefähr ein Dutzend Theta-Studentinnen, die sie als ihre Freunde betrachteten, aber nur Jacy Calloway, in die alle drei verliebt waren, wartete vor dem Hintereingang des Verbindungshauses, als sie endlich in die kalte Nacht hinaustraten. Sobald Mickey ihr gesagt hatte - mit seinem typischen breiten, treudoofen Grinsen im Gesicht -, es sehe wohl so aus, dass er bald nach Südostasien aufbrechen müsse, rutschte sie von der Motorhaube, auf der sie gesessen hatte, barg ihr Gesicht an seiner Brust, drückte ihn ganz fest und sagte in sein Hemd hinein: »Diese verdammten Arschlöcher.« Lincoln und Teddy, die mehr Glück gehabt hatten an diesem Abend, wären plötzlich gern an seiner Stelle gewesen und brachten es tatsächlich fertig, ausgesprochen eifersüchtig zu werden, als sie das Mädchen ihrer kollektiven Träume in Mickeys Armen sahen, die unangenehme Tatsache mal beiseitegelassen, dass Jacy ohnehin bereits mit einem anderen verlobt war. Als würde Mickeys Glück dieses flüchtigen Moments irgendwie mehr wiegen als der Umstand, dass er vor einer Stunde den Kürzeren gezogen hatte. Als sein Geburtstag verkündet worden war, war in Lincoln und Teddy das gleiche widerliche Gefühl aufgestiegen wie zwei Jahre zuvor, als die Verantwortlichen im Restaurant Mickey nur kurz angeschaut und ihm direkt den beschissensten Job im Theta House zugewiesen hatten. Wenn er sich bald zum Dienst melden würde, würden sie ihn ebenfalls rasch mustern und dann schnurstracks an die Front schicken, eine Zielscheibe, die...
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Autor

RICHARD RUSSO, geboren 1949 in Johnstown, New York, studierte Philosophie und Creative Writing und lehrte an verschiedenen amerikanischen Universitäten. Für >Diese gottverdammten TräumeDiese alte SehnsuchtEin grundzufriedener MannEin Mann der TatImmergleiche WegeJenseits der ErwartungenSh*tshowMittelalte