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Aufwachsen in Telfs

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
236 Seiten
Deutsch
Eine Reise in die Vergangenheit von Telfs - lebendig in persönlichen Erinnerungen! 'Liebes Team der Bücherei & Spielothek, es ist eine super Idee, dem Lockdown ein Schnippchen zu schlagen und Erinnerungen in der Einsamkeit niederzuschreiben. Ich wünsche euch viele gute und lustige Briefe', meinte Monika Kluibenschädl in einem Brief. Im vorliegenden Buch sind nun sowohl ihre Kindheitserinnerungen als auch die anderer Telferinnen und Telfer versammelt. Die heute drittgrößte Gemeinde Tirols hat im Laufe der letzten Jahrzehnte einen großen Wandel erlebt, welcher auch hier in ganz privaten Erzählungen unterhaltsam dokumentiert wird. So laden wir ein zu einem abwechslungsreichen Streifzug durch das 'Dorf' Telfs mit all seinen Menschen, Straßen und Plätzen von damals und heute.mehr

Produkt

KlappentextEine Reise in die Vergangenheit von Telfs - lebendig in persönlichen Erinnerungen! 'Liebes Team der Bücherei & Spielothek, es ist eine super Idee, dem Lockdown ein Schnippchen zu schlagen und Erinnerungen in der Einsamkeit niederzuschreiben. Ich wünsche euch viele gute und lustige Briefe', meinte Monika Kluibenschädl in einem Brief. Im vorliegenden Buch sind nun sowohl ihre Kindheitserinnerungen als auch die anderer Telferinnen und Telfer versammelt. Die heute drittgrößte Gemeinde Tirols hat im Laufe der letzten Jahrzehnte einen großen Wandel erlebt, welcher auch hier in ganz privaten Erzählungen unterhaltsam dokumentiert wird. So laden wir ein zu einem abwechslungsreichen Streifzug durch das 'Dorf' Telfs mit all seinen Menschen, Straßen und Plätzen von damals und heute.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783703065972
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum21.11.2022
Seiten236 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse13539 Kbytes
Artikel-Nr.10290237
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

AUFG WACHSEN IN TELFS - KINDHEITSBLITZLICHTER AUS DER SÜDTIROLER SIEDLUNG NR. 36

Immer wieder fahre ich seit Jahren mit meinem Fahrrad, meinen Geschwistern oder Freunden in die Ecke der Südtiroler Siedlung, um Erinnerungen aufzufrischen - und nun in letzter Zeit öfter als sonst - wegen des Abrisses der ehemaligen Siedlungshäuser - da mich einerseits der Baufortschritt der neuen Siedlung fasziniert, aber andererseits traurig stimmt, da ich es irgendwie damit verknüpfe, dass auch nun meine Kindheitserinnerungen der Abrissraupe zum Opfer fallen. Aber bevor nun auch meine Erinnerungen verschwinden, seien ein paar von ihnen hier erzählt!

Unser ehemaliges Haus Nr. 36 stand fast am Ende der Siedlung, ja 2019 war es sogar noch bewohnt, während die anderen Häuser mich mit ausgehöhlten - gleichsam schreienden - Mäulern und leeren Augen erschreckten. So war es unter anderem eine tolle Idee, dass sich aus unserer einstigen großen Kinderschar aus der damaligen Nachbarschaft ein kleiner Kreis - inzwischen in die Jahre gekommener Freunde - zu Mitterers Theaterstück 2019 traf.

Wie aus dem Theaterstück sehr lehrreich hervorging, kehrten nach dem Zweiten Weltkrieg viele Optanten wieder nach Südtirol zurück, so dass auch in der Siedlung Telfs Wohnungen frei wurden. Unsere Eltern waren damals gerade auf Wohnungssuche, da sie nur in einer Kellerwohnung in Tarrenz Zuflucht gefunden hatten, nachdem sie aus Wien weggegangen waren. Unser Vater war kurz vor Stalingrad schwer verwundet worden, hatte dann sein Studium beendet und sollte den Posten eines Mittelschulprofessors in Zams antreten (Anm.: Das Gymnasium übersiedelte später in einen Neubau nach Landeck/Perjen). Meine ältere Schwester war noch 1943 in Wien geboren worden, während ich 1944 in Tarrenz zur Welt kam und meine beiden anderen Geschwister, jüngere Schwester 1951 und Bruder 1955 in Telfs, eben dort im Haus Nr. 36 das Licht der Welt erblickten.


Schlussapplaus bei der Verkauften Heimat von F. Mitterer 2019. © Hans Waldhart


Unsere Eltern bekamen also 1946 diese Vierzimmerwohnung, in der wir vier Kinder - bis zur nächsten Übersiedelung der Eltern 1957 nach Landeck/Perjen - aufwuchsen.

Es war für uns eine unbeschwerte Zeit. Es gab gleich hinter der Siedlung Wald (wo heute ein Firmengebäude Thöni steht oder aber auch ein anderer Wohnblock). Ein kleiner Jungwaldhain mit einer ebenso kleinen Lichtung, in deren Mitte ein Stromhäuschen stand, wie wir es nannten, war unser Lieblingsplatz. Hier wurde Indianer gespielt oder unsere Mutter veranstaltete hier für die Kinder der näheren Umgebung Kindertheater-Aufführungen mit selbst genähten Kostümen. Wir Buben hatten eine eigene Indianerbande gegründet und in der Siedlung gab es noch eine andere Gruppe, deren Buben zu unserem Nachteil leider älter und stärker waren.


Siegfried Kuprian lief 1945 durch die Südtiroler Siedlung. © Fotograf unbekannt, zur Verfügung gestellt von Siegfried Kuprian


Einmal mussten wir während eines Stammeskrieges sogar hinter den hohen Zaun der Fabrik Elsinger flüchten, um uns zu retten .

Den Wald, der ja bald hinter den Häusern ziemlich steil wurde, durchstreiften wir im Sommer häufig auf der Suche nach Pilzen. Auch Tatscheln mussten wir klauben, die unsere Eltern dann verheizten. Nach Strassberg begleiteten wir Vater manchmal, wenn er dort Holz bekam. Einmal half ihm Sepp Schwarz (unsere Eltern waren mit der Familie Schwarz befreundet), als sich Herr Schwarz in den Fuß hackte. Da musste ich vom Wald auf den Weg zur Strassberghütte laufen, um Hilfe zu holen. Ein anderes Mal wurden wir von einem unglaublichen Gewitter überrascht und suchten Zuflucht in einem der kleinen Häuschen, die dort standen (und heute noch stehen, denn auch in Strassberg komme ich immer wieder auf meinen Radtouren vorbei).

Ja, und nicht nur einmal versteckte der Osterhase die Nestchen dort im Wald. Da kamen auch zeitweise unsere Großeltern, Onkel, Tante und unser Cousin aus Imst zu Besuch. Wir wurden also zur Nest-Suche losgelassen und wie übermütige Rennpferde stürmten wir in den Wald. Als ich einen Roller erspähte, sogar einen mit Luftreifen, war meine Freude riesengroß, zumal mein Cousin auch einen Roller gefunden hatte, aber nur einen mit Hartgummireifen! Als wir, und vor allem ich, unsere Funde stolz der Großfamilie brachten, kam für mich die große Enttäuschung, als es hieß, dass der Osterhase den Roller mit den Luftreifen eigentlich meinem Cousin gebracht hatte und für mich der andere mit den Hartgummireifen war!


Postkarte vom Strassberghaus. © MGT Archiv


Die Straße durch die Siedlung war damals nicht asphaltiert. Es gab auch noch keinen Mieter, der ein Auto besaß. Erst etwas später kamen zaghaft die ersten Automobile. Da es von der Hohen Munde her (so glaubten wir jedenfalls) immer wieder heftige Gewitter gab, bildeten sich reißende Wasserrinnen im Schotterboden. Die nützten wir aus und wir ließen darin unsere kleinen Papierschiffchen in die weite Welt unserer Phantasie reisen.

Unsere Eltern hatten einen kleinen Leiterwagen, mit dem Mutter die Großwäsche in eine Wäscherei führte. Es gab im Haus nur eine dunkle Waschküche mit einem von Ziegeln ummauerten Kessel. Und um warmes Wasser zu bekommen, musste zuvor im Ofen unterhalb des Kessels ein Feuer gemacht werden. Etwas mühsam also vor allem nach heutigen Maßstäben.

Aber wir Kinder nützten diesen Leiterwagen, um die Straße der Siedlung hinabzudüsen! Gelenkt wurde das Gefährt mit der Deichsel , die man mit den Beinen umfasste.

Es gab zwar eine Badewanne im Badezimmer, aber es gab nur fließend kaltes Wasser dafür. So wusch unsere Mutter die Kleinwäsche darin mit Hilfe einer Waschrumpel . Damit wir jedoch auch duschen konnten, befestigte Vater einen verzinkten Behälter in der Höhe des Türstockes. Den Behälter hatte er mit einem Wasserhahn so gebastelt, dass ein Schlauch darauf gesteckt werden konnte, der wiederum an einem verzinkten runden Rohr angesteckt war, welches Vater mit unzähligen Löchern angebohrt hatte. Nun wurde das warme Wasser, das im Feuerherd der Küche gewärmt worden war, mit Hilfe einer kleinen Stehleiter in den großen Kessel geschüttet, der Hahn geöffnet - und schon konnte geduscht werden, indem man sich den Ring um die Schultern legte. Halt sparsam mit dem Wasser umgehen, das war das oberste Gebot !

Da Vater auch schriftstellerisch tätig war und Mutter gerne vorlas, Theater spielte oder Regie führte, bastelte Vater eine Puppentheaterbühne, die man zwischen den Türstöcken der Wohnung befestigen konnte. Er schnitzte einen Kasperlekopf, weiters einen für die Hänsel- und Gretel-Figur, einer war ein Wirt, ein Königs- und Prinzessinnenkopf, einer ein furchterregender Teufelskopf, ein Räuber als Bösewicht durfte natürlich auch nicht fehlen und schließlich das zumindest für mich Beeindruckendste: Es gab einen Drachen, der das Maul aufreißen und Figuren oder Sachen verschlingen konnte! Mutter hatte die Gewänder genäht. Im Wohnzimmer versammelten sich dann viele Kinder aus der Nachbarschaft, wenn unsere Eltern ein Stück zum Besten gaben. Die Hintergründe malte Vater selbst und sogar eine fast professionelle Beleuchtung mit gefärbten elektrischen Lämpchen verzauberten uns Kinder immer wieder!

Der Hof , wie wir die freien Wiesenstücke zwischen den einzelnen Siedlungshäusern nannten, war unsere Hauptheimat - da wurde Verstecken oder Fangen gespielt, Tempel gehüpft oder gespeckerlet . Wer außer den üblichen Speckern aus Ton einen aus Glas oder gar Eisen hatte, war fast schon König! Weniger gerne sah es der Hausmeister, wenn wir pflöckelten , denn die zugespitzten Holzpflöcke, die man in die Erde schmettern musste, um den am Boden liegenden Pflock des Gegners wegzuspecken, setzte dem Rasen ziemlich zu.


Blick auf die Südtiroler Siedlung im Jahr 1962. © Sammlung Risch-Lau, Vorarlberger Landesbibliothek


In der Zimmerbergklamm hinter der damaligen Elsinger-Fabrik war ein kleiner Stausee des dortigen Kraftwerkes.

Ging man den Steig noch ein Stück weiter, lag linkerhand eine kleine Höhle, die als zeitweiliger Treffpunkt unserer Indianergruppe galt. Einmal auf dem Weg dorthin hatten wir die Idee, über den Stausee zu paddeln, denn wir entdeckten ein Boot, das da vor Anker lag. - Gesagt, getan, ein Brett als Paddel und los ging die Fahrt!

Doch, oh je, dieses Boot füllte sich rasch mit Wasser aus einem Leck! Zufällig kam in diesem Moment der Wärter aus dem Kraftwerksgebäude, um eine Zigarette zu rauchen. Er erkannte unsere Notlage sofort, stürmte mit einer langen Stange herbei und zog uns an Land. Was er so vor sich hin fluchte, das wurde vom Lärm der Turbine übertönt. Das Boot war nämlich nur ein ausrangierter Motorradbeiwagen aus dem Krieg und natürlich nicht wasserdicht.

Zu einer Weihnacht bekamen mein Nachbar Manfred, dessen...
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