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Siegmunds Rache

Benedict Schönheits fünfter Fall
»Wenn an einem sonnigen Samstagmorgen Kollege Uzman vor meinem Haus steht, schwant mir Übles.« Ein toter Industrieller in einer Bogenhausener Villa, ein nackter junger Mann unter Drogen - ein ruiniertes Wochenende für Kriminalrat Benedict Schönheit. Kamen die Mörder aus Münchens Halbwelt, ist ein betrogener Anleger ausgerastet oder gab es doch ganz andere Gründe, wegen denen Andy Grashammer sterben musste?

Thomas Michael Glaw, Jahrgang 1957, studierte in München Germanistik und katholische Theologie. Seit 1989 leitet er ein Institut für Sprach- und Kommunikationstraining in München. Sein schriftstellerisches Werk umfasst neben Kurzgeschichten, Reiseerzählungen und Gedichten vor allem Kriminalromane. Als Fotograf bestimmen städtisches Leben und Architektur seine Arbeiten. Fotografie und Lyrik verband er erstmals in dem Band 'Strandgut.'
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Klappentext»Wenn an einem sonnigen Samstagmorgen Kollege Uzman vor meinem Haus steht, schwant mir Übles.« Ein toter Industrieller in einer Bogenhausener Villa, ein nackter junger Mann unter Drogen - ein ruiniertes Wochenende für Kriminalrat Benedict Schönheit. Kamen die Mörder aus Münchens Halbwelt, ist ein betrogener Anleger ausgerastet oder gab es doch ganz andere Gründe, wegen denen Andy Grashammer sterben musste?

Thomas Michael Glaw, Jahrgang 1957, studierte in München Germanistik und katholische Theologie. Seit 1989 leitet er ein Institut für Sprach- und Kommunikationstraining in München. Sein schriftstellerisches Werk umfasst neben Kurzgeschichten, Reiseerzählungen und Gedichten vor allem Kriminalromane. Als Fotograf bestimmen städtisches Leben und Architektur seine Arbeiten. Fotografie und Lyrik verband er erstmals in dem Band 'Strandgut.'
Details
Weitere ISBN/GTIN9783947724178
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum01.07.2020
Seiten280 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3292
Artikel-Nr.10291233
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Samstag

Die Sonne bahnte sich ihren Weg durch meine Vorhänge, von Leichen war nichts zu sehen.

Martina war nach Niederbayern gefahren, ihre Mutter feierte einen runden Geburtstag. Ihr Duft hing im Kissen, das machte es nicht einfacher. Auf dem Weg zur Küche, um den obligatorischen Espresso zuzubereiten, fiel ich über meine Laufschuhe. Kurz vor neun.

Ich bereute die Idee zwanzig Minuten später im Englischen Garten, denn ich hatte seit über einem Monat keine Runde mehr gedreht. Ein Außenband im linken Knie war für diese Pause verantwortlich, Rotwein und gutes Essen womöglich für mein Seitenstechen. Oder war es das Alter? Ich riss mich zusammen und legte zum Ende hin ein wenig an Geschwindigkeit zu, um vor den Nachbarn zu glänzen.

Als ich um die Ecke kam, stand ein dunkelblauer BMW in zweiter Reihe vor dem Eingang zu meiner bescheidenen Hütte und daran lehnte, lässig wie immer, Kriminalkommissar Adil Uzman.

»Hawaii, Bene? Ironman?«

»Für den Fall, dass es dir entgangen ist: Heute ist Samstag. Nette Idee mit dem Dienstwagen, aber ich habe nicht die Absicht, ins Büro zu fahren.«

Meistens fuhr ich ohnehin mit dem Fahrrad und in den letzten Wochen hätte ich es mir komplett sparen können. München war sicherer denn je.

»Ich habe nicht vor, dich ins Büro zu kutschieren.«

»Sag bloß ...«

»Doch, Bene. Eine Haushälterin hat vor einer halben Stunde ihren Arbeitgeber, einen gewissen Andreas Grashammer, tot in seinem Wohnzimmer gefunden.«

»Andreas Grashammer? Der Andy Grashammer?«

»Genau der.«

Andreas Grashammer hatte sich in den letzten Jahren in München als Risikoinvestor, auf neudeutsch Venture Capitalist , und als Partylöwe einen Namen gemacht.

»Und die Kollegen vor Ort gehen von Mord aus?«

»Er hat zwei Einschusslöcher in der Brust.«

»Komm mit hoch, ich brauche einen Espresso und eine schnelle Dusche.«

»Und der Wagen?«

»Stell ihn auf die andere Straßenseite und leg die Kelle aufs Armaturenbrett.«

Als ich aus der Dusche kam, hatte Adil sich an meiner Moka bedient und stand vor dem Bücherschrank.

»Klaus hat angerufen. Wir sollen uns beeilen. Sie haben im Bett von Herrn Grashammer eine weitere Leiche gefunden.«

Ich goss mir einen Espresso ein, rubbelte mein Haar trocken, zog eine dunkelblaue Hose und ein weißes Hemd an, ließ mich aufs Sofa fallen, und trank den Kaffee in einem langen Zug. So hatte ich mir das Wochenende nicht vorgestellt. Wir stellten unsere Tassen in die Küche und fuhren kurz darauf mit Blaulicht dahin, wo in München die besseren Kreise wohnten: nach Alt-Bogenhausen.

In einer Straße, wo man sein Leben hinter hohen, schmiedeeisernen Zäunen, dichten Hecken und alten Bäumen lebte, war, zum Ärger der Nachbarn, alles von Einsatzfahrzeugen zugeparkt. Wir schlossen uns den Kollegen an und liefen eine gepflasterte Auffahrt zum Haus hinauf. Am Eingang hielt uns einer von Schreyers Leuten zwei Plastikpäckchen hin:

»Ohne Overall geht hier nichts.«

Wir zwängten uns in die weißen Plastikhäute und betraten eine Halle, die von einer eleganten, gewundenen Treppe dominiert wurde. Klaus erschien und winkte uns zu sich.

»Das hat aber gedauert.«

»Es ist, nein, war mein freier Tag, Herr Kollege. Adil musste meine Rückkehr aus dem Park abwarten. Ich pflege nicht mit Handy zu laufen. Und jetzt bitte die Kurzfassung.«

»Du hast aber eine Laune!«

Ich sah ihn erwartungsvoll an und er bedeutete uns, ihm zu folgen. Wir durchschritten die große Eingangshalle und betraten durch eine doppelflügelige Tür einen weiträumigen Wohnraum. Auf dem glänzenden Parkett lag ein Mann, den ich auf Ende dreißig schätzte. Sein weißes Hemd wies, da wo das Herz sitzt, einen großen Blutfleck auf. Er war wohl hier erschossen worden, denn die KTU hatte hinter dem Toten eine dreieckige Fläche markiert, auf der sich Blutspuren befanden. Neben dem Körper kniete Dr. Orthuber, der sich in diesem Moment erhob.

»Morgen, Herr Schönheit, auch schon da?«

»Ich war dabei, in mein Wochenendhaus im Tessin aufzubrechen, Herr Doktor. Ist das Herr Grashammer?«

Orthuber nickte.

»Wo ist der andere Tote?«

»Welcher andere Tote?«

»Die Kollegen sprachen von einer weiteren Leiche im Bett von Herrn Grashammer.«

»Sie meinen den nackten jungen Mann in dieser vermeintlichen Liebeshöhle im ersten Stock.«

Ich sah ihn entgeistert an.

»Die KTU hat die Szene fotografiert, wenn Sie sich dafür interessieren. Den Knaben hatte jemand vermutlich unter Drogen gesetzt. Die Herzfrequenz war niedrig und extrem verlangsamt, er wies Untertemperatur auf. Wahrscheinlich wäre er im Verlauf des Vormittags gestorben, wenn ich nicht interveniert hätte. Ich hielt die lebenserhaltenden Maßnahmen für wichtiger als Ihren Augenschein, deshalb habe ich ihn schnellstmöglich ins Klinikum rechts der Isar bringen lassen.«

Mir schwirrte der Kopf. »Die ersten Einsatzkräfte hielten den Mann für tot?«

»Ja, deshalb riefen sie nicht den Rettungsdienst. Erst meine Wenigkeit erkannte, dass er noch nicht auf die kalten Edelstahltische meiner Profession gehört.«

Orthuber war allem Anschein nach mit sich zufrieden.

»Und was haben wir hier?«

»Andreas Grashammer, vierzig Jahre alt und gesund. Wenn ihn diese zwei Kugeln nicht ins Herz getroffen hätten, wäre er etliche Jahre älter geworden.«

»Direkt ins Herz?«

»Der Schütze wusste, was er tat.«

»Sind Sie sicher, dass es ein Mann war?«, warf Adil ein.

»Herr Uzman, verschonen Sie mich bitte mit Ihren Anmerkungen zur gegenderten Sprache. Ich bin zu alt und zu sprachbewusst dafür. Natürlich kann es auch eine Frau gewesen sein, das wissen Sie so gut wie ich.«

»Ungefährer Todeszeitpunkt?«

»Sie sind ja heute so kurz angebunden, lieber Herr Schönheit.« Die Ironie troff förmlich aus Orthubers Worten.

»Sie wissen ja, das Tessin.«

»Natürlich, ich vergaß. Ich würde sagen, vor fünf bis sechs Stunden.«

»Also, zwischen vier und fünf heute Morgen.«

»Genaueres kann ich Ihnen erst nach der Obduktion sagen.«

»Haben wir etwas zur Waffe?«, fragte ich Klaus.

»Kleines Kaliber, vermutlich 7,65 Millimeter.« Die Antwort kam von Peter Schreyer, dem baumlangen Chef unserer Kriminaltechnik.

»Eines der beiden Geschosse steckte im Rahmen dieses Machwerks.« Er deutete auf ein etwa zwei mal zwei Meter großes Kunstwerk, das hauptsächlich aus Klecksen zu bestehen schien.

»Könnte ein Jackson Pollock sein«, meinte Dr. Orthuber. »Dafür müssten wir beide sehr lange arbeiten.«

»Haben Sie die zweite Kugel schon gefunden?«, fragte ich Schreyer.

Der schüttelte den Kopf.

»Ich vermute, die hat die Wirbelsäule getroffen und steckt im Körper.«

»Da dürfte er Recht haben«, meinte Dr. Orthuber und zu Schreyer gewandt: »Ihre anatomischen Kenntnisse verblüffen mich immer wieder.«

Schreyer grinste und ging zurück zu seinen Mitarbeitern.

Ich nahm langsam die Umgebung genauer wahr. Ein großer Raum. Ein halbes Dutzend großformatiger abstrakter Gemälde, zwei ausladende Sofas, mehrere Sessel, in Gruppen zusammengestellt. Auf kleinen Tischen standen Sektkühler mit Flaschen darin, Gläser waren im ganzen Raum verteilt. Ein Hauch von kaltem Zigarrenrauch hing über allem, vermischt mit dem metallischen Geruch geronnenen Blutes. Der Täter hatte ein kleines Kaliber benutzt und zwei Kugeln präzise ins Herz geschossen. Das sprach für einen Profi, oder zumindest für jemand, der wusste, was er mit seiner Waffe tat.

»Haben wir die Hülsen?«, rief ich Schreyer hinterher.

Er drehte sich um und schüttelte den Kopf.

»Wer hat ihn gefunden?«

»Die Haushälterin«, sagte Klaus.

»Und wo finde ich die?«

»In der Küche.«

»Wo ist übrigens Lena?«

Lena van Megeren war vor zwei Monaten zu unserem Team gestoßen, als wir an einem Mord im Nationaltheater ermittelten.

»Wir können sie nicht erreichen«, meinte Klaus. »Möglicherweise ist sie ja in deiner Villa im Tessin.«

Ich würdigte ihn keines Blickes.

»Und wo ist die Küche?«

Kurz darauf saß ich in einem großen, lichten Raum einer älteren Frau gegenüber, die sich verzweifelt an einer Kaffeetasse festhielt.

»Hätten Sie gerne einen Kaffee?«

Bevor ich antworten konnte, stand sie auf und goss mir aus einer Kanne eine Tasse ein. Erstaunlicherweise roch das Gebräu nach Kaffee.

»Schauen Sie nicht so skeptisch, Herr Kommissar. Herr Grashammer war bei den leiblichen Genüssen wählerisch.«

»Wie meinen Sie das, Frau ...?«

»Grabowski. Wie ich es gesagt habe. Er wusste, was er mochte. Dieser Kaffee kommt aus Äthiopien.«

Ich trank einen Schluck.

»Sie sagten, bei leiblichen Genüssen. Wie darf ich das verstehen?«

»Ich bin hier die Haushälterin, Herr Kommissar. Andreas Grashammer war ein netter Mann. Ich habe gerne für ihn gearbeitet. Er interessierte sich für mein Leben, fragte nach meinem Mann, meinen Kindern.« Sie schaute von ihrer Kaffeetasse auf. »Bei Männern in seiner Position ist das alles andere als normal. Die meisten würden unsereinen nicht einmal auf der Straße wiedererkennen. Er schon.«

»Die leiblichen Genüsse, Frau Grabowski.«

»Er war wählerisch und er hatte genaue Vorstellungen.«

»Auch bei Frauen?«

Ihr...

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