Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Rondo Veneziano

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
280 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am08.02.20232023
Die Zahnärztin Adele kann ohne Arbeit nicht sein, Bibliothekarin Chris ist frisch pensioniert und Biggi musste kürzlich ihre Boutique für immer zusperren. Auf einem Vaporetto in Venedig begegnen sich die drei ehemaligen Schulfreundinnen - und sind gleich darauf in einen Kriminalfall verstrickt: Adeles reiche Wahltante, die Kunstsammlerin Pauline, hatte in ihrem Palazzo angeblich einen tödlichen Unfall. Hat sie etwa jemand die Treppe hinuntergestoßen? Der dubiose Neffe aus Amerika wird verdächtigt, zu Unrecht? Eine Spur führt die drei Frauen zu einem armenischen Kloster auf der Insel San Lazzaro in der Lagune.

Susanne Ayoub, 1956 in Bagdad geboren, lebt heute in Wien. Sie studierte Theaterwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte und arbeitet als Autorin und Regisseurin für Radio und Film. Ayoub schreibt Drehbücher, Hörspiele und Theaterstücke, sie veröffentlichte bisher fünf Romane sowie mehrere Gedichtbände. Ihr Kriminalroman 'Engelsgift' wurde ein internationaler Erfolg. Neben ihrer schriftstellerischen und journalistischen Tätigkeit ist sie Filmemacherin. Für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Preise. Mehr Informationen zur Autorin unter: www.susanneayoub.at
mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR17,50
E-BookPDF0 - No protectionE-Book
EUR13,99
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR13,99

Produkt

KlappentextDie Zahnärztin Adele kann ohne Arbeit nicht sein, Bibliothekarin Chris ist frisch pensioniert und Biggi musste kürzlich ihre Boutique für immer zusperren. Auf einem Vaporetto in Venedig begegnen sich die drei ehemaligen Schulfreundinnen - und sind gleich darauf in einen Kriminalfall verstrickt: Adeles reiche Wahltante, die Kunstsammlerin Pauline, hatte in ihrem Palazzo angeblich einen tödlichen Unfall. Hat sie etwa jemand die Treppe hinuntergestoßen? Der dubiose Neffe aus Amerika wird verdächtigt, zu Unrecht? Eine Spur führt die drei Frauen zu einem armenischen Kloster auf der Insel San Lazzaro in der Lagune.

Susanne Ayoub, 1956 in Bagdad geboren, lebt heute in Wien. Sie studierte Theaterwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte und arbeitet als Autorin und Regisseurin für Radio und Film. Ayoub schreibt Drehbücher, Hörspiele und Theaterstücke, sie veröffentlichte bisher fünf Romane sowie mehrere Gedichtbände. Ihr Kriminalroman 'Engelsgift' wurde ein internationaler Erfolg. Neben ihrer schriftstellerischen und journalistischen Tätigkeit ist sie Filmemacherin. Für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Preise. Mehr Informationen zur Autorin unter: www.susanneayoub.at
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839274507
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum08.02.2023
Auflage2023
Seiten280 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.10294151
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1.

Gerade als Adele Origano ins Sugo streute, begann das Telefon zu läuten. Sie zuckte zusammen und würzte mehr als nötig. Egal, sie würde es sich trotzdem schmecken lassen, vor allem aber das Telefon nicht abheben. Es gab immer wieder Patienten, die mit List ihre private Nummer he­raus­fanden. Eine Riesenportion Spaghetti mit viel Parmesan war genau das, was sie nach einem Tag in der Ordination trösten konnte. Das Telefon hörte auf zu läuten, fing aber gleich da­rauf wieder an. Am Festnetztelefon kamen meist Angebote für Zeitungsabos und für undurchsichtige Investmentgeschäfte. Und ihre Mutter. Aber die konnte sie später zurückrufen. Adele probierte eine Nudel, genau al dente. Sie goss das Kochwasser ab. Fünf Minuten noch, dann begannen die Abendnachrichten im Fernsehen. Alles im Zeitplan. Doch nun begann das Haustelefon zu läuten. Adele seufzte. Vor drei Jahren, als die Wohnung im Erdgeschoss gegenüber ihrer Zahnarztpraxis freigeworden war, hatte sie nicht lange überlegt und sie gekauft. Sie war genau richtig für einen gehbehinderten Menschen und groß genug, damit auch eine Pflegerin dort wohnen konnte. »Was für eine Pflegerin? Du glaubst doch nicht, dass ich mit einer fremden Person unter einem Dach lebe?« Margareta hatte getobt und sich geweigert einzuziehen. Doch dann war sie gestürzt, im Spital gelegen, und mit einem Mal sah die Sache anders aus. Sie hatte nicht mehr Kraft genug, sich in ihrer Wohnung allein zu versorgen. Widerwillig stimmte sie der Übersiedlung zu. Nun wohnte sie gegenüber von Adeles Arbeitsplatz und einen Stock unter deren Wohnung. Viel Freiraum gab es nicht dazwischen. Doch Adele liebte Margareta. Ihre Mutter war über neunzig, und sie wollte, dass es ihr gut ging. Mit Joseph wäre es unmöglich gewesen. Und wie geht es dir dabei? Ist das Leben deiner Mutter wichtiger als dein eigenes, hätte er gefragt und nicht zugelassen, dass Margareta ihr Opfer annahm. Doch Joseph durfte seine Fragen nicht mehr stellen, er war aus ihrem Leben gegangen, und sie sollte keine weiteren Gedanken an ihn verschwenden. Adele drehte das Fleischragout ab und ging zum Telefon. Mirza klang entschuldigend: »Frau Margareta sagt, es ist dringend. Können Sie bitte kommen?«

Der Hörer wurde ihr weggenommen, dann war Margareta selbst daran. »Dilly, warum hebst du nicht ab? Pauline versucht dich schon seit Stunden zu erreichen. Ich mache mir Sorgen um sie.«

Das ließ Adele aufhorchen. Margareta sorgte sich nicht um andere, sie war seit Langem nur mehr mit sich beschäftigt, mit ihren Schmerzen und ihrem ständigen Ärger über den Körper, der sich ihrem Willen nicht beugte und sie zwang, die Hilfe einer fremden Person anzunehmen.

»Ich rufe sie an.«

»Aber gleich, versprich es mir. In unserem Alter hat man keine Zeit zu warten.«

Wider ihren Willen musste Adele lachen. Margareta war immer schon ungeduldig gewesen, Pauline dagegen langmütig und freundlich. In Adeles Kindheit war Tante Pauline ihre Lieblingserwachsene gewesen, die sie ernst nahm, ihr zuhörte und auf alle Fragen Antwort gab. Sie war nicht ihre leibliche Tante, sondern die älteste und vor allem einzige Freundin ihrer Mutter. Jeden Sommer hatten sie Pauline in ihrem Haus in Venedig besucht, und auch später als Erwachsene, war Adele immer wieder zu ihr gefahren. Doch in den letzten Jahren war der Kontakt abgerissen. Adele hatte einfach zu viel zu tun, Margareta konnte nicht mehr verreisen, und Pauline hatte es stets abgelehnt, nach Wien zu kommen. Während Adele mit dem Teller auf dem Bauch in die Sofakissen gelehnt saß, Spaghetti wickelte und mit einem Auge in den Fernseher sah, versuchte sie, sich an ihre letzte Reise zu erinnern. Pauline hatte sie zur Eröffnung der Biennale eingeladen, und sie waren miteinander durch die Giardini von einem Pavillon zum anderen gewandert. Pauline kannte sich mit moderner Kunst aus und erklärte Adele vieles, das ihr von allein nicht aufgefallen wäre. Es waren herrliche Tage gewesen, prall gefüllt mit Genuss und Freude. Joseph hatte Pauline auch sehr geschätzt, aber damals war er nicht dabei gewesen, sie erinnerte sich nicht mehr, warum. Nur dass es das Ende einer schönen Zeit gewesen war. Bald darauf wurden sie krank, zuerst die ein Jahr ältere Pauline, dann Margareta, beide konnten sich immer schlechter bewegen. Adele verreiste nur mehr selten. Um acht Uhr abends, nach den Nachrichten, rief sie in Venedig an. Pauline hob nach dem ersten Läuten ab.

»Pronto?«

»Tante Pauline, wie geht es dir?«

Die Stimme klang schwach, wie geborsten, nur ihr Tonfall wie früher, Pauline, eine Frau, die wusste, was sie wollte. »Ich bitte dich zu kommen, gleich«, sagte sie.

»Nach Venedig? Aber ...«

»Ich muss hier einiges ordnen. Ich habe die zwei Bilder weggegeben. Aber da ist noch so vieles.«

Welche Bilder? Paulines ganzes Haus war voll davon.

»Das schaffe ich allein nicht.«

Adele konnte die Ordination nicht so einfach schließen, ihr Praxisterminkalender war die nächsten Wochen voll.

»Ich hätte nicht angerufen, wenn es nicht dringend wäre. Verstehst du das, carina?«

Wer sollte sich um die Patienten kümmern? Und dazu um ihre Mutter?

»Warum so plötzlich? Ist etwas passiert?«

Pauline stieß ein Schnauben aus. »Das Alter, das ist passiert. Diese Burg, in der ich hause, ist nichts für eine klapprige Greisin. Ich werde mir auf diesen Stiegen die Haxen brechen oder gar den Hals. Ich muss hier weg!«

Adele wollte widersprechen, doch sie kam nicht zu Wort. »Ich gebe das Haus auf, das habe ich schon entschieden. Nur die Details, da stecken die Widerhaken. Ich besitze zu viel, ja, das klingt komisch, ist aber so. Ich kann es dir nicht am Telefon erklären.«

Was meinte sie? Adele sah sie vor sich in ihrem Palazzo, umgeben von ihren Schätzen. Unter ihren Fenstern der Campiello del Sol, der hübsche stille Platz mit dem Marmorbrunnen, der Hinterausgang auf den schmalen Kanal, wo ihr Boot lag. Zu viel Besitz. Adele musste lächeln.

»Du lachst, Dilly, du kommst. Du musst kommen, und dann erfährst du die ganze Geschichte. Es ist unglaublich, ich sollte einen Roman darüber schreiben.«

Ô±

Der Flug von Wien nach Venedig dauerte nur eine Stunde. Adele hatte das erste Flugzeug genommen, das sie bekommen konnte, bevor sie oder ihre Mutter es sich überlegten. Margareta hatte überraschend reagiert, sie geradezu bestärkt. »Du musst fahren. Es tut mir so leid, dass ich nicht dabei sein kann. Wie gern würde ich sie wiedersehen.« Sie gab ihr ein Medaillon mit einem Bild darin, es war ein Foto von Pauline und Margareta aus ihrer Kinderzeit. »Sie hat es mir geschenkt, als sie wegging. Und jetzt gebe ich es ihr zurück, damit sie wiederkommt.« Ihre Worte klangen beunruhigend, denn Margareta war niemals sentimental, doch Adele ließ sich auf kein Gespräch dazu ein, sie war froh, dass ihre Mutter nicht Schwierigkeiten machte wie sonst. Sie versprach auch, nicht mit Mirza zu streiten, ihre Medikamente zu nehmen und genug zu trinken. Adeles Assistentin Julia bekam den Auftrag, die Ordination zu hüten, die Patienten mit neuen Terminen, wenn nötig mit Schmerzmitteln zu versorgen und kleinere Arbeiten wie Zahnsteinentfernung oder Röntgen selbstständig zu erledigen. Danach war nur mehr Zeit zu packen und ein Taxi zum Flughafen zu bestellen. Adele fühlte sich wie aus einem Gefängnis befreit. Warum, fragte sie sich, hatte sie sich vom Alltag, von ihrer Arbeit und allen anderen Pflichten verschlingen lassen und es nicht einmal bemerkt? Sie nahm den Flughafenbus zur Piazzale Roma, wo sie sich in die Trolleys ziehende Menge, die sich Richtung Vaporettostation bewegte, einreihte, und stieg in die Linie 1. Venedig sah wie frisch gewaschen aus. Der Canal Grande leuchtete aquamarinblau, perlweiß schimmerten die Marmorfassaden, auf den Wassern schaukelten die Gondeln in ihrem prunkvollen Schwarz und der roten Polsterung. Die Postkartenschönheit Venedig sah in Wirklichkeit noch schöner aus als jedes Bild von ihr. Seit Adeles letztem Besuch waren einige Jahre ins Land gegangen. Die Vaporetto-Tickets wurden inzwischen elektronisch entwertet, die verfallenen Schönheiten am Kanal langsam eine nach der anderen renoviert. Es sah nicht nur ordentlicher aus, es war tatsächlich sauberer, von dem Modergeruch der schmalen Seitenkanäle spürte man nichts mehr. Auch sie selbst, nicht mehr dieselbe. Seit ihre Mutter krank geworden war, hatte sie Wien meist nur zu beruflichen Reisen verlassen, nicht zum Vergnügen.

Das Vaporetto legte bei der Station Rialto-Mercato an. Auf der Rialtobrücke standen die Touristen dicht gedrängt, mit ihren Fotoapparaten, Tablets und Videokameras mehr beschäftigt als mit dem Schauen. Venedig war immer ein beliebtes Reiseziel gewesen, doch solche Menschenansammlungen hatte sie noch nie vorher gesehen. Wer den Canal Grande trockenen Fußes überqueren wollte, musste über die Rialtobrücke und sich zwischen den Touristen durchzwängen. Sie stieg bei der Haltestelle San Silvestro aus und passierte den schmalen Portego zum Campo San Silvestro. Das von den Zeitläufen verwaschene und halb abgeblätterte Fresko über dem Torbogen war unverändert.

»Niemand kann sich um so viel Kunst kümmern«, hatte Pauline einmal festgestellt, oder war das Joseph gewesen, bei seiner letzten Reise mit ihr? Sie schob den Gedanken rasch wieder fort. Vor der Fassade der Kirche San Silvestro blähten sich die grünen Netze vor dem Baugerüst im Wind. Die Glocken begannen zu läuten, während sie über den Platz ging, abbog, kurz den Touristentrampelpfad querte und den Campiello erreichte. Auch hier stand sie vor einer Baustelle. Auf der anderen Seite, hinter dem...

mehr

Autor

Susanne Ayoub, 1956 in Bagdad geboren, lebt heute in Wien. Sie studierte Theaterwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte und arbeitet als Autorin und Regisseurin für Radio und Film. Ayoub schreibt Drehbücher, Hörspiele und Theaterstücke, sie veröffentlichte bisher fünf Romane sowie mehrere Gedichtbände. Ihr Kriminalroman "Engelsgift" wurde ein internationaler Erfolg. Neben ihrer schriftstellerischen und journalistischen Tätigkeit ist sie Filmemacherin. Für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Preise.
Mehr Informationen zur Autorin unter: www.susanneayoub.at