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E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
200 Seiten
Deutsch
Omnino Verlagerschienen am29.11.20221. Aufl
Ein Pastor im Salzgittergebiet an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze nach der Wende, Enttäuschungen und Morde: Das ist der 4. Krimi des Theologieprofs Hans-Martin Gutmann, der nun erscheint und deutsch-deutschen Befindlichkeiten nachspürt bis das Blut fließt. Vor Ort, eine der üblichen Szenen im Dorf: 'Ich möchte nicht wissen, wie viel das Geburtstagskind dem Moderator dafür gezahlt hat, dass der im lockeren Plauderton seine Lebens- und Erfolgsgeschichte aufblättert: fünfunddreißig Millionen Lottogewinn!' Alle sollten es nochmal wissen. Begeistertes Klatschen im Saal. Die Herren genehmigen sich noch einen. Der Cognac ist teuer und, zugegebenermaßen, sehr gut. Die Damen bleiben bei Champagner. Was hier als feuchtfröhliche Geburtstagsparty eines dörflichen 'Finanzgenies' beginnt, entwickelt sich schnell zum tödlichen Drama. Verbrechen. Zerstörung zahlreicher Existenzen westlich wie östlich des alten 'antifaschistischen Schutzwalls'. Ein Jahr nach dem Aufbruch in die Freiheit vom November 1989 sind allzu viele Hoffnungen zerstört. Dorfpastor Lukas Bentorff gerät in ein Gestrüpp aus Gier, Habsucht und Mord. Hass und Enttäuschung beherrschen das Feld. Lukas Bentorffs vierter Fall.

Hans-Martin Gutmann, in den fünfziger Jahren in einem Dorf im Vorharz aufgewachen, bis 2017 Theologieprofessor und Universitätsprediger in Hamburg, lebt als Schriftsteller und Jazzmusiker mit seiner Familie in Eimsbüttel.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextEin Pastor im Salzgittergebiet an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze nach der Wende, Enttäuschungen und Morde: Das ist der 4. Krimi des Theologieprofs Hans-Martin Gutmann, der nun erscheint und deutsch-deutschen Befindlichkeiten nachspürt bis das Blut fließt. Vor Ort, eine der üblichen Szenen im Dorf: 'Ich möchte nicht wissen, wie viel das Geburtstagskind dem Moderator dafür gezahlt hat, dass der im lockeren Plauderton seine Lebens- und Erfolgsgeschichte aufblättert: fünfunddreißig Millionen Lottogewinn!' Alle sollten es nochmal wissen. Begeistertes Klatschen im Saal. Die Herren genehmigen sich noch einen. Der Cognac ist teuer und, zugegebenermaßen, sehr gut. Die Damen bleiben bei Champagner. Was hier als feuchtfröhliche Geburtstagsparty eines dörflichen 'Finanzgenies' beginnt, entwickelt sich schnell zum tödlichen Drama. Verbrechen. Zerstörung zahlreicher Existenzen westlich wie östlich des alten 'antifaschistischen Schutzwalls'. Ein Jahr nach dem Aufbruch in die Freiheit vom November 1989 sind allzu viele Hoffnungen zerstört. Dorfpastor Lukas Bentorff gerät in ein Gestrüpp aus Gier, Habsucht und Mord. Hass und Enttäuschung beherrschen das Feld. Lukas Bentorffs vierter Fall.

Hans-Martin Gutmann, in den fünfziger Jahren in einem Dorf im Vorharz aufgewachen, bis 2017 Theologieprofessor und Universitätsprediger in Hamburg, lebt als Schriftsteller und Jazzmusiker mit seiner Familie in Eimsbüttel.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783958942233
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum29.11.2022
Auflage1. Aufl
Seiten200 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.10294254
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Und, Ulf, wann hast du deine erste Million gemacht?

Gefeixe im Saal. Café Lyon. Salzgitter Lebenstedt. Eigentlich eine Disco, jetzt festlich hergerichtet. Der Wirt, Werner Sagemann, hat mit seinen Leuten die Billardtische rausgetragen, die hier sonst eifrig frequentiert werden. Es gibt eine Bühne; im Café Lyon finden des Öfteren Jazz- oder Rockkonzerte statt. Das ist für diesen Abend von Vorteil. Heute sind bestimmt hundert Leute zu Gast. In Feierlaune. Edel gewandet. Die Damen tief dekolletiert, Klunker, hohe Absätze. Die Herren zumeist im Smoking.

Viele sind angeschickert. Die Party läuft bereits seit drei Stunden, als Fernsehmoderator Max Schautzer ( Pleiten, Pech und Pannen ) das strahlende Geburtstagskind mit dieser Frage überrascht.

Ulf Wolkenstein. Wohnhaft in Klein Samtleben. Auf einem Anwesen außerhalb des Dorfes. Anwesen ist der angemessene Ausdruck. Für mein Gefühl etwas protzig. Über Geschmack lässt sich streiten. Ulf Wolkenstein gehört zu meiner Gemeinde, zumindest offiziell. Ich bin dringlich eingeladen, den Fünfundsechzigsten des Jubilars mit meiner Anwesenheit zu beehren , wie es im golddurchwirkten Einladungsschreiben heißt.

Ich komme mir völlig underdressed vor in meinem schwarzen Dienstanzug. Immerhin habe ich mich entschieden, das Collarhemd mit dem weißen Stehkragen anzuziehen. Damit sehe ich halbwegs passabel aus. Ich schätze, viele hier halten mich für katholisch oder für aristokratisch. Oder für ein wenig seltsam. Oder alles zusammen.

Ich möchte nicht wissen, wie viel das Geburtstagskind dem Herrn Moderator dafür gezahlt hat, dass der im lockeren Plauderton seine Lebens- und Erfolgsgeschichte gesprächsweise für alle aufblättert. Auf diese Weise hat er sich auf jeden Fall davon freigekauft, als Stimmungskanone aufzutreten.

Auswendig gelernt hat der Pleiten Pech und Pannen -Star die Erfolgsserie des Geburtstagskindes allerdings nicht. Er liest seine Fragen Punkt für Punkt von einem Spickzettel ab.

Und die fünfunddreißig Millionen Lottogewinn?

Begeistertes Klatschen im Saal. Die Herren genehmigen sich noch einen. Der Cognac ist teuer und, zugegebenermaßen, lecker. Die Damen bleiben bei Champagner.

Kurze Pause in der Lebensgeschichten-Präsentation. Die Band spielt.

Die ist übrigens wirklich nicht schlecht, die Musiker spielen engagiert, die Sängerin ist super. Jetzt locken sie einige von den betuchten Herrschaften zu wahrhaften Verrenkungen auf der Tanzfläche. It`s Raining Men von den Wheather Girls. Das haut richtig rein. Dann Voulez-Vous Coucher Avec Moi von Lady Marmelade und Upside Down von Diana Ross. Die Musiker können wirklich was. Besonders die Sängerin. Lange rote Haare, knappsitzendes, sehr kurzes schwarzes Kleid, Lederstiefel. Und eine Stimme wie Janis Joplin in ihren besten Zeiten.

Mich juckt es auch in den Beinen. Schon lange nicht mehr getanzt.

Ich lasse es. Ich hab´ mehr Lust auf das begonnene Gespräch mit meinen Tischnachbarn. Auf jeden Fall so lange, wie ich noch geradeaus denken kann.

Ich habe mich schon vor zwei Stunden entschieden, meinen Mercedes 180 Baujahr 1955 stehen zu lassen und mich mit dem Taxi ins Pfarrhaus zurückbringen zu lassen. Ohne Alkohol überstehe ich diese Party nicht. Und das Auto liegt mir am Herzen. Ich will es nicht auf eine Verkehrskontrolle mit Alkoholspiegel-Überprüfung ankommen lassen.

Meine drei Engel - unsere Gemeindesekretärin Marga Kleinschmidt, unsere Raumpflegerin Sabine Weimer und unsere betagte Rechnungsführerin Elisabeth Bothe - haben mir nach dem traurigen Hinscheiden meines 2CV, meiner geliebten Ente , vor ein paar Wochen dieses grandiose Auto überlassen. Also offiziell geliehen . Ohne dass ich dieses stolze Gefährt irgendwann zurückgeben muss. Seitdem habe ich seine Restauration Stück für Stück begleitet. Ich war fast jeden Tag irgendwann mal in dieser Schrauberwerkstatt in Klein Samtleben. Richtig nette Jungs. Wirklich kompetent. Jedenfalls halte ich mich noch strikter daran, keinen Tropfen zu trinken, wenn ich mich ans Steuer setzen will. Es wäre zu schade, wenn ich mit dieser schmucken Kiste einen Unfall bauen würde. Oder die Fahrerlaubnis loswürde.

Heute Abend habe ich heftig getankt. Nicht nur weil Rotwein und Cognac exquisit sind. Das sind sie wirklich. Auch, weil ich sonst diese Situation nicht aushalten würde. Ein dörfliches Schützenfest ist nichts dagegen. Karneval erst recht nicht.

Es ist nicht nur die aufgeblasene Selbstinszenierung des Jubilars. Auch ohne Präsentation durch den Fernsehstar wäre das wahrscheinlich schlecht auszuhalten. Es ist die Gesamtsituation.

Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden.

Filmzitat, ich weiß. Seitdem ich diesen wunderbaren Film gesehen habe - Ein Fisch namens Wanda - gehen mir die zentralen Zitate nicht mehr aus dem Kopf. Originalton Wanda, gerichtet an diesen von Kevin Kline gespielten größenwahnsinnigen US-amerikanischen Dummkopf ( Nenn mich nicht dämlich - Ich hatte schon Pullover, die waren intelligenter als du ): Wir müssen mal einige Dinge klarstellen. Aristoteles war kein Belgier. Die Hauptbotschaft des Buddhismus lautet nicht: Jeder kämpft für sich selbst. Und die Londoner Untergrundbahn ist keine politische Bewegung.

Irre komisch.

Ich schweife ab. Liegt auch an der Gesamtsituation. Ungemütlich wäre glatt untertrieben. Ich habe mich vom ersten Moment an entschlossen, hier Distanz zu wahren. Milieustudien zu betreiben. Das ist eine andere Welt als meine Dörfer Groß und Klein Samtleben. Auch eine andere Welt als meine Universitätsstadt Göttingen. Mein Eindruck: Die Leute sind nicht hier, um zu feiern. Die sind hier, um zu zeigen, wie toll sie sind.

Wie viel Geld sie haben.

Genauer: Wie viel Geld sie ausgeben können.

Sei nicht eingebildet!

Ich rufe mich zur Ordnung. Versuche, mich zusammenzureißen.

An meinem Tisch sind die Menschen doch sehr unterschiedlich. Klar, es sind jede Menge Großkopferte darunter. Mir gegenüber sitzen - aufgetakelt und mittlerweile leidlich betrunken - Herr und Frau Soundso. Er ist einer der Chefs in irgendeiner Abteilung der Salzgitter AG. Neben ihm der Oberbürgermeister von Braunschweig nebst Gattin. Und auf der anderen Seite mir gegenüber ein Schauspieler aus dem Braunschweiger Staatstheater, heute solo, dessen Gesicht mir aus irgendeiner Aufführung vertraut ist. Ich kann mich bloß nicht mehr erinnern, aus welcher.

Sein Name will mir auch nicht einfallen.

Rechts neben mir sitzen sympathische Leute. Ich komme mit der Frau ins Gespräch. Irmhild Förster, mein Name. Sie können Irmi zu mir sagen. Lukas Bentorff, sehr angenehm. Ich habe gehört, Sie sind der Pastor? Ich weiß aus vielen ähnlichen Situationen, was jetzt kommt. Irmhild Förster entschuldigt sich, dass sie nicht öfter zur Kirche kommt. Auch zu Weihnachten hat sie es in den letzten zehn Jahren nur zweimal geschafft. Deshalb haben wir Sie noch gar nicht von Angesicht gesehen. Aber viel Gutes gehört ... Sie zögert. Oder darf ich du zu dir sagen? Gerne. Ihr Mann, er hat sich als Waldemar vorgestellt, springt ein: Wir haben gar nichts gegen die Kirche. Sie machen ja ganz vernünftige Dinge. Für die Kranken da sein. Und Menschen würdevoll unter die Erde bringen.

Ich lasse das so stehen. Mich interessiert etwas anderes. Wie kommt es, dass ihr zu dieser Feier eingeladen seid?

Das war nichts. Die Temperatur sinkt um einige Grade. Ich meine: Seid ihr mit dem Gastgeber befreundet? Gehört ihr zur Familie?

Ach was. Die beiden müssen lachen. Das ist sonst überhaupt nicht unsere Welt. Die Klamotten haben wir uns aus dem Theaterfundus in Braunschweig ausgeliehen. Jetzt können sich die beiden kaum noch beherrschen vor Lachen. Dann werden sie plötzlich ernst. Nein. Wir sind hier aus dem gleichen Grund wie wahrscheinlich alle in diesem Raum. Wir haben Geld investiert in Projekte von Ulf Wolkenstein. Du etwa nicht?

Ich bin erstaunt. Damit hätte ich nicht gerechnet. Nein. Was für Projekte?

Na, Bauprojekte. Du kennst doch das Zehnfamilienhaus Ecke Söhlekamp und Günne?

Na klar kenne ich das. Passt in die dörfliche Architektur von Klein Samtleben wie eine Flasche Whisky auf ein Radieschenbeet.

Wir kennen den Ulf ja schon von Kindesbeinen an. Er ist so erfolgreich. Und wir können ihm trauen. Weil wir ihn halt kennen. Er ist eigentlich einer von uns. Und als er uns gefragt hat, ob wir Geld überhaben für ein Investment in der DDR, die ist ja bald unser eigenes Land, da haben wir nicht lange gezögert ...

Das interessiert mich jetzt wirklich. Wo denn in der DDR?

Na, in Quedlinburg. Im Ostharz. Weiß ich. Ich komme aus der Gegend von Goslar. Na, dann brauche ich dir ja nichts zu erklären. So eine schöne mittelalterliche Stadt. Und...
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