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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
222 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am29.11.20221. Auflage
Seite 22, Zeile 22 ist ein Schreibprojekt. Die beiden Autorinnen wählten nach dem Zufallsprinzip 22 Zitate aus 22 Büchern und schrieben zu jedem Zitat einen Text. Sie wussten bis zum Ende nicht, was die andere jeweils geschrieben hat. In diesem Band präsentieren sie ihre Ergebnisse. Die Leser können nun zwei Reisen in ganz unterschiedliche Welten antreten, die beide aus demselben Ausgangspunkt entstanden sind.

Janina ist die jüngere von beiden. Sie hat einen Hochschulabschluss in Literaturwissenschaft und Philosophie und arbeitet heute als Texterin und Korrektorin.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR6,99

Produkt

KlappentextSeite 22, Zeile 22 ist ein Schreibprojekt. Die beiden Autorinnen wählten nach dem Zufallsprinzip 22 Zitate aus 22 Büchern und schrieben zu jedem Zitat einen Text. Sie wussten bis zum Ende nicht, was die andere jeweils geschrieben hat. In diesem Band präsentieren sie ihre Ergebnisse. Die Leser können nun zwei Reisen in ganz unterschiedliche Welten antreten, die beide aus demselben Ausgangspunkt entstanden sind.

Janina ist die jüngere von beiden. Sie hat einen Hochschulabschluss in Literaturwissenschaft und Philosophie und arbeitet heute als Texterin und Korrektorin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783756826933
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum29.11.2022
Auflage1. Auflage
Seiten222 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.10356903
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. Kapitel: Friedas Besuch
Carla hatte ihren Kopf tief über das Heft gebeugt. Ab und an hob sie ihren Blick. Warum musste sie diese blöden Hausaufgaben machen? Sie hasste Englisch. Mathe und Physik waren ihre Lieblingsfächer. Aber Englisch? Begriffen die Erwachsenen einfach nicht, dass sie für Fremdsprachen null Begabung hatte? Diese blöden Argumente: Was immer du mal beruflich machen willst, an Englisch kommst du nicht vorbei! Deswegen hatte ihre Mutter sie auch zu diesem Spezialkurs verdonnert. In sechs Jahren hätte sie es endlich hinter sich. In Mathe brachte sie nur beste Noten heim, das machte richtig Spaß. Über einer schwierigen Aufgabe konnte sie einen ganzen Nachmittag sitzen, das wurde nie langweilig. Aber Englisch? Mehr als fünf Minuten waren schon eine Qual.

Tante Frieda saß auf der Veranda, Carla konnte aus dem Fenster ihre Füße auf der Liege sehen. Vorhin war ihr die Illustrierte aus der Hand gerutscht, da musste Carla lachen - eingeschlafen, ganz klar. Ihre Mutter schickte Carla, seitdem sie aufs Gymnasium ging, nachmittags immer zu Tante Frieda. Ein Abkommen, mit dem alle drei zufrieden waren. Tante Frieda war total süß, und Carla war es wichtig, dass ihre Mutter sich nicht neben der anstrengenden Arbeit auch noch darum sorgen musste, ob sie jetzt ihre Schularbeiten ordentlich machte oder nicht. Helfen konnten ihr beide jetzt nicht mehr. Der Stoff war ihnen zu fremd. Tante Frieda hatte eh nur einen Realschulabschluss.

Heute war ein aufregender Tag. Irgend so ein Verwandter von Friedas totem Ehemann wollte zu Besuch kommen. Sie und dieser Besucher hatten sich wohl nicht so gut leiden können, aber Tante Frieda hatte gesagt, der Typ hätte kaum Verwandte und wollte mal schauen, was er in diese Richtung noch mobilisieren könne. Vermutlich wolle er sich einschleimen, um was zu erben. Da hatte Carla gelacht. Es war lustig, auf welch irrwitzige Ideen ihre Tante manchmal kam. Seit vielen Jahren kümmerte Frieda sich um Carla und ihre Mutter Orlanda. Warum? Ihre Mutter wusste es angeblich auch nicht. Und ihr Vater? Carla schaute auf den Strand, wo sie häufig Familien beobachtete, die gemeinsam ihren Urlaub verbrachten. Einen Vater hatte sie nicht. Na, das ist halt modern.

Hoffentlich erwartete dieser Besuch nicht, dass sie ihn Onkel Philipp nannte. Das war so dermaßen von gestern! Vielleicht konnte er Englisch und ihr bei der schrecklichen Aufgabe helfen. Die neue Englischlehrerin hatte einen langen Vortrag darüber gehalten, dass man Vokabeln angeblich viel besser im Kontext lernt als Wort für Wort. Da war diese Lehrerin Carla gleich unsympathisch. Vokabeln lernen konnte sie nämlich. Das ging prima gezielt für die nächste Klassenarbeit. Und dann diese Aufgabe heute:


Mache dir die Bedeutung des Verbs to subvert anhand der folgenden vier Beispiele klar. Dann erstelle selbst zu jedem Beispiel einen eigenen Satz.


Wenn sie die Sätze verstehen würde ... Erst einmal suchte sie im Internet nach Übersetzungen.


(1) This way, no devices or setuid programs on the NFS server can subvert security measures on the NFS client: Mit diesen Optionen können keine Geräte oder setuid Programme auf dem NFS Server Sicherheitsmaßnahmen auf dem NFS Klient untergraben.

(2) ... and put an end to its obsession with arresting, punishing and convicting Chinese men and women accused of an offence as difficult to justify as incitement to subvert state power: ... und Schluss machen mit der Obsession, chinesische Männer und Frauen zu verhaften, zu bestrafen und zu verurteilen, die einer schwer zu begründenden Straftat wie der Anstiftung zur Untergrabung der Staatsmacht bezichtigt werden.

(3) But wasn t it Hope who had done the subverting for him - by doing the leaving?1: Aber war es nicht die Hoffnung, die ihn unterwandert hatte?

(4) ... this is a cliche that Com&Com nourishes by continually presenting themselves in new roles, while simultaneously subverting the seriousness and moral valuation of the topos, eventually leading to statements that completely debunk it: ... ist ein Klischee, dem Com&Com eifrig Nahrung gibt, indem sie sich unablässig in neuen Rollen inszenieren, um die Ernsthaftigkeit und moralische Wertung des Topos gleichzeitig zu unterwandern und nicht zuletzt zur genau gegenteiligen Aussage zu führen.


Um kurz vor drei Uhr quälte sich Tante Frieda von ihrem Sonnenstuhl hoch und rief: Carla, komm, wir wollen den Tisch für den Besuch decken.

Nur zu gern ließ Carla den Stift fallen. Auch wenn ihre Tante ständig über diesen Philipp meckerte, wollte sie ihn wohl doch beeindrucken. Warum sonst hätte sie sich in ihre Sonntagsklamotten geworfen und Carla gebeten, sich was Nettes anzuziehen. Was Tanten so nett finden ... Sie hatten sich schließlich auf eine gut erhaltene Jeans und ein T-Shirt ohne Aufdruck wie Fuck your teachers einigen können.

Orlanda arbeitete bei einer Cateringfirma, die vor allem für gehobene Ansprüche bestellt wurde. Deshalb war sie geübt bei der Gestaltung von Tischdekoration, was sich ihre Tochter eifrig abgeguckt hatte. Während Tante Frieda die beiden Kuchen in der Küche vorschnitt, nahm Carla das gute Kaffeeservice aus dem Wohnzimmerschrank, faltete Schwäne aus den Servietten und füllte zwei kleine Vasen mit Wildblumen aus dem Garten.

Derweil versuchte Carla, die Tante erneut nach dem geheimnisvollen Philipp auszufragen. Die Antworten waren wie stets recht einsilbig: Alter so Mitte oder Ende zwanzig, ihres Wissens unverheiratet, Beruf keine Ahnung. Als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, studierte er. Ja, was war das noch? Geschichte oder Anglistik, oder war s BWL? Chemie sicher nicht. Aber ein oder zwei Semester hatte er in England verbracht. Aha , dachte Carla. Wenn er nicht ganz scheußlich wäre, würde er ihr sicher gern bei den Hausarbeiten helfen.

Carla rechnete sich den Altersunterschied aus. Sie checkte derzeit alle jungen Männer auf Heiratsfähigkeit. Also, der Unterschied zwischen ihr und diesem Philipp war schon sehr groß. So ein alter Mann. Wenn sie mündig wäre, dann wäre er etwa Anfang dreißig. Mit ein bisschen Glück dennoch ganz passabel. Und wenn er noch älter würde, könnte sie ihn ja wieder verlassen und mit dem aus der Scheidung gewonnen Geld eine Karriere als Schauspielerin beginnen. Oder während der Ehe Architektur studieren und mit dem Geld ein eigenes Büro eröffnen.

Die Markise warf einen angenehmen Schatten auf den gedeckten Tisch, die Kuchen standen in der Mitte.

Carla überlegte laut: Sollten wir nicht lieber warten, bis der Besuch da ist? Nachher wird der Kuchen noch warm und zerfließt in der Hitze. - Wer nicht pünktlich kommt, muss eben Matschkuchen essen , war Friedas kurze Antwort.

Carla kicherte. Das war so typisch! Der gedeckte Apfelkuchen würde sicher keinen Schaden nehmen, aber so eine Buttercremetorte vielleicht, selbst wenn sie auf einem Kühlaggregat stand.

Um halb vier schaute Frieda auf ihre Armbanduhr, eine Funkuhr. Genau fünfzehn Uhr dreißig. Wo ist der junge Mann denn? Spätestens in einer Viertelstunde räumen wir ab!

Carla, die keine Buttercremetorte mochte, sah den Vorteil dieses Vorhabens: Wenn der Gast nichts vom Apfelkuchen essen würde, bliebe umso mehr für sie.

Nach weiteren fünf Minuten klingelte es. Da Tante Frieda etwas Mühe beim Aufstehen hatte, lief Carla flugs zur Tür und drückte auf den Knopf zur Entriegelung des Gartentörchens. Frieda, die ihr hinterhergekommen war, schob sie zur Seite, sodass das junge Mädchen nicht einmal mehr durch die Milchglasscheibe gucken konnte. Es klingelte erneut an der Haustür, und Frieda öffnete. Auf der Türschwelle stand ein junger Mann. Er lächelte und überreichte Frieda einen riesigen Blumenstrauß.

Carla war sprachlos. Das war ihr Traummann, keine Frage. Sie musste nachher unbedingt unauffällig auf seine Hand achten, um zu sehen, ob er verheiratet war. Philipp war mittelgroß mit sportlicher Figur, dunkelhaarig, sehr dunkelhaarig. Vermutlich hatte er daher ab Mittag stets einen dunklen Schatten auf den Wangen, träume sie. Als er Carla begrüßte, wären ihr fast die Knie weggesackt. Er sah sie direkt an, mit diesen wunderschönen smaragdgrünen Augen und lächelte. Gott, was für ein Lächeln, was für ein Händedruck! Und diese coolen Klamotten. Sie bemerkte, wie die Tante ihren Traumprinzen von oben bis unten musterte.

Tag, Philipp. Das ist Carla. Der Tisch ist gedeckt.

Carla hätte sich ausschütten können über diese knappen Ausführungen. Die Tante war definitiv keine Plaudertasche.

Philipp war neugierig, fragte aber nicht. Wer war diese Carla? Er konnte sich kaum vorstellen, dass die schroffe Frieda aus lauter Gutherzigkeit ein Kind beaufsichtigen würde. Genauso gut, wie sie Walter nicht aus lauter Menschenfreundlichkeit erst gepflegt und dann geheiratet hatte.

Am Kaffeetisch lobte Philipp den Apfelkuchen. Aber die Buttercreme lehnte er dankend ab: Die ist...
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Janina ist die jüngere von beiden. Sie hat einen Hochschulabschluss in Literaturwissenschaft und Philosophie und arbeitet heute als Texterin und Korrektorin.