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Die Welt, die ihr nicht mehr versteht

E-BookEPUBDRM AdobeE-Book
160 Seiten
Deutsch
edition aerschienen am12.10.2019
Ein Buch u?ber die Welt von morgen, die schon da ist, und daru?ber, was junge High Potentials u?ber sie wissen, das wir nicht wissen. Der Schu?ler-Lobbyist und digitale Unternehmer Samuel Koch ra?umt mit Missversta?ndnissen u?ber Beschleunigung, Fortschritt und Privatspha?re auf, entwirft eine Schule fu?r Lehrer, an der Schu?ler unterrichten und pra?sentiert eine optimistische digitale Utopie.

Samuel Koch, 25, gründete nach einem Informatik-Studium ein Software-Unternehmen, das Unternehmen und deren Mitarbeitern digitale Kompetenzen vermittelt. 2017 rief er mit einem Partner die Startup Challenge Austria ins Leben, die jungen Menschen das Unternehmertum näherbringt. Derzeit arbeitet er an der Entwicklung einer eigenen Universität.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR20,00
E-BookEPUBDRM AdobeE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextEin Buch u?ber die Welt von morgen, die schon da ist, und daru?ber, was junge High Potentials u?ber sie wissen, das wir nicht wissen. Der Schu?ler-Lobbyist und digitale Unternehmer Samuel Koch ra?umt mit Missversta?ndnissen u?ber Beschleunigung, Fortschritt und Privatspha?re auf, entwirft eine Schule fu?r Lehrer, an der Schu?ler unterrichten und pra?sentiert eine optimistische digitale Utopie.

Samuel Koch, 25, gründete nach einem Informatik-Studium ein Software-Unternehmen, das Unternehmen und deren Mitarbeitern digitale Kompetenzen vermittelt. 2017 rief er mit einem Partner die Startup Challenge Austria ins Leben, die jungen Menschen das Unternehmertum näherbringt. Derzeit arbeitet er an der Entwicklung einer eigenen Universität.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783990013625
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisDRM Adobe
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum12.10.2019
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3519 Kbytes
Artikel-Nr.10452998
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
BESCHLEUNIGUNG

Ich war vor kurzem bei einem Business-Frühstück im Marmorsaal des österreichischen Wirtschaftsministeriums am Wiener Stubenring. Einer der anwesenden Manager, ein stämmiger Mann um die fünfzig mit dunkelblauem Anzug und bunter Krawatte, stand auf, schlug mit der Hand auf den Tisch und sagte: »Wir Alten, wir dürfen nicht glauben, dass wir einfach so weitermachen können wie immer, mit dieser Trägheit. Wir brauchen die Schnelligkeit der Startups und der jungen Leute. Schnelligkeit ist essenziell, um geschäftlich überleben zu können. Punkt.«

Die Wirtschaftsministerin beobachtete ihn mit der den Politikern eigenen, nie eindeutig interpretierbaren Form globaler Zustimmung. Einmal monatlich veranstaltete sie so ein meist einstündiges Frühstück. Sie lud dazu auch Unternehmer aus der Start-up-Szene wie mich ein, gemeinsam mit Unternehmern der Old Economy und Konzernmanagern. Sie leitete das Ganze ein, dann tauschte man sich aus, über Themen wie EU, Vereinfachung von Behördenwegen, Steuerfragen oder - wie dieses Mal - Digitalisierung.

Der Mann hielt nach seiner spontanen Wortmeldung inne, aber er war noch nicht fertig. »Wir müssen erkennen, dass die Beschleunigung nicht unser Feind ist, sondern unser Freund«, sagte er.

Neunzig Prozent der Anwesenden nickten verhalten zustimmend. So in dem Sinn: Ja stimmt, wir sollten vielleicht nicht nur einen Brandschutzbeauftragten in der Firma haben, sondern auch einen Beschleunigungsbeauftragten, demnächst bespreche ich das mit unserem Betriebsrat.

Ich selbst applaudierte innerlich und dachte: Nimm diesen Impuls und setze auch wirklich deinen Arsch in Bewegung, oder den von jemand anderem in deinem Unternehmen, der auch wirklich etwas zu sagen hat. Denn Tatsache ist, dass sich mit Langsamkeit keine Geschäfte mehr machen lassen, dass das dafür erforderliche Tempo wächst und dass dieser Prozess unumkehrbar ist. Doch besonders in der Old Economy scheint diese Erkenntnis, die schon so breitgetreten ist, dass sie wie eine altbekannte Phrase klingt, noch nicht wirklich angekommen zu sein.

Mir fällt das zum Beispiel bei meinen Reisen in die USA am Flughafen von San Franzisco auf. Da scheint es für jeden Handgriff einen eigenen Mitarbeiter zu geben. Wenn irgendwo jemand ein Papier liegenlässt, gibt es je einen Flughafenmitarbeiter, der den Weg dorthin findet, einen, der es aufhebt und einen, der den Weg zurück findet. Ich frage mich immer, mit welchen technischen Möglichkeiten sich dieser Prozess beschleunigen ließe und, wenn es noch keine gibt, warum der Flughafen nicht in sie investiert.

Bei einem Flughafen geht dieses Versäumnis vielleicht noch durch. Auch wenn die Manager börsenorientierter Flughafenkonzerne das wahrscheinlich anders empfinden, ist der Konkurrenzkampf unter ihnen noch vergleichsweise beschaulich. Flughafenkunden können nicht so leicht ausweichen. Da lassen sich im Sinne städtischer Beschäftigungsinteressen technische Fortschritte schon einmal hintanhalten.

In digitalen Wirtschaftszweigen, und in Zukunft werden alle Wirtschaftszweige digital sein, ist das undenkbar. Es gibt für alles zehn Angebote und wenn eines nicht gut genug ist, sind die digitalen Kunden beim nächsten und vergessen das erste, als hätte es nie existiert. Es gibt keine Monopole und keine Quasi-Monopole mehr, und wer glaubt, eines zu haben, hat es im nächsten Moment verloren.

In der digitalen Wirtschaft können Unternehmen ihre Kunden nicht mehr steuern und manipulieren wie in der analogen. Sie müssen stattdessen schnell sein beim Erkennen des Notwendigen, beim Ziehen der Konsequenzen, beim Denken und beim Handeln.

Es gibt keinen Millimeter Spielraum mehr und jeder noch so kleine Stillstand wird sofort zum Rückschritt. Eine Firma zu führen ist in der digitalen Wirtschaft ein Wettlauf am Puls der Zeit, und wer nicht daran teilnimmt, verstaubt unversehens, wird überrundet und darf dann von den guten alten Zeiten träumen.

Geschwindigkeit ist etwas, das digitale Kunden voraussetzen. Sie gehört zur Grundausstattung eines Unternehmens, mehr noch als in eurer Zeit ein Büro mit Sekretärin. Wer Erfolg hat, das machen sich die Schnellen untereinander aus, und dann erst geht es um alle anderen Bereiche wie Produktqualität, Design oder persönliche Interaktion.

Wobei auch in diesen Bereichen wieder Schnelligkeit zählt. Persönliche Interaktion zum Beispiel ist ein besonders heikler Bereich, bei dem digitale Kunden gut betreut sein wollen, wenn es darauf ankommt. Doch auch dieses Problem lässt sich bald technisch lösen.

In fünf Jahren wird es keine Callcenter mehr geben, wie wir sie heute kennen. Kunden werden ohne Wartezeiten mit künstlichen Intelligenzen telefonieren. Die werden sich anhören wie lebende Menschen und sie werden super informiert, super entspannt und super empathisch sein. Sie werden durch Analyse unserer Stimme erkennen, wie wir gerade drauf sind, und intelligent darauf reagieren.

Wer zu lange braucht, um diese Entwicklung zu erkennen, wer zu lange auf klassische Callcenter setzt, wird zurückbleiben. Denn sein Kundenservice wird teurer sein, was ihn bei der Preisgestaltung unter Druck bringt, und es wird zudem schlechter sein.

In Zukunft wird über Erfolg oder Misserfolg, über Auf- oder Abstieg ganzer Volkswirtschaften die Schnelligkeit ihrer Unternehmen entscheiden. Ich glaube, dass es dabei verschiedene nationale und regionale Kulturen gibt, und dass in Mitteleuropa, im Vergleich etwa zu Nordeuropa, den USA oder Asien, noch eine Kultur der Langsamkeit herrscht. Die großen mitteleuropäischen Konzerne müssten um so viel schneller sein, als es die meisten von ihnen derzeit sind, dass ich nur von einem Elefantensterben in den nächsten Jahren ausgehen kann, von einem Verpuffen der Kolosse.

Ich würde mit meinen Konferenzen Schwierigkeiten haben, wenn ich beim Recruiting der jungen Leute und der Vortragenden noch genauso vorgehen würde wie am Anfang vor drei Jahren. Aber ich kenne Konzerne von innen, die sich zwar nach außen modern geben, aber in ihrem Betriebsalltag noch arbeiten wie vor zwanzig Jahren und zum Beispiel Excel-Tabellen auf Papier verschicken.

Wenn ich bei ihnen angesichts der Forderungen nach mehr Geschwindigkeit dieses immer irgendwie leblose Nicken sehe, ist mein erster Gedanke: Die werden es nie schaffen, und um die Klein- und Mittelbetriebe steht es nicht besser. Unsere Volkswirtschaft wird untergehen, wenn nicht bald ein Wunder geschieht.

Wir finden Entschleunigung langweilig. Das fundamentale Problem besteht darin, dass die Beschleunigung eure Welt in Unordnung bringt, weshalb ihr euch ihretwegen lieber in kulturpessimistischen Abhandlungen ergeht, in einem großen Gejammer, als euch der Beschleunigung zu stellen. Ihr verweigert sie und bleibt damit als Gewohnheitstiere im Zoo der aussterbenden Arten zurück.

Ihr glaubt, das Glück liegt in der Entschleunigung, in der Langsamkeit, und dass ihr etwas tun müsst, damit alles wieder so langsam wird, wie es einmal war. Ihr hofft, dass jemand bremst. Aber wie? Wo ist eine Bremse?

Es ist gut, dass es keine gibt, denn Entschleunigung in eurem Sinn würde den Fortschritt verlangsamen. Sie würde uns und die nächsten Generationen um Chancen bringen. Zum Beispiel um die Chance, in Callcentern gleich dranzukommen und richtig gut behandelt zu werden. Oder um die Chance, mithilfe neuer Technologien schon bald Krankheiten verhindern und heilen zu können, die bisher das Schicksal der Betroffenen bestimmt haben. Oder um die Chance, mit neuen Umwelttechnologien die Schäden zu beheben, die ihr durch euren Raubbau an der Natur und eurem verantwortungslosen Umgang mit den Ressourcen dieses Planeten angerichtet habt.

»Ich habe nichts gegen Meditation, Yoga und Slow Food. Aber das sind Luxusphänomene. Die kann man zum Vergnügen betreiben, aber als politische Option finde ich das nicht mal diskussionswürdig«, sagte der österreichische Philosoph Armen Avanessian in einem Interview mit der Zeitschrift Brand 1 zum Thema Be- und Entschleunigung.

Wenn ihr zwischendurch eine Woche ohne Handy verbringen wollt, weil ihr das Gefühl habt, dass ihr euch bei dem hohen Tempo verliert, warum nicht. Aber wenn ihr tatsächlich sagt: »Ich will von all dem nichts wissen, ich ziehe mich in meine Hütte im Wald zurück, gehe fischen und wenn ich neue Schuhe brauche, kaufe ich sie von meinem Ersparten«, kann ich euch nur warnen. Überlegt euch das gut.

Ich weiß zwar nicht, was genau ihr im Wald zu finden hofft und will deshalb nicht darüber urteilen. Aber an dem, was jetzt auf diesem Planeten Dasein bedeutet, an dem Abenteuer seiner aktuellen Entwicklungen, geht ihr dann vorbei. Vielleicht verpasst ihr dann den Sinn eures Lebens auf der Suche danach.

Uns ist im Gegensatz zu euch klar, dass Leben nun einmal nichts Stabiles ist. Dass es ständig im Fluss ist. Dass Veränderung einfach passiert, dass sie zum Leben gehört wie das Rauschen zum Meer. Sie war schon immer da, sie hat sich schon immer exponentiell beschleunigt, und sie wird es auch in Zukunft tun. Wir stellen uns ihr und lernen dabei, sie zu beherrschen.

Es ist wie bei der Entdeckung des Feuers. Wären die Urmenschen immer weggerannt, wenn sie Feuer gesehen hätten, hätten sie nie gelernt, sich damit zu wärmen, damit zu kochen und es zu löschen. Das Feuer wäre ihr Feind geblieben und es wäre noch heute unser Feind. Doch die Menschheit hat gelernt, es zu kontrollieren und auf viele Arten Energie daraus zu gewinnen.

Klar, dass wir uns beim Umgang mit der Beschleunigung leichter tun als ihr. Wenn sich früher technische Revolutionen abgezeichnet haben, blieben sie immer bis zu einem gewissen Grad Science Fiction für...
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Autor

Samuel Koch, 25, gründete nach einem Informatik-Studium ein Software-Unternehmen, das Unternehmen und deren Mitarbeitern digitale Kompetenzen vermittelt. 2017 rief er mit einem Partner die Startup Challenge Austria ins Leben, die jungen Menschen das Unternehmertum näherbringt. Derzeit arbeitet er an der Entwicklung einer eigenen Universität.