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Stimmenvielfalt im Monolog

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
453 Seiten
Deutsch
Narr Francke Attempto Verlagerschienen am12.12.20221. Auflage
Redewiedergabe ist in Form von direkter oder indirekter Rede in unserem Alltag omnipräsent, auch von wissenschaftlicher Seite kann sie als umfassend beschrieben gelten. Die vorliegende Monographie stellt einerseits im deutschsprachigen Raum wenig rezipierte theoretische Modellierungen vor und nimmt andererseits Redewiedergabe speziell als Phänomen gesprochener Sprache in den Blick. Dabei werden prosodische, nonverbale und funktionale Charakteristika auf der Grundlage eines Korpus aus spanischen Stand-up-Acts, evangelikalen Predigten und wissenschaftlichen Vorträgen herausgearbeitet. Der Fokus auf das Spanische erlaubt es auch, bislang nur unzureichend untersuchte einzelsprachliche Besonderheiten wie die Verwendung von spanischen redekennzeichnenden Verben und Zitatmarkern sowie die Markierung von Redewiedergabe auf prosodischer Ebene zu analysieren.

PD Dr. Anke Grutschus ist Akademische Oberrätin für Romanische Sprachwissenschaft an der Universität Siegen.
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Produkt

KlappentextRedewiedergabe ist in Form von direkter oder indirekter Rede in unserem Alltag omnipräsent, auch von wissenschaftlicher Seite kann sie als umfassend beschrieben gelten. Die vorliegende Monographie stellt einerseits im deutschsprachigen Raum wenig rezipierte theoretische Modellierungen vor und nimmt andererseits Redewiedergabe speziell als Phänomen gesprochener Sprache in den Blick. Dabei werden prosodische, nonverbale und funktionale Charakteristika auf der Grundlage eines Korpus aus spanischen Stand-up-Acts, evangelikalen Predigten und wissenschaftlichen Vorträgen herausgearbeitet. Der Fokus auf das Spanische erlaubt es auch, bislang nur unzureichend untersuchte einzelsprachliche Besonderheiten wie die Verwendung von spanischen redekennzeichnenden Verben und Zitatmarkern sowie die Markierung von Redewiedergabe auf prosodischer Ebene zu analysieren.

PD Dr. Anke Grutschus ist Akademische Oberrätin für Romanische Sprachwissenschaft an der Universität Siegen.

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
0. Vorwort
1. Einleitung
2. Redewiedergabe im Forschungsüberblick
2.1 Zum Untersuchungsgegenstand: ein Problemaufriss
2.2 Redewiedergabe in Rhetoriken und Grammatiken
2.2.1 Redewiedergabe und antike Rhetorik
2.2.2 Redewiedergabe in der (spanischen) Grammatikographie
2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht
2.3.1 Redewiedergabe und linguistische Teildisziplinen
2.3.2 Sprachliche Reflexivität, Metasprache und Autonymie
2.3.3 Dialogizität und Polyphonie
2.3.4 Gesprächsanalytische und pragmatische Perspektiven
3. Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen
3.1 Typologie der Redewiedergabe
3.1.1 Kanonische Formen
3.1.2 Misch- und Hybridformen
3.1.3 Rand- und Grenzbereiche
3.1.4 Alternative Klassifizierungsmöglichkeiten
3.1.5 Redewiedergabe als Kontinuum
3.2 Sprachliche Markierung
3.2.1 Redekennzeichnung
3.2.2 Wiedergegebene Rede
3.2.3 Verknüpfungsfragen
3.3 Prosodische Markierung
3.3.1 (Typo)graphische Markierung vs. prosodische Markierung
3.3.2 Relevante Parameter
3.3.3 Unterschiedliche Grade prosodischer Markierung
3.3.4 Funktionen prosodischer Markierung
3.4 Nonverbale Ebene
3.5 Inhaltliche Ebene 115
3.6 Diasystematische Markierung
3.7 Funktionale Aspekte
3.7.1 Narrative Funktion
3.7.2 Evaluierende Funktion
3.7.3 Illustrierende Funktion
3.7.4 Argumentative Funktion
3.7.5 Weitere Funktionen
3.8 Zusammenfassung
4. Monologisches Sprechen
4.1 Charakteristika monologischer Kommunikationssituationen
4.2 Monologische Diskurstraditionen
4.2.1 Stand-up-Comedy
4.2.2 Predigten
4.2.3 Wissenschaftliche Vorträge
4.3 Mehrfachadressierung und mediale Verfasstheit der
Diskurstraditionen
5. Zum Korpus
5.1 Prinzipien der Korpuserstellung
5.2 Aufbereitung der Korpusdaten
5.3 Anmerkungen zur statistischen Auswertung
6. Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen
6.1 Verbale Ebene
6.1.1 Umfang der Redewiedergabe
6.1.2 Satztyp
6.1.3 Art der Redekennzeichnung
6.1.4 Position der Redekennzeichnung
6.1.5 Verknüpfung von R0 und R1
6.1.6 Redewiedergabe-Typ
6.1.7 Beginn der Redewiedergabe
6.1.8 Nicht berücksichtigte Parameter
6.2 Paraverbale Ebene
6.2.1 Pausen
6.2.2 Finale Dehnung
6.2.3 Tonhöhe
6.2.4 Zitatkonturen
6.2.5 Stimmqualität
6.2.6 Zusammenfassung
6.3 Pragmatische Ebene
6.3.1 Originaltreue
6.3.2 Spontaneität
6.3.3 Nonverbale Markierung
6.4 Inhaltliche Ebene
6.4.1 Faktizität
6.4.2 Identität S1
6.4.3 Einbettungsebene der Wiedergabe
6.5 Diasystematische Markierung
6.5.1 Methodologische Vorüberlegungen
6.5.2 Auswertung
6.6 Funktionale Aspekte
6.6.1 Methodologische Vorüberlegungen
6.6.2 Auswertung
6.7 Zwischenbilanz
6.7.1 Textsortenprofile
6.7.2 Direkte Rede, freie direkte Rede und indirekte Rede im
Spiegel authentischer Korpora
6.7.3 Prosodische und nonverbale Markierung im Lichte der Empirie
6.7.4 Se cierra el círculo: (un)geklärte Fragen
7. Ergebnisse und Perspektiven
8. Bibliographie
9. Anhang
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Leseprobe


2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht



2.3.1 Redewiedergabe und linguistische Teildisziplinen


Das zu Beginn des 20. Jh.s aufkommende wissenschaftliche Interesse an Fragen der Redewiedergabe war zunächst philologischer Natur, es galt Phänomenen der Redewiedergabe in literarischer Sprache, wie etwa dem style indirect libre (vgl. Bally 1912) oder ähnlichen Hybridformen. In den Fokus genuin sprachwissenschaftlichen Interesses rückte der Themenkomplex erst deutlich später mit den generativistisch geprägten Arbeiten von Ann Banfield (1973), die sich ebenfalls auf literarische Texte stützte. Banfield entwickelte in ihrer Pionierarbeit eine formale Theorie zur Beschreibung syntaktischer und semantischer Charakteristika unterschiedlicher Typen von Redewiedergabe und entwarf gleichzeitig ein semantisches Modell zur Analyse von Deiktika im Kontext von Redewiedergabe. Mit Banfields Arbeiten traten direkte und indirekte Rede aus dem Schatten der freien indirekten Rede und rückten ins Zentrum des sprachwissenschaftlichen Erkenntnisinteresses. In der Folge verlagerte sich die linguistische Auseinandersetzung mit dem Thema in weitere Teildisziplinen, deren Beitrag zur Redewiedergabeforschung wir an dieser Stelle kurz umreißen möchten. Einzelne Aspekte werden wir im Abschnitt zu den formalen und funktionalen Besonderheiten von Redewiedergabe (s. Kap. 3.) wieder aufgreifen.

In der Nachfolge der Arbeiten von Banfield konzentrieren sich syntaktisch perspektivierte Untersuchungen v. a. auf die Struktur eingebetteter Sätze, die Verwendung unterschiedlicher Tempora und Modi sowie auf die Valenz der redeeinleitenden Verben (vgl. Brendel/Meibauer/Steinbach 2007). Besonders häufig geht es dabei um Fragen der Subordination bzw. um den Grad der syntaktischen Integration von redeeinleitendem und redewiedergebendem Satz. In diesen Bereich fallen auch syntaktische Analysen von parenthetischen Einschüben redeeinleitender Verben. Im Unterschied zur syntaktisch mehr oder weniger transparenten Struktur von direkten oder indirekten Wiedergaben ist die Struktur parenthetischer Zitate nämlich besonders komplex, da der Einschub auf unterschiedliche Weise mit dem Matrixsatz interagieren kann (vgl. Brendel/Meibauer/Steinbach 2007, 11). Einen Sonderfall stellt in dieser Hinsicht auch der von Brendel/Meibauer/Steinbach (2007, 6) als reines Zitat eingestufte Typus dar, der mit Hilfe des Beispiels Diese Theorie ist schwer zu verstehen ist ein Satz illustriert wird und damit eine metasprachliche Verwendung der Originaläußerung Diese Theorie ist schwer zu verstehen darstellt. Die distributionelle Besonderheit reiner Zitate beschreibt Pafel (2007, 201) folgendermaßen: [Sie haben] nicht die Distribution von Nominalphrasen bzw. singulären Termen [â¦], sondern von Nomen [â¦], die alleine eine Nominalphrase bilden können.

Sprachtypologische Untersuchungen beschäftigen sich zunächst mit den morphosyntaktischen und lexikalischen Mitteln zur Markierung von Redewiedergabe, die in unterschiedlichen Sprachen existieren. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Frage, welche Formen von Redewiedergabe sich in verschiedenen Sprachen unterscheiden lassen. Weiterhin sind sowohl die historische Entwicklung verschiedener Formen von Redewiedergabe wie auch der Zusammenhang zwischen Redewiedergabe und Evidentialität (vgl. Haßler 2002) von besonderem Interesse.

Semantische Analysen des Phänomens Redewiedergabe konzentrieren sich einerseits auf die Untersuchung der Bedeutung der zur Redeeinleitung eingesetzten Verben. Andererseits kann der Fokus auch auf der wiedergegebenen Passage und dort insbesondere auf Fragen der Referenz liegen. Wiedergegebene Passagen zeichnen sich referenzsemantisch gesehen dadurch aus, dass sie ausschließlich auf sprachliche Referenten verweisen (s. Kap. 2.3.2.2). Aber auch die Referenz der im Rahmen einer Redewiedergabe verwendeten (deiktischen) Pronomina ist von besonderem Interesse, da sie sich - je nach Wiedergabetyp - zwischen Original- und wiedergegebener Äußerung verschieben kann.

Deiktika in der Redewiedergabe gehören zu den klassischen Schnittstellenphänomenen im Grenzbereich zwischen Semantik und Pragmatik. Brendel/Meibauer/Steinbach (2007) nennen als weitere übergreifende Aspekte einerseits modalisierende Zitate wie Lena sagte, die Theorie sei/ist schwer zu verstehen, die die Einstellung des (wiedergegebenen oder wiedergebenden) Sprechers zum Ausdruck bringen. Andererseits zählen dazu auch emphatisierende Zitate (bisweilen auch als Greengrocer s Quote/Gemüsehändler-Zitat bezeichnet, vgl. Meibauer 2007) wie Hier gibt es frischen Kaffee.

Für eine genuin pragmatische Betrachtung von Redewiedergabe spricht unter anderem, dass es sich hierbei nicht um ein einzelsprachliches, sondern vielmehr um ein universelles Phänomen handelt (vgl. Capone 2013). Im Rahmen pragmatischer Untersuchungen wird Redewiedergabe als kommunikative Handlung angesehen (vgl. Gülich 1978, Clark/Gerrig 1990), die auf der Grundlage der Sprechakttheorie betrachtet werden kann. Hierbei geht es mehrheitlich darum, neben weiteren Funktionen den illokutiven Wert wiedergegebener Äußerungen zu bestimmen, die Zugehörigkeit von Redewiedergabe zu bestimmten Sprechaktklassen zu klären, Glückensbedingungen zu formulieren oder indirekte und performative Realisierungsmöglichkeiten (z. B.: Hiermit sage ich, dassâ¦) zu erörtern (vgl. Brendel/Meibauer/Steinbach 2007). Besonders eingehende Überlegungen zur Redewiedergabe stellt Wilson (2000) im Kontext der Relevanztheorie an (s. Kap. 2.3.4.5).

Bislang kaum untersucht ist der Bereich der Graphematik, der sich mit der formalen Kennzeichnung von Redewiedergabe mit Hilfe von Anführungszeichen und anderer graphematischer Marker (vgl. Brendel/Meibauer/Steinbach 2007, 9) beschäftigt. Entsprechend existiert für medial mündlich realisierte Redewiedergabe eine Reihe von mimischen, gestischen und intonatorischen Mitteln, die das Vorliegen von Redewiedergabe anzeigen. Auch hierzu liegen bislang kaum systematische Untersuchungen vor.

Im Rahmen ebenfalls nur in bescheidenem Umfang vorliegender psycho- und neurolinguistischer Ansätze liegt der Schwerpunkt auf unterschiedlichen Aspekten, die für den Erwerb, die Produktion und die Verarbeitung von Redewiedergabe relevant sind. Entsprechende Untersuchungen


könnten uns Aufschluss darüber geben, ob es Unterschiede in der Verarbeitung von unterschiedlichen Arten von Zitaten gibt, die mit der Semantik/Pragmatik-Unterscheidung zusammenhängen, und ob die Zitatverarbeitung im Gehirn lokalisiert werden kann. (Brendel/Meibauer/Steinbach 2007, 14)


Schließlich existieren auch soziolinguistische Untersuchungen, die beispielsweise die Verwendung bestimmter Zitatmarker durch bestimmte Sprecher(-gruppen) analysieren. Hier liegen insbesondere Studien zum Englischen vor, die sich auf den Zitatmarker be + like konzentrieren.

Die nachfolgenden Abschnitte sind der Erarbeitung einer Theorie der Redewiedergabe gewidmet. Sie bieten zunächst einen Überblick über verschiedene Schulen der Betrachtung von Redewiedergabe, auf dessen Basis im Anschluss eine theoretische Grundlage für unsere Korpusuntersuchung erarbeitet werden soll. Angesichts der Tatsache, dass wir uns für Redewiedergabe in gesprochener Sprache interessieren und korpusgeleitet vorgehen möchten, stehen insbesondere äußerungslinguistische und konversationsanalytisch orientierte Theorien im Fokus. Insgesamt konzentrieren wir uns auf drei theoretische Perspektiven, denen gemein ist, dass sie nicht ausschließlich zur Beschreibung von Phänomenen der Redewiedergabe entwickelt wurden, sondern vielmehr ein bestimmtes Verständnis von Sprache widerspiegeln, das letztlich auch eine spezifische Interpretation von Redewiedergabe nach sich zieht. Den Anfang macht eine Perspektive, die die Reflexivität von Sprache in den Blick nimmt (2.3.2); hier wird Redewiedergabe in Zusammenhang gebracht mit den Konzepten der Autonymie und der Metasprache. Im Anschluss daran stellen wir eine Perspektive vor, die eng mit den Konzepten der Polyphonie und der Dialogizität verknüpft ist und bei der insbesondere das argumentative Potenzial von Redewiedergabe im Vordergrund steht (2.3.3). Den Abschluss bilden pragmatische und gesprächsanalytische Theorien der Redewiedergabe, die sich hauptsächlich auf Redewiedergabe in gesprochener Sprache konzentrieren (2.3.4).



2.3.2 Sprachliche Reflexivität, Metasprache und Autonymie


Beschreibungsansätze, die Redewiedergabe als eine Erscheinungsform sprachlicher Reflexivität betrachten, gründen zunächst auf sprachphilosophischen und auf semiotischen Fragestellungen. Dabei stützen sie sich auf zwei miteinander verwandte Konzepte: das Konzept der Metasprache bzw. der metasprachlichen Komponente von Kommunikation und das Konzept der Autonymie.


2.3.2.1 Jakobsons metasprachliche Funktion von Kommunikation

Roman Jakobsons Überlegungen zur reflexiven bzw. metasprachlichen Funktion von Kommunikation haben die...


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