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Gesammelte Werke

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Copycaterschienen am12.01.2023
Bertha von Suttner (1843-1914) war eine österreichische Pazifistin, Friedensforscherin und Schriftstellerin. Am 10. Dezember 1905 erhielt Bertha von Suttner als erste Frau den von ihr mit angeregten Friedensnobelpreis, den sie am 18. April 1906 in Kristiania entgegennahm. Der Roman 'Die Waffen nieder!' ist das bekannteste Werk der österreichischen Autorin und Friedensaktivistin. Es gilt als das wichtigste Werk der Antikriegsliteratur. Inhalt: Die Waffen nieder! Martha's Kinder Eva Siebeck Franzl und Mirzl Langeweile Ermenegildens Flucht Memoiren Der Roman 'Die Waffen nieder' schildert aus der Ich-Perspektive das Leben der aus Wien stammenden Gräfin Martha Althaus im Kontext von vier Kriegen. Im Sardinischen Krieg von 1859 zwischen Österreich und Sardinien sowie Frankreich verliert Martha im Alter von 19 Jahren ihren ersten Mann Graf Arno Dotzky. Sie wird daraufhin zur überzeugten Pazifistin. Ihr zweiter Mann Baron Friedrich Tilling teilt ihre Ansichten, obwohl er selbst Offizier in der Armee Österreichs ist. Er nimmt mit der Österreichischen Armee am Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 und am Deutschen Krieg (Preußen gegen den Deutschen Bund) im Jahr 1866 teil... Der Roman 'Martha's Kinder' ist eine Folge von 'Die Waffen nieder!'.mehr

Produkt

KlappentextBertha von Suttner (1843-1914) war eine österreichische Pazifistin, Friedensforscherin und Schriftstellerin. Am 10. Dezember 1905 erhielt Bertha von Suttner als erste Frau den von ihr mit angeregten Friedensnobelpreis, den sie am 18. April 1906 in Kristiania entgegennahm. Der Roman 'Die Waffen nieder!' ist das bekannteste Werk der österreichischen Autorin und Friedensaktivistin. Es gilt als das wichtigste Werk der Antikriegsliteratur. Inhalt: Die Waffen nieder! Martha's Kinder Eva Siebeck Franzl und Mirzl Langeweile Ermenegildens Flucht Memoiren Der Roman 'Die Waffen nieder' schildert aus der Ich-Perspektive das Leben der aus Wien stammenden Gräfin Martha Althaus im Kontext von vier Kriegen. Im Sardinischen Krieg von 1859 zwischen Österreich und Sardinien sowie Frankreich verliert Martha im Alter von 19 Jahren ihren ersten Mann Graf Arno Dotzky. Sie wird daraufhin zur überzeugten Pazifistin. Ihr zweiter Mann Baron Friedrich Tilling teilt ihre Ansichten, obwohl er selbst Offizier in der Armee Österreichs ist. Er nimmt mit der Österreichischen Armee am Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 und am Deutschen Krieg (Preußen gegen den Deutschen Bund) im Jahr 1866 teil... Der Roman 'Martha's Kinder' ist eine Folge von 'Die Waffen nieder!'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9788028264291
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum12.01.2023
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.10721239
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


»Bin schon fertig - komme gleich.« Er breitete die Arme aus: »Also jetzt, Martha, mein Weib, mein Lieb -«

Schon lag ich an seiner Brust. Reden konnte ich nicht. Das Wort Lebewohl wollte nicht über die Lippen - ich fühlte, daß ich bei Äußerung dieses Wortes zusammenbrechen mußte, und die Ruhe, den Frohmut seiner Abfahrt durfte ich ja nicht vergällen. Den Ausbruch meines Schmerzes sparte ich mir - wie eine Art Belohnung - auf das Alleinsein auf.

Nunmehr aber sprach er es, das herzzerreißende Wort:

»Leb wohl, mein Alles, leb wohl!« und drückte innig seinen Mund auf den meinen.

Wir konnten uns aus dieser Umarmung gar nicht losreißen - war es doch die letzte! Da plötzlich fühle ich, wie seine Lippen beben, seine Brust sich krampfhaft hebt ⦠und - mich freilassend, bedeckt er sein Gesicht mit beiden Händen und schluchzte laut auf.

Das war zu viel für mich. Ich glaubte wahnsinnig zu werden.

»Arno, Arno,« rief ich ihn umklammernd: »Bleib, Bleib!« Ich wußte, daß ich unmögliches verlangte, doch rief ich hartnäckig: »Bleib, bleib!«

»Herr Oberleutnant,« kam es von draußen, »schon höchste Zeit«.

Noch einen Kuß - den allerletzten - und er stürzte hinaus.

***

Charpie zupfen, Zeitungsberichte lesen, auf einer Landkarte Stecknadelfähnchen aufstecken, um den Bewegungen der beiden Heere zu folgen und daraus Schachaufgaben, in der Fassung von »Österreich zieht an und setzt mit dem vierten Zuge matt« zu lösen trachten; in der Kirche fleißig um Schutz für seine Lieben und um den Sieg der vaterländischen Waffen beten; von nichts anderem reden als von den vom Kriegsschauplatz eingetroffenen Nachrichten: - das war es, was meine und die Existenz meiner Verwandten-und Bekanntenkeise nunmehr ausfüllte. Das Leben mit allen seinen übrigen Interessen schien für die Dauer des Feldzuges sozusagen in der Schwebe; alles bis auf die Frage »wie und wann wird der Krieg enden?« war der Wichtigkeit, ja beinahe der Wirklichkeit beraubt. Man aß, man trank, man las, man besorgte seine Geschäfte; aber das alles »galt« eigentlich nicht -nur eins war von vollgewichtiger Gültigkeit: die Telegramme aus Italien.

Meine größten Lichtblicke waren selbstverständlich die Nachrichten, welche ich von Arno selber erhielt. Diese waren sehr kurz gefaßt - das Briefschreiben ist niemals seine starke Seite gewesen -; aber sie brachten mir doch das beglückendste Zeugnis; noch am Leben - unverwundet. Sehr regelmäßig konnten diese Briefe und Depeschen freilich nicht eintreffen, denn oft waren die Verbindungen abgebrochen, oder - wenn es irgendwo zur Aktion kam - der Feldpostdienst aufgehoben.

Wenn so einige Tage vergangen waren, ohne daß ich von Arno gehört, und es wurde eine Verlustliste veröffentlicht - mit welchem Bangen las ich da nicht die Namen durch! ⦠Es ist so spannend, wie für den Losbesitzer das Durchsehen der Gewinnummern einer Ziehungsliste, aber in umgekehrtem Sinne: was man da sucht, wohl wissend, daß man (Gott sei Dank) die Wahrscheinlichkeit gegen sich hat, ist der Haupttreffer des Unglücks â¦

Das erstemal, als ich die Namen der Gefallenen durchgelesen - ich war eben seit vier Tagen ohne Nachricht - und sah, daß der Name »Arno Dotzky« nicht darunter war, da faltete ich die Hände und sprach mit lauter Stimme: »Mein Gott, ich danke dir!« Kaum aber waren die Worte geäußert, so klang es mir wie ein schriller Mißton daraus nach. Ich nahm das Blatt wieder zur Hand und betrachtete zum zweitenmal die Namenreihe. Also weil Adolf Schmidt und Karl Müller und viele andere - aber nicht Arno Dotzky - geblieben waren, hatte ich Gott gedankt? Derselbe Dank wäre dann berechtigterweise von dem Herzen derer zum Himmel aufgestiegen, welche für Schmidt und Müller zittern, wenn sie statt dieser den Namen »Dotzky« gelesen hätten? Und warum sollte gerade mein Dank dem Himmel genehmer sein als jener? Ja - das war der schrille Mißton meines Stoßgebetes gewesen: die Anmaßung und die Selbstsucht, die darin lag, zu glauben, Dotzky sei mir zu lieb verschont geblieben, und Gott zu danken, daß nicht ich, sondern nur Schmidts Mutter und Müllers Braut und fünfzig andere über dieser Liste weinend zusammenbrechen â¦

Am selben Tag erhielt ich wieder von Arno einen Brief:

»Gestern gab s einen tüchtigen Kampf. Leider - leider eine Niederlage. Aber tröste dich, meine geliebte Martha, die nächste Schlacht bringt uns den Sieg. Es war dies meine erste große Affäre. Ich stand mitten in dichtem Kugelregen - ein eigenes Gefühl ⦠das erzähle ich mündlich - es ist doch furchtbar: die armen Kerle, die da um einen herum fallen und die man liegen lassen muß, trotz ihres kläglichen Wimmerns - » c est la guerre!« Auf baldiges Wiedersehen, mein Herz. Wenn wir einmal in Turin die Friedensbedingungen diktieren, dann kommst du mir nachgereist. Tante Marie wird indessen so gut sein, über unseren kleinen Korporal zu wachen.«

Wenn der Empfang solcher Briefe die Sonnenblicke meines Daseins abgab - die schwärzesten Schatten desselben waren meine Nächte. Wenn ich da aus selig vergessendem Traume erwachte und mir die entsetzliche Wirklichkeit mit ihrer entsetzlichen Möglichkeit vor das Bewußtsein trat, so erfaßte mich schier unerträgliches Leid und ich konnte stundenlang nicht wieder einschlafen. Die Idee war nicht los zu werden, daß Arno vielleicht in diesem Augenblick stöhnend und sterbend in einem Graben lag - nach einem Tropfen Wasser lechzend - sehnsüchtig nach mir rufend ⦠Nur damit konnte ich mich allmählich beruhigen, daß ich mir mit aller Gewalt die Szene seiner Rückkunft vor die Einbildung rief. Die war ja ebenso wahrscheinlich - sogar viel wahrscheinlicher, als das verlassene Sterben - und da malte ich mir denn aus, wie er ins Zimmer hereinstürmte und ich an sein Herz flöge - wie ich ihn dann zu Rurus Wiege führte und wie glücklich und froh wir dann wieder sein könnten â¦

Mein Vater war sehr niedergeschlagen. Es kam eine schlimme Nachricht nach der anderen. Zuerst Montebello, dann Magenta. Nicht er allein - ganz Wien war niedergeschlagen. Man hatte zu Anfang so zuversichtlich gehofft, daß ununterbrochene Siegesbotschaften Anlaß zu Häuserbeflaggung und Te deum Absingen geben würden; statt dessen wehten die Fahnen und sangen die Priester in Turin ⦠Dort hieß es jetzt: »Herr Gott, wir loben dich, daß du uns geholfen hast, die bösen Tedeschi zu schlagen.«

»Meinst du nicht, Papa,« frug ich, »daß, wenn noch eine Niederlage für uns käme, dann Frieden geschlossen würde? In diesem Falle könnte ich wünschen, daß -«

»Schämst du, dich nicht, so etwas zu sagen? Lieber soll es ein siebenjähriger - soll es ein dreißigjähriger Krieg werden, nur sollen schließlich unsere Waffen siegen und wir die Friedensbedingungen diktieren. Wozu geht man in den Krieg, doch nicht dazu, daß er baldmöglichst aus sei - sonst könnte man von vornherein zu Hause bleiben.«

»Das wäre wohl das beste,« seufzte ich.

»Was ihr Weibervolk doch feige seid! Selbst du - die du so gute Grundsätze von Vaterlandsliebe und Ehrgefühl erhalten - bist jetzt ganz verzagt und schätzest deine persönliche Ruhe höher als die Wohlfahrt und den Ruhm des Landes.«

»Ja - wenn ich meinen Arno nicht gar so lieb hätte!«

»Gattenliebe - Familienliebe - das ist alles recht schön ⦠aber es soll erst in zweiter Linie kommen.«

»Soll es?« â¦

***

Die Verlustliste hatte schon mehrere Namen von Offizieren gebracht, die ich persönlich gekannt hatte. Unter anderen des Sohnes - des einzigen einer alten Dame, für die ich eine große Verehrung empfand.

An jenem Tage wollte ich die Ärmste aufsuchen. Es war mir ein peinlicher, schwerer Gang. Trösten konnte ich sie doch nicht - höchstens mitweinen. Aber es war eine Liebespflicht - und so machte ich mich denn auf den Weg.

Vor der Wohnung der Frau v. Ullsmann angelangt, zögerte ich lange, ehe ich die Glocke zog. Das letztemal, daß ich hierher gekommen, war es zu einer lustigen kleinen Tanzunterhaltung gewesen. Die liebenswürdlge alte Hausfrau war damals selber voller Lustigkeit. »Martha«, hatte sie mir im Laufe des Abends gesagt, »wir sind die beiden beneidenswertesten Frauen Wiens: Du hast den hübschesten Mann und ich den trefflichsten Sohn.« - Und heute? Da besaß ich wohl noch meinen Mann ⦠Wer weiß? Die Bomben und Granaten flogen ja dort unablässig; die letzte Minute konnte mich zur Witwe gemacht haben ⦠Und ich fing vor der Tür zu weinen an. - Das war die richtige Verfassung für solch traurigen Besuch. Ich klingelte, niemand kam. Ich klingelte ein zweites Mal. Wieder nichts.

Da streckte jemand aus einer anderen Flurtür den Kopf heraus: »Sie läuten umsonst, Fräulein - die Wohnung ist leer.« »Wie? Ist Frau v. Ullsmann fortgezogen?« »Vor drei Tagen in die Irrenanstalt überführt worden.« Und der Kopf war hinter der zufallenden Tür wieder verschwunden.

Ein paar Minuten blieb ich regungslos auf demselben Flecke stehen und vor meinem inneren Auge spielten sich die Szenen ab, die hier...
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